Halbtagspraxis auf Kosten psychisch Kranker?

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

pandas
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Beitrag Do., 31.07.2014, 00:38

Wieso soll man einen PT-Umsatz auch mit einem Arzt-Umsatz vergleichen?

Nur weil diese vom selben Leistungsträger bezahlt werden??

Aha. Na, da kann man aber die Lohn- Honorar- Modelle vieler Gebiete umstrukturieren.

Man stelle sich vor, ein Architekt erhält den Zuschlag für ein Projekt, und dann moniert er plötzlich dass ein anderer Architekt mehr Honorar erhält für ein ganz anderes Projekt. und doch wäre die Tätigkeit der beiden Architekten ähnlicher als die von einem PT und einem Arzt.
Und die Ärzte arbeiten halt mehr nicht nur 28 Stunden die Woche.
Sondern die arbeiten meist 40+, einiger vielleicht auch weniger, aber die meisten mehr.
Und fahren nicht 10 - 12 Wochen im Jahr in Urlaub (sondern die üblichen 5 - 6 Wochen).
Und haben Angestellte etc.
Und müssen mehr Geld in Geräte etc. stecken.

Und: Ein Psychologe ist nunmal kein Arzt. Genau wie ein Zugfahrer kein Pilot ist etc.

Und nicht zuletzt: Ärzte haben mehr Verantwortung. Denen kann man nämlich die Behandlungsfehler nachweisen. Und dass bei weniger Entspannungsurlaub.
Dass PT verdonnert werden sollen, mehr zu arbeiten sehe ich nicht unmittelbar (sondern im Gespräch ist, sofern nicht schlecht recherchiert, eeeeeeventuell von Zulassungabstockung, wenn jemand seinen Versorgungsauftrag nicht gut erfüllt).
Genau. Es wird gesagt, die FAZ solle sorgfältig recherchieren, aber genausogut sollte man sorgfältiger interpretieren.
Es geht um eine Kapazität von 36 Stunden, die nicht erfüllt wird; viele Therapeuten arbeiten weniger als es die Kassenzulassung vorab schätzt und somit in die Rechenformel des Versorgungsbedarfes eingeht.
Folglich ist hier ein Fehler im System, und solche zu monieren ist Pflicht der Presse.
Hierheraus einen Angriff auf die Therapeutenschaft herauszulesen, ist albern.
Aber beteiligt sind die Therapeuten, weil sie sich nicht selbst für eine Änderung der Berechnung einsetzen, die es den Patienten erschwert, einen Therapieplatz zu finden.

Das tendiert eher in Richtung weiterer KÜRZUNG, soweit keine Kompensation erfolgen würde. Wer keine Vollzulassung mehr hat, kann dann evtl. auch nicht mehr "voll" arbeiten (über die Kassenfinanzierung zumindest).
Nun, natürlich würde eine Kompensation erfolgen, da diese vielen nicht erfüllten 36-Stunden-Zulassungen die Berechnung des Versorungsbedarfes verfälschen. Würde man erheben, wieviele Stunden tatsächlich ausgefüllt werden, entsprechend 20-Stunden-Zulassungen aussprechen (für die, die die 36 Stunden regelmässig nicht ausfüllen) und dann den Versorgungsbedarf neu berechnen, würde logischerweise das Erfordernis weiterer neuer Zulassungen herauskommen.
Was aber den Therapeuten nicht behagt, da sie dann mehr Konkurrenz hätten (und weniger mit der "oh, aber ich habe nur einen einzigen Termin frei, um 9.05 Di, DEN müssen sie da schon nehmen, sonst kriegen sie keinen Platz" pressieren könnten).

Und dass jemand, weil er irgendwann mal mehr arbeiten möchte, über Jahre eine 36-Stunden-Zulassung behält, aber nur 20-Stunden arbeitet, aber irgendwann, irgendwann vielleicht doch mehr arbeiten möchte, kann doch nicht wirklich zu Tränen rühren?

