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So., 11.06.2017, 10:50
Liebe Schneeschmelze,
dieser Post kommt jetzt natürlich stark verzögert und im Idealfall konntet Ihr ja alle Differnezen ausmerzen... was ich natürlich ganz stark hoffe. Falls dies immer noch nicht der Fall ist, möchte ich Dir gerne meinen Eindruck bzgl. Deines Verhaltens schildern (es tut mir leid, aber es wird höchstwahrscheinlich nicht ganz nett):
Ich habe das Gefühl, dass Dir Dein Sohn schon seit sehr langer Zeit auf der Nase rumtanzt und dies auch genau weiß und ausnutzt. Du hast gesagt, das er es schwer hat/hatte wegen der Scheidung - aber das gibt ihm nicht das Recht sich zu benehmen wie ein "Wilder".
Ich habe nach dem Lesen Deiner Posts den Eindruck gewonnen, dass Du einfach zu weich und nachgiebig bist - sorry, aber so einfach ist es. Du drohst zwar immer mit harten Konsequenzen, aber wenn Dein Sohn dann in der Bredouille sitzt stehst Du im immer wieder bei und paukst in raus. Das merk er sich natürlich, frei nach dem Motto:"Auch wenn Mama massiv meckert, ist sie doch immer da und hilft mir aus der Patsche". Natürlich zeig er dann kurzzeitig Dankbarkeit - er will Dich ja schließlich bei der Stange halten bis er den nächsten Knüller bringt. Insgesamt ist es jetzt höchstwahrscheinlich zu spät für Erziehungsmaßnahmen, er ist immerhin erwachsen. Aber merk Dir, dass Du auch Liebe zeigen kannst, indem Du hart bleibst und etwas nicht erlaubst/verhinderst/nicht mit machst.
Ich glaube, dass Du nach der Scheidung das Bedürfnis hattest Deinen Söhnen nur Liebe und keine weitere Ablehnung in Form von Verboten/Streit etc. zu zeigen. Aber manchmal brauch Kinder so etwas. Sich brauchen jemanden der sie führt aber auch gleichzeitig liebt. Und das bedeutet auch, dass manche Sachen einfach nicht gehen/gedultet, auch wenn sich das Kind heulend auf dem Boden wälzt, "Ich hasse Dich" schreit und noch weitere 4 Stunden beleidigt ist. Das Kind weiß während der ganzen Zeit, dass Du es trotzdem liebst. Und manchmal wird es Jahre/Jahrzehnte dauern, bis Dein Kind Dir sagt, dass genau diese Konsequenz richtig war.
Da Dein Sohn, der ja eigentlich in cleveres Kerlchen zu sein scheint, schon mehr als volljährig ist, hast Du diesen Zeitpunkt natürlich verpasst. Jedoch würde ich an Deiner Stelle nicht mit massiven Maßnahmen drohen, die Du dann sowieso nicht durchziehen kannst - ich glaube nicht, dass Du sofort den Schlüsseldienst ruft um die Schlösser zu wechseln - davor wickelt Dich Dein Kind garantiert wieder um den Finger. Stattdessen würde ich z.B. einfach nicht mehr für ihn mitkochen, wenn er wieder kifft oder auch das dreckige Geschirr nicht aus seinem Zimmer zurückbringt. Und wenn es dann Terz und Gemaule gibt, bleibst Du einfach mal standhaft: er wird nicht verhungern (Menschen können viele Tage ohne Essen überleben und diese Aktion bedeutet auch keinen Liebesentzug), immerhin sollte er ja sein eigenes Geld verdienen (was er ja auch für Drogen ausgeben kann) und ist definitiv in der Lage sich etwas eigenes zu Essen zu organisieren, sei es selbst kochen oder Döner.
Liebe bedeutet nicht, dass Du Dein Kind aus jeder Patsche wieder raushaust (auch wenn Du natürlich Dein Missfallen und böse Worte äußerst), Liebe bedeutet manchmal auch, nur danebenzustehen, wenn das (erwachsene) Kind Probleme hat, und nur zuzusehen, wie es sich selbst aus dieser Situation befreit (natürlich sind Ratschläge immer erlaubt, aber eben nicht mehr). Das wird Euch und Deinen Sohn stärken - er weiß, das Ihr im mit Rat (und wenn er es mal wirklich verdient hat: mit Tat) zur Seite steht und Ihr könnt Ihne langsam in die Unabhängigkeit entlassen.
Blöd wär natürlich jetzt, daß er soviel auf dem Kerbholz hat, dass er inzwischen einsitzt. Aber auch da würde ich eine gewisse Strenge zeigen - immerhin ist er seit langem volljährig und er hat sich alles selbst eingebrockt und wird es nun auch ganz allein ausbaden. Wie gesagt, dass wäre kein Liebesentzug, das wäre liebevolle, elterliche Strenge.
Hat denn Dein großer Sohn, der sich ja glücklicherweise gefangen hat, mal mit Dir über diese Themen gesprochen? Hat er vielleicht auch zuviel gut gemeinten Freiraum gehabt, den er, wie jeder Teenager, natürlich dankend angenommen und ausgenutzt hat?
Letzlich möchte ich Dir mit auf den Weg geben, dass Strenge und Konsequenz/Integrität nicht bedeuten, dass Du Dein Kind nicht liebst. Wenn Du solch eine Stärke zeigst und die natürlich provozierte Ablehnung sturr erträgst, aber bei der nächsten netten Gelegenheit, Dein Kind wieder herzlich umarmst, dann zeigst Du viel mehr Liebe als Du denkst.
Es tut mir leid, falls meine Worte hart klingen oder verletzend wirken, aber ich hoffe sie helfen.
Beste Grüße,
Ysp.
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There's a hole in our soul that we fill with dope. And we're feelin' fine.
- Marilyn Manson -