Ist erfolgreiche Therapie OHNE extreme Abhängigkeit/Verliebtheit möglich?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:39

Ich glaube das Idealisierung schon auch einen "Zweck" haben kann, zB. den eine tragfähige Beziehung einzugehen und auch entsprechende "Mühen" auf sich zu nehmen. Aber dann fängt halt auch schon die "Entidealisierung" an.

Für Kinder ist es ja auch durchaus sinnvoll, die eigenen Eltern erst mal zu idealisieren, weil sie ja auf die Eltern und ihre "positive Sicht auf diese" angewiesen sind bzw. vollumfänglich Vertrauen haben müssen in diese. Und einem "Helden" vertraut es sich eben leichter, weil der ja mit allem klar kommen wird und damit besseren "Schutz" bietet. Aber spätestens dann, wenn sie selbstständiger werden, wird der Held kritisch beäugt um dann in der Pubertät erst mal auch ein Stück weit "bekämpft" zu werden, um von ihm "weggehen" zu können.

Was ich ganz spannend finde ist, dass sich in beiden Lebensphasen auch das Hirn neu strukturiert und "altes" teilweise wirklich "gelöscht" wird, weil es nicht mehr benötigt wird. Dh. es werden einzelne "Neuronenstränge" komplett gekappt, bzw. stillgelegt, wohingegen sich andere stärker ausbilden. Es findet also eine komplette "Neustrukturierung" statt, die aber mit einer Reduktion der Masse einherzugehen scheint. Ähnlich auch dem "Realitätscheck" den Kinder bzw. Jugendliche in Bezug auf die Eltern betreiben um so eigene Prioritäten setzen zu können.

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mio
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:42

Ziegenkind ich finde das klingt eher nach Imagination als nach Idealisierung.

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peppermint patty
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:42

@marilen das wäre schwarz-weiß-denken. Nach der Entidealisierung kann noch ganz viel kommen warum man in Partnerschaften nach der Verliebtheitsphase zusammenbleibt. Sei es das liebe Geld oder das nicht alleine sein können, endlich jemand gefunden haben etc...


Marilen
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:44

stimmt, wobei bei zusammenbleiben wg geld oder weil man niemanden anderen zu finden glaubt, emotional der drops gelutscht sein dürfte.
Zuletzt geändert von Marilen am Sa., 29.07.2017, 17:47, insgesamt 1-mal geändert.
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.

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Marilen
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:45

mio, wobei idealisierungen ja auch dem bereich des imaginären angehören, oder?
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mio
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:47

Ja, aber bei einer Imagination weiss ich, dass ich imaginiere. Bei der Idealisierung glaube ich das was ich denke wirklich.

Was wahrscheinlich ähnlich ist ist der "beruhigende Effekt".


Marilen
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:48

ich weiss nicht ob menschen immer so klar ist, dass sie imaginieren aber wahrscheinlich war ich halt wieder so "aus" dass ich es nur schwer geschnallt habe. kann sein.
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mio
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:51

Na ja, wenn ich was bewusst einsetze, dann ist es mir ja klar. Sonst wäre es ja nicht bewusst.


ziegenkind
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 17:53

jetzt hab ich es: ich brauchte die idealisierung auch als antriebsenergie, um mich auf die abhägigkeit einlassen zu können, von der ich wusste, das ich durch sie durch musste, um aus ihr rauszukommen.

das mit den kindern und deren entwicklungsweg, ja klar, wissen wir. ich glaub, das aufregende ist, wie geht das, das korrigieren, das neu einschreiben, wenn in der kindheit dies gefehlt hat und jenes zu viel war. ich glaub, das ist die kunst in der therapie: zurück in das kindliche, um einiges neu einzuschreiben, aber dabei nie vergessen, dass ich erwachsen bin und es keinen weg zurück gibt. eine der vielen,vielleicht die wesentliche paradoxie, an der es auch scheitern kann.

meine eigenen prioritäten setzen konnte ich schon immer. ich konnte immer kämpfen, mich durchsetzen, für mich selber sorgen. ich konnte mich nicht einlassen und ich konnte keine hilfe annehmen. ich wusste , wenn ich in dem tempo weitermache, in dem ich gelebt habe, bis ich 42 war, dann bin ich bald tod.

ach ja, und nur beruhigend war das idealisieren für mich nie. es hat mir immer höllisch angst gemacht und es hat mich tief beschämt mit meiner therapeutin darüber zu sprechen. tief in meinem programm stand dies: niemand möchte von dir gemocht werden, du stinkst und du bist wertlos. wenn das in einen reingeschrieben und reingeprügelt wurde, tut idealisieren auch erst mal weh.

ich glaub wirklich: es gibt ganz viel paradoxes, wenn es gut läuft. und wissen, was man tut und es wirkt trotzdem, das ist das sine qua non der analyse, glaube ich.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


mio
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 18:06

peppermint patty hat geschrieben: Sa., 29.07.2017, 17:42 @marilen das wäre schwarz-weiß-denken. Nach der Entidealisierung kann noch ganz viel kommen warum man in Partnerschaften nach der Verliebtheitsphase zusammenbleibt. Sei es das liebe Geld oder das nicht alleine sein können, endlich jemand gefunden haben etc...
Was dann wiederum Abhängigkeitsbeziehungen wären.

