Welche Therapie bei (komplexen) Traumatisierungen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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carö
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Beitrag Di., 06.04.2010, 14:00

huhu neko,

mir war es auch sehr wichtig zuallererst und immer wieder aufs neue in die beziehung zu investieren. vertrauen aufbauen, stärken, behalten, wenn es schwer wird. ohne ein stabiles fundament kommte es meiner erfahrung nach immer wieder zu massiven rückschlägen, die natürlich auch das vertrauen wieder ins wanken bringen können. ich habe erlebt, dass vieles "fast von selbst" ging, wenn die beziehung zwischen mir und meinem thera vertrauensvoll und offen sein konnte... wenn ich mich getragen und nicht allein gelassen fühlte, dann konnte ich die wirklich schmerzhaften schlimmen erfahrungen/erinnerungen auch erzählen und wirklich erleben, dass da jemand ist, der es zusammen mit mir aushält und mir neuen halt gibt. ich konnte dann erleben, dass es einen raum gibt, wo "es" bleiben kann... das waren wirklich gute erfahrungen... und natürlich legt sich da schicht um schicht... wie bei einer kerze, die immer wieder durchs wachs gezogen wird und eine immer stärke stabilität erlangt .. immer "dicker" wird sozusagen. EDIT: ich denke auch, dass es keine so kurzfristigen aha-"heilungen" geben wird, wenn nicht der boden dafür bereitet wird... ohnehin, wie es unten auch candel betont hat, ziehen solche aha-einsichten, die es natürlich immer wieder gibt/geben kann, dann wieder viel arbeit nach sich.. einüben.. verfestigen... rückschläge/-schritte schneller erkennen und schneller gegensteuern ... wenn es gut geht, kann es auch irgendwann automatisch werden.

ich habe im grunde nie so explizit am "trauma" gearbeitet, sondern es war immer eingebettet darin, dass ich besser mit meinen beziehunge umgehen kann, dass ich mehr auf mich und meine gefühle achten kann znd vieles mehr...

die art und weise von ausgefuchst ist leider so, dass es schwer wird, das, was sie zu sagen hätte, wirklich zu hören. mein eindruck ist, dass sie regelrecht "wütet" und dabei auch leuten eine reinhaut, die es auch nicht leicht hatten. die sich aber weiterhin das recht auf ihre eigenen gefühle und eigene ansichten nicht nehmen lassen wollen und werden... bei allem verständnis für ihre verletzheit nach schlechten therapeutischen erfahrungen, halte ich das nicht für ein wirklich reifes verhalten.

LG
carö
Zuletzt geändert von carö am Di., 06.04.2010, 14:52, insgesamt 3-mal geändert.
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candle
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Beitrag Di., 06.04.2010, 14:00

neko hat geschrieben:ne, ne candle - da hast du natürlich recht, das wunderrezept, das immer wirkt, das gibt es nicht und daran glaub ich auch nicht. mich hat das nur ein bisschen genervt: da stellt sich ausgefuchst hin und erzählt uns von ihrer schnellheilung in 15 minuten und alles was ich dazu näheres erfahr, ist unheimlich allgemein.
Es ist ja nun so, dass sie auch schon vorab 10 Jahre Therapieerfahrungen sammeln durfte, die alle durchweg negativ warn (kann ich nicht ganz glauben), insofern ist für diese Entwicklung schon lange Vorarbeit geleistet worden. Natürlich kommt ein Aha- Erlebnis oft sehr schnell, aber die Konsequenzen sind eben nicht gleich psychische Gesundheit- nee da geht es erst richtig los!!! Das, was man nun verstanden hat, muß auch praktisch geübt werden. Was bei ausgefuchst der Überschwang gerade ist, halte ich für etwas gefährlich bei schwachen Persönlichkeiten, so könnte jetzt als Beispiel nach der Euphorie der Erkenntnis sich schnell das tiefe Loch wieder öffnen, wenn sie jetzt nicht an ihren Resourssen arbeitet.

Allgemein an ihren Postings fällt mir auf, dass gar kein Zugang zu ihrer Gefühlswelt da ist. Sie umschifft die gut gemeinten Fragen von einigen Usern hier, die es gut mit ihr meinen.

