Therapeut ist eingeschlafen

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Kirchenmaus
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:08

Ich finde die ganze Geschichte sehr traurig.

Da ist einer, der behandelt dich mit demonstrativem Desinteresse, und du lächelst und machst dich noch selbst nieder.
Da muss doch irgendwo eine riesige Wut schlummern, die jetzt noch unter der Wut verborgen ist.

Mir tut jedenfalls das Ich, das du da so bemüht in dir selber wegmachst, total leid.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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pandas
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:11

klingelbeutel hat geschrieben: Vor allem denk ich dann..... der Typ hört den sch*** von bis zu 8 Patienten täglich.
Na ... ja .... ne.

Was glaubst Du, was ein Mensch, der im Callcenter arbeitet, 8 Stunden am Tag hört?
Und das für ca. nur 30 % dessen, was ein psychologischer Psychotherapeut verdient.
Was aber würde geschehen, wenn ein Callcentermitarbeiter wegdöselt?

Was ich tun würde?

Oh, ich werde dann aggressiv. Verbal natürlich nur.

Bei meinem vorigen Th gab es Anlässe, wegen derer ich aggressiv wurde. Wobei es nicht analog zu dem Vorfall Einschlafen ist, waren andere Dinge, die No-Go waren.

Bei meinem jetztigen Th kommt so etwas nicht vor. Wenn er einen kleinen Fauxpas hat, sieht er das selbst, d.h. er fängt sich dann sofort und so habe ich auch immer das Gefühl, er schenkt mir volle Aufmerksamkeit.
Ein wahrhaftiger Th sollte es auch selbst regulieren können, wenn er wegen etwas anderen beschäftigt ist, sei es die Müdigkeit. Er sollte sich da nicht mit Mittagstief herausreden, sondern eigenständig ohne Aufforderung nach einer Lösung suchen.
Zuletzt geändert von pandas am Fr., 07.08.2015, 16:25, insgesamt 2-mal geändert.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Candykills
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:16

Also von außen ist das halt zum Schmunzeln.

Würde mir das bei meiner Therapeutin passieren - bei der Beziehung die wir jetzt über ein Jahr hinweg aufgebaut haben - dann würde ich mich erstmal wohl um sie sorgen, dass sie zu wenig Schlaf bekommt. Ich glaub irritiert wäre ich schon auch, wütend vll ein klein wenig. Würde das allerdings nochmal passieren, würde ich glaub ich schon vor allem sauer werden und sie direkt darauf ansprechen und sagen, dass das so nicht geht, ob ihr ein anderer Termin lieber wäre ect. Würde es dauerhaft so bleiben, müsste ich wohl irgendwann mich zum gehen überwinden.

Nur deiner war ja so ehrlich mit dir und sagte die Energie würde im Gespräch fehlen. Das ist natürlich schon verletzend und da würde ich direkt frage, ob er das Gefühl habe, dass es zwischen ihm und dir passen würde so von der therapeutischen Beziehung her?!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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viciente
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:23

.. na was heisst denn, die energie fehlt? was, wie, wem? kann man doch ned machen, einer klientin unterzujubeln sie wär einschläfernd oder würde einen fadisieren - gehts eigentlich noch? für den verlauf - die form und den prozess - ist ja ER zuständig; aber "egal", wenn lichtspielchen lächelnd was davon hat - es sie weiterbringt - dann ists ja auch ok. ich wunder mich nur oft, was sich manche unter dem titel "therapie" alles so bieten lassen, und fast schon alles ent-schuldigen; da wird dann ewig überlegt und selbst zerfleischt, was der wohl meinen könnt und was das bedeutet - alle fehler bei sich gesucht - nur weil die/der als therapeutIn ja ok sein MUSS und selbstverständlich immer weiss, was sie/er so tut; das aber STIMMT SO eben leider nicht!

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stern
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:39

Kirchenmaus hat geschrieben:Da ist einer, der behandelt dich mit demonstrativem Desinteresse, und du lächelst und machst dich noch selbst nieder.
Demonstratives Desinteresse war genau die Formulierung, die mir auf der Zunge lag.

