Ist Übertragungsliebe zwangsläufig? Wie überlebe ich's?

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Notizzettelchen
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Beitrag Do., 20.08.2009, 22:29

Vielleicht ist diese Perspektive, die ich hier beschreiben möchte, schon geschildert worden. Ich gestehe, dass ich vor längerem die Anfangsseiten hierzu gelesen hatte, dann davon abließ und heute, weil es sicherlich gut zum Thema passt, meine Erfahrung mit "Übertragungsliebe" aufschreiben möchte.

Ich habe über einen sehr langen Zeitraum eine Verhaltenstherapie gemacht. Irgendwann befand ich mich auch in dieser Zwickmühle, in der ich von Liebesgefühlen in Bezug auf meinen Therapeuten sprach. Das war für mich eine äußerst haarige Situation und ich empfand, dachte und fühlte ähnlich, wie manche Menschen hier auch ihre Liebe zu ihren Therapeuten niederschreiben.

Ich glaube, dass so etwas wie normale Sympathie, normale Liebe, normale Zuneigung einem Menschen in der Position des Therapeuten gegenüber durchaus möglich ist. Aber das, was als Übertragungsliebe definiert wird, hat mit normaler Sympathie oder normaler Liebe nichts zu tun. Mit dem jetzigen Abstand zu meiner Therapie und durch den Prozess der "Selbstwerdung", erlangte ich eine vollkommen neue Sichtweise auf meine harte Phase des Verliebtseins. Nach und nach hatte ich mich aus dieser Liebe befreit, wurde unabhängiger, stärker und selbstbewusster. Prima. Was mich dann zu der Schlüsselerkenntnis führte, war der Auftrag, einen Schüler zu betreuen. Er selbst ist gerade 18 Jahre alt und wird in seiner Familie schwer misshandelt. Er kennt so etwas wie Vertrauen oder stabile Bindungen nicht. Er selbst sagt von sich, er würde nie irgendwem vertrauen. Nun geschah es, dass ich mit diesem Jungen zusammen arbeiten sollte. Für mich ganz klar ein kleiner, dicker, psychisch angeschlagener Junge, der SSV betreibt und aus seinen Dissoziationen nicht herausfindet, sich aber seinem Alter entsprechend zu benehmen wusste. Sowohl im negativen als auch positiven Sinne. Für mich erschien es ebenfalls ganz klar, dass wir uns in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis befinden, er besagte Probleme hat und ich ihm als Hilfe zur Verfügung stehe. Auf anderen Wegen hätten er und ich niemals zusammengefunden. Weder beruflich noch privat. Nun geschah es, dass er zu mir Vertrauen fasste. Und ich mutierte binnen weniger Wochen zu seiner ersten, aber auch einzigen Bezugsperson. Seine ganze Welt drehte sich um mich. Er schrieb mir E-Mails, rief mich an, erzählte mir alles über sich, weinte sich bei mir aus, wollte meine Meinung, meine Kritik, meine Lebensansichten wissen, aufsaugen und mich imitieren. Ich setzte klare Grenzen. Und ich verstand nun sehr gut, warum Therapeuten einen Patienten nur einmal in der Woche für 50 Minuten ins Sprechzimmer lassen und in den meisten Fällen auch keinen einzigen privaten Kontakt dulden. Hätte ich die Grenzen nicht gesetzt, dieser Junge hätte mich wirklich runtergezogen. Ich habe mein bestes gegeben, um ihm zu zeigen, wie wichtig menschliche Grenzen sind, sowohl meine als auch seine und dass wir nun daran arbeiten, aus ihm einen selbstständigen jungen Mann zu machen. In diesem ganzen Prozess sackte auch immer mehr durch, dass er sich in mich verliebt hatte. Ich sei eine absolute Traumfrau, so beichtete er mir, denn ich sei der einzige Mensch auf Erden, der so verständnisvoll, intelligent und auch noch so attraktiv sei. Natürlich konnte ich seine Lage nachvollziehen, aber vor allem konnte ich auch das erste Mal die Lage meines Therapeuten und die Absurdität jener "Übertragungsliebe" verstehen. Übertragungsliebe hat meines Erachtens nichts mit Liebe zu tun, sondern mit der absoluten Aufopferung des eigenen Selbsts, um im anderen aufzugehen, sich über einen anderen Menschen zu definieren und sich selbst zu finden. In diesem Prozess selbst ist es schwer, das anzuerkennen und sich einzugestehen, denn je mehr man sich das eingesteht, desto mehr ist man gezwungen, sich von dem angehimmelten Menschen zu distanzieren. Diese Distanz kann erst erfolgen, wenn man selbst genug Stabilität gewonnen hat.