Man stelle sich vor, wenn ein Arzt sein Budget über Jahre hinweg NICHT ausgeben würde, sondern nur zu 75% o.ä.
Der würde vermutlich genauso in Regress kommen wie bei Überschreitung, da Patienten nicht versorgt werden würden.
Da ist offensichtlicher, wie genau solche KK-Leistungen kontigentiert sind.
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pandas
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Beitrag Do., 31.07.2014, 00:53

Auf der zweiten Seite des Artikels steht doch, welche Folgerungen gezogen werden und welche Lösungen im Gespräch sind bzw. dass geplant ist, Lösungsstrategien zu entwerfen.
Die Ärzteschaft ist sich des Problems immerhin bewusst. Auf Anfrage sagt Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die neben Haus- und Fachärzten auch die Psychotherapeuten vertritt: „Wir werden analysieren, worin die Ursachen für eventuell nicht ausgeschöpfte Zeitvolumina liegen und um welches Volumen es sich hierbei handelt.“ Davon hänge ab, welche Lösungen es geben werde.

Die Koalition hat schon konkrete Vorstellungen. Lauterbach schlägt vor, die für die Fachärzte geplante Termingarantie binnen vier Wochen auch auf die Psychotherapeuten auszudehnen. CDU-Mann Spahn will mehr Gruppentherapien für leichtere Fälle, damit die Wartezeit für Patienten mit Schizophrenie oder schwerer Depression kürzer würden. Ähnlich hatten sich auch Kassen eingelassen. „Wir wollen, dass dazu die Psychotherapie-Richtlinie bis spätestens Ende 2015 überarbeitet wird“, konkretisiert Spahn. Das müsse der Gemeinsame Bundesausschuss übernehmen, ein Gremium der Kassen, Ärzte und Krankenhäuser.
TIPP: Ganz unten auf Seite 1 kann man auf eine kleine 2 klicken und den Artikel zu Ende lesen.
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stern
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Beitrag Do., 31.07.2014, 08:23

pandas hat geschrieben:Es geht um eine Kapazität von 36 Stunden, die nicht erfüllt wird; viele Therapeuten arbeiten weniger als es die Kassenzulassung vorab schätzt und somit in die Rechenformel des Versorgungsbedarfes eingeht.
Gehen denn die 36 Stunden in die Rechenformel des Versorgungsbedarf ein? Das scheint alles recht kompliziert.

Systemmangel sehe ich, wenn man so will, darin, dass noch nicht einmal genau definiert ist, was eine gute bzw. ausreichende Erfüllung des Versorgungsauftrags einer Zulassung wäre (Zeitvolumen). Wenn ich das recht verstehe, heißt es, ausreichend und zweckmäßig soll es [das Sprechstundenangebot] sein. Minimum 20h/Woche. Zu sagen: Oh, die Patienten sind doch ausreichend versorgt, weil +/-97% der Therapeuten ihren Versorgungsauftrag von mind. 20h Sprechzeit pro Woche erfüllen erfüllen, fände ich jedenfalls auch nicht zufriedenstellend (als Patient).

In anderen Worten: Einen ausreichenden bzw. zweckmäßigen Versorgungsauftrag am Minimum zu orientieren fände ich genauso wenig sinnig wie die Annahme einer Belastungsgrenze als zweckmäßiger Versorgungsauftrag.

Und das wäre vielleicht ein Ansatzpunkt: Das man genauer berücksichtigt, mit wieviel Stunden eine Zulassungseinheit am Versorgungsauftrag teilnimmt (d.h. Patienenzeit = Sprechstundenzeit für Kassenpatienten) hergibt.

