Geburtstrauma/Baby löst Wehen aus?

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mio
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Beitrag So., 27.09.2015, 01:00

Ich bin immer noch nicht "offensichtlich" weiter. Irgendwie scheint sich was "durchwinden" zu wollen. Ich verstehe es nicht.

"Durchsetzung und Widerstand." Ein seltsames "Paar", dass ich vor allem mit meinem Vater in Verbindung bringe. Es klingt nach "Widerspruch", aber für mich ist es das nicht. Für mich ist es ein "Einklang".

Und genau in diesem seltsamen "Einklang" befinde ich mich wohl gerade auch in der Therapie. Unklar. Nach wie vor.

Aber eben auch "irgendwie" Geburt. Wenn auch "anders" als gedacht.

(Es tut in der Körpermitte weh, mittlerweile. Irgendwas ist da einfach nach wie vor schief. Mut?)

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mio
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Beitrag Mo., 14.12.2015, 14:25

Klärt es sich?

Therapeutisch ist gerade alles ein "es kann, aber es muss nicht". Wir beschließen eine längere Pause. Wir. Die Thera sagt: Sie wissen, dass sie sich jederzeit melden können? Ja, wir wissen. Aber wir wollen gerade nicht. Warum eigentlich nicht?

Wir wollen nicht, dass die Teens mit der Thera sprechen. Die Teens wollen eigentlich auch nicht mit der Thera sprechen, obwohl sie sich anbietet, für "Kampf" zur Verfügung stellt. Nein, wir wollen das nicht. Sie kann nichts dafür. Das lassen wir nicht zu... Die Thera sagt: "Manchmal ist das doch egal!" Indirekt, indem sie ein Beispiel gibt, ein persönliches, aus "Fachkreisen". Wahrscheinlich soll mir das sagen: Wenn sowas selbst in "Fachkreisen" gemacht wird und ok ist, dann kann das doch nicht so schlimm sein... Für uns ist es schlimm. Ein moralisches No Go? Oder deshalb eines, weil es unser Überleben gesichert hat? Die Thera sagt etwas verwundert: "Sie brauchen das wirklich." Ja, ich brauche das wirklich. Ich brauche wirklich die überprüfbare Wirklichkeit. Die Zusammenhänge. Die Logik. Warum kann ich mir erklären.

So, wie ich mir mittlerweile erklären kann, wo der Zusammenhang besteht zwischen "Teenfraktion" und "Baby". Es waren nicht nur zwei "Vertreibungen aus dem Paradies". Es waren drei. Wenn nicht sogar vier. Wobei die vierte wohl kein allzu umfangreiches "neues" System hervorgebracht hat. Eher wieder was "zusammengeführt", "reduziert" oder so. Aber die vierte Vertreibung war auch keine "endgültige", so wie jene drei zuvor.

Es ist ein und der selbe "Schmerz", ein und die selbe "Angst". Es ist "Todesangst", nach wie vor. Gerichteter, gezielter (und damit "erträglicher"), aber "Todesangst". In irgendeiner Nacht nach der Thera liege ich wach und habe plötzlich nicht mehr nur Angst davor, dass meine Mutter stirb. Nein, ich habe auch Angst selbst zu sterben. Realer. Weniger diffus. Es ist keine "Vernichtungsangst" mehr, eher eine "Realangst", denn irgendwann werde ich sterben. Da führt kein Weg dran vorbei. Da hilft auch kein "sicherer Ort", keine "imaginierten Helfer", keine "Bildschirmtechnik", nichts davon. Da hilft nur Vernunft und Wahrscheinlichkeit. Wir überlegen die Thera zu kontaktieren und entscheiden uns dagegen. Nein, damit werden wir klarkommen müssen, mit dieser Wirklichkeit, mit dieser Tatsache. Wir behalten es im Kopf bis März, irgendwie werden wir das schon schaffen. Müssen das doch mal schaffen! Es auch alleine im Kopf zu behalten. Das Gefühl (aus)halten können.