Und ja, ich glaube er hatte Glück, klingelbeutel als Patientin zu haben. Nicht jeder hätte das weggelächelt. MAL müde zu sein ist das eine. Aber auch noch demonstrativ und repetitiv einen Kugelschreiber zu zerlegen das andere.

Mich hätte auch seine Tiefpunktzeiten nicht interessiert. Das soll er mit sich ausmachen und für dich in der Sitzung da sein.
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Carpincha
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 16:57

Ich find´s auch ziemlich traurig und vom Therapeuten respektlos. In meiner dreijährigen Therapie habe ich es EINMAL erlebt, dass meine Therapeutin gegähnt hat. Das war ihr sichtlich unangenehm, und sie hat sich sofort dafür entschuldigt und erklärt, woran es lag (und hat dabei nicht mir die Schuld gegeben).

Wie ich dem Therapeuten gegenüber in deiner Situation begegnen würde, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht, klingelbeutel, da ich große Probleme damit habe, andere zu kritisieren. Aber der Humor wäre mir inzwischen sicherlich vergangen.

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klingelbeutel
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 18:15

@ kirchenmaus: netter Nick, passt zu meinem

ich hab keine Wut in mir. Zumindest noch nicht. Manch einer würde mich wohl als gefühlsblind bezeichnen, weil ich kaum Emotionen habe. Das meiste ist mir einfach egal, was wohl auch an den Depressionen liegt.

Ich dachte eigentlich, ich fänds witzig. Aber nachdem ich nochmal gelesen habe, was ich geschrieben hab, lieg ich da wohl daneben. Wenns lustig wär, müsst ich mich nicht selbst langweilig finden. Naja, was solls.

@ pandas: mh, der Vergleich der mit Callcentermitarbeiter ist gut. Das ist natürlich richtig. Deswegen seh ich es ja aus objektiver Sicht auch so, dass er seinen Job anständigen machen soll.

Jedem anderen würde ich sagen, dass das so gar nicht geht, aber wie soll ich Wut zeigen, wenn da einfach keine ist.

Eigentlich ist es ja auch nicht mein Job, den Unterhalter zu spielen. Aber verübeln kann ichs ihm auch nicht. Bringe halt oft kein Thema mit außer "möhblöh, bin antriebslos und depressiv"

Keine Ahnung, was ich da machen soll. Wütend bin ich nicht, höchstens erstaunt darüber, wie sich ein Mensch so schlecht im Griff haben kann.

@ Candykills: danke! Guter Ansatz. Vielleicht passt es beziehungsmässig zwischen uns beiden wirklich nicht. Auf der anderen Seite schläft er ja bei anderen Patienten auch ein, wenn man den Internetbewertungen glauben darf. Da hat er wohl viele schlechte therapeutische Beziehungen.

Ich glaube, ich frage ihn beim nächsten mal wirklich, ob zwischen uns alles passt.

@ viciente: naja, er hat die Schuld nicht mir gegeben, nur dem Gesprächsverlauf. Es war alles gesagt, mir ist nichts mehr eingefallen. tu mir schwer 50 Minuten über eine Woche zu reden. Keine Ahnung, was Therapeuten so alles lernen während der Ausbildung, deswegen weiß ich nicht, wer welchen Anteil haben sollte.

Zur Zeit such ich die Schuld schon gerne bei mir, weil ich psychisch einfach nicht "gut beinander" bin.

@stern: Ja, das mit dem demonstrativen Desinteresse hab ich noch gar nicht so gesehen. Für mich war das kein "*auseinanderbau* langweilige Patientin *zammbau* man redet die nen scheiss" sondern ein "*auseinanderbau* zuhören, los, zuhören *zammbau" - gut, machts tatsächlich auch nicht viel besser.

@ Carpincha: das ist nett von deiner Therapeutin.

Ich hab auch ein Problem damit, Kritik zu üben. Zumindest in dem Fall. Hab immer Angst, dass es als Vorwurf gesehen wird.

Auf der anderen Seite denk ich mir.... meine Fresse, MIR wär das todpeinlich, wenn ich einschlafen würde. Und wenn mich noch jemand drauf ansprechen würde, wäre ich sehr kleinlaut.

