Therapeutenwechsel?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Montana
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Beitrag Fr., 30.07.2021, 08:08

Das Du war auch bei uns Thema. In bestimmten Situationen wechselte der Therapeut von sich aus aufs Du und mich irritierte das und ich sprach es an. Er erklärte daraufhin, warum er das machte und fragte mich, wie ich das denn gerne hätte. Ich weiß noch, dass ich gesagt habe, dass ich mit Sie angesprochen werden möchte. Aber wo ich jetzt gerade darüber nachdenke, bin ich nicht sicher, wie er mich zur Zeit anspricht. Er sagt schon Sie, ja, aber nicht unbedingt durchgängig. Ich muss da mal genauer drauf achten. Ähm. Ich meine, er spricht eigentlich andere Anteile in der Regel mit Du an. Auch wenn ich das mitkriege und blöd finde. Oder er sagt Ihr, wobei ich mit gemeint bin. Das irritiert mich noch immer und beschäftigt mich dann neben dem eigentlichen Thema.

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Beitrag So., 01.08.2021, 14:40

Ich war mal vor langer Zeit mit einer Therapeutin per Du weil ich sie vorher aus einem anderen Kontext flüchtig kannte, wo man per Du war. War am Anfang ungewohnt, aber kein Problem und ja, hat mehr Nähe und Vertrauen hergestellt.
Solage hat geschrieben: Do., 29.07.2021, 21:12 Andererseits entsteht in mir ein Gefühl, dass dieses Schweigen auch etwas destruktives, kastrierendes und die Therapeutin in das Abseits drängendes sein könnte.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 30.07.2021, 07:52 Schweigen ist eine starke "Waffe", grade in Beziehungen, die näher sind oder werden sollen.
Man kann das Miteinander dominieren, ohne sich aus der eigenen Deckung wagen zu müssen.
Das ist wieder tiefste Psychoanalyse!
Typische Formuierungen, die nahelegen, der Patient würde irgendwas zutiefst pathologisches machen, manipulieren, die Macht an sich reissen, destruktiv sein, "Waffen" benutzen, die Beziehung zum Therapeuten zerstören etc.

Nein und nochmal nein!
Was ein Patient tut oder empfindet, hat einen positiven Sinn oder weist auf etwas hin.
Das Schweigen kann ein Hinweis sein, dass das, worum es geht, über Sprache nicht gut zugänglich ist.
Zum Beispiel weil es passiert ist, bevor man sprechen konnte.
Dann passen besser Therapieformen, wo man eher etwas macht oder etwas über den Körper spürt, wie auch Waldschratin schon geschrieben hat.

Nachdem du das Schweigen schon jetzt (!) bevor die Therapie noch angefangen hat wieder als Stolperstein befürchtest, was einfach sein kann, wenn du in Wahrheit mit einer Therapie, wo vor allem geredet wird, nicht viel anfangen kannst, weil du einfach was anderes brauchst, z.B. Körperorientierung, Therapie brauchst, wo man mehr über das Tun arbeitet konkrete Übungen macht, anstatt zu reden, würde ich dir raten:

Schreib dir jetzt eine Liste woran du merken würdest, dass dir Therapie wirklich hilft.
Was für Probleme hast du konkret - was soll sich ändern?
Und dann würde ich mir Evaluierungszeitpunkte setzen:
Nach 10, 20, 30 Stunden - was hat sich konkret getan? Verändert sich wirklich etwas?
Kommst du echt voran oder ist es nur angenehm, entlastend, mit der Therapeutin zu reden, mehr aber auch nicht?
Nicht, dass du wertvolle Stunden für eine dritte Therapie verschwendest und dann zum Schluss sagst, es hat wieder nicht viel gebracht.
Nimm deine Befürchtungen selber wirklich ernst! Du hast ja eine gute Beobachtungsgabe so detailliert wie du hier deine Eindrücke mit uns teilst.