Übertragungsliebe. In meinen Augen keine Liebe, sondern eine Selbstfindung.
Konflikte ausleben. Widersprüche testen. Brüche vollziehen. Mensch werden.
Das ist das Leben und es schreitet fort. Entweder du lebst es oder du lässt es,
aber wozu den Pudding aufbewahren, wenn du ihn nicht auch essen magst?

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hungryheart
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Beitrag Fr., 21.08.2009, 07:57

hi liebe dunkle,

ich weiß, es nervt dich, wenn ich über meinen weg, der anders ist als deiner, und der vermeidung der (romatischen) übertragungsliebe bedeutet hat, rede.
ich will dir deinen weg nicht madig machen, oder ausreden. ich denke nur, es ist für verunsicherte oder therapieunerfahrene sehr wichtig ist zu wissen, dass die große, reine romantische übertragungsliebe, die du, so kommt es mir zumindest vor, als den einzig wahren und richtigen weg hochhältst (und meiner meinung nach auch etwas zu sehr glorifizierst) vielleicht nicht der einzig richtige, der königsweg ist, den man gehen muss, um eine "richtige" volbluttherapie zu machen,
sondern dass es auch andere wege geben kann, die erfolgeich sind.
Dunkle hat geschrieben: Wie oft lesen wir hier "Hilfe, ich WILL mich nicht in den T. verlieben!!". Da gibts also ne Gegenwehr. Warum. Weil Liebe mit Schwäche und mit Schmerz zu tun hat. Und den Schmerz will man eben nicht.
ich hatte angst. aber nicht vor dem schmerz, sondern dass meine kräfte, die ich so dringen zur bewältigung meiner probleme brauchte, in dem schmerz und der unerfüllten liebe gebunden sein würden.
ich habe erfolgreich vermieden und bin sehr überzeugt, dass das, für mich, gut war.

dass meine erste kinder und jungedtherapeutin eine frau war, war zufall.
während es mir nach und nach immer besser ging, hat sich meine damals beste freundin, total in die übertragungsliebe zu ihrem therapeuten verrannt -ihr ging es immer schlechter statt besser.
sie konnte nicht an ihren themen arbeiten, weil ein neues, alles beherrschendes thema hinzugekommen war: die unerfüllbare liebe zu ihrem therapeuten. sie war so gefangen in dieser liebe und in so einem unguten "es darf mir nicht besser gehen, sonst ist die "beziehung" zum thera irgendwann vorbei".....

daraus habe ich dann damals, als ich von der kinder- und jugendthera irgendwann im "fortgeschrittenen alter" wegwechseln musste den etwas jugendlich- undifferenzierten schluss gezogen: "geh auf jeden fall wieder zu ner frau, übertragungsliebe wirft eher zurück, als dass sie hilft".

ich habe, so denke ich, aber nicht aus angst vor den verliebtheitsgefühlen und der unerfüllbarkeit, sondern aus angst, all meine vielen baustellen nicht bearbeiten zu können, wenn meine gefühle und kräfte in einer romantischen übertragungsliebe gebunden sein würden (wie ich es bei meiner freundin gesehen habe)

keine ahnung, ob das nun ein zulässiger oder allgemeingültiger schluss war, oder nicht- aber die strategie war bei mir erfolgreich.