Ich glaube, ich schweige das nächste mal einfach, stehe auf und gehe. Wie Watzlawick schon sagte... man kann nicht nicht kommunizieren und was ich damit sagen will, wird er wohl verstehen.

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Kirchenmaus
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 18:20

Was ich oben schreiben wollte und jetzt leider im Beitrag selbst nicht mehr ändern kann:
Ich glaube, dass deine Wut unter der Depression verborgen liegt.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sehr lange dauern kann, die Wut zu spüren. Mir hat es geholfen, sie immer und immer wieder einzuladen.

Ja, und dieses Desinteresse, das dann auch noch so demonstrativ ausgelebt wird, kann mich persönlich total fertigmachen. Ich hasse das! Entweder Kommunikation oder nicht, aber nicht so ein Quark dazwischen.
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abendrot79
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 21:55

klingelbeutel hat geschrieben:hahha, mit dem Handy spielen is gut. Meinetwegen soll er Legohäuser bauen, wenn er multitaskingfähig ist. Mir echt egal, solang ich das Gefühl habe, dass er noch mit mir in Kontakt steht. Aber so haben wir halt beide nichts davon. ....Am lustigsten fand ich ....
Dass du überhaupt noch lachen kannst Meine Thera hat es mal gebracht und sich die halbe Stunde mit einem Hautfitzelchen an ihrem Finger beschäftigt - DAS fand ich schon respektlos. Da es nicht wieder vorkam, konnte ich es abhacken. Einmal ist keinmal. Aber dein Thera hätte spätestens an dieser Stelle:
... dass er mir seine Tiefzeiten aufgezählt hat. Also sagen wir mal so: er hat tagsüber viele Tiefs.
eine Standpauke von mir bekommen. Hat er vielleicht sogar Rücksicht von dir erwartet? Mensch, da werde ich ja fast stellvertretend für dich wütend ....
Weil Kakao an Bäumen wächst, ist Schokolade irgendwie auch Obst! (gelesen auf einem Frühstücksbrettchen)

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klingelbeutel
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Beitrag Fr., 07.08.2015, 23:08

@ Kirchenmaus: ja, möglich, dass die Wut nicht da ist, weil die Depressionen zu stark sind. Ich wäre echt gerne wütend, weil das eine nachvollziehbare Reaktion auf so ein "respektloses" Verhalten ist.

Und mein Therapeut wäre wahrscheinlich nicht nur überrascht, sondern auch noch erfreut, weil er von mir eben nur mein von ihm so genanntes "weglächeln" kennt. Und hey, dann wäre auch endlich Energie im Gespräch *hust*

Ich warte ja selbst auf eine nachvollziehbare Gefühlsreaktion meinerseits, aber da ist nicht viel vorhanden, was sich auf ihn und sein Verhalten bezieht.

@ abendrot: ja, lachen kann ich immer, selbst in den unmöglichsten Situationen. Wahrscheinlich ist es eher ein "über mich lachen" als ein "über die Situation lachen". Wie auch immer - das mit den Hautfitzelchen würde mich gar nicht stören - wobei, vielleicht würde es mich etwas irritieren bzw. aus dem Konzept bringen, aber sonst.

Ob er Rücksicht ERWARTET hat, weiß ich nicht. Vielleicht Nachsicht. Ist halt auch schon ein älterer Herr, hehe. Ok, Spaß beiseite: Vielleicht sollte ich ihn das nächste mal einfach anmaulen, auch wenn ich NICHT wütend bin. Der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen. Vielleicht find ich ja Gefallen daran.

Wär zwar erstmal nur Schauspielerei, aber vielleicht entwickelt sich daraus ja etwas.

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stern
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Beitrag Sa., 08.08.2015, 06:17

klingelbeutel hat geschrieben:Ich warte ja selbst auf eine nachvollziehbare Gefühlsreaktion meinerseits, aber da ist nicht viel vorhanden, was sich auf ihn und sein Verhalten bezieht.
Na ja, es ist ja auch nicht gerade eine Ermutigung, wenn sich ein Thera so flapsig bis respektlos gibt. Ich meine: Stelle dir vor, die zeigst Gefühle und er pennt wieder weg. Vielleicht verstärkt er es dadurch sogar.

