Wenn Therapeuten 'Ich mag Sie' und Ähnliches sagen...

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RoboCat
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Beitrag Do., 03.08.2017, 12:47

Louisenkind hat geschrieben: Do., 03.08.2017, 00:14 Deshalb wundert es mich jetzt gerade doch sehr, dass sie mich in dem Moment letzte Woche "Mädchen" genannt hat. Vielleicht auch, weil es gerade etwas um meine Kindheit ging in dem Moment, ich weiß es nicht. Werde es ja kommende Woche in der Sitzung sehen.
Bestimmt wollte sie dir einfach nur den Kontrast noch mal vor Augen führen zwischen Mädchen und Frau. Passte wohl für sie ganz gut zur Situation. Und seien wir mal ehrlich, Anfang 20 ist doch so eine Art Übergangsphase. Wer ist in dem Alter schon "richtig erwachsen"? Manche sinds, geprägt durchs Leben, andere (noch) nicht. Wieder andere werden es nie, aber das ist ein anderes Thema.

Ja, genau, sprich es an, wenn dich das beschäftigt. Für mich hat sich das in solchen Situationen hinterher eigentlich immer bewährt :)
:axt:

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Vinterbarn
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Beitrag Do., 03.08.2017, 18:24

Ich bin mal gespannt, wie das in der kommenden Sitzung wird. Und ja, du hast recht was das mit der Übergangsphase betrifft. Es ist dieses "junge Erwachsenenalter", irgendwas zwischen Mädchen und Frau, also noch nicht ganz fertig. :P
Die Nachpubertät oder Adoleszenz ist auch echt 'ne schwierige Phase...
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Samantha777
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 17:47

Ich hatte meiner Therapeutin gerade erzählt, dass es mir selbst bei meinen Freunden
schwer fällt zu glauben, wenn sie mir sagen, dass sie mich mögen. Da sagte mir meine
Therapeutin "Ich hab sie gern." Das konnte ich ihr in diesem Moment nicht abnehmen.
Es hat mich sogar ziemlich durcheinander gebracht. Ich habe es dann in der nächsten
Stunde angesprochen. Sie antwortete, dass sie es in diesem Moment auch so gemeint
hat und dass sie eine Art von Nähe zwischen uns herstellen wollte.

Irgendwie scheint es schon eine Art psychotherapeutisches Mittel zu sein, wenn es doch
häufiger vorkommt. Mir wäre es dabei jedoch lieber sie würde so etwas nicht sagen, wenn
sie es nicht auch absolut ehrlich meint.

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Philosophia
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 18:28

Ich finds auch ein bissl schwierig, jedem Komplimentmacher ne Lüge zu unterstellen. Ja, es mag andere Hintergründe geben, ja, vielleicht habe ich früher blöde Erfahrungen gemacht, aber wenn ich ein Kompliment ausspreche, dann meine ich das so. Ich wäre ganz traurig, wenn es mir kaputt gemacht wird. Es fühlt sich zudem viel schöner an, dem anderen einfach mal zu glauben, als ihm alles zu zerreden.

Ich weiß, das sagt sich so leicht, ich habe früher auch schlecht was nettes annehmen können - bis ich merkte, wie traurig es mich macht, wenn meine von Herzen kommenden Komplimente sofort zerstört werden. Ich frage mich jetzt immer, wie sehr mag ich die Person, die mir was nettes sagt - will ich sie von mir stoßen? Ich kann mich ja entscheiden. Mittlerweile entscheide ich mich meist für das annehmen (auch von der Beziehung).
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Samantha777
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:00

@Philosophia
Du hast vermutlich recht. Nur kann ich mich selbst nicht so gut annehmen, weshalb
es mir wohl auch schwer fällt von anderen Menschen Komplimente oder nette Worte
abzunehmen.

Ich hoffe natürlich, dass Menschen es auch ehrlich meinen, wenn sie es sagen und ich
tue mich schwer zu sagen, ich kann entscheiden es anzunehmen. Mein eigenes Selbst-
wertgefühl ist ziemlich im Keller, was es so schwierig macht.

