Selbstliebe - ist das möglich?

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UncleK
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Beitrag So., 30.03.2008, 19:55

lichtstrahl hat geschrieben:ich sehe es so: ein bild zu betrachten, löst in mir eine reihe von gefühlen und gedanken aus, die jedoch nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, was der künstler sich dabei gedacht hat oder dabei gefühlt hat, als er das bild malte.
Ja, Deine Interpretation muss mit der Aussage des Künstlers nicht übereinstimmen. Kommt auch real sehr oft vor. Viele Leute haben Briefe an Thomas Mann geschrieben, was sie alles in seinem Zauberberg entdeckt haben. Mann war erstaunt darüber, hatte er diese Dinge doch gar nicht mit Absicht in den Roman gelegt. Manches bleibt einigen auch verborgen, z.B. daß Mann bestimmte Kapitel des Zauberbergs auf bestimmte Seitenzahlen abgedruckt haben wollte - Zahlenmystik.
lichtstrahl hat geschrieben:somit findet hier nicht ein dialog statt, sondern ein innerer monolog meiner gedanken, gefühle und phantasien.
Das ist in vielen Fällen so. Ob ein Dialog zustandekommt, hängt von einigen Dingen ab, z.B. Stimmung, Offenheit gegen das Werk, Vorbildung (speziell auch in bezug auf den Künstler) etc.

Wenn Du Thomas Manns "Tonio Kröger" liest, dann findest Du eine unglückliche Liebesgeschichte zwischen der Titelperson und der blonden Ingeborg und eine zerbrechende Freundschaft zwischen wieder der Titelperson und Hans Hansen. Das wird sicher jeden anrühren, Gefühle kommen auf. Vielleicht legst Du Deine Erfahrung über eine eigene unglückliche Liebesbeziehung und/oder eine zerbrochene Freundschaft hinein. Das ist Dein innerer Monolog, Deine eigene Erfahrung, sie kommt durch die Geschichte wieder hoch.

Irgendwie ist das aber auch schon ein Dialog, ein halber zumindest, denn Du antwortest auf die Geschichte mit Gefühlen, Erinnerungen. Das Manko ist eben, daß Thomas Mann davon nichts wissen kann. Daher ist kein Dialog zwischen zwei lebenden Menschen zu führen. Aber auch in der Realität gibt es die Situation, daß A etwas sagt und B antwortet, worauf A schweigt. Ist das kein Dialog?

Wenn Du darüber hinaus etwa durch das Lesen von Manns Tagebüchern weißt, daß Ingeborg nur eine Wiederholung der Figur Hans Hansens ist und daß letzterer eine literarische Repräsentation ist für Paul Ehrenburg, in den der homoerotisch veranlagte Thomas Mann als junger Mensch verliebt gewesen ist, kann ein imaginärer und engerer Dialog zustande kommen, etwa so:

Mann: Ich wollte, daß die Welt mich und meine Veranlagung kennt. Ich konnte es damals nur chiffriert sagen. Nun weißt Du über mich Bescheid.
Du: Ja, und ich kann Dein Leid nachempfinden.

Dieser imaginäre Dialog findet zwar in Dir statt, ist aber nicht gänzlich durch Dich bestimmt, sondern durch das Wissen, welches Mann Dir über seine Tagebücher mitteilt.

Genug verwirrt?

LG
UncleK

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Affenzahn
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Beitrag So., 30.03.2008, 19:58