Ich habe genau dieses "Phänomen" an meinen Panikatacken erlebt als mir der Therapeut eröffnete: "Zucker hilft nicht" Ich hatte mich da mit viel Süßes abgefüllt und irgendwann half es nicht mehr. Nun hatte ich die Erkenntnis, hatte drei Tage meine Freude dran bis die nächste Panikatacke auftauchte und ich stand mit leeren Händen da, weil ich nicht wußte wie ich damit umgehen soll. Flugs ging ich zum Therapeuten und er gab mir Hilfen an die Hand. Erst DANN wurde es besser.

candle
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neko
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Beitrag Di., 06.04.2010, 14:59

noch ein kleiner nachtrag zu der beziehungsfähigkeit: da hab ich lange gedacht, das pack ich nie. ich fand es ganz schwer auszuhalten, die beziehung zu meiner therapeutin in der therapie zu thematisieren. ging einfach nicht, angst vor nähe, angst vor sich zu wichtig zu nehmen usw. hab dann oft gedacht, boah, das wird nie was bei dir, du scheiterst an dem was das a und o der ganzen sache ist. lamgsam geändert hat sich das in dem maße, in dem ich erst einmal ziemlich unangenehm rumrationalisiert habe, meiner therapeutin erklärt hab, wie absurd das ganze verfahren ist und das ich das nie können werde. immer und immer wieder. irgendwann war ich dann sehr gerührt, dass sie sich das immer so ruhig angehört hat. mir immer mal wieder in meine pöbeleien gesagt hat, ja, sie wisse wie schwer das für mich ist. das fand ich eine nie dagewesene großzügigkeit. und ab dann konnte ich damit dann auch aufhören. will damit nur noch mal sagen, wie wichtig umwege sein können.

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stern
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Beitrag Di., 06.04.2010, 15:06

carö hat geschrieben:ich habe im grunde nie so explizit am "trauma" gearbeitet, sondern es war immer eingebettet darin, dass ich besser mit meinen beziehunge umgehen kann, dass ich mehr auf mich und meine gefühle achten kann znd vieles mehr...
Welche Koryphäe sagte mal sinngem., bei Traumaarbeit geht es die wenigste Zeit um die Inhalte des Traumas? Weiß ich gerade nicht mehr... hat aber einiges.
neko hat geschrieben:noch mal - aus meiner sicht könnte der sinn des threads hier darin bestehen, dass wir uns möglichst erfahrungsnah erzählen, was bei uns geholfen hat
Für mich habe ich aus selbstschutzgründen klare Grenzen gesetzt, was ich schreibe und was nicht - und das bitte ich zu respektieren. Würde ich erfahrungen zu dezidiert schildern, so müsste ich zuviel von mir preisgeben,... etwas was mir schon mal in einem Anschluss an einem Gruppenvortrag (etc. pp.) nicht sonderlich gut bekommen ist, obwohl ich eigentlich schon dachte, ich habe meine Grenzen beachtet. Daher picke ich für mich nur mal einen von dir vorgeschlagenen Aspekt raus:
und genau da wird es doch spannend: ...woran erkennt man bei sich, dass es besser wird
Nur zum Bleistift: Obiges würde mir hoffentlich nicht mehr in der Intensität wiederfahren (ist es auch bisher in der Form nicht)... denn ich erkenne meine Grenzen mittlerweile besser und kann sie auch besser schützen... und wenn ich doch in emotionale Wallungen/Krisen/Panikattacken gerate, kann ich mich besser davon distanzieren. Emotional hat sich einiges getan (z.B in puncto wahrnehmen, zulassen/aushalten, oder ich muss nicht sofort zu den radikalsten Distanzierungen greifen, um mit manchen Wallungen umgehen zu können, sondern kann besser "dosieren".). Und so weiter und so fort. Da gibt es einiges. Wie: Nee, leider auch nicht in einer 15-Min. Aktion, sondern dank der Unterstützung meiner Theras in einem Prozess (VT und TFP), wo es natürlich Höhen und Tiefen gab/gibt.
versteht ihr wie ich meine: so was kann leuten glaub ich bei der entscheidung helfen, ob eine therapie trotz der schmerzen, die sie bereitet, vielleicht doch auf den weg der heilung führt oder eben auch nicht.
Hm, wobei es sicher auch Leute gibt, für die auch Fachinformationen nützlich sind (wozu ja auch schon einige in den Thread eingeflossen sind)... insofern halte ich das hier auch für berechtigt. Wem das nich nicht ausreicht: es gibt ja auch einiges an Literatur für Betroffene, wo auch Abrisse zu folgendem zu finden sein dürften: Trauma-Therapie ja oder wann besser nein, wo, was kann therpie bringen, wo liegen risiken und grenzen (und inhaltlich liege ich, was insbes. auch die Traumaanpassung bei Traumpatienten angeht, nicht so weit von ausgefuchst auseinander). Ein sicherlich seriöser Name bzgl. Traumata, der mir spontan einfällt, wäre Reddemann.

