Exakt. Gibt es eigentlich sowas wie "Problemverschiebung" als Abwehrmechanismus?Lockenkopf hat geschrieben:Nöh, ich ziehe es vor das Thema zu leben, anstatt darüber zu reden.
Allerdings nicht mit dem Psychotherapeuten.
Sprecht ihr über sexuelle Gedanken?
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Ich schaue mich nach allem um was mir "schön" ins Auge fällt.mio hat geschrieben: Klar, alle Frauen sehen sich auf der Straße ständig nach Männern um. Selbst mit 80 noch. Gibt ja nichts interessantes.
candle
Now I know how the bunny runs!
Pfeifst Du auch?candle. hat geschrieben:Ich schaue mich nach allem um was mir "schön" ins Auge fällt.
Ne, mal im Ernst, ich schaue mich eher selten um. Auch wenn mir natürlich bisweilen Männer ins Auge "springen", aber das ist dann eher so ein: Oh, ja, interessant, hübsch oder was auch immer...kein "Pfeifen".
Aber je "begieriger" ich bin, desto häufiger. Also als ich noch jünger war, da war das mehr Thema, muss ich echt sagen... Im Moment bin ich wohl einfach nicht so begierig.
Nö, das kann ich schon durchweg machen, außer ich stecke im tiefen Tal. Ich bin ja eh so ein Beobachter.mio hat geschrieben:
Aber je "begieriger" ich bin, desto häufiger. Also als ich noch jünger war, da war das mehr Thema, muss ich echt sagen... Im Moment bin ich wohl einfach nicht so begierig.
Ist aber schon wieder OT.
candle
Now I know how the bunny runs!
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Ich finde die Fragen nicht banal. Zumal Seelenwichtel ja selber sagt, dass sie keine grossen Erfahrungen mit Sex hat, sich nicht sicher ist, ob eher Frauen oder Männer (oder beides), und generell unsicher ist.isabe hat geschrieben:Allerdings finde ich ihre Fragen auch ein bisschen banal.
Da sind solche einfachen Fragen gar nicht verkehrt, um erstmal ohne mit der Tür ins Haus zu fallen vorsichtig abzufragen, was Seelenwichtel denn fühlen und empfinden könnte.
Wenn man diese Fragen dann auch ohne grosses Überdenken beantwortet, und vor allem so beantwortet, wie es sich gut anfühlt, dann kann man darauf aufbauen und weiterarbeiten und immer noch in die Tiefe gehen.
Ich schonisabe hat geschrieben:Ich gucke mich z.B. nie auf der Straße um nach Männern.
Ich drehe mich aber auch nach Frauen um
Manchmal bin ich froh, dass ich nicht alles bis ins kleinste Fitzelchen "zerdenken" muss.isabe hat geschrieben:Mich würde so eine Frage verunsichern, weil ich dann denken würde: "Bin ich nicht normal, nur weil ich mich nicht umsehe? Müsste ich mich jetzt umsehen?" Wichtig ist doch, was DU fühlst und dir vorstellst. Ich könnte auch mit so einer Frage nichts anfangen, von wegen: "Wenn rechts 'ne Frau liegt und links 'n Mann - wohin drehst du dich dann?" - vielleicht drehe ich mich zur Frau, weil ich als Kind von einer Frau missbraucht wurde und das reinszenieren muss? (Oder umgekehrt) Vielleicht erregen mich Frauen / Männer, weil die mich früher vergewaltigt haben und mich das damals auch erregt hat? (alles nur Beispiele!)