Vielleicht geht Geburt ja eigentlich so? Aushalten, durchhalten. Ohne dabei zu "verschwinden". Abwarten können. Um dann irgendwo anzukommen. Und auch wieder gehen zu können. Alles mit einem Gefühl von "aus freien Stücken" im Bauch? Der Illusion, es gäbe eine Wahl und eine Entscheidung? Oder zumindest etwas danach? Etwas danach, dass sich zusammensetzt aus dem davor und dem danach? Eine Schnittstelle, Schnittmenge, die bleibt?

Ja, ich glaube so geht Geburt.

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SoundOfSilence
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Beitrag Sa., 19.12.2015, 23:23

...abwarten und dann doch ankommen?
...gehen können?
... aus freien Stücken?

Klingt gut. Finde ich.

Aber wie passt das mit der Illusion von Entscheidungsfreiheit darein? Da bin ich gerade gestolpert drüber. Ich hoffe das darf ich... Hier stolpern.

Leise Grüße,
Silence
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Beitrag So., 20.12.2015, 14:49

Hallo Silence,

klar darfst Du stolpern . Stolpern regt zum Nachdenken an und nachdenken klärt...

Hmm, wie meine ich das? Ich hakel an diesem Thema "Loslösung" ja jetzt schon seit 2 Jahren rum, eigentlich seit dem Zeitpunkt als klar wurde, dass wir das absolute Maximum an bewilligbaren Stunden erreicht haben. Jedesmal wenn wir in die Richtung denken wird es "schlimmer" innerlich und damit natürlich auch mein Leben "schwerer". Ich hatte nie Probleme mit Therapiepausen, Urlaub oder sonstigem, aber dieses "ENDE" macht mir massiv zu schaffen.

Nun ist es so, dass alle "gravierenden Systemwechsel" bei mir mit (überraschendem, plötzlichem) Tod zu tun haben. Auch Geburt ist ja eine Art "Tod" und meine war wohl etwas "dem Tode näher" als "normale Geburten". Da ich der Überzeugung bin, dass sowas "emotionale Spuren" hinterlässt gehe ich mittlerweile davon aus, dass die entscheidenden drei Situationen meines Lebens zusammenhängen. Und da ich nach jeder "Todeserfahrung" in einer Art "beziehungstechnischer Isolation und Einsamkeit" gelandet bin scheint da was verknüpft zu sein, was sich durch dieses "endgültige (Therapie)Ende" zu reaktivieren scheint. Noch dazu kann meine Mutter nicht "loslassen" - ich durfte also nicht "entscheiden" bzw. "Loslassen" war für meine Mutter generell das schwierigste Gefühl, was sich natürlich auch in ihrem Umgang mit dem Thema Tod zeigte.

Nun ist es so: Vor dem Tod kann man sich nicht nachhaltig schützen, ich kann mir also auch nicht "einreden" oder "zurechtphantasieren", dass das geht. Menschen müssen das aber "irgendwie" um "leben" zu können, normalerweise tun sie das wohl über "regulierende Erfahrungen", ich tat das über "Türen dicht nach hinten". Aber "Türen dicht nach hinten" funktioniert halt auch nicht mehr... Ich brauche also eine "regulierende Erfahrung" - und das meine ich mit "Illusion von Entscheidungsfreiheit" - wenn ich da was "korrigieren" will. Ich hoffe einfach, dass das auf die "tiefen emotionalen Schichten" einwirkt...

Ob's funktioiert? Mal sehen...

Lieben Gruss,

mio

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SoundOfSilence
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Beitrag So., 20.12.2015, 21:25

... ich bin gespannt, wie du dich da weiter durchkämpfen wirst. Das Thema bringt mich gerade sehr zum stolpern, weil meine Mutter stirbt. Und sie hat mit dem Loslassen eben auch massive Probleme - sowohl, was nun ihr Leben angeht (das ist nicht so böse gemeint, wie es klingt, denn natürlich lässt man sein Leben nicht mal einfach so los, und natürlich hat man als Mensch eben auch ganz viel Angst vor dem Tod), als auch was ihre Kinder angeht.