Waldschratin
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Beitrag So., 01.08.2021, 14:45

captcha hat geschrieben:Typische Formuierungen, die nahelegen, der Patient würde irgendwas zutiefst pathologisches machen, ist irgendwie destruktiv, "Waffe", zerstört die Beziehung zum Therapeuten etc.

Nein und nochmal nein!
Was ein Patient tut oder empfindet, hat einen positiven Sinn oder weist auf etwas hin.
Wenn du auf Typisierungen aus bist, dann ist das typisches Schwarz-weiß, Entweder-oder.

Und nein, man muss sich nicht für entweder was Positives oder was Negatives festlegen.
Es ist beides, manchmal sogar im selben Moment. Und alles dazwischen.

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Beitrag So., 01.08.2021, 15:00

Waldschratin hat geschrieben: So., 01.08.2021, 14:45
Wenn du auf Typisierungen aus bist, dann ist das typisches Schwarz-weiß, Entweder-oder.

Und nein, man muss sich nicht für entweder was Positives oder was Negatives festlegen.
Es ist beides, manchmal sogar im selben Moment. Und alles dazwischen.

Ich musste erstmal nachschauen, was Typisierung heisst:
"untersuchen und herausfinden, zu welcher Art, welchem Typ/Typus etwas gehört"
ich habe diese zwei Zitate als Formulierungen zitiert, die für mich typisch Psychoanalyse sind samt der Erklärung, was für mich daran typisch Psychoanalyse ist.

Du kannst das jetzt auch so empfinden oder in hundert Zwischentönen anders.
Du kannst sagen, nein, ich empfinde meine Formulierungen überhaupt nicht als typisch Psychoanalyse und zwar deshalb und deshalb. Mit Schwarz-Weiss Denken haben glaub ich weder Du noch ich irgendwas am Hut.

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Beitrag So., 01.08.2021, 15:06

ich hab auch absolut nicht das Gefühl, dass Betti auch nur im Entferntesten, weder bewusst noch unbewusst versucht, Schweigen als "Waffe" einzusetzen oder um das Miteinander zu dominieren.


Waldschratin
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Beitrag So., 01.08.2021, 15:16

Captcha, ich hab keine Ahnung von Psychoanalyse, nie eine gemacht. Mal ein paar Stunden Probatorik, die ich von mir aus abgebrochen hab, weil das eher was von Firlefanz hatte für mich.

Was Betti macht oder nicht, wie du sie interpretierst oder nicht, da kann ich auch nicht mitreden.
Ich hab von mir, von meiner Erfahrung mit Schweigen als Waffe geredet. Und ja, ich setze Schweigen manchmal ganz bewusst als Waffe ein. Manchmal "passiert" es mir, unbewusst.

Ich habs auch erlebt wie Betti : Hab mich meinem Schweigen gegenüber als hilflos ausgeliefert gefühlt. Und auch ähnlich wie Betti so ziemlich alles eingesetzt, dass ichs überwunden bekomme, notfalls mit Gewalt gegen mich.

Und eben dabei rausgefunden, was für ne Macht das Schweigen haben kann. Für mich selbst, dem Anderen gegenüber und auch für das Miteinander.

Heißt ja nicht, dass man dann nicht kommuniziert. Im Gegenteil. Schweigen sagt oft mehr als alle Worte dieser Welt.

Und es gibt halt nicht einfach "das Schweigen". Schweigen ist das Tun, aber mit welcher Intention man etwas tut, welchen Zweck es erfüllen soll, das ist nunmal vielfältig.

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Beitrag So., 01.08.2021, 15:40

Das find ich sehr interessant, was du schreibst, Waldschratin, dass du es einerseits als "Waffe" eingesetzt hast, andererseits auch wieder dich dem eigentlich hilflos ausgeliefert gefühlt hast. Was ja bestimmt oft so ist, dass man sich auf bestimmte Weise verhält, das vielleicht so gar nicht will, aber irgendwie auch nicht anders kann...