mir geht es heute gut, auch ohne dass ich durch eine romantische übertragungsliebe gegangen bin.
Dunkle hat geschrieben:Oder es geht auch viel tiefer: Woran erinnert diese Liebe? Viele sagen, sie erinnert an die allererste Liebe eines jeden Menschen, an die zur Mutter. Auch dieses zu bedenken und sich dessen gewahr zu werden, kann großen Schmerz verursachen, es kann "gefährlich" sein, wieder von Mutterliebe (nun zum T.!) abhängig zu werden!
ja aber wenn das so ist.....!
ist denn dann die romantische übertragungsliebe nicht sowieso sozusagen "von hinten durchs knie in die brust" geschossen?

sind es nicht immer, überspitzt und plakativ formuliert "die eltern" /die herkunftsfamilie und kindheits- und jugenderfahrungen,die einen in therapie führen ?

die liebe zu den eltern, diese existenzielle thema, hat aber nichts erotisches, romantisches, verliebtes......(und wenn läuft m.e. was schief)

auf die liebe, die mein eigentliches thema spiegelte: die mutter-tochter-übertragungsliebe habe ich mich ja mit ganzer seele und ganzem herzen und allem zugehörigen schmerz, eingelassen.

diese übertragung bindet m.e. nicht (übermäßig) kräfte, weil zu der mutter-tochter beziehung das erst umsorgt werden (von meine theras in wunderbarer, liebevoller und einfühlsamer weise geleistet) und dann das sich langsam abnabeln ganz natürlich gehört. während die romantische liebe doch ein "immer tiefer, immer näher, immer mehr" (das schmerzhaft bewältigt werdenmuss) will. oder?

meine durch die beziehung zu meinem vater verursachten kranken männer-muster habe ich in realen liebesbeziehungen mit männern durchlebt und verändert, weil ich sie in der therapie besprochen habe und -beraten und gecoacht durch die therapeutin in der realen beziehung selbst jeweils dinge ändern konnte und beziehungen, die mir nicht guttaten dann irgendwann beenden konnte.
dazu habe ich keine romantische übertragungeliebe gebraucht

@ notizzettelchen: wunderbar beschrieben.

@ kleine aster: so eine liebe sollte man immer ansprechen, viel glück
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Beitrag Fr., 21.08.2009, 09:47

Hi hungryheart,

was du schreibst, kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Ich glaube auch, dass man zur Heilung der diversen Probleme nicht unbedingt die romantische Übertragungsliebe durchlaufen MUSS. Im Gegenteil, bei mir war es so, dass sie mich daran gehindert hat, mich mit den eigentlichen Problemen zu beschäftigen, wobei ich mir nicht sicher bin, welchen Anteil hier vielleicht auch der T. hatte, im Nachhinein denke ich, dass ein Profi mich eigentlich auf den richtigen Weg hätte werfen müssen.....

Nach dem relativ plötzlichen Abbruch meiner Therapie und einem dreiviertel Jahr ohne, habe ich nun festgestellt, dass ich von meinen Problemen immer wieder eingeholt werde, und in ein paar Tagen beginne ich nun wieder eine T., eine Frau wäre mir eigentlich am liebsten gewesen, aber ich habe leider keine gefunden, die passend gewesen wäre. Jetzt bin ich wieder bei einem Mann gelandet und ich hoffe sehr, dass ich diesmal wirklich bei MIR bleiben kann und meine wertvolle Zeit nicht mit Versuchen vergeude, ihn durch besonders witzige oder geistreiche Wortbeiträge zu beeindrucken. Ich möchte mir nicht schon im Vorfeld überlegen, was ich anziehe, ob ich hübsch aussehe etc. ich möchte einfach versuchen „Ich“ zu bleiben, ich will auch nichts über ihn wissen. Bei meinem ersten T. hätte ich gern am liebsten ALLES gewusst, welches Buch auf seinem Nachttisch liegt, was er gern zum Dessert isst, welche Musik erhört und welche Unterhosen er trägt

Ich will das nicht mehr!!!