Bevor man darüber diskutiert, ob Selbstliebe möglich ist, sollte man wissen, was damit gemeint ist. Ansätze dazu gab es ja schon:
Williams hat geschrieben:Dabei ist das gerade die Liebe zu sich selbst:
Das Monster in sich annehmen und ihm sagen: Töte mich! Es macht mir nichts aus, Du darfst das!
Rebelliere, schreie, tobe! Ich halte das aus.
UncleK hat geschrieben:Wenn ich mich nicht liebte, würde ich
  • * meinen Körper nicht pflegen oder ärztlich behandlen lassen, falls nötig
    * mir selten oder gar nicht gute Nahrung zuführen und diese genießen
    * nicht in Restaurants, Kinos etc. gehen
    * mich nicht mit Freunden, Bekannten treffen
    * mich nicht mit Kunst und Musik beschäftigen, keine hochwertigen Bücher lesen
    * ...
    * uvm.
Wenn ich mich nicht liebte, kennte ich keine Verantwortung für mich, keine Fürsorge, keine Achtung für mich, würde ich mich selbst nicht erkennen wollen, wäre ich nicht produktiv, um mein Wachstum zu fördern, die Dinge, die in mir angelegt sind, auch hervorzubringen. Was die Selbstliebe angeht, stimme ich mit Erich Fromm überein.
Arta hat geschrieben:liebe ist ein umfassendes verständnis, gefühl - und nicht unbedingt auf eine gewisse sache/mensch bezogen.
[...]
ich denke, wer sich länger im spiegel betrachten kann, ohne dabei nervös zu werden, sich selber abzuwerten, zu beschimpfen oder zu rechtfertigen.... ist vermutlich schon so weit sich selber zu lieben. da wirkt diese aufforderung dann tatsächlich seltsam.
Oder ist es "ein Dialog mit sich selbst"?

Wenn wir von dieser Grundlage ausgehen ...
- Ist da überhaupt eine Grundlage vorhanden?
- Wie kann man das Wesentliche daraus abstrakter darstellen, ohne auf strittige Begriffe wie "Selbstliebe" zurückzugreifen?
- Können wir uns einigen, dass wir vom gleichen reden?

P.S.: noch ein Ansatz:
expat hat geschrieben:sich als potent und glücklich zu empfinden, unabhängig davon, ob jemand dich liebenswert findet oder nicht.

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Taffi
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Beitrag So., 30.03.2008, 20:08

UncleK hat geschrieben:auch in der Realität gibt es die Situation, daß A etwas sagt und B antwortet, worauf A schweigt. Ist das kein Dialog?
Mit den Worten Watzlawicks: "Man kann nicht nicht kommunizieren."
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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kamikatze
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Beitrag So., 30.03.2008, 20:21

Affenzahn hat geschrieben:Wie kann man das Wesentliche daraus abstrakter darstellen, ohne auf strittige Begriffe wie "Selbstliebe" zurückzugreifen?
ich glaube, die begriffsdefinition von selbstliebe besteht nur im zusammenhang mit dem begriff des gegenteils; selbsthass. der begriff an sich, alleine stehend, erklärt in meinen augen wirklich nichts allgemein gültiges., sondern kann nur auf subjektive konstrukte verweisen.

ich frag mich grad:
was ein misantrop ist, wissen wir ja. einer der andere nicht sonderlich mag, oder? wie nennt man aber einen, der SICH selber nicht mag? gibts da eine bezeichnung für?
für einen, der sich selber mag, haben wir in unserer sprache glaubs auch nur den despektierlichen begriff Narzisst. werteneutraler kommt mir grad nichts in den sinn.
Affenzahn hat geschrieben:Können wir uns einigen, dass wir vom gleichen reden?
ich kann mich allenfalls mit dir einigen, dass wir eben nicht vom gleichen reden
UncleK hat geschrieben:Dieser imaginäre Dialog findet zwar in Dir statt, ist aber nicht gänzlich durch Dich bestimmt, sondern durch das Wissen, welches Mann Dir über seine Tagebücher mitteilt.
ich finde das nicht verwirrend. hier tritt einfach das offensichtlich hervor, was wir permanent tun; wir bilden synthesen von explizitem und implizitem wissen; ich glaube, ohne diese fähigkeit wären wir auch kaum lebensfähig.
stern hat geschrieben:Bin ich nur dann liebenswert, wenn ich geliebt werde? Wird meine Liebenswürdigkeit auschließlich von anderen definiert..., d.h. besteht meine Liebenswürdigkeit besteht genau in dem Spiegel, den mir ein anderer vorhält... oder bin ich nur so liebenswert, wie die Wahrnehmungsbrille eines anderen Menschen hergibt? Kann ich nur für jemand anderen liebenswert sein... mich aber selbst nicht liebenswert finden (weil mich ja nur jemand anderes liebenswert finden kann)? Nein... daran glaube ich persönlich (für meinen Teil) einfach nicht.
findest du dich denn nun liebenswert oder nicht?