Weils gerade um "Verbesserte Beziehungsfähigkeit" geht: Ist bei mir eher etwas, dass sich mittelbar ergibt (sozusagen als "nebenprodukt", was nun nicht heißt unwichtig, weiß gott nicht). und Thematisierung der Therapeutischen Beziehung ist bei mir auch nicht das A und O.... o.k., wenn es mal was zu klären gibt, kann das Thema werden ("Störungen" kann ich lt. meiner Thera auch gut ansprechen")... aber dann ist's auch wieder gut. Weiß nicht, ich seh' das jedenfalls wieder als Beleg dafür, wie individuell Therapie ist und wie eingeschränkt sich individuelle Erfahrungen übertragen lassen.
Liebe Grüße
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montagne
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Beitrag Di., 06.04.2010, 16:58

Ich finde deine Idee, Anregung neko sehr gut.
noch mal - aus meiner sicht könnte der sinn des threads hier darin bestehen, dass wir uns möglichst erfahrungsnah erzählen, was bei uns geholfen hat
Ich mag nicht rechthaberisch rüberkommen, weiß aber ich tue es wohl doch dann und wann. Ist halt so.

Aber jetzt mag ich nochmal was sagen, das hängt auch mit der Frage zusammen was hat mir geholfen? Ich habe es ja schon anklingen lassen. Kann es nicht anders beschreiben, als ich es schon getan habe.
Und Vorraussetzung für diesen Prozess ist eben neben Stabilisierung eine solide Beziehungsfähigkeit, sowohl zu anderen Menschen, als auch zu mir selbst. Ein wirkliches Kennen meiner Gefühle, meiner inneren Prozesse. Eine gewisse Grundsicherheit in mir und in Beziehungen. Umgehen können mit mir und meinen Gefühlen. Das ist zu einem gewissen Grad Vorraussetzung, aber auch Lohn und Sinn der Auseinandersetzung mit den erschütternden Erlebnissen. Und dieses besser mit mir umgehen können zieht besser mit anderen Umgehen können ja automatisch nach sich.

Ich fand das auch immer sehr abstrakt, „Trauma integrieren“ usw. Ich hatte versucht über gewisse Themen zu sprechen und hatte es anfangs als gar nicht hilfreich und erleichternd erlebt, sondern als verschlimmernd, als Boden unter den Füßen weg ziehen. Was sicher an der mangelnden Beziehungsfähigkeit (Vertrauen) gelegen hat. Was wiederum an den besagten Erfahrungen gelegen hat.
Und eben auch daran, was ja auch wieder damit zusammen hängt, dass ich keine Ahnung hatte, wie soll ich mich selbst halten, wie soll ich mit diesen inneren Zuständen umgehen?
Es war schon so, dass die Therapeutin mir helfen konnte in solchen Momenten. Aber wie würde es sein, wenn die Therapie beendet ist? Wer hilft mir dann? DAS hat jedes Mal meine Gefühlslage, das Ausmaß der Hilflosigkeit verschlimmert. Denn obwohl sie mir ja helfen konnte, konnte ich mir selbst nicht helfen, sondern fühlte mich von den Erlebnissen beherrscht, mich ausgeliefert eben.