Grüße
Phänotyp

Was mir noch durch den Kopf ging @dunkle – kann man die romantische Übertragungsliebe wirklich mit der Mutterliebe vergleichen? Ist die Mutterliebe nicht viel bedingungsloser?

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Notizzettelchen
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Beitrag Fr., 21.08.2009, 11:21

Was mir in der vergangenen Nacht einfach nochmal bewusst wurde...

Dieser Begriff "Übertragungsliebe"

Dabei handelt es sich nicht um eine Liebe, die ich auf den Therapeuten/die Therapeutin übertrage,

sondern um Übertragungen, die ich als Liebe empfinde.


Mir ist es zumindest immer wieder passiert, dass ich in dieser Begrifflichkeit mehr die "Liebe" als die "Übertragung" sehen wollte und ich dadurch immer dachte, dass auch eine Übertragungsliebe letztendlich eine gleichberechtigte Liebe sei. Nur "aus Versehen" halt in der Therapie passiert sei.

Richtige Liebe ist meines Erachtens etwas, das erst im Laufe einer ebenbürtigen Partnerschaft auf der Basis des fairen Geben und Nehmens entstehen kann. Für mich fühlt sich "richtige Liebe" sehr bestehend, sehr fest und verlässlich an. Natürlich müssen gewisse Faktoren (wie Geschlecht, Alter, Attraktivität, Humor, Intelligenz) stimmen, damit wir aus den Übertragungen heraus das Gefühl von "Liebe" entwickeln. Andere Menschen, bei denen jene Faktoren nicht stimmen, empfinden eher die Geborgenheit, Mütterlichkeit oder ähnliches an Zuneigung. Aber ob Liebe, Geborgenheit, Mutterersatz ist am Ende egal. Es geht um den Prozess des sich Abhängigmachens, des sich Aufopferns und der Suche nach Bestätigung, Liebe und Zuneigung. So wie wir uns eigentlich von unseren leiblichen Eltern haben emanzipieren und lösen müssen, so geschieht es, dass wir uns in der Therapie, als erwachsene Menschen, noch einmal zum Kinde machen lassen. Weil wir es wollen, weil wir zuvor nie wirklich erwachsen geworden sind. Erst, wenn der Wille zur Autonomie und die gesunde Reifung in Gang gesetzt werden, kann ich mich von diesen romantischen Gefühlen wieder lösen und als eigener Mensch leben. ... und auf der Basis des eigenständigen Menschen, kann man durchaus auch einen ehemaligen, attraktiven, humorvollen und intelligenten Therapeuten nach gegebener Zeit anrufen und mal nach einem Glas Wein fragen. Man wird schnell feststellen, dass einem die Zahnlücken und die Glatze durch die rosarote Brille irgendwie schöner vorkamen. Aber nein, ich glaube nicht, dass diese Liebesgefühle ein Irrtum sind. Deswegen gebe ich Menschen durchaus Recht, wenn sie ihre "Übertragunsliebe" verteidigen und darin ernstgenommen werden wollen. Die Disposition einer Verliebtheit war sicherlich am Anfang gegeben. Nur kam die Liebe unter "falschen" Motivationen und aus einer gefährlichen Abhängigkeit zustande.