Sprich: Einfach mal gehen, weil Kinder das nun mal tun, wenn sie erwachsen geworden sind, das ging bei uns "daheim" nur, wenn man bereit war, die absolute emotionale Isolation auf sich zu nehmen (jedenfalls in familiärer Hinsicht). Ich schätze mal, du weißt, was ich meine...

Für mich persönlich ist es heute noch oft so, dass "sich verabschieden" in meiner Vorstellung zunächst behaftet ist mit "wenn du gehst gibt es kein Zurück - und egal was passiert du musst alleine klar kommen" . Ganz ehrlich - manchmal ist das richtig Schei.zze, weil es mich "festhält" wo ich gar nicht sein möchte - aber manchmal ist es natürlich auch gut, weil ich mich eben auch wirklich lösen kann. Insgesamt suche ich den Mittelweg - ähnlich wie du ja auch.

Die regulierende Erfahrung - ich wünsche dir sehr, dass das mit deiner Therapie so eine Erfahrung sein wird, wenn dann das Ende kommt...!

Liebe Grüße,
Silence
Hello darkness, my old friend...


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mio
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Beitrag Do., 14.01.2016, 00:37

Ok, der Plan hat eines gebracht: Es ist was klarer geworden, wenn auch unter Schmerzen.

Die Thera hat Recht, die "Teens" sind das Problem. Ich habe es bisher "falsch" - weil zu "einseitig" - betrachtet. Ich dachte immer es ginge ihnen darum, die ängstlichen Teile zu schützen und zu verteidigen, sich neben oder vor sie zu stellen, damit die sehen "Hey! Da sind welche die aufpassen...und die das auch können." Aber das ist nur die "halbe Wahrheit".

Die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass sie die "leidenden" Teile (die keine Angst vor wem anders haben, sondern vor dem eigenen Tod) hinten halten, weil sie mal viel zu dicht dran waren, an deren Leid. Viel viel zu dicht.

Ich habe mich immer über dieses "Rudel" gewundert. Diese "vermengte" Masse an Teilen, die nicht auseinanderzubekommen ist. Jetzt verstehe ich es wohl. In dem Moment, wo die "vermengte" Masse entstand, wurde mein ganzes "Gefühlswirrwarr" der "ursprünglichen Situation" - das dort dissoziativ auseinander dividiert wurde - schlagartig unbewusst "assoziiert" und so entstand das "Rudel". Und weil das so ist, lässt es mich da auch nicht hin. Es will da selbst nämlich nicht hin, weil es WEISS wie sich das anfühlt.

Plan geändert, Termin gemacht. Mal schauen...

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 14.01.2016, 09:00

Plan geändert? Gut.......
Denn eins verstehe ich wohl: mit wütenden Teens ist nicht zu spaßen. Weil sie einen weh tun können wie "Große " und sich dabei stöbert verletzen wir "Kleine " ....
Sonst verstehe ich nicht viel....
Hello darkness, my old friend...


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Beitrag Do., 14.01.2016, 11:33

Hallo Silence,
SoundOfSilence hat geschrieben:Plan geändert? Gut.......
Denn eins verstehe ich wohl: mit wütenden Teens ist nicht zu spaßen. Weil sie einen weh tun können wie "Große " und sich dabei stöbert verletzen wir "Kleine " ....
- ja, so ist das wohl leider. Dummerweise kenne ich mich mit "wütenden Teens" nur sehr bedingt aus wie es scheint...und es ist auch der Bereich in den ich einfach nicht so recht "rein" komme. Nur dieses "wütende Toben" von denen im Inneren bekomme ich mit und das richtet sich eben auch gegen "mich" selbst.