ehrlich gesagt könnt ich das von mir gar nicht so pauschal beantworten; ich müssts in den jeweiligen kontext stellen. ich vermute, dass die fähigkeit sich selbst liebenswert zu finden, etwas mit dem positiven selbstbild zu tun haben muss als bedingung. mein selbstbild ist offenbar ziemlich durchzogen von positiven wie auch negativen selbstattribuierungen. stern: sag, könntest du das von dir beantworten?

LG, katzenhaar mit suppe
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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Pitt
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Beitrag So., 30.03.2008, 21:00

Hi,

hier hat eine gewisse Manuela sich auch viele schöne Gedanken zum Thema gemacht:
http://www.selbstliebe-gegen.selbsthass.com/

Ich selbst kann gerad gar nichts zu der Thematik beitragen. Ich meine, dass mir Selbsthass völlig fremd ist, mir meine Liebe zu mir selbst aber nicht reicht. Ich wünsche mir zusätzlich geliebt zu werden.
Sorry für diesen vielleicht trivialen Einwurf in eure komplexen Gedanken...
Lg
Pitt

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UncleK
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Beitrag So., 30.03.2008, 21:04

Taffi hat geschrieben:Mit den Worten Watzlawicks: "Man kann nicht nicht kommunizieren."
Taffi-Toffee!

Hmmm ... jaaa ... nur befindet sich Thomas Mann sich in der mißlichen Lage, auf lichstrahls Antwort so direkt aus sich heraus nichts mehr zurückgeben zu können.
Suppenkatze hat geschrieben:hier tritt einfach das offensichtlich hervor, was wir permanent tun; wir bilden synthesen von explizitem und implizitem wissen; ich glaube, ohne diese fähigkeit wären wir auch kaum lebensfähig.
Ja. Unsere Kommunikations-, Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit wären sehr eingeschränkt. Und auch die Fähigkeit zur Selbstliebe vermutlich: Wenn ich das explizite Wissen habe, daß bestimmte Symptome eine Krankheit anzeigen, und das implizite Wissen, daß ich diese Symptome habe*, und ich die Synthese aus beidem nicht durchführen kann, wäre für mich der Punkt Selbstsorge als Teil von Selbstliebe nicht vollziehbar.

LG
UncleK

*EDIT: Oder ist das auch explizites Wissen?

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kamikatze
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Beitrag So., 30.03.2008, 21:44

Brad_Pitt hat geschrieben:Ich meine, dass mir Selbsthass völlig fremd ist, mir meine Liebe zu mir selbst aber nicht reicht. Ich wünsche mir zusätzlich geliebt zu werden.
Sorry für diesen vielleicht trivialen Einwurf in eure komplexen Gedanken...
warum trivial? ich tummle mich auch hier aus ner mischung von liebesentzug, aufschieberitis und selbsthass (morgen steh ich dann mit müden augen auf mit jet-lag von der uhrumstellung)...

lg, schmusekatzeohneschmu
Ich rotiere höchstens,
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sino
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Beitrag So., 30.03.2008, 22:10

expat hat geschrieben:dass man sich durchaus liebenswert finden kann,
ohne dass man dieser Liebende selbst sein muss.
Hallo expat der war gut,

ich hoffe du verstehst das selber wenn es dieses man das sich selbst versteht überhaupt gibt, zumindest aber kann man sich finden, ohne dass man selbst derjenige sein muss der sich jetzt findet, wenn ich deinen Text richtig interpretiere.
You were born. And so you're free. So happy birthday. Laurie Anderson

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Torsade_de_pointes
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Beiträge: 775

Beitrag So., 30.03.2008, 23:39

eine spannende threadentwicklung - und es geht ja doch!

