Therapeutenwechsel wegen mangelnder Warmherzigkeit??

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Fify
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Beitrag So., 17.11.2013, 11:18

@ Leberblümchen: Du hast mir mit deinen Ausführungen aus der Seele gesprochen.

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weidenkatz
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Beitrag So., 17.11.2013, 11:27

@leberblümchen: Ich kann schon (wieder) offen mit ihm reden, aber ich bekomme keine Antworten. Wenn es in die Tiefe geht.


leberblümchen
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Beitrag So., 17.11.2013, 11:38

Die bekomme ich auch nicht. Manchmal denke ich - und das ist eigentlich das Einzige, das mich wirklich stört -, er hält mich vielleicht einfach für minderbemittelt. Ich bin wirklich gerne bereit, mich unterzuordnen, fühle also, dass es gut ist zwischen uns, wenn ich nichts weiß. Ich würde mir nur wünschen, dass er mir wenigstens zutraut, dem, was sich 'tief' in mir und zwischen uns abspielt, zumindest kognitiv zu folgen. Eigentlich habe ich damit jedoch kein Problem; es stört mich nur, wenn er mir wie einem Kind erklärt, dass ein gewisser Herr Freud die Analyse erfunden hat. Oder wenn er völlig überrascht ist, dass ich mal etwas weiß, das so ein 'kleiner, dummer' Patient nicht wissen müsste.

Aber das ist kein großes Thema zwischen uns, denn ich fühle mich ja trotzdem gesehen und habe auch wenig Ehrgeiz, dort mit intellektuellen Fähigkeiten zu glänzen.

Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich würde einfach mal schätzen, dass die Mehrheit der Analysanden nichts Genaueres über das 'gewisse Etwas' ihrer eigenen Analyse weiß...
Zuletzt geändert von leberblümchen am So., 17.11.2013, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Tristezza
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Beitrag So., 17.11.2013, 12:03

Ich hab meiner Analytikerin auch schon gesagt, dass ich mich von ihr für dumm verkauft halte und zum Glück einige theoretische Kenntnisse besitze, so dass ich einigermaßen nachvollziehen kann, was bei uns abläuft. In einer Stunde hat sie sich dazu verführen lassen, auch mal über Theoretisches zu sprechen. Ich glaube, hinterher hat sie es bereut. Es fiel von ihrer Seite in dieser Stunde ein Begriff, der mich beunruhigt hat, besonders nachdem ich mich im Internet darüber näher informiert hatte. Als ich in der nächsten Stunde darüber sprechen wollte, hat sie geblockt. Die wollen in der Analyse Theorie und Praxis strikt auseinanderhalten, offenbar um die Übertragungsbeziehung nicht zu gefährden und pathologische Begriffe soweit wie möglich herauszuhalten. Meine Analytikerin würde sich mit Sicherheit mit Händen und Füßen dagegen wehren, ihre Aufzeichnungen herauszurücken ...

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leberblümchen
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Beitrag So., 17.11.2013, 12:12

Ich muss auch zugeben, dass es mir wie Tristezza geht: Ich bin total leicht zu verunsichern, obwohl ich immer denke, dass ich theoretisch ja eigentlich sogar weiß, was vor sich geht. Aber es reicht ja schon ein neutraler Blick seinerseits, um eine Krise zu verursachen - wie würde es mir da erst gehen, wenn ich lese, was er aufgeschrieben hat...

Das bezieht sich nicht mal nur auf das Fachvokabular - ein Beispiel: Ich WEISS, dass ich sehr viel über meine Mutter und meinen Exmann gejammert hab. Ich weiß auch, dass das ein bisschen unreif ist, und ich hab mich meinem Th. gegenüber auch immer gerne 'entschuldigt' für das Gejammere. Er war ganz verständnisvoll und meinte sinngemäß, dass das nun mal so sei und dass das auch erst mal so sein müsse und ich mich in seiner Gegenwart so zeigen könnte, wie ich bin und mich dafür nicht schämen müsse.