Mein Resümee.
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hungryheart
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Beitrag Fr., 21.08.2009, 11:31

Notizzettelchen hat geschrieben:dass diese Liebesgefühle ein Irrtum sind. Deswegen gebe ich Menschen durchaus Recht, wenn sie ihre "Übertragunsliebe" verteidigen und darin ernstgenommen werden wollen..

ich denke, alle gefühle sind real und haben ihre berechtigung und sollten immer ernstgenommen werden. einfach, weil sie da sind.
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kleine Aster
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Beitrag Sa., 22.08.2009, 10:23

Liebe alle,
uff, jetzt komme ich endlich zum schreiben nach meiner letzten Sitzung. Elana hat mich zum Glück kurz vor meinem Thera-Termin nochmal runtergebracht. Ich habe meiner Therapeutin mein Dilemma angedeutet (hab eben gesagt, dass ich viel von ihr geträumt habe und dass sie dieses Mal keine eisverkäuferin mehr war - das hatte ich vor einiger Zeit geträumt) Sie hat super reagiert und gleich alle meine Ängste ausgehebelt, weil ich Panik hatte, dass sie mich rausschmeisst. Die Sitzung war dann richtig hart, weil sie gleich den Finger auf mehrere Wunden gelegt hat und meine Gefühle eben ernst genommen hat. Wir sind dann draufgekommen, dass ich eben sehr bedürftig bin, wie sie es ausgedrückt hat, weil ich eben nie das bekommen habe, was ich wollte. und dass ich Panik kriege, wenn ich das zugeben muss, weil ichh sonst in anderen Beziehungen immer die Starke bin und mich für alle verantwortlich fühle, bloß nicht für mich selbst.
Jetzt fühle ich mich so, als wäre in mir alles aufgerissen worden und ich bin einfach sehr traurig von der Grundstimmung her. Und auch, weil jetzt erst mal 4 Wochen Pause ist.
LG!

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Elena
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Beitrag Sa., 22.08.2009, 17:29

Liebe kleine Alster,

na, das finde ich klasse, dass Du sie auf Deine Träume angesprochen hast.
Siehst Du, sie hat Dich nicht rausgeschmissen, sondern mit Dir an Deinen Bedürfnissen gearbeitet, die Deine Träume aussagen.
Es ist sehr gut, dass Du jetzt vier Wochen Pause hast, da hast Du nämlich Zeit, Dich zu stärken, da Du beschrieben hast, dass bei Dir alles aufgerissen wurde.
Glaube mir, es wäre zu stressig für Dich, wenn ihr gleich nächste Woche weitermacht und ans Eingemachte geht. Ich gebe Dir den Tipp, die therapiefreien Wochen bis ins Detail auszukosten, und Dir keine Gedanken zu Deinen verdrängten Gefühlen zu machen. Du hast sie sicher so lange Jahre mit Dir rumgetragen, sei einfach froh, dass es ans Tageslicht gekommen ist, und Deine Therapeutin Dich begleitet.
Mach die schönsten Dinge, die Dir einfallen, damit Du stabil in die nächste Sitzung gehst. Sie wird sicher intensiver und emotionaler werden, als die vorherigen. Ich spreche nur aus Eigenerfahrung und gehe davon aus, dass es bei Dir auch so sein könnte.

Liebe Grüsse von
Elena

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hungryheart
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Beitrag Mo., 14.12.2009, 08:39

hi ihr alle,

ich komme mehr und mehr zu der überzeugung, dass die verschiedenen formen der übertragung sehr nah beieinander liegen.
die romantische übertragungsliebe, vor der ich immer (früher) solche angst hatte, unterscheidet sich wohl gar nicht so sehr von der mutterübertragung (die ich zugelassen habe).
kann man da überhaupt so scharf, wie ich es immer getan habe, trennen?

lg
hh
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Laura13
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Beitrag Mo., 14.12.2009, 10:40

Ich glaube nicht, dass man das wirklich trennen kann....und überhaupt: MUSS man das denn?
Ich stelle fest, dass die Grenzen, der verschiedenen "Liebesfelder" oft verschwimmen, also gefühlsmäßig natürlich, nicht real!!!
Und ich denke, dass das auch normal ist....schließlich haben auch wir Menschen so viele Saiten (wie bei einer Gitarre), die zum Klingen gebracht werden können und da sie oft nahe beieinander liegen, kann es eben auch passieren, dass eine andere Gefühlssaite mitschwingt, neben der, die man eigentlich zum Klingen gebracht hat.
Wir sind Menschen, keine Maschinen.....