Das beweist umso mehr, dass man einen Therapeuten braucht, der einen dort abholt, wo man steht,
in dem Fall, dass du, Betti, eine Therapeutin brauchst, die mit deinem Schweigen arbeiten kann, denn es ist nun mal da.
Ich drücke dir die Daumen dafür.


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Beitrag So., 01.08.2021, 15:45

captcha hat geschrieben:Das find ich sehr interessant, was du schreibst, Waldschratin, dass du es einerseits als "Waffe" eingesetzt hast, andererseits auch wieder dich dem eigentlich hilflos ausgeliefert gefühlt hast.
Ich bin mir grad nicht sicher, ob du mich da richtig verstanden hast.
Ich habe mich erst lange Zeit meinem Schweigen gegenüber hilflos ausgeliefert erlebt. Und indem ich mich damit auseinandersetzte, mich da rauszubringen versuchte auf unterschiedliche Weise, hab ich erkennt, wie machtvoll Schweigen sein kann und dass man es durchaus bewusst machen kann.
Dieses Erkennen hat mich also aus der Hilflosigkeit und dem Ausgeliefertsein rausgeholt.

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Beitrag So., 01.08.2021, 16:23

in groben Zügen hätt ich das so verstanden, ja. :)


Waldschratin
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Beitrag So., 01.08.2021, 16:53

Dann is gut! :-)

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Solage
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Beitrag So., 01.08.2021, 21:29

captcha hat geschrieben: So., 01.08.2021, 14:40
Solage hat geschrieben: Do., 29.07.2021, 21:12 Andererseits entsteht in mir ein Gefühl, dass dieses Schweigen auch etwas destruktives, kastrierendes und die Therapeutin in das Abseits drängendes sein könnte.

Das ist wieder tiefste Psychoanalyse!
Typische Formuierungen, die nahelegen, der Patient würde irgendwas zutiefst pathologisches machen, manipulieren, die Macht an sich reissen, destruktiv sein, "Waffen" benutzen, die Beziehung zum Therapeuten zerstören etc.
Nein und nochmal nein!
Was ein Patient tut oder empfindet, hat einen positiven Sinn oder weist auf etwas hin.
Das Schweigen kann ein Hinweis sein, dass das, worum es geht, über Sprache nicht gut zugänglich ist.
Zum Beispiel weil es passiert ist, bevor man sprechen konnte.

Hallo captcha, ich habe geschrieben, dass in mir ein Gefühl entsteht, dass dieses Schweigen auch destruktiv sein kann. Das ist mein Gefühl dazu. Du behauptest, dass meine Äußerung tiefste Psychoanalyse ist. Das weiß ich nicht, weil ich ja von meinem Empfinden dazu schreibe.
Und wenn Psychoanalyse so arbeiten würde (was ich tatsächlich in meiner Psychoanalyse überhaupt nicht so erlebe), dann finde ich es schade, dass du eine therapeutische Methode so pauschal aburteilst.

Und nach meinen Erfahrungen ist es schon so, dass Patienten auch immer wieder destruktiv und pathologisch sind. Deshalb sind sie doch in Therapie.
Es gibt auch aggressive, zerstörerische und selbst verletzende Patienten. Autoaggression ist doch auch nicht positiv.

Wäre doch blöd, wenn es dann heißt, dass doch alles so wunderbar sei. Soll man sich doch ritzen, Drogen nehmen , die Kante geben.

Angenommen Patienten haben Angst in eine gute Beziehung zum Therapeuten zu gehen und versuchen, bevor etwas Gutes entsteht, das Gute lieber durch destruktives Verhalten zu zerstören, dann wird sich das entsprechend zeigen.

Angenommen, es gibt Traumata in einer vorsprachlichen Zeit, dann wird das ein guter Therapeut aufnehmen und eben zur Sprache bringen. Nur dadurch kann sehr frühes traumatische Erleben durch Versprachlichung erkannt und hoffentlich bearbeitet werden.