Wenn ein Thera mal gähnen musste (und das war selten der Fall), so folgte die Entschuldung auf dem Fuße. Und nicht nur das: Das Gähnen wurde dann auch sofort unterbunden.

Du solltest erwarten können, dass ein Therapeut während der Sitzung da ist. Möglich wäre auch, dass du darum bittest, dass er - wenn das nächste Mal müde ist - den Termin vorher verlegt und dir einen anbietet, in dem er dir seine Aufmerksamkeit schenken kann.
Vielleicht sollte ich ihn das nächste mal einfach anmaulen, auch wenn ich NICHT wütend bin. Der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen. Vielleicht find ich ja Gefallen daran.
die Idee ist gut. Dass du es einerseits mit einem Lächeln nehmen kannst, ist ja auch gut. Nur stört es dich andererseits ja auch. Und daher ist es schon gut, wenn man das auch mitteilen kann. Und es geht hier nicht um etwas besonderes, sondern eigentlich um etwas selbstverständliches: Das er so für sich zu sorgen hat, dass er in Sitzungen nicht einschläft. Wenn er viele Patienten hat, so hätte er z.B. die Möglichkeit weniger zu nehmen.

Allerdings denke ich, dass es nicht nur um Schlafmangel geht, sondern dass durchaus etwas demonstratives dabei ist... und auch das halte ich nicht für sonderlich therapeutisch. Ein Therapeut hat ja auch in gewisser Weise eine Modellfunktion... und sein Verhalten ist schlichtweg inakzeptabel.
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ballpoint
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Beitrag Sa., 08.08.2015, 07:16

Genau wie Stern finde ich die Idee ihm anzumaulen sehr gut, auch wenn du nicht wütend bist, da es eine tolle Übung für dich sein könnte. Trotzdem möchte ich meinen Vorschlag ihn schlafen zu lassen und wegzuschleichen noch mal hervorholen, da abhauen eine noch klarere Botschaft beinhalten kann, nämlich die totale Ablehnung: Ich kann meine Zeit besser gebrauchen es hier mit einem schnarchenden Stück Fleisch zu sitzen.
caute

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Carpincha
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Beitrag Sa., 08.08.2015, 07:18

klingelbeutel hat geschrieben: naja, er hat die Schuld nicht mir gegeben, nur dem Gesprächsverlauf. Es war alles gesagt, mir ist nichts mehr eingefallen. tu mir schwer 50 Minuten über eine Woche zu reden.
Aber das ist doch auch gar nicht deine Aufgabe! Schließlich hat dein Therapeut dich ja nicht als Geschichtenerzähler engagiert, der eine möglichst unterhaltsame Performance darzubieten hat. Wenn er der Meinung ist, das Gespräch ist zu oberflächlich und bringt euch nicht weiter, muss er eben eingreifen. Er kann den Verlauf ja auch in eine andere Richtung lenken, detailliert nachfragen, Erklärungen für von dir Berichtetes geben, auf die du selbst nicht kommst, dir Tipps geben, mit dir Übungen machen usw.. Das ist sein JOB! Ein Busfahrer kann ja auch nicht einfach ein Nickerchen halten, nur weil er sein Mittagstief hat oder weil ihn das Grau des Asphalts so langweilt.

Das mit der Wut bzw. ihrer Abwesenheit kenne ich übrigens nur zu gut. Ich bin auch nur äußerst selten in der Lage, Wut zu empfinden (wobei mich dein Thera ziemlich wütend macht ), früher dachte ich sogar, dieses Gefühl habe ich überhaupt nicht im Repertoire. Generell hatte ich große Schwierigkeiten, Emotionen differenziert wahrzunehmen. Das ist z.B. etwas, was ich in der Therapie gelernt habe. Aber nicht dadurch, dass ich einen Monolog über die vergangene Woche gehalten habe.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 08.08.2015, 07:51

Es war alles gesagt, mir ist nichts mehr eingefallen. tu mir schwer 50 Minuten über eine Woche zu reden.
"Es war alles gesagt" - ich denke, dein Therapeut ist ein Tiefenpsychologe?