Meine Theorie ist jetzt eben, dass zu deren "Entstehungszeitpunkt" mein "Haupttrauma" vollumfänglich getriggert wurde. Ich kann mich auch an den Moment "vorher" in dem das geschehen sein muss sozusagen erinnern, an die Zeit danach allerdings mal wieder so gut wie gar nicht, was in meinen Augen dafür spricht, dass das so ist. Die "Theorie" habe ich auch schon länger, aber ich hatte dabei eben einen Aspekt übersehen, den die Thera schon länger zu sehen scheint. Hab ich nur nicht gecheckt. Nachdem der Plan ja nun war denen erst mal "ihren Willen" zu lassen ohne die Kleinen zu sehr zu belasten - also längere Therapause, denn die Teens sind nicht sehr "Therabegeistert", statt klarem "Ende" - und die seitdem erst recht "toben" sobald sie Gelegenheit dazu bekommen und ich dann komplett den Kontakt in den "Kleinen" Bereich (der eigentlich sehr gut ist mittlerweile, so "prinzipiell") verliere bestätigt sich die Vermutung die die Thera schon länger hat, nämlich dass die das "Problem" sind. Und wenn sie das "Problem" sind dann muss das bei der Thera in den Raum, anders wird es sich nicht verändern an der Stelle. Ob's funktioniert? Ich hoffe es einfach mal und aus der Erfahrung heraus war es eigentlich immer so, wenn was "klar" mit in den Raum "durfte", dass sich dann auch was verändern lies.

Nu ja...schaun wer mal .

Danke Dir auf alle Fälle für Deine Anteilnahme .

Lieben Gruss,

mio

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Möbius
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Beitrag Do., 14.01.2016, 18:49

Wart Ihr schon mal in einem "schalltoten Raum" ? Ich hatte mal die Gelegenheit, so 1980 herum, anlässlich der Besichtigung eines Rundfunkgebäudes. Das ist ein großer, fast würfelförmiger, also auch recht hoher Raum, von dessen Wänden, Boden und Decke etwa meterlange, ziemlich spitze Pramiden aus so einem speziellen Styropor "dicht an dicht" hineinragen, die schallabsorbierend wirken. Es gibt nur einen schmalen Gang zu einem freien Platz in der Mitte, ein länglich schmales Fenster an der Seite in so einen Regie-Raum mit Mischpulten und so, zwei Türen, die auch mit diesen Pyramiden ausgekleidet sind, und obendrein dick wie Türen von einem Panzerschrank. Sieht schon recht bizzar aus - richtig wie "Kunst oder so".
Der Raum diente zum "Kalibrieren" von Microphonen. Das Micro wurde da reingestellt, und dann halt mit standartisierten Tönen "beschallt", während alle Störgeräusche zu 99,998 % ausgeschaltet waren und die Techniker an irgendwelchen Knöpfen herumfummelten. Das war damals jedenfalls zu irgendwas ungeheuer notwendig beim Rundfunk. Zu was, das habe ich vergessen. Je nun. Man durfte, wenn man wollte, mal alleine in dem Raum drinnen bleiben, aber man garantierte: niemand würde es auch nur 10 Minuten aushalten. Ich wollte, und so blieb ich also alleine in dem freien Platz in der Mitte.
Und es dauerte auch nicht lange, da ging es los. Die absolute Stille, die ich erwartete, stellte sich keineswegs ein, sondern ein irres akustisches Spektakel setzte ein: als erstes hörte ich meinen Atem, die Bronchien, die Lunge, die Nase. Ich hörte meine Ohrspeicheldrüsen drüsen, mein Herz schlagen, das Blut durch die Adern fließen, ein Gerumpele und Gerausche aus dem Bauch: die Verdauung ! All diese Geräusche wurden immer lauter und lauter - regelrecht infernalisch, und ich bekam eine jähe Angst und ich rannte nicht gerade zum Ausgang, ging halt so schnell, wie man geht, wenn man will, daß es niemand merken soll, wie eilig man es in Wirklichkeit hat und von den grinsenden Technikern wurde mir die Türe geöffnet. Ich hätte es immerhin länger ausgehalten, als die Meisten ... es waren wohl 2-3 Minuten gewesen.

War das vielleicht eine Re-Inszenierung der Geburt ? War diese Angst die uralte Angst vor der Geburt ?

