montagne hat geschrieben:
OPs, Pillen und Aparate-Medizin wird viel bezahlt. Das sind die großen Lobbys.
Therapien werden zu wenig bezahlt.
Vom System aus gesehen oder vom "Beitragszahler" aus gesehen muss man sich auch fragen, was die opportunen Kosten dessen sind, Therapien derartig zu limitieren: mehr stationäre Aufenthalte, mehr Krankentage (an denen jemand nicht einzahlt, sondern bekommt), mehr Menschen in AU und früher in AU, mehr Operationen, Ärztehopping, Therapeutenwechsel.....
Völlig d'accord. In Sachen OPs und Apparatemedizin wird oft sogar mE zu viel bezahlt und zu schnell, da braucht man sich nur mal die Zahlen zu RückenOPs oder Knie/Hüftgelenke anschauen und das liegt D Lichtjahre jenseits dessen, was in anderen Ländern praktiziert wird und womit die meisten Menschen dort anscheinend ganz gut leben (und ich rede
nicht über UK, wo man auf so eine OP über ein Jahr warten muss...)
Und die Rückenschmerzen werden von einem CT oder MRT nicht besser. Und ab ca. 40 Jahren sind da bei fast jedem Menschen degenerative Auffälligkeiten zu entdecken. Ob das die Ursache der Schmerzen ist, bleibt aber völlig offen...
Gleichzeitig sind auch in der somatischen Medizin die Ausgaben budgetiert. Der Unterschied ist, dass es idR keinen Gutachter gibt, der bei ärztlichen Entscheidungen draufschaut (der MDK in manchen, klar definierten Fällen z.B. bei Hilfsmitteln usw. - aber es ist nicht die Regel). Dass die Psychotherapeuten darüber nicht amused sind, ist völlig nachvollziehbar. Aber auch hier stellt sich für mich die Frage: Besteht man auf seiner Maximalforderung (Völlige Gleichstellung mit ärztlichen Leistungen) oder ist man bereit, an der einen oder anderen Stelle Abstriche hinzunehmen, um überhaupt in den Versorgungskatalog der GKV mit aufgenommen zu werden?
Das heißt nicht, dass es keine Probleme gibt und das heißt auch nicht, dass ich alles super finde.
Auch im somatischen Bereich sehe ich großen Optimierungsbedarf... Warum wird im Zahnbereich keine Prävention von der Kasse bezahlt (PZR) bzw. nur bis zum 18. Geburtstag? Unser System hat grundsätzlich ein Problem mit Prävention, also auch mit Rückfallprävention bei psychischen Krankheiten. Mit der neuen Psychotherapie-Richtlinie gibt es Stunden für Rückfallprävention. ABer: was sich erstmal gut anhört: Diese Stunden werden vom bewilligten Kontingent abgezogen. Also wird einzig der Zeitraum verlängert, in dem ich diese bewilligten Stunden nehmen kann (12 oder 18 Monate oder so statt bisher 6 Monate...) Hahahah. Selten so gut gelacht. Gleichzeitig ist der Weg, den diese Änderungen über den Gemeinsamen Bundesausschuss nehmen total intransparent und nicht nachvollziehbar... Nicht gut.
Grundsätzlich denke ich, es ist Tonnen Geld in unserem System vorhanden. Die Frage ist, wie man es verteilt. Zwischen ambulant und stationär. Zwischen sprechender und apparativer Medizin. usw.
Trotzdem bleibe ich dabei, hier in D geht es uns relativ gut, auch im psycho-sozialen Bereich. Ich kann mir idR meine behandelnden Ärzte und Therapeuten im ambulanten Bereich aussuchen. Das gibt es auch nicht überall und das finde ich extrem kostbar. Und ich weigere mich auch das völlig schwarz-weiß zu betrachten. Ich kann die Defizite sehen und benennen und gleichzeitig aber auch froh sein über ein System, das deutlich mehr möglich macht als woanders.
Und nochmal: Solange eine medizinische Notwendigkeit besteht, bekommst du idR auch deine Psychotherapie. Auch ambulant. Der Umweg über stationär ist nicht unbedingt nötig. Auch nicht über AU.
Aber ich glaube, das Problem, dass die Leistungslust, die in (fast) jedem ja durchaus angelegt ist, nicht gefördert wird, sondenr zerstört wird, ist ein Problem, dass über das Gesundheitswesen, das auch eher Passivität belohnt, auch wenn es da snicht will, hinausgeht.
Der Weg dorthin (zu weiterer therapeutischer ambulanter Unterstützung) ist anstrengender und du brauchst Unterstützer (Ärzte und Therapeuten) die das mittragen. Also eigentlich das Gegenteil von Passivität. Du musst dich selbst kümmern. Das wird dir nicht auf dem Tablett gereicht.
Die Suche hat mich dann auch in anderen Bereich "aktiviert". Hätte ich lieber bei meiner bisherigen Therapeutin weiter gemacht als mich auf die Suche zu begeben zwecks Verfahrenswechsel? Ganz sicher. Hat es mir geschadet, dass ich mir eine neue Therapeutin suchen musste? Eher nicht. Ich habe eine Menge über mich selbst gelernt in dieser Phase. Was ich brauche und was ich mir wünsche. Und die "Zwangs-Evakuierung" aus der therapeutischen Komfortzone hat bei mir auch nochmal viele Dinge deutlich in Bewegung gebracht und somit dazu geführt dass meine Symptomatik sich weiter deutlich verringert hat in den letzten 12 Monaten.
Und das ist aktuell das, was für mich unterm Strich zählt.