Darf ich dich mal fragen, was du da genau sagst (also, nicht inhaltlich, sondern "strukturell")? Erzählst du ihm da, was du die ganze Woche so GETAN hast oder was dir passiert ist?

Eigentlich geht es doch in der Tiefenpsychologie darum, das INNENLEBEN zu ergründen, wobei die Erlebnisse vielleicht als Ausgangspunkt dienen - dieses berühmte "Was fällt Ihnen dazu ein?" oder ähnliche Fragen. Ich glaube kaum, dass nach 30 oder 50 Minuten "alles" über dein Innenleben gesagt wurde

Wie ist denn seine Art zu reden? Ist er denn ein tiefgründiger Mensch oder einer, der eher bequeme Floskeln ("weiter so!") verwendet?

Ich finde es für einen Tiefenpsychologen seltsam, seine Müdigkeit auf äußere Faktoren (die Uhrzeit) zu schieben. Da kann doch was nicht stimmen - und WENN es so wäre, dass er zu bestimmten Zeiten nicht in der Lage ist, effizient zu arbeiten, dann DARF er das auch nicht; alles andere wäre unethisch. Es ist nicht nur so, dass es irgendwie "nicht so schön" ist - nein: er DARF es wirklich nicht. Wenn er dauerhaft arbeitet, ohne arbeitsfähig zu sein, kann (und sollte!) er eine Menge Ärger bekommen!

Es kann in der Tat wirklich langweilig und ermüdend sein, wenn der Gesprächspartner ewig vom letzten Betriebsausflug oder vom Streit mit dem Nachbarn berichtet. OB du das tust, weiß ich natürlich nicht, aber gerade wenn du sagst, dass du dich selbst langweilig findest, wäre das auch mal die Chance zu gucken, wie du dich selbst genau verhältst. Einfach nur sagen: "Depressive sprechen halt so" wäre auch ein bisschen wenig. Es könnte ja sein, dass du ihn dir damit von der Pelle halten willst und dass du ihn sozusagen "aktiv" einschläferst, damit er dich in Ruhe lässt.

Dass er nicht einschlafen darf, versteht sich hierbei von selbst; nur geht es ja auch um dich und um dein Verhalten. Ein guter Therapeut würde das natürlich merken und dann taktvoll thematisieren, damit es dich weiterbringt. Wenn er "nur" einschläft, lässt er dich ja in diesem Zustand alleine. Und du bist dann gezwungen, um nicht völlig alleine zu sein, das Spiel mitzuspielen und das Problem wegzulachen, was eine Art Verbindung zu ihm schafft und ihn selbst entlastet. Und auch das scheint er nicht zu bemerken.

Ich würde das noch mal ganz gezielt ansprechen und mich nicht mehr mit einem Vortrag über seinen Biorhythmus abspeisen lassen! Der hat in der Beziehung zu dir nämlich nichts verloren!

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klingelbeutel
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Beitrag Sa., 08.08.2015, 09:41

@ stern: stimmt, heulen würde ich mir wohl dreimal überlegen, wenn immer mitschwingt "er könnte einschlafen" - seine Müdigkeit wirkt sich halt auch echt aufs Gespräch aus. Wir hatten die Woche vorher ne super Sitzung, die Zeit verging wie im Flug, obwohl ich keine Themen mitgebracht habe.

Ich dachte, wir wären ein Schrittchen weiter und dann das. Gähnen fänd ich unkompliziert, das passiert einfach mal und sehe ich gar nicht unbedingt als Ausdruck der Langeweile. Aber einschlafen ist natürlich nochmal ne Nummer größer.

Vorerst mal bin ich gespannt, wie es aussieht bei dem früheren Termin. Wenn er dann immer noch so unfit ist, ist es vielleicht sogar besser, nicht zu verlängern.

ja gute Idee. Ich schwanke nur noch zwischen "anmaulen" und "aufstehen und rausschleichen". Ich werde erstmal demonstrativ schweigen, wenn er einnickt und dann entscheiden.