Sicherlich muss man dabei aufpassen, dass man nicht utopische Wert ansetzt, weil zusätzlich zur Patientenzeit auch noch Bürokram, etc. zu veranschlagen ist, keine Frage. Das versucht man ja auch zu berücksichtigen (auch Gerichte). Nur für die Versorgung an sich ist ja erstmal wesentlicher wieviele Sprechstunden ein Facharzt/PT den nun anbietet (und weniger wie lange er mit irgendwelchem Bürokram beschäftigt ist). Also es würde wenig Sinn manchen, zu sagen, Therapeuten arbeiten doch durchschnittlich +/-40 Stunden (inkl. Bürokram=Arbeitszeit), also sind die Patienten zweckmäßig versorgt. Sondern für die Versorgung an sich ist insbes. auch zu schauen, was an SPRECHSTUNDEN (in Summe für Kassenpatienten) zur Verfügung steht (was man -wenn man denn wollte- mit dem Patientenbedarf abgleichen könnten). Also ob man als Patient einen Termin/Sprechstunde erhält, wenn man einen benötigt (einigermaßen zeitnah... auch bei Fachärzten).

Verschleierung ist auch, wenn man von Wartezeiten spricht anstelle von Unterversorgung.

O.k. ist jetzt nicht DIE Quelle schlechthin, aber sei's drum =>
Kassenärzte-Chef Gassen im BILD-Interview über Terminnot und Ärztemangel
(...)
Gassen: Es dauert gar nicht lange. Zwei Drittel der Patienten bekommen einen Arzttermin innerhalb von drei Tagen.

BILD: Das sagen Sie! Jetzt zeigen neue Abrechnungsdaten, dass es zum Beispiel bei Psychotherapeuten zu Terminschwierigkeiten kommt. Grund ist, dass diese Berufsgruppe lieber Privatpatienten als gesetzlich Versicherte therapiert...

Gassen: Es stimmt, dass nicht alle Psychotherapeuten ununterbrochen gesetzlich Versicherte im Rahmen der Richtlinien-Psychotherapie behandeln. Dafür gibt es aber viele Gründe.

BILD: Und wie werden dagegen nicht vorgehen? Immerhin müssen Psychotherapeuten für eine Kassenzulassung 80 Prozent ihrer Arbeitszeit für gesetzlich Versicherte reservieren...

Gassen: Das werden wir prüfen und im Einzelfall entscheiden. Gegenenfalls müssen wir Zulassungen einschränken.
(...)
http://www.bild.de/geld/wirtschaft/gese ... .bild.html
Zeitungsquellen geben im übrigen nicht notwendigerweise meine persönliche Meinung wieder... die ergibt sich vielmehr aus dem, was ich schreibe.
Zuletzt geändert von stern am Do., 31.07.2014, 09:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Do., 31.07.2014, 09:01

pandas hat geschrieben:Auf der zweiten Seite des Artikels steht doch, welche Folgerungen gezogen werden und welche Lösungen im Gespräch sind bzw. dass geplant ist, Lösungsstrategien zu entwerfen.
Joa, sozusagen gibt der Journalist im Kleingedruckten dann den Hinweise, dass genau genommen erst zu analysieren ist, weswegen Zeitvolumina nicht ausgeschöpft werden und um welche Dimensionen es handelt. Fast Regenbogenpresse-like. Aber bereits die Überschrift lenkt mehr in Richtung finanzielles Kalkül, vgl.
Viele Psychotherapeuten lassen Kassenpatienten aber lange warten. Steckt dahinter finanzielles Kalkül?

Immerhin mit Fragezeichen, aber...

Man hätte z.B. die Frage stellen können: x % der Patienten finden erst nach y Monaten einen Therapieplatz (unterlegt mit einer Datenquelle) bzw. erhalten einen Facharzttermin erst nach z Tagen. Steckt dahinter eine Unterversorgung an Fachärzten und Psychotherapeuten?

Journalistisch vermutlich o.k. (ich bin kein Journalist)... aber es wird schon etwas der Eindruck erweckt, als liege die Versursach primär bei Ärzten/PT, wenn Kassenpatienten Terminschwierigkeiten haben.

Anzuschauen ist natürlich, wieviel dran ist... ganz von der Hand wird sich manches nun auch nicht weisen lassen. Aber das hat man ja anscheinend auch vor (vgl. Gassen). Nur das erscheint dann erst an späterer Stelle, dass die Datenlage das gar nicht so genau hergibt, sondern erst untersucht werden muss.