Ich denke, genau mit diesen banalen Fragen wollte die Therapeutin Seelenwichtel diesen von dir hier beschriebenen Anstoss geben. Wie soll Seelenwichtel sich denn alleine rantasten, wenn sie schreibt, dass ihr der Mut/die Überwindung fehlen, dass sie nicht weiss, was sie will, dass sie sich nicht richtig artikulieren kann? Mehr als helfende Fragen stellen, die bei Seelenwichtel dann eigene Gedankengänge, Ideen und Wünsche lostreten, kann man doch nicht?isabe hat geschrieben:ich würde eher sagen, es wäre gut, wenn du dich davon befreist, die Erwartungen der Therapeutin zu erfüllen, von wegen: "Was will sie hören?" - es geht ja bei den Phantasien nicht nur umd die Frage, ob du lieber einen Mann oder eine Frau anfassen willst, sondern es geht ja auch um Beziehungsfragen, z.B. um die Vorstellung, ob du es schön fändest, mit einer Frau händchenhaltend durch die (ausreichend anonmyme) Stadt zu bummeln. Oder ob du es schön fändest, mit einem Mann lachend auf einer Wiese zu liegen und so fort. Und dann muss es nicht darauf hinauslaufen: "JETZT weiß ich, was ich bin", sondern du kannst dich herantasten an dich selbst, indem du dir selbst erlaubst, dir Dinge vorzustellen, die sich schön anfühlen für dich. Darüber könntest du - idealerweise - mit deiner Therapeutin sprechen, und für so was muss man kein Sexualtherapeut sein
Ich sehe jetzt auch nicht, wo deine Fragen (mit Mann auf Wiese liegen/ mit Frau händchenhaltend in der Stadt laufen) anders geartet sind als die Fragen der Therapeuten oder weniger banal.
Es ist m.E. einmal mehr der ultimative Topos der Internetkommunikation angebracht:
"Manche hier in diesem Forum haben scheinbar immer noch nicht verstanden, worum es in diesem Forum überhaupt geht!"
Es geht ums Recht-haben, Recht-bekommen, das-letzte-Wort-behalten !
"Manche hier in diesem Forum haben scheinbar immer noch nicht verstanden, worum es in diesem Forum überhaupt geht!"
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Liebe isabe , liebe pivello,
Vielen Dank euch für eure Beiträge. Ich habe das Gefühl nun mehr verstehen zu können.
Bei meiner VT war das Thema sowas von Tabu. Bei meiner jetzigen fällt es mir sehr schwer, aber dieses Thema bleibt Thema ob ich darüber rede oder nicht. Es ist da.
Ich habe mir selbst auferlegt das diese Therapie meine letzte sein wird. Und ich möchte versuchen sie so gut es geht zu nutzen. Eure Zeilen haben mich sehr zum nachdenken gebracht und mir viele Erklärungen geliefert was, was bedeuten könnte.
Danke euch
Vielen Dank euch für eure Beiträge. Ich habe das Gefühl nun mehr verstehen zu können.
Bei meiner VT war das Thema sowas von Tabu. Bei meiner jetzigen fällt es mir sehr schwer, aber dieses Thema bleibt Thema ob ich darüber rede oder nicht. Es ist da.
Ich habe mir selbst auferlegt das diese Therapie meine letzte sein wird. Und ich möchte versuchen sie so gut es geht zu nutzen. Eure Zeilen haben mich sehr zum nachdenken gebracht und mir viele Erklärungen geliefert was, was bedeuten könnte.
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Gute Frage!mio hat geschrieben:Exakt. Gibt es eigentlich sowas wie "Problemverschiebung" als Abwehrmechanismus?Lockenkopf hat geschrieben:Nöh, ich ziehe es vor das Thema zu leben, anstatt darüber zu reden.
Allerdings nicht mit dem Psychotherapeuten.
Liebe Grüße
Lockenkopf
Lockenkopf
Warum nicht? Sich auf ein (geringfügigeres) Problem zu konzentrieren (es evtl. gar aufzubauschen), um ein anderes (deutlich schwerwegenderes) Problem nicht sehen zu müssen, wäre jetzt keine so fremde Verhaltensweise.
Die ursprüngliche Frage war, ob "wir" über sexuelle Gedanken und Phantasien "et cetera" in der Therapie sprechen. Meine eigene Antwort darauf ist: ja - wir sprechen darüber, sehr viel sogar. Meine Therapie ist eine sexualwissenschaftlich Fundierte, meine sexuelle Perversion ist ein zentrales Thema.