Liebe Grüße
Laura...die im Moment voll in ihrer Gefühlswelt herum schwimmt.....
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Tröte
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Beitrag Mo., 14.12.2009, 10:44

Hi Hungryheart,
ich finde diese Unterscheidung auch sehr schwierig.
Früher habe ich mich immer Gefühle für andere Frauen entwickelt und gedacht, ich sei in ihnen verliebt.
Dies hat massiv meine Beziehung belastet, da es den Anschein hatte, dass ich aus der Beziehung ausbrechen wollte.
Heute weiss ich, dass es eigentlich eine Mutterübtragung und keine romantische Übertragungsliebe war (zumindest nicht ausschließlich).
Aber was nutzt mir das im Moment, denn das "Liebeskummer" Gefühl habe ich trotzdem und ich weiss, dass beide "Übertragungslieben" keine Aussicht
auf Erfolg haben werden.

Rabe hat in meinem Thread "Gefühle für sie...." was für mich sehr interessantes und wichtiges gesagt:
"Es gibt mindestens zwei Arten von Liebe, die kindliche und die sexuelle. Wir Erwachsene bringen das ziemlich oft durcheinander und verdächtigen jedes zärtliche Gefühl, es wolle doch nur Sex, und dabei ist einem gerade nach Umarmen und Gemocht-Werden. Die Liebe eines Kindes zu seinen Eltern und die einer Erwachsenen zu ihrer Partnerin haben natürlich Gemeinsamkeiten: Wenn alles gut geht, wird man in seinem ganzen Sein angenommen und es gibt eine Menge Körperkontakt. Verwechselung liegt also nahe. Was Du schreibst klingt für mich eher nach kindlicher Liebe, erwachsen missverstanden sozusagen. Und Deine Partnerin braucht sich eigentlich keine Sorgen machen, dass Du ihr wegläufst"

Liebe Grüße
Tröte
"But these stories don't mean anything, when you got no one to tell them to. It's true, I was made for you "

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Laura13
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Beiträge: 643

Beitrag Mo., 14.12.2009, 11:35

Tröte hat geschrieben: Aber was nutzt mir das im Moment, denn das "Liebeskummer" Gefühl habe ich trotzdem
So geht es mir auch phasenweise....

LG
Laura
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carö
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Beitrag Mo., 14.12.2009, 13:13

hallo hungry,

meine vorschreiberinnen habe das bereits gut auf den punkt gebracht. ich sehe es auch so.

mein analytiker, in den ich zeitweilig (sogar sehr lange) sehr verliebt war, hat auch sehr intensive gefühle bei mir ausgelöst, die ein kind seiner mama entgegenbringt. er hat sehr fürsorgliche und zärtliche seiten, die sehr mütterlich auf mich gewirkt haben. viell. konnte ich das von einem mann besser annehmen, weil es mir mit frauen zu nah und unerträglich geworden wäre. habe auch eine lange zeit gebraucht, um durch den schleiher dieser vermeintlich erwachsenen und sexuellen komponente hindurch zu sehen. einerseits ist diese erwachsene seite ein aspekt meiner wirklichkeit gewesen und ist es manchmal immer noch, andererseits war er aber auch dazu da, diese intensiven sehr bedürftigen kindergefühle abzuwehren... also selbst mit einem mann war mir das quasi noch zu "direkt". das kann ich hier und heute erkennen, lange ging das natürlich gar nicht.