Und zur Datenlage: Wie ich schon schrieb, ist es natürlich auch seeehr sinnvoll, wenn das Gesundheitsministerium best. Datenerhebung zum Kostenerstattungsverfahren streicht... also mit Statistiken ist das per se so ein Sache.
CDU-Mann Spahn will mehr Gruppentherapien für leichtere Fälle, damit die Wartezeit für Patienten mit Schizophrenie oder schwerer Depression kürzer würden.
Ich glaube, das sehen PT auch nicht als sooo durchdacht an, am Rande bemerkt. Entspricht doch auch eine Kürzung: In dem Fall Verlagerung von Einzeltherapien in Gruppentherapien für leichtere Fälle.

Wieso keine Eingeständnis, dass mehr Plätze für PT in der amb. Versorgung benötigt werden.
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Beitrag Do., 31.07.2014, 09:35

So neu ist die Diskussion wahrlich nicht... nur valide Zahlen gibt es halt nicht. Hmmmmm. Warum (immer noch nicht)? Ein Artikel von 24.10.2012:
Keine Zeit für Kassenpatienten?
Einige Ärzte behandeln in ihren Praxen deutlich weniger Patienten als der Durchschnitt. Widmen sie ihre Zeit lieber den lukrativen Privatpatienten? Konkrete Zahlen darüber fehlen
(...)
Zurück zur kleinen Anfrage: Die Bundesregierung antwortete unter anderem mit einer Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), welche den Tätigkeitsumfang der verschiedenen Facharztgruppen auflistet. Sie attestiert einer Reihe von Ärzten, darunter Anästhesisten, Chirurgen, Nervenärzte und Radiologen, dass sie auffallend wenige Patienten behandeln. In den meisten Bundesländern rechnen mehr als 20 Prozent dieser Fachärzte weniger als ein Viertel der für ihre Fachgruppe üblichen Patienten ab. Der Schluss liegt nahe, dass einige Ärzte ihre Praxis nur als Hobby betreiben – oder ihre Zeit lieber lukrativen Privatpatienten widmen.

Manche medizinische Fachbereiche sind sehr zeitintensiv

Doch auf den zweiten Blick erweist sich die Liste als problematisch. (...)
http://www.apotheken-umschau.de/Soziale ... 89473.html
Die Fallzahlen lassen sich also nur eingeschränkt für die Bewertung des Versorgungsumfangs verwenden, gibt die KBV zu. Was aber nützt ihr Auftrag zur Sicherstellung der Versorgung, wenn sie diesen zwar auf dem Papier erfüllt, aber trotzdem viele Patienten lange Wartezeiten haben?
Quelle: Siehe oben
Eben! Was nutzt es mir, wenn mich das Orthopädenpraxis-Team trotz Schmerzen in KH schickt oder man sehr lange auf einen Termin warten muss, der nicht sooo akut ist (je nach Arzt ist das so), es aber heißt: Also statistisch auf dem Papier sind die Patienten doch versorgt. Ärzte/PT arbeiten doch durchschnittlich +/- 45h/Woche. Irgendetwas ist dann faul.

Jedenfalls finde ich den Gedanken nicht abwegig, dass eine Kassenzulassung auch einigermaßen aussagekräftig abbilden sollte, inwieweit sie der Versorgung von Kassenpatienten zur Verfügung steht.
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Widow
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Beitrag Do., 31.07.2014, 10:37

pandas hat geschrieben:Wieso soll man einen PT-Umsatz auch mit einem Arzt-Umsatz vergleichen?
Weil rechtlich, auch honorarrechtlich, beide Berufsgruppen gleichgestellt sind.
(De facto aber wird durch die Höchstbemessung von 36 Stunden - die, ich wiederhole es, nicht die für einen vollen Kassensitz zu erbringende Behandlungsleistung sind ... - und den EBM den Psychotherapeuten ohnehin nur möglich gemacht, ein fachärztliches Einkommen im unteren Bereich der ärztlichen Einkommen zu erarbeiten; das dann allerdings auch bei deutlich mehr als 40 Wochenstunden.)

pandas hat geschrieben:Und fahren nicht 10 - 12 Wochen im Jahr in Urlaub
Sag mal, was für einen yellow press-Neid-Steit willst Du hier eigentlich vom Zaun brechen?
Wer hat behauptet, dass Psychotherapeuten überwiegend oder auch nur durchschnittlich 10-12 Wochen Urlaub machen?!