Einmal war es anders und seit dem ist einiges anders. Es war mal wieder so eine Situation, in der ich nicht wusste wie mich beruhigen, wie überhaupt mit dem klar kommen, was da manchmal in mir aufbricht. Es war in dem Falle ein Telefonat was einiges verändert hat, keine 10 Minuten denke ich, hat es gedauert. Es war nicht viel anders als so manches Telefonat oder auch als manche Stunde zuvor und doch war etwas anders. Ich habe nicht nur Erinnerungen wie aus einem Film erzählt, sondern etwas von meinen tiefen Gefühlen Preis gegeben, von meiner Verzweiflung. Und in diesen Minuten ging etwas von der Therapeutin auf mich über. Die Worte waren simpel und fast schon banal, aber etwas war da noch, was ich nicht in Worte fassen kann, außer eben was ich schon im vorherigen Posting schrieb.

Bestätigt hat sich das Monate später und auch vor kurzem noch mal. Ich geriet wieder in diese Art von Erinnerungen und Gefühlen. Aber es war keine absolute Hilflosigkeit und Verzweiflung mehr. Ich konnte mich in dem Zustand so annehmen wie ich bin. Konnte das Erlebte annehmen, als zu mir gehörig, als etwas das zu meiner Biographie gehört. Ich habe schon immer noch viel geweint, war deprimiert, traurig und wütend. Aber ich hatte eine Sicherheit in mir, das diese Gefühlslage vorbei gehen wird und das es eben auch berechtigt ist. Denn etwas schreckliches ist geschehen, da ist es angemessen so zu fühlen. Ich fühlte mich den Ereignissen und Gefühlen nicht mehr ausgeliefert.
Ein Wunder oder eine besonders geniale Intervention war es sicher nicht. Es basierte auf einer langen und soliden Zusammenarbeit zwischen mir und der Therapeutin, auf einer langen Arbeit an mir selbst und es hätte auch nicht nachhaltig sein können, wenn dem nicht eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema gefolgt wäre und noch immer folgen würde.

Das hat mir Mut gemacht für den weiteren Weg, für die anderen Themen. Da habe ich gewusst: DAS ist es. Dieses, was auf mich übergegangen ist, das Heile und das Kaputte das die Therapeutin genommen hat.

Ich versuche das hauptsächlich für mich in Worten zu erfassen und wenn es noch jemandem hilft, ist es echt schön, weil mir auch Beiträge im Forum und in diesen Thread weiter helfen, mich zum nachdenken anregen.



toll 62 Zeichen zu viel...
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montagne
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Beitrag Di., 06.04.2010, 16:59

Was mir auch hilft und was sich deutlich einfacher ausdrücken lässt, ist das loslassen von Kategorien und Pathologien. Weswegen ich mich wohl auch so an dem Begriff Traumatherapie, Trauma als herausstehendem Unterscheidungsmerkmal an sich reibe.
Weil sich für mich „Trauma“ dadurch definiert, dass ich vllt., wenn überhaupt Erinnerungen wie an einen Film habe. Aber für meine inneren Prozesse und Gefühle, gab/gibt es keine Wörter, keine Begriffe, keine Kategorien, nicht mal Symbole, weil eben Dinge geschehen sind, die mein Verarbeitungsvermögen überschritten haben.
Loslassen von der Idee man könne immer die Ärmel hoch rollen und unmittelbar loslegen. Annehmen das so einiges an der Therapie mittelbar und indirekt wirkt. Manchmal komme ich im nachhinein drauf wie es wirkte, was es war, manchmal auch nicht.
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estelle
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Beitrag Di., 06.04.2010, 17:10

ausgefuchst hat geschrieben: Gespräch nach wenigen Wochen Therapie mit dem VT-Traumatherapeuten über Suizidalität: Länge ca. 15 Minuten. Folge: Ende der Suizidalität bis heute, will nicht mehr sterben und finde das Leben an den meisten Tagen ziemlich toll.