@UncleK
Genug verwirrt?
bin nun voll und ganz im dialog im dunkeln angekommen!

ne, also deine erklärung hat mich erhellt! und watzlawik hätts wirklich nicht besser übersetzen können!

ich danke herzlichst verbleibe auch etwas trivial mit,
a guats nächtle

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Natalie
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Beitrag So., 30.03.2008, 23:41

Hallo kamikatze
kamikatze hat geschrieben:
Natalie hat geschrieben:Ich glaube es mir nicht Wert zu sein, alle meine Gefühle jemanden anzuvertrauen. Jedoch MIR gestehe ich so voll und ganz zu.
ich schweige, also bin ich... hat was! wenns wirklich dem entspricht was meine natur ist. bedingung ist also das herauszufinden. die konsequenz abzuleiten das zweitere und imo einfacher.
was ist denn der unterschied zwischen selbstwert und selbstliebe? was steht über dem anderen?
Bei mir ist gerade das zweitere das schwierige, und das, was ich nicht zulassen will/kann. Auch das gestehe ich mir zu, was ich nicht will. Ich will nichts ableiten, was ich doch vllt. brauchen könnte.

Das erstere versuche ich herauszufinden, da mein naturell schon als kleines Kind überdeckt wurde. Verschleiert, und mir abgesprochen wurde. Aber mittlerweile glaube ich, dass ich das auch jetzt noch herausfinden kann. Ob ich es mir auch Wert bin, andere an meinen Gefühlen teilhaben zu lassen. Mich aus meiner Isolierung herauszuwagen. Ich fühle jetzt, dass ich meinen Selbstwert mir gegenüber brauche, um auch anderen gegenüber treten zu können, um mich mitzuteilen. (Auch wenns eigentlich logisch wäre, war es das für mich jahrelang nicht so. Ich fühlte umgekehrt. Ich brauchte jemand, der mich liebte, damit ich was/wer war.) Und wenn ich das zu testen wage, dann glaube ich das mein Selbstwert, meiner Selbstliebe gleichsteht. Egal wie es ausgeht. Ich habs dann für mich getan, mit all den möglichen Konsequenzen. Nur für mich.

Ich habe auch seit meiner Aufarbeitung ein Problem mit dem Wort Liebe. Ich denke, dass ich da ganz neu beginnen muss/darf/kann.

sorry, ist leider OT. Wollte das noch für mich formulieren. Mal sehen, wo michs hinbringt.

Lg, und danke
Natalie
Zuletzt geändert von Natalie am Mo., 31.03.2008, 01:06, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Mo., 31.03.2008, 00:27

Ich versuch da mal eine Lösung zur von sino aufgegriffenen Problemstellung.

Vorsicht, nicht erschrecken.

Aus Zeile 2 ("dieser Liebende") folgt, dass das "man" von Zeile 1 eben diesen Liebenden bezeichnet. Beide sind derselbe. Verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass es heißt, dass der Liebende aus Zeile 1 gleichzeitig nach Zeile 2 ebenso gut auch ein Nicht-Liebender sein kann, der dennoch der Liebende aus Zeile 1 ist.

Variante 1 (die simple, der Liebende aus Zeile 1 wird nicht zum Nicht-Liebenden in Zeile 2): Der logische Beweis,dass Selbstliebe möglich ist, ist gegeben. Heureka, wer sagt es denn?

Variante 2 (die etwas vertraktere): Wie kann man sich das vorstellen? Da hast du mich, sino, mit der Idee der Zeitversetztheit auf eine wohl ziemlich praxis- und lebensnahe Lösung gebracht. Man sieht sich, bildlich gesprochern mit den Augen eines anderen und liebt sich. Kommt man sich aber näher, vergeht einem das Ganze wieder.

---------------------

Da dreht sich einem ja der Kopf, also für heute vorm Schlafengehen überlasse ich es mal dem Gänseblümchen: Ich liebe mich; ich liebe mich nicht; . . . . . . . . . . . . . .oh shit, das letzte Blütenblatt ist nur noch zur Hälfte da. Gilt das überhaupt?

