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Mi., 14.12.2016, 08:44
Broken Wing:
Wenn es wirklich um die Sache ginge, könnte man hier noch ganz andere Dinge fragen. Da aber nur reflexartig reagiert wird, erübrigt sich dies.
Zum Beispiel wird reflexartig angenommen, man hätte etwas gegen Tiere, wenn man behauptet, ein Mensch könne ein Tier nicht lieben. Es gibt logisch betrachtet jedoch gar keinen Zusammenhang; man müsste sich nur mal die Mühe machen, sich das Konzept von "Liebe" (bzw. eventuell sich voneinander unterscheidende Konzepte) anzusehen, und dann könnte man diskutieren. Es ist jedem klar, dass bei den meisten Menschen das Kindchenschema aktiviert wird, wenn sie ein Tier beobachten; insofern sollte klar sein, dass Tierquälerei grenzüberschreitend und tabuisiert ist. Selbst wenn es über das Kindchenschema nicht funktioniert (bei Insekten ist das schwieriger als bei Säugetieren), dann greift normalerweise der Verstand ein, der einem sagt, dass Tiere ein Recht zu leben haben. Und wenn man psychisch nicht extrem krank ist, gibt es auch nicht das Verlangen, diese ethischen Grenzen zu verletzen. Insofern gibt es da gar keinen Konflikt, den es argumentativ zu lösen gelte. Wenn du das anders siehst, könnte man darüber diskutieren; ich sehe es jedenfalls so, dass es dem Menschen, nur weil er physisch kräftiger ist als eine Schnecke oder ein Meerschweinchen, nicht zusteht, über Leben und Tod des Schwächeren zu entscheiden. Es entsteht also durchaus Mitgefühl. Das ist aber nicht dasselbe wie Liebe.
Der Konflikt ergibt sich nur dann, wenn Mensch und Tier zusammenkommen, sei es auf dem Teller, sei es in der Wohnung: Hier maßt der Mensch allein sich an, zu entscheiden, wie ER mit dem Tier umgeht. Das Tier trägt die Konsequenzen, wird aber, wenn es nicht selbst gegessen wird, immerhin verwöhnt, sodass der Anreiz für das Tier groß ist, sich seinem Schicksal zu fügen und sein Leben in einem Menschenhaushalt anstatt unter Artgenossen zu verbringen. Faktisch jedoch eignet sich der Mensch das Tier an. Das muss man erkennen und dann aushalten oder Position beziehen. Ignorieren ist keine gute Idee.
Was die Vermenschlichung des Tieres betrifft, stellt sich mir z.B. die Frage, wo die Grenzen sind - und, genauso wichtig - wer diese Grenzen warum ziehen darf. Also, man möchte den Tieren "Menschenrechte" zugestehen und sie zu "Personen" machen, und es ist offenbar ein Zeichen von Tierliebe, mit dem Tier zu kuscheln, natürlich auch und vor allem, um seine eigene Einsamkeit erträglicher zu machen ("nicht wahr, Bello, wir beide haben uns richtig lieb, aber die Menschen, die sind böse"). Das ist akzeptiert, und dem darf nicht widersprochen werden. Wenn es jedoch um sexuelle Bedürfnisse geht, die an Tieren ausgelebt werden könnten, dann ist das ein Tabu. Mir persönlich muss das Tabu niemand erklären; ich habe keinerlei Verlangen nach Sex mit Tieren und finde das persönlich auch abstoßend. Ich sehe nur nicht (und das könnte man ja diskutieren, wenn man die Reflexe abstellt), wo der ethische Unterschied in Bezug auf das Benutzen des Tieres ist, wenn man es 1.) isst, 2.) zum Kuscheln oder gar "Reden" benutzt oder 3.) für sexuelle Bedürfnisse benutzt. In allen Fällen wird das Tier nicht gefragt, sondern man setzt voraus, dass die Entscheidungsgewalt allein beim Menschen zu liegen hat (und dass ein Tier auf Leckerlis anspringt oder sich - mangels Partner - gerne kraulen lässt, ist kein Beweis für seine Zuneigung FÜR den Menschen, sondern eher für sein Bedürfnis nach "Verwöhntwerden" VOM Menschen). Ein Tier zu essen, ist nicht pervers, mit ihm zu schlafen aber schon? Ist das nicht eine Definitionsfrage? Jeder würde doch wohl zustimmen, wenn man feststellt, dass Gegessenwerden ein massiverer Eingriff ist als Penetriertwerden? Woher kommt also die Unterscheidung? Und worum geht es da?
Pseudoargumente wie: "Wie hässlich und blöd bist du denn?" gelten hierbei allerdings nicht als Argument.