Trotzdem bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass sich das in der Akte dann so nachlesen lässt: "Die Patientin klagt sehr viel und ist sehr weinerlich" - nein, ich möchte so etwas nicht über mich lesen... Es drückt sich halt in so einer Aussage etwas ganz anderes aus als in der eigentlichen Beziehung des Therapeuten zum Patienten: Natürlich klage ich viel, aber er akzeptiert mich trotzdem so (auch wenn er bestimmt mal genervt ist). In einer 'offiziellen' Stellungnahme ginge jedoch der Ausdruck der Akzeptanz völlig verloren, und es bleibt bei einem Austausch zwischen zwei Fachleuten. Das hat DA auch so seinen Sinn und Platz. Und in der therapeutischen Beziehung sind wiederum andere Aspekte wichtiger.

Es gibt halt zu jedem Problem mehrere Perspektiven.

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weidenkatz
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Beitrag So., 17.11.2013, 13:18

Natürlich gibt es mehrere Perspektiven.

Mir ist schon klar, dass da niederschmetternde Dinge über mich drinstehen können. Aber wenn ich die bisher in meinem Leben noch nicht erkannt habe, dann finde ich, dass es mit 35 an der Zeit ist. Wenn ich mir nicht darüber bewusst bin, kann ich sie weder akzeptieren noch daran arbeiten.

Nur zur Erinnerung, ich mache die Therapie u.a. wegen chronischer Schmerzen, die angeblich psychosomatisch sind. Wenn sie psychische Ursachen haben, dann möchte ich die rausfinden, und das schaffe ich offensichtlich nicht, wenn ich mich nur in meinen eigenen Gedanken drehe. Deshalb bin ich ja in Therapie, um andere Impulse zu bekommen. Wenn ich die nicht kriege, waren 300h umsonst.

Ich habe alles mögliche versucht, um mit ihm weiter zu kommen. Ehrlichgesagt glaube ich, wenn irgendwas sinnvolles in dem Bericht drinsteht, hilft mir das mehr weiter als die Stunden mit ihm. Der Klinikbericht war allerdings so nichtssagend, dass er mir nicht geholfen hat. Ich erhoffe bei ihm etwas fundierteres, da er mich ja deutlich länger kennt als die Kliniktherapeuten.

Ich hoffe, ich habe meine Gründe deutlich gemacht. Ich hatte meine Entscheidung, dass ich den Bericht will, schon vorher reiflich überlegt und ich bin auch jetzt noch dieser Meinung. Keines der Argumente dagegen hat meine Entscheidung ins Wanken gebracht. Es ist meine Therapie und ich muss mit meinem Leben klar kommen und deswegen entscheide ich mich für das, was ich meine, was für mich richtig ist.

Deshalb würde ich diese Diskussion über die Frage Akteneinsicht gerne beenden, denn wichtiger ist für mich jetzt konkret, ob ich in diesen Konflikt mit ihm reingehe und ihn gleichzeitig den Verlängerungsantrag stellen lasse. Denn mein Misstrauen ihm gegenüber steht ja schon länger im Raum und wird nicht gerade dadurch geschmälert, dass er mir mein Recht auf Akteneinsicht verschweigt. Oder lasse ich den Konflikt unter den Tisch fallen, nehme mit was ich kriegen kann und fordere die Akteneinsicht am Ende der Therapie. (Interessanterweise hat er mir in einer privaten Angelegenheit, die vergleichbar gelagert war, zu letzterem geraten.) Ich finde das zwar nicht gut, bin mir aber sicher, dass er umgekehrt keine Gewissensbisse hätte, eine Situation zu seinem Vorteil zu nutzen.