Darüber hinaus ist die Frage aufgeworfen worden, inwieweit solche Gedanken, Phantasien usw. überhaupt in eine Psychotherapie hineingehören - ob sie thematisiert werden sollen, können, dürfen, müssen - oder im Gegenteil: aussen vor zu bleiben haben.
Auch hier ist meine Antwort eindeutig: wenn man sich nur schon die Frage vorlegt, ob man "soetwas" in der Therapie ansprechen sollte - dann "muß" man es eigentlich tun, denn dann hat man ein Problem damit, das auf der Seele lastet.
Es ist eine andere Frage, ob dieses Thema in die jeweilige Therapie im Einzelfall hineinpasst - bei einer Psychoanalyse ist das wohl stets der Fall, bei einer tiefenpsychologischen Therapie ebenso. Denn diese beruht auf der Psychoanalyse, verzichtet indessen auf die "regelrechte" Analyse des Patienten als solche. Hinsichtlich der unüberschaubaren Vielzahl anderweitiger Therapieformen will ich mir kein Urteil anmaßen und darüber hinaus glaube ich, daß es auch in explizit psychoanalytisch ausgerichteten Therapien Situationen geben kann, in denen der Therapeut dieses Thema aus gutem Grund nicht zulassen will, etwa, weil der Patient dafür nicht ausreichend stabil ist. Aber das soll nur ein Beispiel sein.
Generell jedoch meine ich aus meiner psychoanalytischen Sicht, daß sexuelle Gedanken und Phantasien ganz grundsätzlich einen Platz in der Psychotherapie beanspruchen können und zwar aus zwei voneinander unabhängigen Gründen:
Zum Ersten sind sexuelle Phantasien ein Königsweg zum Unbewußten - zu Überlistung der Abwehrmechanismen, die das Unbewußte vor dem Zugriff des Bewußtseins normalerweise zuverlässig schützen. Diese Erfahrung habe ich bei meiner erfolgreichen Selbstanalyse machen können: es waren meine sexuellen "Längeren Gedankenspiele" (Arno Schmidt, Berechnungen I, II) mit zumeist sexuell-pornographischen Inhalten, die das mächtigste Instrument meiner Selbstanalyse gewesen waren. Ich habe im Grunde nur diese Phantasien niedergeschrieben und parallel dazu einige Klassiker vornehmlich von Sigmund und Anna Freud gelesen. Und bei diesen Niederschriften, dem Kultivieren und Forcieren dieser Phantasien habe ich versucht, mich an die analytische Grundregel zu halten: auch solche Phantasien zuzulassen, die ich bewußt als unmoralisch ablehne, die illegal sind, für die ich mich schäme usw.
Aus psychoanalytischer Sicht gibt es m.E. keinen Grund, sexuelle Phantasien als "irgendwelche Erotikgeschichten" abzuwerten - sie sind im Gegenteil von allerhöchstem diagnostischem Wert.
(Fortsetzung folgt)
Darüber hinaus ist die Frage aufgeworfen worden, inwieweit solche Gedanken, Phantasien usw. überhaupt in eine Psychotherapie hineingehören - ob sie thematisiert werden sollen, können, dürfen, müssen - oder im Gegenteil: aussen vor zu bleiben haben.
Auch hier ist meine Antwort eindeutig: wenn man sich nur schon die Frage vorlegt, ob man "soetwas" in der Therapie ansprechen sollte - dann "muß" man es eigentlich tun, denn dann hat man ein Problem damit, das auf der Seele lastet.
Es ist eine andere Frage, ob dieses Thema in die jeweilige Therapie im Einzelfall hineinpasst - bei einer Psychoanalyse ist das wohl stets der Fall, bei einer tiefenpsychologischen Therapie ebenso. Denn diese beruht auf der Psychoanalyse, verzichtet indessen auf die "regelrechte" Analyse des Patienten als solche. Hinsichtlich der unüberschaubaren Vielzahl anderweitiger Therapieformen will ich mir kein Urteil anmaßen und darüber hinaus glaube ich, daß es auch in explizit psychoanalytisch ausgerichteten Therapien Situationen geben kann, in denen der Therapeut dieses Thema aus gutem Grund nicht zulassen will, etwa, weil der Patient dafür nicht ausreichend stabil ist. Aber das soll nur ein Beispiel sein.