Das ist es doch: was ein Kind im Mutterleib wahrnimmt: all diese "Geräusche", ob nun wirklich durch die Ohren, oder eher so ganzkörperlich ... Das ist : die Umwelt. Und ein absolut genau temperiertes warmes, urgemütlich-kuscheliges Dasein ohne alle Nöte und Sorgen. Es gibt keinen Hunger, keinen Durst, keinen Harn- oder Stuhldrang, kein Schwitzen oder Frieren, keine Atemnot - man atmet ja schließlich nicht im Mutterleib. Eigentlich könnte es ewig so bleiben. Das ist: das Paradies, das Glück - und aus dem werden wir dann mit Gewalt hinausgepresst.

(Fortsetzung folgt)
Zuletzt geändert von Möbius am Do., 14.01.2016, 19:21, insgesamt 3-mal geändert.

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Möbius
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Beitrag Do., 14.01.2016, 18:51

(Fortsetzung:)

Kennt jemand "Pendel und Grube" ? Eine berühmte Gruselgeschichte von E.A. Poe, in der genau diese Situation re-inszeniert wird: die eisernen Wände eines kreisrunden Kerkers schieben sich immer näher zusammen, werden glühend heiß, in der Mitte hat sich ein Schlund aufgetan, auf den der Gefangene immer näher zugedrückt wird, ein Schlund, der fürchterliche Qualen verheißen soll: die Vagina dentata, ausnahmsweise von der Innenseite betrachtet.

Und dann rufe ich mir da diese Fernsehaufnahmen in Erinnerung, die ich mal von Geburten gesehen habe. Das sind natürlich "Fernsehgeburten" gewesen, dem öffentlich-rechtlichen Volksbildungsauftrag entsprechend: Spannung, Stöhnen, professionelles und entschlossenes Hantieren, Fluuuutsch, eine blutige Sauerei, fröhliche Mutterglück-Mutter, fröhliche Ärzte, Hebammen, Gatten. Alle lachen und schreien Hurra - nur einer ist nicht einverstanden: das Kind. Es wird herumgezerrt, kopfüber hochgezogen und auf den Po geschlagen. Eigentlich doch wie auf so einem Folter-Video vom Islamischen Staat oder so ?! So wirkt das Kind ja auch: es schreit "wie am Spieß" - wie am Marterpfahl. Das ist der blanke Horror des "auf-die-Welt-gekommen-seins". Das Kind leidet Höllenqualen und schreit um sein Leben - aber alle drum herum scheinen das ungeheuer lustig zu finden und lachen sich kaputt. (Genauso wie auf dem Folter-Video ! Genau so !) "L'enfer - c'est les autres !" Erst wenn das Kind endlich an der obligaten DIN-Norm-Fernsehmutter-Mutterbrust eine erste "Mahlzeit" bekommt, eine erste Linderung der äussersten Not, die vertrauten Geräusche wenigstens wieder von weiter Ferne zu hören sind, die altvertraute Wärme wenigstens ein bischen zurückgekommen ist, da beruhigt sich das Kind endlich wieder.

Das ist also die Geburt: das erste der schaurigen Psychodramen der Kindheit. Das Auf-der-Welt-sein beginnt mit einem fürchterlichen Folter-Trauma - für jeden von uns. Und da reden die Mütter immer davon, man solle auch noch dankbar sein, "das Leben geschenkt bekommen zu haben" - das wollte doch keiner von uns haben, ganz im Gegenteil ! Und so derb wie bei Mio mit Saugglocke oder bei mir mit Kaiserschnitt muß es erst garnicht sein. (Auch bei E.A. Poe kommt es zum Kaiserschnitt: eine Tür öffnet sich, und der Gefangene wird in allerletzer Minute befreit - was auch eine etwaige Lektüre der Poe-Geschichte erleichtern könnte.) Und nach meinem Übervater Sigmund Freud (dessen Erwähnung einige ja schon entgegengefiebert haben werden) ist die Suche nach dem Glück - the pursuit of happyness - nichts anderes als: das Streben zurück in dieses allererste Haus, diese allererste Wohnung, in der wir uns doch so wohl gefühlt haben, wie niemals mehr in unserem Leben.