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Tristezza
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Beitrag So., 17.11.2013, 13:43

Zu deiner Frage, ob du den Konflikt erstmal beiseite schieben solltest oder nicht, ein paar Gedanken von mir:
1. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du durch das Lesen der Unterlagen viel weiter kommst. Vermutlich ist dein Analytiker bezüglich der Ursachen für deine körperlichen Beschwerden genauso schlau wie du. Sonst hätte er doch, bei aller Zurückhaltung, schon längst die ein oder andere Deutung in dieser Richtung versucht.
2. Vermutlich wird er in seinem Verlängerungsantrag die Situation auch eher beschönigen, um ihn durchzubekommen, du wirst also gar nicht unbedingt herauslesen können, was er wirklich über dich denkt.
3. Euer Verhältnis ist ja sowieso nicht das beste, und ich nehme an, dass es sich durch dein Bestehen auf Akteneinsicht noch mehr verschlechtern wird, sodass sich dann die Frage stellt, inwieweit es überhaupt noch Sinn macht, weiter zusammenzuarbeiten. Wenn du also noch die Hoffnung hast, etwas aus dieser Analyse mitnehmen zu können, würde ich die Akteneinsicht eher auf die Zeit nach Abschluss der Therapie verschieben.

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Christie
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Beitrag So., 17.11.2013, 14:40

Liebe weidenkatz,

ich finde das auch nicht richtig, dass Dein Therapeut behauptet, eine Akteneinsicht sei nicht möglich. Gründe, warum er nicht möchte, dass Du das liest, sind hier zahlreiche genannt worden und ja auch nachvollziehbar. Trotzdem geht das nicht, dass er Dich nicht vernünftig über Deine Rechte aufklärt. Leider glaube ich auch, dass Analytiker oft ganz froh sind, wenn der Patient nicht so genau weiss, was er “darf” und was nicht.

Mein Rat wäre, auf der Akteneinsicht zu bestehen, wenn Du weiter mit Deinem Therapeuten arbeiten willst. Es ist eine denkbar schlechte Konstellation für eine Psychotherapie, Konflikte “unter den Tisch” fallen zu lassen. An dieser Auseinandersetzung könnte sich sogar zeigen, ob Eure Beziehung noch eine Basis hat; ob er gut damit umgehen kann und wird, dass Du Dich seinen Wünschen widersetzt. So wie ich das verstehe, hast Du daran ja aufrichtige Zweifel.

Sollte es nur darum gehen, dass er den Antrag schreibt, und Du danach sowieso wechseln möchtest, kannst Du Dir natürlich überlegen, das Thema erstmal ruhen zu lassen. Ich sehe aber die echte Gefahr, dass sich Deine Therapie dann einfach so weiter ziehen wird, ohne dass sich Deine Unzufriedenheit legt und sich irgendwas ändert. Auf irgend eine Erkenntnis ganz am Schluss zu hoffen, wenn Du dann irgendwann vielleicht mal diese Akten einsiehst, halte ich für eine nicht sehr aussichtsreiche Perspektive. Erstens, weil ich nicht glaube, dass Du durch das Lesen Deiner Akten sehr viel schlauer sein wirst, und zweitens, weil dieser quasi “geheime Plan” Dich innerlich nochmal ein Stück von Deinem Therapeuten wegrücken lässt.

Liebe Grüsse
Christie

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(e)
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Beitrag So., 17.11.2013, 14:53

Also ich könnte das nicht akzeptieren, wenn mein Therapeut mir meine Diagnose vorenthalten würde. Gerade letztes Mal hab ich ihn wieder mal offen darauf angesprochen, welche Diagnosen er denn jetzt aktuell in einen Bericht für die Rentenversicherung schreiben würde. Er geht sehr offen damit um und meinte sogar, dass wir das nochmal besprechen sollten, wenn die Rentenversicherung etwas Entsprechendes einfordere. Auch sonst erhalte ich von jedem seiner Arztberichte eine Kopie, was er mir auch vorgängig immer sagt. Er hält wohl auch nichts von dieser Geheimnistuerei. Wir haben auch mein erstes Gutachten lang und breit besprochen. Das ist doch wirklich wichtig, damit ich als Patientin nicht im Dunkeln tappe.
Lieben Gruß
elana

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pandas
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Beitrag So., 17.11.2013, 20:17

leberblümchen hat geschrieben:Ich würde das gar nicht so politisch betrachten. Finde ich auch nicht nachvollziehbar. Man liest das so: "Der Patient hat ein Recht, seine Akte einzusehen". Hat er ja auch. Und ich finde es auch wichtig, dass es dieses Recht gibt; denn wenn es nicht so wäre, wäre man völlig der Willkür des Therapeuten ausgeliefert.