Generell jedoch meine ich aus meiner psychoanalytischen Sicht, daß sexuelle Gedanken und Phantasien ganz grundsätzlich einen Platz in der Psychotherapie beanspruchen können und zwar aus zwei voneinander unabhängigen Gründen:
Zum Ersten sind sexuelle Phantasien ein Königsweg zum Unbewußten - zu Überlistung der Abwehrmechanismen, die das Unbewußte vor dem Zugriff des Bewußtseins normalerweise zuverlässig schützen. Diese Erfahrung habe ich bei meiner erfolgreichen Selbstanalyse machen können: es waren meine sexuellen "Längeren Gedankenspiele" (Arno Schmidt, Berechnungen I, II) mit zumeist sexuell-pornographischen Inhalten, die das mächtigste Instrument meiner Selbstanalyse gewesen waren. Ich habe im Grunde nur diese Phantasien niedergeschrieben und parallel dazu einige Klassiker vornehmlich von Sigmund und Anna Freud gelesen. Und bei diesen Niederschriften, dem Kultivieren und Forcieren dieser Phantasien habe ich versucht, mich an die analytische Grundregel zu halten: auch solche Phantasien zuzulassen, die ich bewußt als unmoralisch ablehne, die illegal sind, für die ich mich schäme usw.
Aus psychoanalytischer Sicht gibt es m.E. keinen Grund, sexuelle Phantasien als "irgendwelche Erotikgeschichten" abzuwerten - sie sind im Gegenteil von allerhöchstem diagnostischem Wert.
(Fortsetzung folgt)
Zum Zweiten weisen sexuelle Gedanken und Phantasien stets auf sexuelle Defizite hin, die wohl bei sehr vielen Menschen vorliegen. Ich selbst nehme mich da durchaus nicht aus. Ein sexuelles Bedürfnis von mir, das derzeit unbefriedigt ist, ist Sex mit Frauen (der letzte Solche fand 2011 statt und inzwischen stehen mir die Männer "bis Unterkante Oberlippe"). Diese Frauen sind in der promiskuitiven Szene verhältnismässig selten und ich bin auch diesen Frauen gegenüber aufgrund meiner 2013 bewußt gewordenen Erfahrung, von Frauen als Kind sexuell mißbraucht worden zu sein, auch immer noch recht gehemmt. Aber. wie es so schön heißt: ich arbeite daran und bin eigentlich recht zuversichtlich. Aber solange bestimmt das Thema "Sex mit Frauen" mein "Kopfkino", wie man diese Phantasien in der Sex-Szene nennt, wo man diese Phantasien ebenfalls recht ernst nimmt.
Regelmässig beginnt auch mit solchen Phantasien das, was man gemeinhin "coming out" nennt - ein neues sexuelles Bedürfnis regt sich und erhebt den Anspruch auf Befriedigung. Solche "coming outs" habe ich mehrere in meinem Leben durchgemacht - das erste war das coming out der promiskuitiven Bisexualität gewesen, es folgten Exhibitionismus, Saliromanie, Interesse an Transsexuellen - "TV/TS".
Gewiss: "man muß nicht von allem haben." Solche Phantasien und Gedanken können auftauchen und wieder verschwinden. Tauchen sie jedoch immer wieder auf, werden zur Obsession - dann besteht durchaus Handlungsbedarf. Denn dann gibt es ein sexuelles Bedürfnis, daß sich nicht mehr zurückweisen lässt, sondern seine Befriedigung verlangt, in das "reale Leben" integriert werden will. Das ist stets eine sehr schwere Aufgabe, weil nämlich diese Bedürfnisse, die sich zunächst in solchen Phantasien äussern, regelmässig von dem abweichen, was die meisten von uns als "gesunde, normale und natürliche Sexualität" bezeichnen wollen - es sind "Perversitäten" im Sinne Freuds, was nichts anderes heißt als eben diese Abweichung vom "rechten Weg" der "Vereinigung der Geschlechtsteile (von Mann und Frau)" (Freud - Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie). In diesem Sinne Freuds rechne ich hier auch Homo- und Bisexualität zu den Perversionen - der political correctness zum schnöden Trotze. Daß ich mich selbst sehr gerne als pervers bezeichne und bezeichnen lasse, versteht sich wohl von selbst.