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Solage
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 18:11

Ich habe eine Therapie hinter mir, die von starker Abhängigkeit geprägt war und nicht gut ausging. Allerdings ohne Idealisierung. Da hat sich was ungebremst wiederholt.
Ich bin jetzt in einer Therapie, die mir sehr gut tut und ich versuche manchmal zu idealisieren, in dem Sinne, dass der Therapeut einfach gut zu mir passt und mir hilft. Spreche ich das Positive an in der therapeutischen Beziehung, dann kam von ihm auch schon, dass da wohl ordentlich Idealisierung dahinter steckt. Wir sprechen dann darüber und ich spüre, dass ich nicht überidealisiere, sondern auch um seine Unzulänglichkeiten weiß. Die mir unsere Getrenntheit zeigen, ich bin wie ich bin und er ist wie er ist.
Die Sehnsucht, der Wunsch ein ideales Gegenüber zu haben ist meiner Meinung nach legitim. In etwa: Endlich ist da jemand, der versteht. Allerdings steckt da auch die Gefahr drin, den anderen sich passend machen zu wollen. Das erzeugt auf der Gegenseite auch Druck, meinem perfektionistischen Anspruch zu genügen.
Verschmelzungsfantasien und den anderen sich gleich machen wollen, führen voneinander weg.
Abhängig fühle ich mich nicht, sondern ernstgenommen und angenommen gerade in der Unterschiedlichkeit.
Das ist heilsam.


Marilen
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 18:16

ziegenkind, meine korrektur war nicht, das neu einschreiben sondern das frei legenund das stehen lassen können, dieses defizit stehen lassen, aushalten. die idealisierung war dabei lähmend. wie ganz verschieden das ist und erlebt wird.
Zuletzt geändert von Marilen am Sa., 29.07.2017, 18:18, insgesamt 1-mal geändert.
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ziegenkind
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 18:18

ja, es braucht beim hilfreichen idealisieren auf jeden fall ein therapeutisches gegenüber, das aufgeräumt genug ist, das nicht narzistisch zu brauchen UND dem dadurch ausgeübten druck stanzuhalten.

ich hab mich oft an den momenten festgehalten, in denen es ein verstehen im fluge gab. meine therapeutin hat mich dann immer an die momente erinnert, in denen das mit dem verstehen nicht so gut geklappt hat und es auf beiden seiten der couch darob auch mal schlimm weh tat. ich hab ihr das gutmütig gestattet und meinerseits insistiert: gab es aber auch im fluge.

marilen, ich verstehe den unterschied. doch, einiges ist bei mir neu eingeschrieben, dass man mich lieben kann z.B. und dass ich genug bin. :red:
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


Marilen
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 18:20

und das ist suuuuuper gut, ziegenkind! wie bei allen analysen ist da bei mir wahrscheinlich was offen geblieben, es gibt ja keine vollständige analyse. momentan reicht mir: ich bin, es gibt mich, zu sehen, was mag ich, welche bedürfnisse habe ich, welche wünsche und so was.
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.


Igelkind
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Beitrag Sa., 29.07.2017, 19:29

Liebe Hier Schreibende,

Ich möchte euch danken für das, was jetzt hier geschrieben wird... es bringt mir unglaublich viel.
Einiges werde ich mir raus kopieren und noch länger darüber nachdenken.
Sehr viele weise Sätze, danke.

Zur Fragestellung: Ich sehe es ähnlich wie andere hier auch, dass dieses Thema nur dann in der Therapie auftritt, wenn es ein Thema beim Patienten ist, der Therapeut / die Therapeutin passt und auch bei beiden die Bereitschaft da ist, diesen Schmerz zuzulassen, auszuhalten und zu bearbeiten.
Es ist sehr Schmerzhaft.
Ob die Therapie dann allerdings erfolgreich ist, steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben und hat sicher auch mit den Fähigkeiten des Therapeuten zu tun.

Ich wünsche allen, die dieses Thema haben müssen, die beste Hilfe die es gibt. Und es stimmt mich sehr hoffnungsvoll, dass hier einige schreiben, die diese Abhängigkeit ganz oder fast ganz auflösen konnten.
Ich hoffe, ich schaffe es dann auch einmal noch. Ganz langsam bewegt sich da bei mir jetzt etwas, und der "Wahn - Schleier", der sich manchmal über meine Sinne legt, lichtet sich immer rascher und öfter, wenn ich mich mit jemandem wieder verstrickt habe.

Alles Gute
Igelkind

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