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mio
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Beitrag Do., 14.01.2016, 19:37

Hallo Möbius,
Möbius hat geschrieben: Das ist also die Geburt: das erste der schaurigen Psychodramen der Kindheit. Das Auf-der-Welt-sein beginnt mit einem fürchterlichen Trauma - für jeden von uns.
das sehe ich mittlerweile ganz genauso. Auch die "Anpassungsleistung" die so ein kleiner Wurm innerhalb von kürzester Zeit vollbringen muss wird gerne unterschätzt - das Nervensystem muss Highspeed jede Menge Neues verarbeiten. Kein Wunder, dass Baby die erste Zeit über fast nur schlafen (im guten Falle) oder schreien (im schlechten Falle). Das muss Reizüberflutung und Angst pur sein. Und im Grunde ist es ein "erstes Sterben", das ist irgendwie "paradox", aber scheinbar ist die "erfolgreiche" möglichst "störungsfreie" Bewältigung dieser Situation eben auch "lebensnotwendig". Und es prägt eben auch hormonell.

Ich kann mich mittlerweile häufig in sowas wie einen "vorgeburtlichen Zustand" zurückversetzen vom "Gefühl" her. Das ist so eine Art Trancezustand, irre entspannend wenn es gelingt (gelingt aber nicht immer) und meist möchte ich da dann gar nicht mehr raus, weil es sich einfach so "paradiesisch" anfühlt. Sind auch meine "Angstfreiesten" Momente in den letzten Jahren so gewesen. Ich kam da irgendwann drauf, dass da auch was "geburtliches" mit rein spielen muss, als ich gemerkt habe, dass mich warmes Wasser unfassbar beruhigt und ich ständig in die Sauna gegangen bin um einfach nur im warmen, möglichst leeren Saunapool vor mich hin zu treiben. War das allerbeste Beruhigungsmittel eine Zeit lang... Gleichzeitig war es mir unmöglich, auch nur annähernd feste Nahrung zu mir zu nehmen. Selbst ein "Smoothie" hatte schon zuviel "Konsistenz" und ging nicht, ich hab das nicht runtergekriegt und musste es ausspucken.

Vor einem lautlosen Raum hätte ich so schon Panik, ich kann nicht mal mit Ohrstöpsel schlafen oder so. Alles was akustische Reize "aussperrt" beunruhigt mich so ich es "aktiv" tue - und das obwohl ich zu Reizüberflutungen neige bisweilen. Aber aussperren geht nicht, nicht aktiv, das beunruhigt mich. Allenfalls mit Musik. Wegdissoziierten hingegen klappt hervorragend... Ich sass auch schon mal taub in der Thera. War nicht schön. Ich glaube allerdings nicht, dass das so ist wie "vorgeburtlich" in einem solchen Raum - wenn dann wohl eher wie "nachgeburtlich".

Vorgeburtlich kommen die Geräusche ja von außen und werden wahrscheinlich noch völlig anders wahrgenommen, weil sie ja durch eine Flüssigkeit hindurch wahrgenommen werden. Nachgeburtlich dürfte dass dann eher so sein, weil es ja plötzlich - so keine großen Außengeräusche vorhanden sind - sehr leise und laut zugleich sein muss, die Geräusche der Mutter fehlen und so werden die eigenen Geräusche "hörbarer". So stelle ich mir das zumindest vor.

Gleichzeitig macht ein Baby im besten Falle nach der Geburt auch eine essentiell wichtige Erfahrung: Es nimmt sich als "selbstwirksam" wahr und somit als "handlungsfähig" - es "bewältigt" das Trauma sozusagen indem es "agiert" und dieses "Agieren" erfolgreich ist. So dürfte Urvertrauen entstehen, wenn die "Antworten" größtenteils "richtig" sind, also im Grunde dieses "markiertes Spiegeln" Dings, nur eben aus "Babysicht" heraus. Stichwort: Der kompetente Säugling.

