mio hat geschrieben: ↑Mo., 27.04.2020, 12:20
Ich bin in einer Zeit großgeworden in der es noch nicht so üblich war Kinder "abzuschieben".
[...] ich hatte keine Ahnung was ich da sollte. Mich stresste das mehr, als dass es mir etwas gab. [...] Ich fand diese Veranstaltung "Kindergarten" sinnlos, einengend und "gegen mich" gerichtet.
Ich fand den Kindergarten auch ganz schlimm.
Nicht nur, dass ich von einer fiesen Kindergärtnerin träumte, die meine Tiere entführte und tötet und meine Oma platzen ließ, vor der ich wegfliegen wollte, aber nicht kräftig genug war abzuheben...
Ich hatte da auch als "Zeugenkind" in einem hauptsächlich katholischen Kindergarten nichts zu lachen.
Bestrafungen waren bei mir irgendwie immer härter als bei anderen. Wie oft wurde ich drinnen eingesperrt, wenn ich die selben Dummheiten wie andere Kinder machte - während die anderen einfach nur ne Standpauke bekamen und weiterspielen durften...
Und diese blöde Lehre der Zeugen machte mir da auch keinen Bonus, immerhin soll ich nicht zu irgendwelchen Göttern beten, sondern nur zu Jehova allein. Da kann man sich vorstellen, wie verwirrt ich war, wenn dann das gewöhnliche Tischgebet gebetet wurde, welches ich nicht mitbetete. Ich fing dann einfach schon an zu essen, bekam es oft weggenommen, wurde geschimpft... Dabei tat ich doch, was man mir gesagt hatte. Was mir von zuhause aus gesagt wurde. Ich hab einfach nicht verstanden, was falsch ist, denn ich mache doch genau das, was mir gesagt wurde... Ostern, Weihnachten, Nikolaus und weiß der Geier gab es alles nicht, also spielte ich auch nichts davon mit. Ich war ziemlich zerrissen in dieser Zeit, denn egal was ich gemacht habe, es war immer falsch. Entweder für mein Zuhause oder für den Kindergarten. Besonders das "Überleg dir, was du getan hast" hat mich zermürbt, denn ich kapierte gar nicht, wieso so vielerlei Maß existierte. Wofür ich zuhause gelobt wurde, war ein Grund zum Tadel im Kindergarten. Und andersrum genau so.
Zuhause hat man mich viel in Ruhe gelassen. Ich erinner mich noch dran, wie ich Bilder für meine Mutter malte. Wurde dann als Unterlage für Gläser benutzt. So mit Kaffeerand, Klecksen und so.
Im Kindergarten zwang man mich dann, für meine Familie zu basteln. Und schimpfte mich, wenn ich mich wehrte. Dabei dachte ich dauernd: Wozu denn? Es interessiert doch eh keinen. Ich will viel lieber was anderes machen.
Bei manchen Sachen wehrte ich mich so heftig, dass mich zwei Erzieher festhielten. Hand- und Fußabdrücke für diese dämliche Bastelmappe zum Beispiel. Zu zweit hielten sie mich und bemalten mich, stellten mich auf ein Blatt Papier, hielten mich dann wieder fest zum Abwaschen.
Tolle Bastelmappe. Man hätte auf die Rückseite des Werkes je eine Entstehungsgeschichte draufschreiben sollen.
Meine Zwangwerke waren auch nicht so schön wie die der anderen, auch das wurde von den Betreuern kritisiert. "Was wird deine Mama dazu nur sagen, dass du so ein hässliches Bild gemalt hast?".
"Meine Mama mag meine Bilder nicht", habe ich gesagt. Und die Erzieherin sagte sowas wie: "Das wundert mich nicht".
Ich kriege schon auch die andere Seite mit, von meiner Bekannten, die ein Kind hat. Jeder Straßenhund hört besser als dieses Kind. Sie freut sich immer, wenn sie mal Ruhe hat und mal was für sich machen kann.
Bisher war ich eigentlich überzeugt davon, dass ich keinen Kindergarten brauchen werde, sollte ich mal ein eigenes Kind haben. Aber wenn ich so sehe, wie viel Power der Kleine hat und wie schnell er meine Bude verwüstet, kriege ich auch ein bisschen Bammel, dass das eine Illusion von mir ist.
Noch dazu wird ja so sehr drauf gepocht, dass das wichtig fürs Immunsystem und das Sozialverhalten ist.
Aber ganz ehrlich?
Zum Laternenumzug nahm mich meine Bekannte mit. 4-6 Jährige trugen Dinge vor wie "Wir gedenken an die Kinder, die auf dieser Welt verhungern und unter Krieg leiden müssen". Was für ne Scheíße, dachte ich mir, sowas auswendig zu lernen. 1. denke ich nicht, dass diese Kinder tatsächlich daran "gedenken" und 2. finde ich nicht gut, dass man Kindern so zu Heuchlern erzieht. Die sollen sich da von selbst Gedanken drüber machen und nicht, weil jemand von ihnen verlangt, diesen Schwachsinn auswendig zu können.
Wie ich da stand und diese ganze erzieherische Heuchelei hörte, dachte ich, DIESER Kindergarten kriegt mein Kind ganz sicher nicht. Tänzchen vorführen und spielen meinetwegen, aber ich möchte mein Kind gern fern von jeder Religion aufwachsen sehen, denn ich will nicht, dass irgendwer ihm Flausen in den Kopf setzt, wofür es alles in der Hölle schmoren wird, oder dass ein rachsüchtiger Gott es bestrafen wird. Nicht in 1000 Jahren lass ich das zu.