Aber muss das tatsächlich bedeuten, dass es immer gut ist für den Patienten, diesen Einblick zu haben?
hallo leberblümchen,

mir ging es mit der Darstellung der aktuellsten Rechtsfrage um das Faktum an sich: Es besteht nunmehr eindeutig das Recht, die Akte und alle weiteren relevanten Unterlagen einzusehen als auch in Kopie ausgehändigt zu bekommen.
Und ich persönlich bin auch der Ansicht, dass dies spätestens bei einer entsprechenden Nachfrage dem Patienten durch den Analytiker so mitgeteilt werden sollte. Also nicht: "Nein, das geht nicht." sondern: "Sie haben das Recht zur Akteneinsicht, aber ich möchte ihnen aus den und den Gründen dazu abraten." (oder eben: "Ja, klar, hier bitte" )

Ich finde es kindisch, wenn Analytiker über dieses Recht flunkern, weil es ihnen nicht in den Kram passt, dass es seit Anfang 2013 eindeutig besteht und sie dann eventuell in eine Kontroverse über das Gutachten-Sprech mit den Patienten einsteigen müssen.
Meiner Meinung nach muss nach geltendem Recht gehandelt werden und dazu gehört auch der Hinweis auf die aktuellen Patientenrechte durch den Analytiker selbst.

Deine Frage, ob es für den einzelnen Patienten sinnvoll ist, muss jede für sich selbst entscheiden, das hat aber mit obigen nichts zu tuen. Der Analytiker kann dazu beraten, ob es sinnvoll ist, er kann aber nicht verheimlichen, dass die Patientin per se das Recht zur Akteneinsicht hat.

Und ich denke tatsächlich, dass es auch darum geht, dass die Analytiker nicht so sehr an das Wohl der einzelnen Patientin denken, sondern dass es auch darum geht, einen Einblick in die Praxis eines Theoriemodells zu verwehren, welches gesellschaftlich immer mehr ins Wanken gerät.
Ich war kürzlich auf einem Vortrag, da wurde in der Tat von einem drastischen Rückgang der Akzeptanz der klassischen Couchanalyse berichtet und dass die Zulassung von einer hohen Varianz anderer Verfahren in die KK-Finanzierung kurz bevorstehe ... da wäre es wohl ungünstig, wenn offensichtlich wird, wie sehr die Sprache der PA an dem Erleben der Patienten vorbeigehen kann ...
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag So., 17.11.2013, 21:14

leberblümchen hat geschrieben: Der Einblick in die Akte jedoch bedeutet: Ich will jetzt mal wissen, was du WIRKLICH über mich denkst! - Klar, wer will das nicht, einerseits? Andererseits: Haben wir uns nicht in dem Moment, in dem wir uns das erste Mal auf die Couch gelegt haben, dazu entschlossen, uns einzulassen auf diese Art der Beziehung?
Nein. Denn wurden wir informiert über diese Bewandnisse? So wie ich das überblicke, die meisten hier nur wenig bis sehr wenig. Bei Dir habe ich das auch so in Erinnerung, dass Du erst nach dem ersten Mal Couchliegen Dir selbst peu a peu angelesen hast, um was es sozusagen da überhaupt geht.

Konkret hiesse es ja in Bezug auf unser Thema hier, dass zu Beginn darauf hingewiesen wird, dass der Analytiker nicht beabsichtigt, Einblick in die Unterlagen und Anträge zu gewähren. Und das ist nicht der Fall. Vielmehr wird das Thema zu Beginn der PA stillschweigend übergangen, in der Hoffnung, der Patient kommt nicht irgendwann auf die Idee, von seinem Recht Gebrauch zu machen ...
leberblümchen hat geschrieben:Ich selbst würde schon gerne lesen, was in meiner Akte steht - jedoch interessieren mich dabei vor allem die persönlichen Aufzeichnungen meines Therapeuten (die einzusehen ohnehin nicht vorgesehen ist), und das auch 'nur' aus reiner Neugier - was vermutlich, streng genommen, ein Widerstand ist: Ich will ihn ja sowieso ständig auf die Couch packen. Ich denke, vielleicht kann da wirklich jeder für sich unterscheiden: "Will ich es wissen, weil ich denke, dass das dem Prozess dienlich wäre? Oder will ich es wissen, weil ich neugierig wie ein Kind bin, das die versteckten Weihnachtsgeschenke sucht?" - Wenn es Ersteres ist, hilft sicher auch ein offenes Gespräch.
leberblümchen, das sind DEINE Motivation dazu, die Akte und die anderen Unterlagen lesen zu wollen.
Andere Menschen - andere Motivationen, wobei es natürlich auch Ähnlichkeiten geben KANN.