Viele Grüsse
Samantha


Vinterbarn
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:05

Ich denke auch: manchmal einfach hinnehmen, wie es einem gesagt wird. Kann zwar schwierig sein, kenne ich zu gut, aber im Endeffekt denke ich doch, dass es wirklich ehrlich vom Therapeuten/von der Therapeutin gemeint ist. Auch, wenn dahinter vielleicht ein wenig therapeutische Technik oder so steckt, kann es ja trotzdem ehrlich gemeint sein. :)
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candle.
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:11

Ja, nur ist die Frage wie man denn überhaupt Beziehungen, auch Liebesbeziehungen leben kann, wenn Liebesbekundungen oder Sympathiebekundungen nie angenommen werden (können). Lehrt einem das Leben dann nicht schon etwas? Und umgekehrt: Macht keiner von euch je Komplimente an Menschen?

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mio
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:40

Louisenkind hat geschrieben: Fr., 04.08.2017, 19:05 Auch, wenn dahinter vielleicht ein wenig therapeutische Technik oder so steckt, kann es ja trotzdem ehrlich gemeint sein. :)
Seh ich auch so. Das eine schließt das andere ja nicht aus. :)

Meine Thera meinte mal ganz klar zu mir, dass sie nur Patienten annimmt, die sie auch sympathisch findet bzw. wo sie davon ausgeht, dass da eine gute therapeutische Beziehung möglich sein wird. Ich denke mal sie ist nicht die Einzige, die das so handhabt. Obwohl es bestimmt auch solche gibt, denen das entweder egal ist oder die da gerade einen Reiz drin sehen. Aber ich denke mal, dass die dann sowas auch nicht so thematisieren würden.

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RoboCat
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:52

Samantha777 hat geschrieben: Fr., 04.08.2017, 17:47

Irgendwie scheint es schon eine Art psychotherapeutisches Mittel zu sein, wenn es doch
häufiger vorkommt.
Vielleicht ist es ja auch ein "menschliches Mittel", das häufiger vorkommt? ;-)

Und warum sollte nicht beides stimmen? Also therapeutisches Mittel UND echte Sympathie? Vielleicht bekommen Psychotherapeuten in der Ausbildung vermittelt, dass es Situationen mit Patienten geben kann, zu denen sie ihrer Sympathie nach Möglichkeit Ausdruck geben sollten. Weil das dem Patienten dann gut tut.

Und es ist ja ein Unterschied zwischen "mögen"/ "gern haben" und "lieb haben". Ich mag auch viele Leute, zum Beispiel meinen Handwerker, der heute morgen hier war und sehr sympathisch erschien. Insofern ist das ja nicht einmal etwas großartig besonderes, wenn auch die Therapeutin, die man einmal in der Woche regelmäßig sieht, einen mag. So ehe ich das mittlerweile, obwohl ich diesen Thread sehr skeptisch eröffnet habe.
:axt:


mio
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:54

RoboCat hat geschrieben: Fr., 04.08.2017, 19:52 Und es ist ja ein Unterschied zwischen "mögen"/ "gern haben" und "lieb haben". Ich mag auch viele Leute, zum Beispiel meinen Handwerker, der heute morgen hier war und sehr sympathisch erschien. Insofern ist das ja nicht einmal etwas großartig besonderes, wenn auch die Therapeutin, die man einmal in der Woche regelmäßig sieht, einen mag. So ehe ich das mittlerweile, obwohl ich diesen Thread sehr skeptisch eröffnet habe.
Kann ich nur unterschreiben. Du fasst es gut zusammen finde ich. :)

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candle.
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:57

RoboCat hat geschrieben: Fr., 04.08.2017, 19:52 So ehe ich das mittlerweile, obwohl ich diesen Thread sehr skeptisch eröffnet habe.
:thumbsup: :lol:

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Philosophia
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Beitrag Fr., 04.08.2017, 19:58

Ich habe irgendwie da gerade das Bedürfnis zu sagen: Es ist ganz traurig, wenn ich ein von Herzen gemeintes Kompliment nicht annehmen mag. Jeder Mensch darf etwas nettes gesagt bekommen, also auch ich. Ich bin oft traurig, dass ich früher als kleines Mädel nicht lieb gehabt wurde von den Erwachsenen um mich herum - das heißt aber nicht, dass es in meinen jetzigen Kontakten immer noch so sein muss. Aber wisst ihr was - es tut verdammt weh, dass jetzt viele mich sogar ganz gern haben und hübsch finden, aber die Personen, von denen ich mir das am meisten gewünscht hätte - meiner Familie - taten es nicht. Und deswegen will ich es manchmal einfach nicht hören, weil es eben auch weh tut, weil es mich an früher erinnert.
Weil die Menschen um mich herum aber nicht die Menschen von damals sind ( zum Glück), will ich ihnen nicht automatisch die Masken von den alten aufsetzen. Ich hasse es nämlich, wenn das jemand mit mir macht. So passiert es mir jetzt mitunter, dass ich weinen muss neben der Freude - und es ist ok. Ich verstehe jeden, der sich gerade damit schwer tut - denn für mich war es verdammt schwer, das zu sehen und zu fühlen. Es hat doch Gründe, warum ein Kompliment nicht einafch so angenommen werden kann bei manchen Menschen. Aber es ist wichtig, bei sich selbst zu schauen und nicht den anderen zum potentiellen Täter zu machen (durch Misstrauen und so). Grüßchen
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Samantha777
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Beitrag Sa., 05.08.2017, 06:51

Danke für Eure Antworten und Eure Sichtweise.

Ja, ich weiß, dass ich da sehr viel bei mir schauen muss. Aber es lässt sich
eben nicht einfach abstellen. Ich würde sehr gerne mal wissen, wie es wäre,
wenn ich das so fühlen könnte: "Selbstverständlich mag mich jemand." oder
"Selbstverständlich bin ich ein toller Mensch, den man gerne mögen kann."

Wenn ich es fühlen könnte, dann bräuchte es auch keine Worte. Aber gerade
mit dem Fühlen, besonders wenn es um mich selbst geht, habe ich so meine
Schwierigkeiten.

Viele Grüsse
Samantha


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Beitrag Sa., 05.08.2017, 07:42

Guten Morgen :)
Samantha777 hat geschrieben: Sa., 05.08.2017, 06:51 Aber es lässt sich
eben nicht einfach abstellen. Ich würde sehr gerne mal wissen, wie es wäre,
wenn ich das so fühlen könnte: "Selbstverständlich mag mich jemand." oder
"Selbstverständlich bin ich ein toller Mensch, den man gerne mögen kann."
Das kenne ich zu gut! Geht mir auch so. Und phasenweise denke ich mir dann auch manchmal "Es ist schon gut so wie ich bin. Ich habe auch meine Ecken und Kanten, genau wie jeder andere. Man kann mich trotzalledem mögen.", aber das kommt eher selten vor. :lol:
Ich denke, dass einem das in der Kindheit nicht gezeigt oder gegeben wurde. Das Gefühl von "Ich werde nicht gemocht. Anscheinend mag mich einfach niemand. Man kann mich gar nicht mögen." wurde mir oft vermittelt. Und das zeigt sich dann später irgendwie...

Louisenkind
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Samantha777
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Beitrag Sa., 05.08.2017, 10:12

Danke für Dein Verständnis Louisenkind.
Bei mir war Liebe immer an Bedingungen geknüpft, weshalb ich
auch heute noch eher misstrauisch reagiere, wenn jemand bekundet
mich zu mögen. Ich finde es auch besser, wenn man es am Verhalten
oder an Gesten merkt als wenn es einem gesagt wird.

Viele Grüsse
Samantha

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