(Der Einschub ist am Platze, daß es Abweichungen wie zB das "Fremdgehen" oder Gruppensex gibt, die weder im Sinne Freuds, noch dem allgemeinen Sprachgebrauch nach als "pervers", sondern lediglich als "unmoralisch" angesehen werden - ich rechne auch diese hier mal ganz salopp dazu.)
Diese "Perversitäten" können jedoch, was Freud ebenfalls "am angegebenen Ort" feststellt, ohne weiteres ausgelebt werden - denn sie sind entgegen der heute noch ganz allgemeinen Meinung nach keineswegs ein Anzeichen für psychische Störungen, sondern kommen im Gegenteil nach Freud auch bei ansonsten psychisch völlig unaufälligen Menschen vor. Auch diese Mitteilung Freuds entspricht meiner eigenen, reichhaltigen sexuellen Lebenserfahrung. In der Sex-Szene tummeln sich nicht etwa, wie die ahnungslosen Sexperten hier und anderorts immer wieder verkünden, die total abgedrehten "sexfreaks", die nach der Art von Drogensüchtigen immer höhere und stärkere Dosen ihres "Suchtmittels" benötigen und zwangsläufig unter die Räder kommen usw usw - sondern "ganz normale Menschen" mit anständigen Berufen, Ehe und Familie, Haus und Schrebergarten, sozialer Verantwortung und Leasingraten. An meinem ehemaligen Stamm-Baggersee in Thüringen hatten wir sogar unseren "Hausgeistlichen" - einen leibhaftigen Pfarrer. Die abgedrehten "sexfreaks" gibt es zwar, aber relativ selten und sie werden zumindest meiner Erfahrung nach in der allgemeinen Szene nicht unbedingt geschätzt - eben ihrer "Abgedrehtheit" wegen.
Wesentlich ist aber - wiederrum nach Freud - das diese Perversitäten ansonsten psychisch völlig unaufälliger Menschen "das Spiegelbild der Neurose" sind, wie wir heute sagen: der psychischen Störungen. Diese Menschen sind nicht trotz ihrer Perversitäten, sondern wegen ihrer Perversitäten psychisch unaufällig - sie würden psychisch auffällig - "krank" - werden, wenn sie ihre perversen Bedürfnisse nicht befriedigen könnten. Hätte ich selbst keinen Weg gefunden, meine perverse Sexualität zu leben - ich wäre vom Opfer sexueller Gewalt selbst zum Täter geworden, was mir mein Therapeut immer wieder bestätigt hat.
(Fortsetzung folgt)
Regelmässig beginnt auch mit solchen Phantasien das, was man gemeinhin "coming out" nennt - ein neues sexuelles Bedürfnis regt sich und erhebt den Anspruch auf Befriedigung. Solche "coming outs" habe ich mehrere in meinem Leben durchgemacht - das erste war das coming out der promiskuitiven Bisexualität gewesen, es folgten Exhibitionismus, Saliromanie, Interesse an Transsexuellen - "TV/TS".
