Erbschuld, Wiedergutmachung?

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leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 19:45

Nico, du hast es schon wieder nicht verstanden. Wer redet von 100%?

Auch heute noch wird gewählt. Ich hab auch nicht die CDU oder die FDP gewählt, und dennoch muss ich mich danach richten, was der Bundestag beschließt. So läuft das.

Müchnerkindl, aber was hat Ruanda mit deutscher Geschichte zu tun? Man kann doch nicht sagen: "Tja, tut mir Leid - es gibt heute noch andere Krisenregionen. Da können wir uns mit unserer eigenen Geschichte nicht mehr befassen". Das schließt aber nicht aus, dass jeder, der das möchte, sich für alles Mögliche engagieren kann. Es spricht gar nichts dagegen, sich Amnesty International anzuschließen, z.B. Wenn dir persönlich - aus welchen Gründen auch immer - eine andere Region näher ist als die deutsche Geschichte, ist das ja kein Verbrechen. Es ist auch niemand gezwungen, die Betroffenheit wirklich zu fühlen. Aber nochmal: Wir sind als Deutsche Nachfahren der Täter. Und wenn heute ein Notar bei mir klingelt und mir 1 Mio Euro in die Hand drückt, weil ihm meine australische tote Erbtante über den Weg gelaufen ist, dann nehme ich die gerne an. Und genauso stelle ich mich dem, was an schlimmen Dingen passiert ist und womit ich als Deutsche zu tun habe. Und dazu gehört für mich, dass ich mich nicht minderwertig fühle und rumtrotze, wenn es um das Dritte Reich geht.

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leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 19:47

Nico, ich frage mich, wieso du immer betonst, dass du den Juden nichts getan hast. Dieses permanente Rechtfertigungsbedürfnis muss ja einen Grund haben. Ich hab ihnen auch nichts getan - das hat aber auch niemand behauptet.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 19:49

titus2 hat geschrieben:Aber nochmal: Wir sind als Deutsche Nachfahren der Täter..
Na und?

Wenn wir lange genug zurückschauen wirst du auf der Welt keinen Menschen finden der nicht Vorfahren hat die Grausamkeiten gegen andere Menschen begangen haben.

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 19:52

titus2 hat geschrieben:Nico, du hast es schon wieder nicht verstanden. Wer redet von 100%?

Auch heute noch wird gewählt. Ich hab auch nicht die CDU oder die FDP gewählt, und dennoch muss ich mich danach richten, was der Bundestag beschließt. So läuft das.
.
Weil du eine ebenso verwerfliche, amoralische Mitlaeuferin bist wie jene damals. Warum widersetzt du dich nicht diesen Machenschaften der Parteien die du nicht gewaehlt hast ?
Du wirst fuer jede einzelne Entscheidung dieser Parteien einstehen muessen und fuer alle Schaeden die diese anrichten Wiedergutmachung zu leisten haben !
Und nicht nur du, sondern auch deine Kinder, Enkel und die folgenden Generationen!
Hast DU das jetzt verstanden ?
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:01

Münchnerkindl: Ich kann aber nicht in alle Regionen dieser Welt meine Fühler ausstrecken. Wieso nicht vor der eigenen Haustüre kehren? Und in diesem Zusammenhang ist es durchaus unvorstellbar, eigentlich, dass ein Volk es zugelassen hat (im 20. Jh!), dass sechs Millionen Juden getötet wurden. Das war nicht irgendwann vor hunderten von Jahren. Historisch gesehen sind 70 Jahre ein absoluter Witz. Es leben immer noch Menschen, die damals betroffen waren. Und deren Kinder. Das ist Grund genug, sich damit zu beschäftigen. Wobei die Zahlung da ja nur ein Aspekt ist. Für mich persönlich mindestens genauso wichtig ist das Bekenntnis: "Ja, das waren meine Vorfahren und ja, das schmerzt".

Dieser Haltung: "Na, und? Was hat das mit mir zu tun?" kann ich nichts abgewinnen, auch deshalb, weil man sich ja nichts vergibt, die besondere Verantwortung (nicht Schuld!) festzustellen. Man wird dadurch eben nicht kleiner.