Es geht vielleicht auch vielen darum, was der Therapeut einem Dritten, dem Gutachter, mitteilt.

Mir wäre auch wichtig, zu erfahren, warum er welche Methodik und Strategie anwendet, auf welcher Basis der Annahmen über mich. Ich bin nicht der Ansicht, dass es hilfreich ist, wenn der Analytiker hiermit hinter dem Berg hält.
Denn so kann es passieren, dass man in Bezug auf Therapieziele schon längst an einer Gabelung verschiedene Wege genommen hat. Und wenn ich dann in den Wald rufe, so will ich eine Antwort, und kein Versteckspiel.

Ich sehe auch nicht genau, welche Differenz Du zwischen den beiden von Dir aufgezeigten Motivationen aufmachen möchtest. Inwiefern ist denn das Antragssprech der PA ein Weihnachtsgeschenk für die Patienten? Und wenn man bei dem Bild bleibt, dann wäre es ja auch fatal: Wäre die Verlängerung ein vom Analytiker ausgesuchtes Weihnachtsgeschenk, kann man sie denn zurückgehen lassen, wenn sich nach Weihnachten herausstellt, dass er sie falsch ausgesucht hat (falsche Annahmen etc.)? Wohl kaum. Da fragt man doch lieber vorher, ob man nicht das haben kann, was hilfreich für einen ist.

leberblümchen hat geschrieben:Ich glaube, der Wunsch, die Akte einzusehen, drückt eher Misstrauen aus, von wegen: "Macht der das auch alles richtig?" Das muss ja nicht 'schlecht' sein, gerade auch in diesem Fall, wenn die Beziehung sowieso auf der Kippe steht. Warum also so tun, als sei alles in Ordnung? Mir war jetzt nur wichtig, mal aufzuzeigen (oder dies zumindest zu versuchen), dass ein Therapeut, der nicht möchte, dass der Patient sein Recht auf Einsicht wahrnimmt, kein arroganter Schnösel sein muss.
D´accord!
Nur, die Arroganz zeigt sich im Verheimlichen des Rechtes an sich ...
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


leberblümchen
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 05:49

Jetzt mal abgesehen davon, dass weidenkatz diese Diskussion hier eigentlich nicht mehr führen wollte: Um den Sachverhalt - ob und was genau verheimlicht wurde - genau beurteilen zu können, müsste man genau wissen, was gesagt wurde.

Es ist ja ein Unterschied, ob der Dialog so ausgesehen hat:

P: "Ich möchte gerne die Akte einsehen. Ist das möglich?"
A: "Nein, das ist nicht möglich".

oder so:

P: "Ich weiß ja, dass es erlaubt ist, dass der Patient die Akte einsieht. Kann ich das mal machen?"
A: "Nein, ich halte das für keine gute Idee, denn da stehen Dinge, die Sie vielleicht verunsichern, weil die Analytiker unter sich ja eine andere Art der Sprache verwenden, die für den Patienten nur schwer verdaulich ist".

Man weiß einfach nicht, ob der Therapeut wirklich das Recht verheimlichen wollte.

Schlag mich nicht tot, aber ich lese halt sowohl in deinen, als auch in weidenkatz' Ausführungen sehr viel Misstrauen und Ärger, und ich könnte mir daher vorstellen, dass die gewünschte Akteneinsicht (bzw. die Kritik an der Weigerung des Therapeuten) eigentlich ein Nebenkriegsschauplatz ist.