In 15 Min. Gespräch geschafft, was andere (hauptsächlich PA) in über 10 Jahren nie geschafft haben.
Hallo ausgefuchst,
erstens glaube ich,dass das nicht abhängig ist von der Therapieform sondern von dem Therapeuten,

zweitens hatte ich letzte Woche das erste Mal eine Stunde Verhaltenstherapie und war ehrlich gesagt
ziemlich enttäuscht,denn ich bin nicht mal dazu gekommen darüber zu sprechen was mich eigentlich
belastet,es wurde meine augenblickliche Situation aufgenommen,dann hat der Therapeut die
positiven Dinge für mich noch mal rausgezogen bzw. mir noch mal dargestellt,sozusagen geframt,
verschönt,demnach müßte ich superglücklich sein,bin ich aber nicht.
Alles in allem bin ich enttäuscht,dass ich garkeine Gelegenheit hatte über meine Belastungen zu
sprechen und bin nur weiter an eine Selbsthilfegruppe verwiesen worden.
Mir hilft das aber eher über belastende Dinge aus meiner Vergangenheit zu sprechen,um sie zu verarbeiten,wie in meiner ehemaligen Analyse,wenn mich da auch das ganze Regelwerk drumherum
gestört hat,wie zum Beispiel liegen auf der Couch usw.
Zuletzt geändert von estelle am Di., 06.04.2010, 17:28, insgesamt 1-mal geändert.

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stern
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Beitrag Di., 06.04.2010, 17:13

Von mir auch noch ein Nachtrag:
vallée hat geschrieben: Und noch was:
Ich stimme caro zu, auch ich stoße mich ziemlich an der rigorosen Unterscheidung von Traumatherapie und allgemeiner Therapie.
Fakt ist, jeder Therapeut, egal welcher Richtung wird auch in der Kategorie Trauma ausgebildet, so wie auch jeder Therapeut in den anderen Kategorien (Neurose, Psychose, Persönlichkeitsstörung) ausgebildet wird. Das ist im Curriculum aller Therapierichtungen, die in Deutschland zugelassen sind. Klar kann der eine Therapeut mit dem einen besser, mit dem anderen vllt. weniger gut. Der eine hat mehr Erfahrungen in dem einen, der andere mehr im anderen. Der eine macht Weiterbildungen zu dem Thera, der andere zu einem anderen Thema. Nur diese stringente Unterscheidung macht doch kaum Sinn.
Und ich gebe das, was ich mal aufschnappte, lediglich als Fakt/Sachinformation ohne Wertung wieder, weil ich mir nicht potentiellen Unmut zuziehen möchte, falls sich jemand daran stößt: Führende Berufsfachgruppen erarbeiten Ausbildungs-Curriculae (also Ausbildungspläne) nach dessen Absolvierung sich Psychotherapeuten dann "Traumatherapeut" nennen dürfen. Fakt-Ende. Inwieweit das schon etabliert ist und inwieweit der Begriff geschützt ist weiß ich nicht (glaube ich aber eher nicht so wirklich). Dass es na klar Überschneidungen geben kann, spricht IMO auch nicht gegen Spezialisierungen (egal welcher Art). Ich meine, es gibt doch einige Theras, die so ihre Spezialgebiete haben (und Fortbildungen bei entsprechenden Gesellschaften wahrnehmen), zum Bleistift Zwänge, Ängste oder was weiß ich... auch ohne dass die "lupenrein" überschneidungsfrei von anderen Leiden sein müssen.

Nun gut, möglicherweise macht es dzt. für betroffene schon Sinn notfalls auch mal nachzufragen, wo die Ausbildung absolviert wurde... wurde ja im Thread auch schon was geschrieben: Wenn sich jemand Traumatherapeut nennt, Wunderheilungen verspricht, der gerade mal nen Crashkurs in EMDR bei einem dubiosen Ausbildungsinstitut absolvierte, dann ist das sicher keine vorzugswürdige Anlaufstelle. Ach, und als ich in der Klinik meiner Thera erzählte, dass ich mir ein Buch zulegte, fragte sie gleich nach, was für eines (wogegen sie auch nix einzuwenden hatte, eigentlich sogar im Gegenteil). Und sie begründete ihre Nachfrage auch damit, dass ich nix unseriöses in den Händen habe... weil eben auch hin-und wieder Patienten in der Klinik vorstellig werden, die in unseriösen Händen landeten (und mit unseriös meine ich jetzt nicht Psychotherapie im allgemeinen, sondern unseriöse Anbieter, die sich eben auch auf dem Psychomarkt tummeln). Jedenfalls gab sie mir dazu auch noch eine entsprechende Warnungen mit auf den Weg, die ich ja hiermit in anderen Worten weitergegeben habe... also dass man notfalls die Ausbildung erfragt und schaut, ob man in seriösen Händen ist. Insofern sehe ich es eigentlich so, dass entsprechende Vorhaben auch ein Stück Sicherheit vermitteln können, wobei es die ultimative Garantie, das alles gut läuft nie gibt... aber vielleicht wäre das sogar ein Weg zur Reduzierung von Behandlungsrisiken? Ich lasse es mal als Frage stehen, denn wie gesagt, ich möchte gerade ungern Reibungspunkte auf mich ziehen.
Liebe Grüße
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neko
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Beitrag Di., 06.04.2010, 17:21