Gewiss: "man muß nicht von allem haben." Solche Phantasien und Gedanken können auftauchen und wieder verschwinden. Tauchen sie jedoch immer wieder auf, werden zur Obsession - dann besteht durchaus Handlungsbedarf. Denn dann gibt es ein sexuelles Bedürfnis, daß sich nicht mehr zurückweisen lässt, sondern seine Befriedigung verlangt, in das "reale Leben" integriert werden will. Das ist stets eine sehr schwere Aufgabe, weil nämlich diese Bedürfnisse, die sich zunächst in solchen Phantasien äussern, regelmässig von dem abweichen, was die meisten von uns als "gesunde, normale und natürliche Sexualität" bezeichnen wollen - es sind "Perversitäten" im Sinne Freuds, was nichts anderes heißt als eben diese Abweichung vom "rechten Weg" der "Vereinigung der Geschlechtsteile (von Mann und Frau)" (Freud - Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie). In diesem Sinne Freuds rechne ich hier auch Homo- und Bisexualität zu den Perversionen - der political correctness zum schnöden Trotze. Daß ich mich selbst sehr gerne als pervers bezeichne und bezeichnen lasse, versteht sich wohl von selbst.
(Der Einschub ist am Platze, daß es Abweichungen wie zB das "Fremdgehen" oder Gruppensex gibt, die weder im Sinne Freuds, noch dem allgemeinen Sprachgebrauch nach als "pervers", sondern lediglich als "unmoralisch" angesehen werden - ich rechne auch diese hier mal ganz salopp dazu.)
Diese "Perversitäten" können jedoch, was Freud ebenfalls "am angegebenen Ort" feststellt, ohne weiteres ausgelebt werden - denn sie sind entgegen der heute noch ganz allgemeinen Meinung nach keineswegs ein Anzeichen für psychische Störungen, sondern kommen im Gegenteil nach Freud auch bei ansonsten psychisch völlig unaufälligen Menschen vor. Auch diese Mitteilung Freuds entspricht meiner eigenen, reichhaltigen sexuellen Lebenserfahrung. In der Sex-Szene tummeln sich nicht etwa, wie die ahnungslosen Sexperten hier und anderorts immer wieder verkünden, die total abgedrehten "sexfreaks", die nach der Art von Drogensüchtigen immer höhere und stärkere Dosen ihres "Suchtmittels" benötigen und zwangsläufig unter die Räder kommen usw usw - sondern "ganz normale Menschen" mit anständigen Berufen, Ehe und Familie, Haus und Schrebergarten, sozialer Verantwortung und Leasingraten. An meinem ehemaligen Stamm-Baggersee in Thüringen hatten wir sogar unseren "Hausgeistlichen" - einen leibhaftigen Pfarrer. Die abgedrehten "sexfreaks" gibt es zwar, aber relativ selten und sie werden zumindest meiner Erfahrung nach in der allgemeinen Szene nicht unbedingt geschätzt - eben ihrer "Abgedrehtheit" wegen.
Wesentlich ist aber - wiederrum nach Freud - das diese Perversitäten ansonsten psychisch völlig unaufälliger Menschen "das Spiegelbild der Neurose" sind, wie wir heute sagen: der psychischen Störungen. Diese Menschen sind nicht trotz ihrer Perversitäten, sondern wegen ihrer Perversitäten psychisch unaufällig - sie würden psychisch auffällig - "krank" - werden, wenn sie ihre perversen Bedürfnisse nicht befriedigen könnten. Hätte ich selbst keinen Weg gefunden, meine perverse Sexualität zu leben - ich wäre vom Opfer sexueller Gewalt selbst zum Täter geworden, was mir mein Therapeut immer wieder bestätigt hat.
(Fortsetzung folgt)
Sich seiner perversen Sexualität zu stellen, sie für sich "anzunehmen", einen hygienisch und sozial verantwortlichen Weg zu finden, sie "zu leben" und in das übrige Leben zu integrieren - das ist ein sehr schwieriges Geschäft, stellt bisherige Lebensentwürfe in Frage, ist eine "existenzielle Situation" und nicht wenige benötigen dabei psychotherapeutische, konkret: sexualtherapeutische Hilfe. Diese kann zwar nicht in jeder Therapieform geboten werden - aber ich meine, jeder seriöse Therapeut sollte in der Lage sein, mit diesem Thema in geeigneter Form umzugehen, und gegebenenfalls zu einer Sexualtherapie als Ergänzung der bisherigen Therapie raten und bei deren Aufnahme entsprechende Unterstützung anbieten können.