ich sehe es auch so, dass wir eben viele verschiedenen aspekte leben... viele aspekte, die allesamt liebe sind... liebe in vielen ausprägungen. ich hab mich bei deinen schilderungen über deine ehemalige thera auch immer gefragt, warum du das so unterscheidest. mutterübertragung ja, (romantische) liebesübertragung nein ? finde, das kann man nicht trennen und es geht - zumindest bei mir - letztlich genau darum, die verschieden aspekte dieser liebe anzuschauen und sie auch willkommen zu heissen. man (ich!) lernt sich ja erst im lauf des prozesses besser kennen und damit auch seine wünsche und sehnsüchte.. und dann kann man vielleicht irgendwann aus einer ganz erwachsenen liebe, die man viell. zuerst wahrnimmt, auch die kindliche durchschimmern spüren.. und: beide sind ok!... gerade in einer therapie geht es ja eben nicht darum, diese auszuleben und das empfinde ich zunehmend als große freiheit, auch wenn natürlich der liebeskummer, der aus dem verzicht aufs ausleben riesig wehtut. er tut genauso weh, ob er einem mann oder einer frau gilt, ob er aus kindlichen oder "erwachsenen" aspekten heraus entsteht..
EDIT: vielleicht hat es aber bei dir auch eine wichtige bedeutung, dass du das bisher so trennen musstest? da kommt etwas näher an dich heran scheint mir... ist doch eine ganz spannende und positive entwicklung.


LG
caro
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TimpeTe
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Beitrag Mo., 14.12.2009, 13:46

Hallo zusammen,

mir ist die Zeit, als sich die kindliche Uebertragungs-Liebe in eine erwachsen-erotisch empfunde Liebe zu verwandeln begann als sehr sehr verwirrend in Erinnerung. Ich hatte das Gefühl meinen Vater zu begehren und geriet in einen ungeheuren inneren Konflikt. Ich habe mich dafür verurteilt, ja, mehr noch, ich habe mich dafür gehasst. Es hatte für mich etwas inzestuöses. Meine Geschichte hat die gleiche Problematik und so war es doppelt schwer damit umzugehen. Es hat lange gedauert, bis ich darüber reden konnte. Aber dann war es während fast 2 Jahren Thema. In dieser Zeit ist mir bewusst geworden, wie schwer es ist die Liebe in nur einer Kategorie unterzubringen. Jede Liebe hat von allem ein wenig drin, (Mutter,Vater,Kind,Baby....) Man darf sie überall spüren, aber nicht überall ausleben.

einen schönen Tag euch allen....medusa52
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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carö
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Beiträge: 2036

Beitrag Mo., 14.12.2009, 13:57

hallo medusa,

ich finde das wirklich interessant, was du schreibst... also, dass sich bei dir diese liebe "andersherum" (als bei mir zB.) entwickelt hat. dass zuerst eine kindliche entstanden ist und diese sich dann erst zu einer erotischen liebe gewandelt hat. letztlich spiegelt das die jeweilige individuelle geschichte wieder... find das, sehr sehr spannend.

LG
caro
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Laura13
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Beiträge: 643

Beitrag Mo., 14.12.2009, 14:51

medusa52 hat geschrieben: mir ist die Zeit, als sich die kindliche Uebertragungs-Liebe in eine erwachsen-erotisch empfunde Liebe zu verwandeln begann als sehr sehr verwirrend in Erinnerung

Ja, da stecke ich auch gerade.....
. Es hat lange gedauert, bis ich darüber reden konnte.
Bei mir auch, ich habe es ihm neulich erst "gestanden".....
Jede Liebe hat von allem ein wenig drin, (Mutter,Vater,Kind,Baby....) Man darf sie überall spüren, aber nicht überall ausleben.
...und das ist das, was ich allmählich lerne zu verstehen und versuche anzunehmen....weil mein Thera mich mit all meinen Gefühlen ernst nimmt und sie annehmen kann...auch hier hat er mich nicht fallen lassen, was ich so sehr befürchtet hatte....dafür liebe ich ihn nur noch mehr!

LG
Laura
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