liebe vallee,
danke für diese geschichte. das ist sschön und wahr und, ach ich weiß nicht was ...alles zusammen.
als ich das erste mal beim erzählen eines traums geweint habe, bekam ich den ganz schlichten satz: ich finde es wichtig, dass sie damit nicht allein sind. der kam irgendwie bei mir an. das konnte ich da selber zwar nicht zeigen und musste erst mal fliehen, aber ich hab ihn später oft rausgeholt, poliert, ihm nachgespürt. da hat was angefangen. später hab ich dann auch gelernt, zu sagen, dass mir manche worte, sätze helfen. für mich ganz schweres pflaster - weil eingeständnis von abhängigkeit...

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Elfchen
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Beitrag Di., 06.04.2010, 17:24

vallée hat geschrieben:Es war nicht viel anders als so manches Telefonat oder auch als manche Stunde zuvor und doch war etwas anders.
Liebe vallée

DAS ist das, was ich immer und immer wieder sage: DA, in dem Augenblick, war deine Seele bereit. Nicht vorher, auch nicht wenn Engel gesprochen hätten.
Vielleicht war es auch bei ausgefuchst so. Manchmal genügt es einfach, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Ich gehe sogar so weit dass ich behaupte, er kommt bestimmt und nur von selber. Zwingen lässt sich hier schon gar nichts, und ganz sicher die Seele nicht. Die folgt eigenen Gesetzen.
Das ist einfach meine Erfahrung.

glg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet


montagne
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Beitrag Di., 06.04.2010, 17:39

@ Elfchen, ja das denke ich auch so. Denke aber auch, ohne Vorarbeit kommt der Zeitpunkt vielleicht nie. Ich wills nicht ausschließen, das er dennoch kommt, denke aber man kann die Wahrscheinlichkeit erheblich erhöhen, wenn man etwas dafür tut. Aber erzwingen kann man es ganz sicher nicht, da gebe ich dir recht, das habe ich auch so erlebt und das meine ich auch mit Loslassen von Kategorien und vom unbedingten, unmittelbaren Anpacken.

@neko: Danke.
später hab ich dann auch gelernt, zu sagen, dass mir manche worte, sätze helfen. für mich ganz schweres pflaster - weil eingeständnis von abhängigkeit...
Da sagst du was. Bei mir ist es auch ein ganz konkreter Satz, der sich bei mir festgesetzt hat und an dem ich festmache, was, dass etwas auf mich übergegangen ist, der die Stärke und Zuversicht maßgeblich transportiert hat, die ich brauchte und wollte, um mich mit mir sicherer zu fühlen, um nicht mehr die latente Angst zu haben von Gefühlen und Zuständen überrannt zu werden.
Nun war es ja nicht so, das ich in ständiger Angst gelebt habe, aber es war so latent da. Der Gedanke, es kann dich jeder Zeit total umhauen, egal wie gut es dir geht und egal wie stabil du bist. Und ohne deine Therapeutin wirst du nicht mehr hochkommen. DAS hat mich abhängig gemacht. Da war ich auch reell abhängig.
Jetzt habe ich etwas, das mich deutlich unabhängiger gemacht hat, weil die Quelle der Sicherheit nicht mehr nur sie ist, sondern auch in mir drin ist. Ich sage extra auch.. weil noch bin ich ja auf dem Weg.
amor fati