Ich will keineswegs verleugnen, daß es sexuelle Triebe und Bedürfnisse gibt, die gerade nicht in verantwortlicher Weise "gelebt" werden können - die "disexuell" sind, dem Betroffenen selbst oder anderen schwerwiegenden Schaden zufügen würden. Der "Fall Meiwies" möge als Beispiel genügen. Für derartige Extremfälle müssen andere Lösungen sexualtherapeutisch gefunden werden - aber diese Fälle sind gottlob sehr selten. Die meisten Perversionen sind gottseidank "ganz normal".
(Ende)
Ich will keineswegs verleugnen, daß es sexuelle Triebe und Bedürfnisse gibt, die gerade nicht in verantwortlicher Weise "gelebt" werden können - die "disexuell" sind, dem Betroffenen selbst oder anderen schwerwiegenden Schaden zufügen würden. Der "Fall Meiwies" möge als Beispiel genügen. Für derartige Extremfälle müssen andere Lösungen sexualtherapeutisch gefunden werden - aber diese Fälle sind gottlob sehr selten. Die meisten Perversionen sind gottseidank "ganz normal".
(Ende)
Tja, ich habe jetzt lange gezögert, aber da Möbius hier nun so wunderbar eine Lanze für die "Perversion" gebrochen hat, die ich fast Wort für Wort unterschreiben könnte, möchte ich auch ein paar Sätze dazu äußern und eine kleine Anekdote erzählen, die mich an der Therapieform der Gruppentherapie massiv (ver)zweifeln ließ - damals. Heute würde ich das etwas anders sehen und dem Oberarzt, der mich damals so vor den Kopf stieß, in gewisser Hinsicht sogar recht geben.
Vorweg - ich bin ebenfalls "pervers" und fand "einen Weg" das zu leben. Eine ziemlich lange Weile lang. Ich arbeitete als Domina. Es wäre bei meiner Therapie also ziemlich schwierig gewesen das Thema zu umgehen (Prostitution) das über 10 Jahre meines Lebens bestimmt hatte.
Und ich kann heute im Rückblick sagen, dass gerade dadurch, dass ich das in der Therapie (bei mir Tiefenanalyse beim "Weihnachtsmann" - so empfand ich den Thera & so sah er auch aus) erschöpfend und bis ins kleinste Detail habe thematisieren und aufdröseln können, heute nicht mehr diese Neigungen habe. Mein Kopfkino ist nach wie vor recht wenig blumig, aber im Grunde ist Sex für mich mittlerweile Nähe, was nicht "pervers" ist, wie ich finde. Hätte mir das jemand vorher gesagt, ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Ich war nicht Domina, weil ich das schrecklich gefunden hätte, sondern ich war es so sehr, dass ich völlig darin aufging und irgendwann so abdrehte (auf Drogen), dass ich jemanden fast umbrachte.
Danach war das Thema Prostitution durch, wenigstens das. Doch es brauchte über ein weiteres Jahrzehnt, bis ich das alles halbwegs aufgearbeitet hatte. Es war beileibe nicht das einzige schräge Gedöns was ich veranstaltet hatte, aber bei Weitem das Zentralste und Schwerwiegendste von allem. Ich arbeitete meinen Missbrauch auf diese Weise ab, der geprägt war von ritualisierter, sexualisierter Folter und Übergriffen von jüngster Kindheit an. Und es war zentral für mich, dass ich alles aussprechen konnte, bis ins letzte Detail.
Diese "Sexgeschichten" waren mein Ticket zurück zu mir. Wenigstens ein wesentlicher Teil davon.
Die Anekdote: In meiner ersten Kliniktherapie saßen wir in großer Runde in der Gruppentherapie und ich hörte mir reihum die Geschichten meiner Mitpatienten an, bei denen ich nicht selten sowas dachte, wie: "Und das ist jetzt alles?" Irgendwann kam ich dran. Nach ca. 10 Minuten meines Redens brach eine Mitpatientin zusammen, der Gruppenleiter bat mich raus und sagte zu mir: "Es tut mir leid, aber wir müssen die anderen Patienten vor ihnen schützen." Das hat mich tief getroffen, ich fühlte mich wie ein Monster. Also schnappte ich zurück: "Die müssen es sich nur anhören, ich habe es erlebt, sie Wichser!" Und ließ ihn stehen.