Ja, pandas, du hast Recht: Ich wurde eindeutig GAR NICHT aufgeklärt über das Procedere. Trotzdem bin ich mit meinem Therapeuten sehr zufrieden, und ich glaube, hier liegt das eigentliche Problem: Patienten, die eine gute Beziehung zum Therapeuten haben (warum auch immer), hinterfragen nicht so häufig die Vorgehensweise des Therapeuten, weil sie vertrauen können. Patienten, die zum Großteil am 'Rangeln' sind und deren Therapie begleitet ist von einem ständigen Ringen um Verstehen, um Gesehenwerden, und die - kurz gesagt - einfach nicht glücklich sind mit ihrem Analytiker, bohren halt auch sehr viel nach und landen dann - natürlich - auch schnell an dem Punkt der mangelnden Aufklärung.

Ich will damit NICHT sagen: "Pech gehabt, selber Schuld" oder so ähnlich - vermutlich SIND deren Analytiker auch harte Brocken, oder die Beziehung hakt an einem Punkt (oder mehreren) und es entsteht einfach keine Übertragungsbeziehung, auf der sich alles abspielen könnte, sodass die Kritik am Therapeuten ja durchaus verständlich ist.

Ich bin aber überzeugt davon, dass es eben NICHT die nicht erfolgte Aufklärung über die Diagnose, den Therapieverlauf, die Methode und die Therapieziele ist, die das Problem darstellt! Denn wie gesagt: Es gibt so viele zufriedene Patienten, die nicht aufgeklärt wurden. Ich denke eher, dass sich an der Beschwerde über die mangelnde Aufklärung 'lediglich' die Unzufriedenheit mit dem Therapeuten als Person oder mit seiner Arbeitsweise zeigt - und die wird nicht kleiner, wenn der Therapeut endlich die Akte rausrückt...


leberblümchen
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 06:10

Es ist jetzt nicht so ganz neu, was hier steht, aber es fasst die Diskussion zusammen, auch unter dem Aspekt der Besonderheit der psychoanalytischen Behandlung; ein psychodynamischer Therapeut spricht von einer 'Pseudotransparenz', die letztlich mehr schadet als nutzt, denn sie untergräbt das Vertrauensverhältnis, auch, indem der 'Dienstleistungsaspekt' unnötig in den Vordergrund gestellt wird - und mal ehrlich: Ich bin sicher, dass ein psychoanalytisches Gutachten eines auch nur dezent neurotischen Menschen (von Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung bzw. strukturellen Defiziten ganz zu schweigen...) nichts für schwache Nerven ist.

Das mag in anderen Verfahren ganz anders aussehen - wo ohnehin viel transparenter und auf der berühmten gleichen Augenhöhe gearbeitet wird, kurz: wo sich zwei 'erwachsene' Menschen begegnen. So sagt ein Verhaltenstherapeut, der selbst Gutachter ist, er bespreche Verlängerungsanträge mit seinen Patienten, formuliere dann auch entsprechend 'geglättet' und vermerke das dann mit einem Hinweis "mit dem Patienten besprochen". Das ist dann aber eine ganz andere Vorgehensweise, die der psychoanalytischen Arbeit m.E. widerspricht, denn - wie auch eine Therapeutin (auf dem Foto leicht an ihrem 'Wickellook' als solche zu erkennen...) bemerkte: In der Analyse geht es ja v.a. um die Übertragung und Gegenübertragung - und v.a. die letztere ist nicht wirklich immer nur erfrischend. Will sagen: Wenn ich als Therapeut so arbeite, dass der Patient die Gutachten sehen kann, ohne vor Scham im Boden zu versinken, so MUSS ich sie völlig anders formulieren. Im konkreten Fall ist das nun nicht mehr möglich, sodass ich es durchaus nachvollziehbar finde, dass der Therapeut weidenkatz die Einsicht hier so nicht ermöglicht - zu ihrem eigenen Schutz.