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Erdbeermütze
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Beitrag Di., 06.04.2010, 21:34

Mein erster Thera hatte auch kognitiven-behavioralen Therapie gemacht. Da bin ich nach 6 h geflüchtet. In den 6 h habe ich nicht ein Wort von mir erzählt können/dürfen. Das es nicht geklappt hat, lag aber zu 90% am Thera selbst und nicht an der Form.
Violetta 2009 hat geschrieben:Mir hilft das aber eher über belastende Dinge aus meiner Vergangenheit zu sprechen
Das wird für mich wahrscheinlich auch zutreffen. Habe zwar da nicht so wirkliche Erfahrungen da ich ja noch an Anfang bin aber was mich so beeindruckt hat ist folgendes: Habe dem Thera etwas aus meiner Vergangenheit erzählt, etwas was ich in meinen Leben noch niemals erzählt habe, was mich wohl mehr belastet als ich gelaubt habe/hatte, hat viel mit Schuldgefühlen zu tun. Na ja, auf jeden Fall hatte ich an diesem Tag auch ein Termin bei meinen Heilpraktiker und der traute seinen Augen nicht. "Frau Erdbeermütze, was ist mit ihnen geschehen, ich glaube meinen Augen nicht, ihre Energie, ihre Angespanntheit, ihre ganzer Körper da ist soviel positives passiert usw" Erstmal hat mir es gezeigt, das mich das ganz mehr belastet als ich je geglaubt habe und zum zweiten das das einfache Reden über belastende Ereignisse so viel bringt. Das Thema habe ich zwar bisher nicht mehr angesprochen aber es ist erstmal erzählt und kein Geheimniss mehr (obwohl damit habe ich manchmal schon ein Problem, das es jemand anderer es weis) und somit bearbeitbar (was ich warscheinlich in Sommer machen muss, da es mich dann einholen wird)

LG
Erdbeermütze

Ah, vergessen zu erwähnen: Mir ging es von meinen Gefühlszustand ziehmlich schlecht also vor der Stunde war ich stabiler und dieser schlechtere Gemüdzusand hat auch noch Tage danach angehalten aber mein Körper hatte nee andere Sprache gesprochen.

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neko
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Beitrag Mi., 07.04.2010, 09:21

freut mich zu hören erdbeermütze - da ist ja viel bei dir passiert. erinnere mich an ältere postings.

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Erdbeermütze
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Beitrag Mi., 07.04.2010, 17:57

Hallo Neko,

oh jemand erinnert sich an mich und meine Beiträge

Es war ca. November 2009, als ich meinen Thera das erzählt hatte, also ist das auch schon etwas länger her.

LG
Erdbeermütze

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Thread-EröffnerIn
Jesusechse
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Beiträge: 702

Beitrag Fr., 09.04.2010, 08:50

Nachdem ich mich mit einer Freundin unterhalten habe, die sich insbesondere mit Therapieschäden durch kl. PA beschäftigt hat, hab' ich mich entschieden hier doch noch was zu schreiben.

Leider konnte ich keinen neuen Thread eröffnen, das wäre mir lieber gewesen. Aber ging nicht.

Ich kann nur jeden warnen, der in Sachen Psychotherapie unterwegs ist, dass er sich eingehend mit dem Thema "Therapieschaden" beschäftigt und zwar bei Zeiten, damit er schon möglichst gut landet oder, wenn er falsch oder schlecht behandelt wird, die merkt und sich nicht zum Bleiben in einer schädigenden Therapie überreden bzw. manipulieren lässt.

Leider sind viele schon zu abhängig bzw. zu verstrickt mit ihren Therapeuten, so dass jede Kritik chancenlos ist und nicht angenommen wird. Viele sind wie vernagelt, dass habe ich besonders hier im Thread bemerkt, wo sogar "kontraindizierte Therapien" von den Patienten verteidigt werden. Jeder Mediziner würde den Kopf schütteln. Ich schüttel' ihn auch als Juristin.

Inzwischen sind Schlichterstellen eingerichtet, es gibt Beratungsstellen und auch die Verbraucherzentralen kennen das Problem.