Nico: Wenn ich den Eindruck habe oder hätte, dass 'meine' Regierung etwas unternimmt, was wider die Menschenrechte ist, dann werde ich wohl kaum zusehen. Aber nur weil eine Regierung nicht meinen persönlichen Vorstellungen entspricht, muss ich nicht von 'Machenschaften' reden. Ich muss die Welt nicht in 'gut' und 'böse' einteilen, weil mein Selbstbild nicht davon abhängt. Du aber siehst nicht den Unterschied zwischen einem Völkermod und einem kleffenden Köter.

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:07

Och mir wuerde schon reichen wenn du die Verwandten jener Afghanen die die Soldaten deiner Regierung " irrtuemlich " ins Jenseits befoerdert haben, unterstuetzen wuerdest.

Aber du quakst hier ja lieber von Universalschuld am Holocoust.

Mir reichts, Gute Nacht !
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:09

@Nico

Ich wüsste nicht, dass ich irgendeinen Einfluss darauf hätte, dass das, was heute noch auf Schweizer Konten liegt und von Nazis dorthin verfrachtet wurde, heute den anderen Nachkommen von Opfern ausbezahlt wird.

Trotzdem wäre ich ohne Weiteres bereit, meinen Teil dazu beizutragen, ihnen finanzielle Unterstützung zu bieten.

Ebenso wie ich dazu bereit bin, Anderen, die das Geld brauchen, etwas zu spenden. Weil es mir verdammt gut geht, wenn man sich ausmalt, was die in anderen Ländern z. T. durchmachen. Und weil es mir verdammt gut geht, wenn ich daran denke, dass es Nachkommen von Opfern des 3. Reichs gibt, die in deutlich schlechterer Verfassung sind. Moralische Verantwortung, wie titus es geschrieben hat.

Und ihnen, die die unmenschlichen Handlungen der Nazis überlebt haben (und ihren Nachkommen) würde ich das Geld nicht nur aus moralischer Verantwortung heraus zahlen ... Sondern weil ich mich ihnen verbunden fühle. Und sensibilisiert bin.

Manche hier scheinen nicht zu begreifen, dass die Geschehnisse damals mehr als "irgendwelche" schlimmen Ereignisse waren.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:13

Nico: Und weil dir mal wieder die Argumente ausgehen, schreibst du von "quaken". Weil du meinst, nur dann ebenbürtig zu sein, wenn du deine Mitdiskutanten kleinredest. Ich lasse mich aber nicht von dir kleinreden. Tut mir Leid.

Darf ich dich mal fragen, woher du zu der Vermutung kommst, ich würde zusehen, wie Kinder geschlagen werden und ich würde nichts tun, um Unrecht zu verhindern oder wiedergutzumachen? Oder wieso du darauf kommst, einen Völkermord gleichzusetzen mit getöteten Afghanen? Diese Rhetorik ist nicht nur falsch, weil unsinnig - nein, sie ist auch noch richtig schlecht.

Und wenn dir dann so gar nichts mehr einfällt, dann kommt ein "mir reicht's".

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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:15

titus2 hat geschrieben:Münchnerkindl: Ich kann aber nicht in alle Regionen dieser Welt meine Fühler ausstrecken. .

Weil es hier 70 Jahre her ist, wo anders aber gerade JETZT passiert. Das geht mir erheblich mehr unter die Haut.

Ich fahre hier ab und zu am KZ Dachau vorbei auf dem Weg zu einer Freundin. Ich finds gruselig, aber es ist eben 70 Jahre her und damit Geschichte und hat nichts mit mir und meinem Leben zu tun, ausser daß es eben Menschen waren die das getan haben und ich auch ein Mensch bin (und daher möglicherweise unter den falschen Umständen genauso eine tickende Zeitbombe wie so ziemlich jeder Mensch auf der Welt).

Kennst du das Milgram Experiement? DAS macht mir wirklich Sorgen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment

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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:17

titus2 hat geschrieben:
Dieser Haltung: "Na, und? Was hat das mit mir zu tun?" kann ich nichts abgewinnen, auch deshalb, weil man sich ja nichts vergibt, die besondere Verantwortung (nicht Schuld!) festzustellen. .