Für mich ist es nicht vorstellbar, dass in einer guten Therapie über Monate, Jahre geschwiegen wird, ohne, dass dieses Schweigen wie auch immer zum Thema gemacht wird mit dem Ziel eben dieses Schweigen zu durchbrechen.

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saffiatou
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Beitrag So., 01.08.2021, 22:22

Schweigen bedeutet auch Macht über den anderen zu haben. Wie gesagt ein paar Minuten Ruhe sind ganz ok, aber wenn vier Jahre geschwiegen wird, das ist etwas, dass ich nicht nachvollziehen kann, mal deutlich Zeit und Geld Verschwendung. Denn es ist ja kein Mutismus, du redest ja mit den Kindern, Mann, Freunden. Es ist zerstörend.

Solange hat Recht, nur weil etwas vorsprachlich passiert sein könnte, bedeutet es nicht, dass man das mit Schweigen lösen kann, im Gegenteil. Ich finde es auch merkwürdig, wenn das hier unterstützt wird und dafür Gründe gesucht werden, weil die TE bestärkt wird, in ihrem Schweigen, statt sie zu bestärken das zu ändern.

Was ich irgendwie nicht verstehe, du willst zur Therapie, du willst, dass es dir besser geht und schweigst, bzw hast geschwiegen.

Natürlich ist da auch Scham, die ist bei uns allen da und man muss ja nicht sofort in das schwierigste Thema hineinstoßen, aber langsam anfangen überhaupt bereit sein zu reden.

Ich hoffe, dass diese Thera das nicht zulassen wird.
never know better than the natives. Kofi Annan

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Montana
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 06:53

Ich kann das aber sehr gut nachvollziehen, dass man schweigt ohne das zu wollen und ohne es ändern zu können. Weil mir das auch passiert ist. Das war in einer analytischen Therapie, wo mir der Therapeut aus Prinzip nicht geholfen hat, weil das ja "meine Aufgabe" war. Er hat aber generell sehr wenig gesagt, und ich hatte nach jeden Satz mehr Angst vor ihm. Und die vergrößerte er oft noch durch gemeine Sprüche. Schließlich gab es keine Themen mehr, die ich überhaupt noch versuchen konnte. Leider war meine Hauptdiagnose schon so ein Punkt, bei dem es ausschließlich Stress gab. Sie kam nicht von ihm, sondern war vorher in einer Klinik gestellt worden.

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saffiatou
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 07:37

Aber doch nicht in zwei Therapien mit je ein bis zwei Jahren, dann als Argument „ich wurde nicht richtig warm bei ihr“ wenn es nur schweigen gibt und keine Veränderung der Beziehung, dann bleibt man dort doch nicht.


Ich weiß wie wichtig die richtige thera ist, AD ist die absolute Basis. Aber wenn es nicht die richtige ist, dann sucht man weiter, oder probiert aus, aber geht eben auch nur, wenn man redet, weil dann kann die thera auch reagieren auf das was man sagt, erst dann kann man feststellen, ob es passt. Aber eine thera die zwei Jahre schweigen unterstützt, finde ich kontraproduktiv.
never know better than the natives. Kofi Annan


Waldschratin
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 08:09

Hallo Betti,
wie gehts dir denn grade?
Ich hoffe, unsere Kabbeleien hier zum Thema reden und schweigen in der Therapie verschrecken dich jetzt nicht eher, als dass sie dir weiterhelfen...? (Ist aber auch sehr interessant, das Thema, geb ich zu... :red: :->)

Du warst ja an sich von vorneherein ambivalent, ob du überhaupt (wieder) eine Therapie riskieren solltest oder nicht, weil die natürlich allerhand wieder aufwühlt und dich entsprechend destabilisiert im Alltag.

Vielleicht hängt dein nachhaltiges Schweigen ja auch damit zusammen und es bräuchte erst einmal ein grundsätzlicheres "Ja" von dir zu einer Therapie?

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