Aber wenn man den "Psychotherapieschaden" eingefangen hat, ist eh alles zu spät. Juristisch was zu erreichen, ist aufgrund der schwierigen Beweissituation, höchst selten möglich. Außerdem sind die Betroffenen zu kaputt, um Prozesse zu führen.

Was bleibt, sind die Schäden und der Schmerz.

Andere Therapeuten wollen einen nicht mehr, viel glauben einem einfach nicht, andere sind überfordert, wissen nicht weiter. Insgesamt ist es so, dass keiner gerne einen verpfuschten Patienten annimmt. Die Betroffenen sind nach solchen Behandlungsfehler-Therapien ohnehin total verstört und haben oft das Vertrauen in Therapie und Therapeuten verloren, oft haben sie panische Angst und lehnen dann auch seriöse Behandlungsangebote ab. So endet der Therapieschaden in einem verkorksten Leben bis hin zum Suizid.

Man braucht nur die Wörter "Therapieschaden" oder z.B. "Therapieschaden Psychoanylse" usw. googeln, dann wird man sehr schnell mit der Realität konfrontiert. Gerade kl. PA ist mit ungeheuren Risiken verbunden. "Sch. gefährlich" nannte es meine Freundin. Und sie hat leider recht damit.

Besonders schlimm trifft es Betroffene, wenn sie von anderen als Therapieversager nieder gemacht werden, wie ich das hier in diesem Forum oft erlebt habe. Das ist eine Frechheit und ist genau so, als ob man über jemanden, dem der Chirurg versehentlich das falsche Bein amputiert hat, und dem dann anschließend noch das kranke Bein auch abgenommen werden muss, nachdem man zuerst das gesunde amputiert hat, doofe Witze reißt. Genau das Gleiche kam auch schon bei Lungenflügeln vor und mit einem entfernten gesunden und einem mit Krebs befallenen Lungenflügel lebt es sich nicht gut und nicht lange.

Und ähnlich gefährlich, nämlich lebensgefährlich, können auch Therapieschäden werden.

Ich für meinen Teil verlasse dieses Forum mit dieser abschließenden Warnung. Ich werde mich - falls ich wieder in einem Forum aktiv sein möchte - in einem aufhalten, welches für durch Psychotherapie geschädigte Patienten ist. Dort haben die Leute einen weiteren Horizont als viele hier, können über den eigenen Tellerrand rausschauen, was hier viele nicht können.

Und ich bin's leid, von nicht informierten und unkritischen Usern verletzt und beleidigt zu werden, die sich ein Urteil über mich erlauben, ohne irgendwas von den konkreten Umständen zu wissen (Und die wundern sich dann noch, wenn's zu einem "Rundumschlag" meinerseits kommt?! Ja, vielleicht sollte man mal vor der eigenen Türe kehren und sich überlegen, was man dem anderen zuvor an den Kopf geworfen hat?! Aber wahrscheinlich ist es beruhigender, sich einzureden, dass andere Patienten zu blöde für Therapie sind, als sich bewusst zu machen, auf was für ein riskantes Therapieverfahren man sich da eingelassen hat. Es ist immer leichter, den Boten der schlechten Nachricht zu erschlagen, als mit der schlechten Nachricht umzugehen.

ausgefuchst

PS Und es bleibt dabei:

Allg. Therapieverfahren, insb. kl. PA, sind für Traumapatienten kontraindiziert und potentiell hochschädlich. Und ein Thera, der dennoch auf eine Traumapatienten ein solches Verfahren anwendet, ist in meinen Augen hoch fragwürdig. Vielleicht kann er einfach nichts anderes? Mal nachgefragt?

Außerdem bin ich nich sicher, ob jeder/jede, der/die sich als Traumapatient/in bezeichnet, tatsächlich einer/eine ist. Dass man traumatische Erlebnisse hatte ist nicht gleichbedeutend mit einer tatsächlich eingetretenen Traumatisierung mit den entsprechenden physiologischen Veränderungen im Gehirn und in der Gehirntätigkeit. Jedes traumatische Erlebnis ist "nur" potentiell traumatisierend.

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