Lieben Gruss,

mio

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Queen Liz
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:02

mio hat geschrieben: Gleichzeitig macht ein Baby im besten Falle nach der Geburt auch eine essentiell wichtige Erfahrung: Es nimmt sich als "selbstwirksam" wahr und somit als "handlungsfähig" - es "bewältigt" das Trauma sozusagen indem es "agiert" und dieses "Agieren" erfolgreich ist. So dürfte Urvertrauen entstehen, wenn die "Antworten" größtenteils "richtig" sind, also im Grunde dieses "markiertes Spiegeln" Dings, nur eben aus "Babysicht" heraus. Stichwort: Der kompetente Säugling.
Hallo Mio,
das wäre in der Tat der "beste Fall". Nur wenns leider anders läuft , ist's später schwer mit Selbstwirksamkeit, Handlungsfähigkeit, Trauma-Bewältigung, Urvertrauen usw. Aus Baby- und auch ehemals-Baby-nun-erwachsen-Sicht.
Entschuldige die Störung in deinem Thread. Bin schon wieder weg...

LG,
Liz
The consequences of emotional and tactile deprivation during her first month could have been overcome had R. enjoyed nurturing relationships subsequently, but that was not to be. She failed in her appointed life purpose almost from conception.

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Möbius
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:26

Hallo Mio !

Solche Erlebnisse kenne ich auch, aus einer ganz anderen, auch für mich unerwarteten Ecke. Ich bin seit 2009 Anhänger des Pfarrers Kneipp, habe über einige Jahre Abhärtung "hardcore" absolviert. Heute geht das nicht mehr, weil eine gerade von der Abhärtung getriggerte Trigeminusneuropathie mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Aber zurück zum Thema:

"Hardcore Abhärtung": In shorts, tshirt und Sandalen 3 km zur Badestelle am Fluß gehen - im Winter, bei 3 Grad plus. Der Fluß, in dem ich badete, war auch nicht wärmer. Dann nackig an der Luft trockenen lassen, über die Wiese gehend, die Klamotten in der Hand. Hier in der Ostzone ist das nicht so tragisch, hier geht man mit Nacktheit recht entspannt um. Schon bei der Kälteanwendung werden ungeheure Reizbahnen aktiviert - ich glaube heute: Masochistische. Es ist ein irres Erleben, wie das Blut durch die Adern rauscht, Wärme an die Haut gepumpt wird. Zuhause dann: erst mal was mampfen - weil: solche Anwendungen saugen Gluckose. Man ißt einen Jogurt oder so, und dann legt man sich, wie es Pfarrer Kneipp angeordnet hat, ins Bett.

Und dann kommt es: es breitet sich sehr schnell eine ungekannte Wärme aus, im ganzen Bett. Das ganze Bett wird zu einer Wärmeinsel, auf der es keine kalten Zonen mehr gibt. Die Gedankentätigkeit verlangsamt sich, man bewegt sich nicht mehr, liegt einfach so da, wie man zufällig gelegen hat, auf der Seite, auf dem Rücken - und liegt einfach nur da. Der Atem wird ganz flach, man fühlt auch eigentlcih garnichts mehr, ausser dieser allumfassenden Wärme. Man bewegt sich überhaupt nicht mehr, liegt ganz still, man fühlt auch eigentlich garnichts mehr. Gerade ich mit meiner Sexualisierung: ich denke noch nicht mal an Sex - alles ist ruhig, still friedlich: "Nirvana-feeling" habe ich das getauft, und das kann drei, vier Stunden anhalten. Man schläft manchmal ein, manchmal nicht, aber jedes Zeitgefühl geht verloren. So muß es im Mutterleib gewesen sein ! Und danach, wenn dieses feeling langsam abebbt, man wieder aufsteht aus dem Bett, da fühlt man sich "wie neugeboren", könnte Bäume ausreißen oder Helden zeugen ...

Leider ist es so, daß dieses "Nirvana-feeling" erst bei "hardcore-Anwendungen" erreichbar ist. Kneipp "softcore" bleibt unterhalb einer gewissen Schwelle. Es ist zwar angenehm, aber dieser "Kick" fehlt halt.