GN8
Anastasius

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Black XistenZ
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Beitrag Mo., 31.03.2008, 02:25

ohne den thread gelesen zu haben (sry, schlichtweg zu wenig zeit dafür atm): was wenn man zu der sorte mensch gehört, die nicht bedingungslos lieben können; die einfach in ihrem wesen zu opportunistisch und bewertend sind, um zu bedingungsloser liebe fähig zu sein - aber selbst die kriterien für ihre liebe nicht erfüllen? was wenn selbst die optimistischste bewertung seiner selbst zu dem ergebnis kommt, dass man sich selbst unterm strich nicht lieben kann? klar, dann hat man erstmal die arschkarte gezogen (bzw sich selber zugeschoben ), aber gibts daraus denn überhaupt einen ausweg? und wenn ja - wie sieht der aus?
Gib einem Menschen Macht und du wirst sein wahres Wesen erkennen.

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expat
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Beitrag Mo., 31.03.2008, 07:08

Affenzahn hat geschrieben:Bevor man darüber diskutiert, ob Selbstliebe möglich ist, sollte man wissen, was damit gemeint ist. Ansätze dazu gab es ja schon:....
Hast du diese Ansätze absichtlich weggelassen oder nur nicht gefunden?
expat hat geschrieben: Ich definiere mal kurzerhand Liebe als die positive Verbindung oder Identifikation mit einer
außerhalb von mir befindlichen Sache oder Person.
Man kann sich selbst akzeptieren, mit sich im Reinen sein, zufrieden mit sich sein, in Harmonie
mit der Welt und den Mitmenschen leben, aber sich selbst lieben kann man nicht, selbst wenn
der Volksmund und sogar die Bibel davon spricht. Streng genommen geht das nicht.
expat hat geschrieben:I
Die Beziehungen, die ich zu mir einerseits und zu anderen Menschen andererseits habe, unterscheiden sich grundlegend. Zum Beispiel kann ich mir kein Geld leihen oder mir vertrauen oder nicht. Im Grunde kann ich mit mir auch keinerlei Beziehungen haben Ich stecke in mir drin, und wenn ich Glück habe, gefällt mir mein Leben so mit mir, weil ich nicht unter mir leide. Liebe entwickle ich zu anderen Menschen oder zu Inhalten oder Objekten, die sich außerhalb von mir befinden. Ich verbinde mich mit anderen oder anderem in positiver auf Gefühl basierender Form. Ich liebe also etwas, das ich mir durch die Liebe heranziehe und mir vertraut mache, was vorher fremd war, selbst wenn es mir entspricht und sogar für mich erschaffen zu sein scheint.
expat hat geschrieben:Wieso könnt ihr nicht sehen, dass eine Liebesbeziehung zu einem Objekt,
also jemandem außer mir, qualitativ etwas völlig anderes ist als eine solche
ohne Objekt?
Wenn Subjekt und Objekt zusammen fallen, dann muss die Art der Beziehung
doch stark unterschiedlich sein von einer Beziehung zwischen Subjekt und
Objekt.
Ein Subjekt kann sich doch schlechterdings gar nicht sehen und fühlen wie
ein Objekt. Das sind doch nur Bilder aus der Subjekt-Objekt-Welt, wenn man
zum Beispiel sagt: Sei dein bester Freund für dich selbst. Der psychologische
Prozess ist doch ein ganz anderer.
expat hat geschrieben:Ein Subjekt verbindet sich mit einem außer ihm befindlichen Objekt. Ergo, müsste es nach meinem Dafürhalten heißen, müssten wir im Grunde einen anderen Begriff dafür finden, wenn wir bildlich von einem ähnlich erscheinenden Vorgang sprechen, wo aber das Objekt nur scheinbar ein Objekt ist, sondern im Grunde das Subjekt selbst. Es scheint mir eher um positive Ich-information, Selbstbewusstsein und Selbstakzeptanz zu gehen, wenn wir von Eigenliebe sprechen. Dasselbe ist gemeint, aber ich finde es halt sprachlich falsch, von Eigenliebe zu sprechen, selbst wenn es üblich ist. Nun ist aber mit diesem linguistischen Problem auch ein inhaltliches verbunden, nämlich der Umgang mit sich selbst.
Eine Beziehung, die ich beenden kann, ist frei gewählt, während die "Beziehung" zu mir nicht frei gewählt ist. Ich kann mich nicht laufen lassen und auch keine Verträge mit mir schließen. So habe ich auch nicht die Freiheit, mich zu lieben oder nicht. Die ersten Jahre wird auch ein Kind nicht mit Liebe "vollgestopft", damit es diese Liebe später wieder zurückgeben kann, sondern die aus Liebe oder Einsicht empfangenen Wohltaten oder Verhinderungen von Schmerz geben dem Kind ein positives Ich-Bewusstsein, und dieses macht das Kind später liebesfähig. Nehmen wir an, das Kind hat mehr Schmerz als Wohlbehagen empfunden in den ersten Jahren, dann kann man ihm wohl später kaum dadurch helfen, dass man ihm sagt, "du musst dich einfach mehr lieben."
expat hat geschrieben: Weil man sich nach meiner Auffassung zwar mit Humor betrachten kann, es aber schlechterdings unmöglich ist, sich zu lieben. Nicht, weil man sich nicht achtet oder vielleicht nicht in sich ruhte, oder weil man keine Selbstachtung oder kein Selbstbewusstsein hätte, sondern, weil der Begriff Liebe für diese Sachverhalte genau genommen nicht taugt. Es ist das für mich ja, wie ich hier im Thread geschrieben habe, kein inhaltliches Problem, sondern ein sprachliches und logisches. Hast du schon mal von jemandem gehört: "Ich fühle mich von mir geliebt?" Das sagt kein Mensch. Humor ist die Fähigkeit, mit Werten und Inhalten zu spielen und dadurch Konflikte leichter zu lösen. Humor ist eine Grundhaltung sich selbst und der Umgebung gegenüber, eine besondere Form, der Selbstreflexion auch noch. Es geht also um Gedanken und den Umgang damit. Liebe hat doch eine ganz andere Dimension. Habe ich aber hier im Thread bereits versucht zu definieren.
expat hat geschrieben:
stern hat geschrieben: Bin ich nur dann liebenswert, wenn ich geliebt werde?
So kommen wir der Sache nicht näher. Es geht nicht darum liebenswert zu sein, sondern darum,
sich als potent und glücklich zu empfinden, unabhängig davon, ob jemand dich liebenswert findet
oder nicht. Natürlich erhöht es die positive Einstellung, die man über sich hat, wenn man geliebt
wird. Abgesehen davon könnte ich mir vorstellen, dass man sich durchaus liebenswert finden kann,
ohne dass man dieser Liebende selbst sein muss.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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Beitrag Mo., 31.03.2008, 07:11