Meine - zugegeben recht einseitige und unwissende - Auffassung von Psychoanalyse sieht so aus, dass beide Partner sich - ausgesprochen oder unausgesprochen - darüber einig sind, dass genau dieses "wir sind ja beide so erwachsen und regeln das hier auf derselben Augenhöhe" verlassen wird. Und ich kann irgendwie wirklich nicht begreifen (was vermutlich mein eigenes Unvermögen ist), dass es Analysanden gibt, die so darauf pochen wollen, jederzeit und immer der 'gleichberechtigte Erwachsene' sein zu wollen in der Beziehung zum Therapeuten. Nein, das sind wir nicht. Vielleicht ist es auch die fehlende Bereitschaft, sich das einzugestehen, die zu diesem Missverständnis und zu der Annahme führt, eine Akteneinsicht könnte irgendwie hilfreich sein.
Zuletzt geändert von leberblümchen am Mo., 18.11.2013, 06:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Mo., 18.11.2013, 06:21

Es könnte aber auch sein, dass der Patient seine "gute" Beziehung zu seinem Therapeuten nicht gefährden will oder eine "Straf-Diagnose" befürchtet, wenn er zu sehr darauf drängt, Akteneinsicht zu bekommen. Der Therapeut ist am längeren Hebel und dieses Ungleichgewicht finde ich persönlich sehr unangenehm. Zum Glück ist mein Thera von sich aus so transparent, dass er mir diese Ängste nimmt, aber trotzdem würde ich nichts tun, um meine Beziehung zu ihm zu gefährden oder ihn zu verärgern, denn ich schließe das bei keinem (noch so guten) Therapeuten aus, dass er dann evtl. völlig unsachlich eine komplett falsche Diagnose gibt, nur weil der Patient aufbegehrt und sich nicht an Schablone XY hält. Es fällt mir schon genug schwer, meinem Thera zu erzählen, woran ich glaube, dass ich z. B. an Wahrträume glaube, denn ich halte ihn für einen Atheisten. Ich kann das nur über das magische Denken des Zwangskranken und meinen persönlichen christlichen Glauben sowie allgemein eine gute Intuition als nicht-schizo vermitteln, denn ich möchte auf keinen Fall in diese Ecke gedrängt werden, nur weil ich eben an Übernatürliches glaube. Dann könnten sie nämlich auch den Papst einsperren.
Lieben Gruß
elana

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Christie
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 08:22

Liebes leberblümchen, liebe alle,
leberblümchen hat geschrieben: Schlag mich nicht tot, aber ich lese halt sowohl in deinen, als auch in weidenkatz' Ausführungen sehr viel Misstrauen und Ärger, und ich könnte mir daher vorstellen, dass die gewünschte Akteneinsicht (bzw. die Kritik an der Weigerung des Therapeuten) eigentlich ein Nebenkriegsschauplatz ist.
Sogar wenn das so wäre, dann ist es doch eben gerade wichtig, dass weidenkatz sich mit ihrem Therapeuten darüber auseinandersetzt. Und damit meine ich nicht eine Auseinandersetzung mit dem Ziel, sie von ihrem Wunsch abzubringen, sondern eine echte Diskussion, was sie sich von einer Akteneinsicht erhofft – mit der Option, dass sie das dann eben halt tatsächlich anschaut, auch wenn ihr Therapeut das vielleicht aus guten Gründen ihrem Wohl nicht zuträglich findet. Und er ihr dabei TROTZDEM zur Seite steht, so gut es geht. Das ist doch sein verdammter Job!!!

Sorry, ich habe einmal mehr null Verständnis für den Herrn. Wie ein Analytiker (!!) einen klar geäusserten Wunsch nach Kontrolle über sein Vorgehen - und weidenkatz' Hoffnung, vielleicht mehr Krankheitseinsicht zu gewinnen, wenn sie das selbst in die Hand nimmt, als sich auf ihn zu verlassen - mit einem „Nein“ abtun kann, verstehe ich einfach nicht. Ich wünsche mir sehr für Dich, weidenkatz, dass in diese Beziehung mal noch eine echte Bewegung kommt – oder Du es schaffst, Dich von ihm zu trennen.

Liebe Grüsse
Christie

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