Fühl mich halt ehrlich gesagt auch ziemlich unter Druck gesetzt durch seine Müdigkeitsanfälle. Als müsste ich etwas besonderes bringen, als wär ich langweilig, als wär ich nicht okay so wie ich bin. Und das kanns ja irgendwie auch nicht sein.

@ ballpoint: jaa ich überlege auch, was besser ist. Maulen oder davonschleichen. Wobei ja beides möglich ist. Erst davon schleichen und in der nächsten Stunde anmaulen. Aber ich denke, vorerst mal wäre anmaulen rein "therapeutisch" gesehen besser für mich. Im Davonlaufen bin ich nämlich schon ganz gut.

@ Carpincha: freut mich, dass du mittlerweile einen Zugang zu deinen Gefühlen hast. Ich hoffe, soweit komm ich auch mal. Eigentlich könnte man ja fast sagen, dass seine Schlafattacken therapeutisch sinnvoll sind, denn sie sind so provokant, dass man eigentlich sauer werden MUSS. Ich bin in der Hinsicht wohl sehr leidensfähig, aber das sollte ich ändern, auch wenn es gefühlsmässig noch nicht "richtig" ist. Übung macht den Meister.

@ leberblümchen: ja, er ist Tiefenpsychologe. Aber so richtig in die Tiefe geht es selten. Als er das erste mal eingenickt ist, hatten wir ein richtig gutes Gespräch. Da ging es auch darum, warum ich keine Enttäuschung oder Wut in mir habe, wenn er einnickt. Er meinte sogar noch provokant "dann muss ich mich ja nicht mal entschuldigen, weil Sie mich ja schon entschuldigen". - ich denke, er wäre sogar positiv überrascht, wenn da mal was anderes als meine Lockerheit käme.

zu deiner ersten Frage: er gab mir mal diverse "Aufgaben" mit heim, von denen ich dann natürlich in der nächsten Stunde berichte. Ansonsten VERSUCHE ich, weniger auf die äußeren als auf die inneren Geschehnisse einzugehen. Denke halt auch, dass ihn weniger interessiert, dass ich mit meinem Freund gestritten habe als das, was es in mir ausgelöst hat. Aber er geht relativ wenig auf mein Innenleben ein. Er erklärt hin und wieder Muster der Depression und wie man da rauskommt (aktiver sein im Leben), aber so richtig gewühlt haben wir noch nicht.

Er ist eher der "weiter so!"-Typ. Wenn er nicht die Bezeichnung "Tiefenpsychologe" tragen würde, würd ich eher davon ausgehen, dass er Verhaltenstherapeut ist. Einfach deswegen, weil er auch lösungsorientiert ist, was mein VERHALTEN angeht. (andere Arbeit suchen, andere Wohnung suchen etc.)

Ich bin nicht so der große Redner, berichte also eher weniger ausschweifend. Eher sehe ich die Fakten und erkläre ihm diese. Mir ist auch bewusst, dass ich oft um den Kern des Problems rumeiere, das habe ich ihm auch gesagt, aber ich hab eben das große Problem, dass ich kaum Zugang zu meinen Gefühlen habe - sofern ich denn welche habe.

Ich will ihn mir auch keinesfalls von der Pelle halten. Ich habe bereits eine (sehr ineffektive) Verhaltenstherapie gemacht, die nur daraus bestand, in 20 Minuten abzuhandeln, was so los war die Woche und dann wieder heimzugehen. Genau das WILL ich nicht mehr, aber ich brauch eben doch die Unterstützung der "therapeutischen Werkzeuge" und wäre froh, wenn hin und wieder ein Anreiz käme alá "wie haben Sie sich da gefühlt" oder ähnliches.

Ich werde mal versuchen, meine gesunden Gefühle wieder rauszukramen. Ich weiß ja, wie ich VOR der Depression auf bestimmte Dinge reagiert habe. Vielleicht muss ich die erstmal rauskitzeln. So ist das natürlich kein Zustand, auch wenn es bequem ist, alles nüchtern zu betrachten.

Ich danke euch allen dafür, dass ihr euch mit meinem Problem beschäftigt. Das bringt mich echt weiter, sonst hätte ich es wahrscheinlich weiterhin weggelächelt.

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