Liebe Mio,

wieder einmal bist Du mir eine Nasenlänge voraus ! Ich habe den Auftrag von meinem Überpsycho, die Analyse in die pre-ödipalen Phase hinein zu treiben, habe nur einige Erinnerungen aus der analen Phase hochbekommen. Aber "sedes materiae" dürfte wohl in der oralen Phase liegen, und da komme ich jetzt vielleicht ein kleines Stückle näher ran !

Vielen Dank dafür !

Gruß
Möbius


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mio
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Beitrag Fr., 15.01.2016, 00:31

Hallo Liz,

Du störst doch nicht , ich freu mich Dich hier zu lesen.
Queen Liz hat geschrieben:Nur wenns leider anders läuft , ist's später schwer mit Selbstwirksamkeit, Handlungsfähigkeit, Trauma-Bewältigung, Urvertrauen usw. Aus Baby- und auch ehemals-Baby-nun-erwachsen-Sicht.
Ja, die Frage ist halt, was man sich dennoch davon "zurückerobern" kann, trotz Beschädigung und wie. Ich hab zum Glück parallel dazu nen "recht sicheren" Teil, aber der, der (bzw. die) das erlebt hat hat einfach "Probleme" die sich mittlerweile halt auch auf mich und mein Leben auswirken. Allein geht das glaube ich nicht sondern da brauchst es eben Unterstützung die gerne auch mal etwas "ungewöhnlicher" sein darf, so nötig.

Mir hat eine Körpertherapeutin ganz zu Anfang als das ganze über mir zusammenbrach mal was sehr Schlaues gesagt: "Versuchen Sie auf das zu hören, was aus Ihrem Inneren kommt und seien Sie achtsam damit..." Das war nicht immer "angenehm" - gerade ist es das auch mal wieder nicht -teils sehr sehr anstrengend und ich hab mich oft dagegen gesperrt, trotz guter Begleitung, aber im Großen und Ganzen war es "heilsam". Eine sehr "schlichte Wahrheit", aber eine Wahrheit.

Gerade das Thema "Selbstwirksamkeitsgefühl" war für mich immer ein wichtiges Thema wenn die "Verzweiflung" oder auch "Belastung" kurz vor "ich werde verrückt" war. Sich dann Hilfe zu holen - oder auch eben versuchen selbst welche zu geben - egal welche, Hauptsache irgendwas tun, nicht "unüberlegt" aber eben "aktiv" hat mir viel gebracht in Bezug darauf. Ich glaube darüber lässt sich gerade dieses Gefühl sehr stärken, auch wenn es einen Haufen Mut braucht. Da kam mir die plötzliche "Todesangst" regelrecht entgegen, denn wenn ich eines gelernt habe dadurch: Angst kann auch sehr mutig und konsequent machen, erst Recht wenn man sich ihr stellt.

Lieben Gruss und alles Gute für Dich,

mio

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Queen Liz
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Beitrag Fr., 15.01.2016, 00:47

Ach, liebe Mio,
wo soll ich denn bitte MUT hernehmen?????
Hab ich längst verlernt.
Der innere Kontrolleur ist zu wachsam. Mut könnte SONSTWAS bedeuten... Unabsehbare Folgen.
Zu oft schon Blessuren erlitten. Meine mutige Seite ist weitgehend auf Reisen.
Und wieder muss ich an Pippi Langstrumpf denken, die sich beim Kaffeekränzchen-Besuch selbst ständig in den Hintern tritt (Skills-Training?) und sich Kommandos gibt, um ihre Unsicherheit zu verbergen und alles "ordentlich" durchzuführen (liebe diese Folge). Die feinen Tanten waren wenig begeistert. - Und DAS sogar bei Pippi, der es an Mut und sonstigen Skills nun wirklich nicht fehlte. Aber auch an ner Mama...
Ähm ja. Sollte wohl besser ins Bett gehen jetzt. Der abendliche Blues setzt ein...
Danke fürs Zuhören! "Sei einfach mal mutig!" - No way. Mut ist ausverkauft.

Ein guts Nächtle
wünscht
Liz
The consequences of emotional and tactile deprivation during her first month could have been overcome had R. enjoyed nurturing relationships subsequently, but that was not to be. She failed in her appointed life purpose almost from conception.

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