Fazit: "Sexgeschichten" sollten meiner Erfahrung nach möglichst im kleinen Rahmen thematisiert werden.
Beste Grüße.
Die Mondin
Vorweg - ich bin ebenfalls "pervers" und fand "einen Weg" das zu leben. Eine ziemlich lange Weile lang. Ich arbeitete als Domina. Es wäre bei meiner Therapie also ziemlich schwierig gewesen das Thema zu umgehen (Prostitution) das über 10 Jahre meines Lebens bestimmt hatte.
Und ich kann heute im Rückblick sagen, dass gerade dadurch, dass ich das in der Therapie (bei mir Tiefenanalyse beim "Weihnachtsmann" - so empfand ich den Thera & so sah er auch aus) erschöpfend und bis ins kleinste Detail habe thematisieren und aufdröseln können, heute nicht mehr diese Neigungen habe. Mein Kopfkino ist nach wie vor recht wenig blumig, aber im Grunde ist Sex für mich mittlerweile Nähe, was nicht "pervers" ist, wie ich finde. Hätte mir das jemand vorher gesagt, ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Ich war nicht Domina, weil ich das schrecklich gefunden hätte, sondern ich war es so sehr, dass ich völlig darin aufging und irgendwann so abdrehte (auf Drogen), dass ich jemanden fast umbrachte.
Danach war das Thema Prostitution durch, wenigstens das. Doch es brauchte über ein weiteres Jahrzehnt, bis ich das alles halbwegs aufgearbeitet hatte. Es war beileibe nicht das einzige schräge Gedöns was ich veranstaltet hatte, aber bei Weitem das Zentralste und Schwerwiegendste von allem. Ich arbeitete meinen Missbrauch auf diese Weise ab, der geprägt war von ritualisierter, sexualisierter Folter und Übergriffen von jüngster Kindheit an. Und es war zentral für mich, dass ich alles aussprechen konnte, bis ins letzte Detail.
Diese "Sexgeschichten" waren mein Ticket zurück zu mir. Wenigstens ein wesentlicher Teil davon.
Die Anekdote: In meiner ersten Kliniktherapie saßen wir in großer Runde in der Gruppentherapie und ich hörte mir reihum die Geschichten meiner Mitpatienten an, bei denen ich nicht selten sowas dachte, wie: "Und das ist jetzt alles?" Irgendwann kam ich dran. Nach ca. 10 Minuten meines Redens brach eine Mitpatientin zusammen, der Gruppenleiter bat mich raus und sagte zu mir: "Es tut mir leid, aber wir müssen die anderen Patienten vor ihnen schützen." Das hat mich tief getroffen, ich fühlte mich wie ein Monster. Also schnappte ich zurück: "Die müssen es sich nur anhören, ich habe es erlebt, sie Wichser!" Und ließ ihn stehen.
Fazit: "Sexgeschichten" sollten meiner Erfahrung nach möglichst im kleinen Rahmen thematisiert werden.
Beste Grüße.
Die Mondin
Liebe Mondin,
vielen Dank für deinen Beitrag und deine Offenheit!
vielen Dank für deinen Beitrag und deine Offenheit!
Es ist ja auch vollkommen in Ordnung, wenn es eine Baustelle ist und man diese anspricht (was bei den entsprechenden usern ja auch so zu sein scheint). Bedenklich finde ich eher fehlende Akzeptanz bzw. Pathologisierung, wenn jemand sagt: Ich sehe keine Notwendigkeit bzw. dies oder jenes möchte ich für mich behalten. Oder selbst wenn es Thema ist, kann ja zunächst etwas anderes angesagt sein.
Liebe Grüße
stern
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»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
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