@ Black XistenZ,

ich meine, wenn man das alles voraussetzt, was du voraussetzt. Dann gibt es keinen Ausweg. Mir scheint, du würdest bedingungslose (Selbst-)Liebe als das erstrebenswerte Optimim ansehen. Weshalb eigentlich?

LG
Anastasius

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Taffi
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Beitrag Mo., 31.03.2008, 07:28

@UK:



Na, wenn das keine Ansage ist, dass (der) Mann nicht antwortet!


@Anastasius:

Mag bei deiner Antwort an BX mal einhaken:
Anastasius hat geschrieben:Mir scheint, du würdest bedingungslose (selbst-)Liebe als das erstrebenswerte Optimim ansehen. Weshalb eigentlich?
Warum nicht?
... wobei ich glaube, dass es eine einfache Übung ist, sich selbst (und andere) bedingungslos zu lieben, wenn alle Bedingungen erfüllt sind *g* Ist halt die Frage, wie man "bedingungslos" definiert. Für mich ist (Selbst-)Liebe nicht ohne (Selbst-)Achtung und (Selbst-)Vertrauen denkbar. Insofern ist beides für mich eine Bedingung Hm, vielleicht sollte man das nicht "Bedingung", sondern "Voraussetzung" nennen...? Macht das überhaupt mehr als einen sprachlichen Unterschied?

Ich glaub, ich brauch 'nen Kaffee
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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