Nochmal: Ich HABE keine besondere Verantwortung für das was damals vorgefallen ist. Da ich nicht daran beteiligt war.

Und jetzt komm mir nicht mit Sippenhaft und Erbsünde.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:21

münchnerkindl hat geschrieben: Ich finds gruselig, aber es ist eben 70 Jahre her und damit Geschichte und hat nichts mit mir und meinem Leben zu tun, ausser daß es eben Menschen waren die das getan haben und ich auch ein Mensch bin (und daher möglicherweise unter den falschen Umständen genauso eine tickende Zeitbombe wie so ziemlich jeder Mensch auf der Welt).
Das ist ja alles schön und gut, aber dir ist schon bewusst, dass es ausreichend Menschen gibt, die Nachkommen von Opfern, Tätern (oder auch von Personen waren, die damals keine Schuld auf sich geladen haben), und die heute unter den Folgen leiden, oder?

Magst du denen sagen: "Das tut mir leid, aber das geht mich wirklich nichts an?"

Kann man machen. Ich würde mich trotzdem moralisch verantwortlich fühlen. Ebenso (wie schon als Beispiel genannt), wenn jemand aus meiner Familie einem anderen etwas angetan hätte.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


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Beitrag So., 25.03.2012, 20:25

Ja, das - fragwürdige - Experiment kannte ich schon vorher.

Von Sippenhaftung redet hier niemand, insofern wird der Vorwurf auch nicht stimmiger, wenn man ihn nur oft genug wiederholt Und der Begriff 'Erbsünde' hat hier eigentlich auch nichts verloren.

Der Begriff 'Verantwortung' hat eine ganz andere Dimension. Ich frage mich nur, ob das so sinnvoll ist, mit jemandem, der keine Verantwortung übernehmen will, darüber zu diskutieren. Das ist eine Einstellungssache. Einstellungen kann man nicht in einen Menschen einpflanzen. Man kann jegliche Verantwortung von sich weisen. Das ist ja gerade das Schöne, denn juristisch kann man dafür nicht belangt werden.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:25

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Kann man machen. Ich würde mich trotzdem moralisch verantwortlich fühlen. Ebenso (wie schon als Beispiel genannt), wenn jemand aus meiner Familie einem anderen etwas angetan hätte.

Ah, wenn mein (fiktiver) Bruder jemandem umbringt, oder mein Vater oder Grossvater jemanden umgebracht hat soll ich mich moralisch verantwortlich fühlen?

Ziemlich bizarr, das.

Sorry, ich fühle mich da der buddhistischen Sicht nahe. Nämlich daß jeder Mensch für seine Taten selbst verantwortlich ist und ausschliesslich und alleine die Verantwortung dafür und für die Folgen trägt. Die niemand dieser Person abnehmen kann. Und die auch über den Tod hinaus weiterbesteht.

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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:29

titus2 hat geschrieben:J

Der Begriff 'Verantwortung' hat eine ganz andere Dimension..

Ich übernehme Verantwortung für mein eigenes Tun. Das sollte reichen.

Ich bin nicht so grössenwahnsinnig zu glauben für das Handeln der ganzen Welt (oder auch irgendwelcher Leute vor 70 Jahren) verantwortlich zu sein.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 25.03.2012, 20:36

Wenn mein Vater jemanden umbringen würde, wäre ich sicherlich nicht insofern dafür verantwortlich, als dass ich für ihn ins Gefängnis gehen würde - denn ich hätte die entsprechende Person ja nicht umgebracht.

Aber ich würde mich dennoch (in diesem Fall) um die Angehörigen des Opfers kümmern - weil es mein Vater ist, und das bleibt er auch, selbst wenn ich mir nichts weniger wünsche.

Und das muss ich auch vor niemandem begründen. Ich hätte in diesem Fall ein besonderes Bedürfnis, zu helfen.

Und, Münchnerkindl, was wirst du denen sagen, die heute noch erheblich unter den Geschehnissen von damals leiden, wenn du ihnen begegnen solltest?

Verantwortung zu übernehmen wird euch nicht umbringen ...
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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