Meiner macht das - ich gönne es ihm von Herzen (und das nicht nur, weil er in der Analysezeit mitunter 10-Stunden-Tage hat).
Er hat mir das zu Behandlungsbeginn angekündigt und mit der (warnenden?) Bemerkung kommentiert, dass das (auch) in seinem Metier vergleichsweise sehr viel Urlaub sei. Das glaube ich ihm gerne.

pandas hat geschrieben:Und: Ein Psychologe ist nunmal kein Arzt. Genau wie ein Zugfahrer kein Pilot ist etc.
- Welch eine Idealisierung des Arztberufs einerseits und welch eine Abwertung des Psychotherapeutenberufs andererseits ...
"Psychologen" übrigens dürfen gar nicht psychotherapeutisch arbeiten: Die sind nämlich 'nur' Psychologen; erst wenn sie mal eben auf die rd. 5 Studienjahre noch zwischen 3 und 5 weitere Ausbildungsjahre aufsatteln, dann dürfen sie das. - Deshalb sind sie dann auch rechtlich (s.o.) mit den Fachärzten (und nicht etwa mit den Hausärzten, die in Deiner 'Logik' der "Piloten" und "Zugfahrer" den Rikschafahrern oder Schubkarrenschiebern entsprechen würden) gleichgestellt.
pandas hat geschrieben:Und nicht zuletzt: Ärzte haben mehr Verantwortung. Denen kann man nämlich die Behandlungsfehler nachweisen.
1. Was ist das denn für eine 'Logik'? Nur, weil man jemandem leichter berufliches Fehlverhalten nachweisen können soll, soll er mehr Verantwortung haben?! Ich hoffe doch, dass sich Verantwortung nicht danach bemisst, wie schnell man jemandem auf die Schliche kommen kann ...
2. Wie kommst Du denn auf die Idee, dass man Medizinern Behandlungsfehler (leichter?) nachweisen könne? Hast Du so etwas schon einmal versucht? Oder hast Du vielleicht schon einmal eine entsprechende Reportage in einem der wenigen noch existierenden politischen Magazine des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesehen (manchmal nehmen die sich solcher Themen noch an)? - Dann solltest Du wissen, dass das meist einem Kampf gegen Windmühlen gleicht.

pandas hat geschrieben:Genau. Es wird gesagt, die FAZ solle sorgfältig recherchieren, aber genausogut sollte man sorgfältiger interpretieren.
Es geht um eine Kapazität von 36 Stunden, die nicht erfüllt wird
Hier sieht man sehr schön, was (lancierte?) falsche Pressemeldungen in vielen Hirnen anrichten: Sie bleiben als richtig, zumindest teilrichtig, dort einfach kleben ...
Ich wiederhole: Es ist schlicht sachlich FALSCH, anzunehmen, dass ein psychologischer oder ärztlicher Psychotherapeut mit einer vollen Kassenzulassung 36 Behandlungsstunden pro Woche aufbringen muss. Eine volle Kassenzulassung sieht 20 Behandlungsstunden vor (und ich bin sicher, dass auch da zumindest der für die BRD gültige gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen berücksichtigt wird).
Eine falsche Behauptung wird übrigens auch nicht dadurch richtiger, dass man sie permanent wiederholt.


Apropos, eins noch:
Studien zufolge nahm die Behandlungsqualität von Depressionsbehandlungen auf der Grundlage eines neueren, kognitiv verhaltenstherapeutischen Verfahrens (CBASP) signifikant ab, sobald die Behandler mehr als 20 Therapiestunden pro Woche arbeiteten (vgl.: Michael Martens: Der Therapeut als Ansatzpunkt für die Vermeidung von Psychotherapienebenwirkungen. In: Linden, M., Strauß, B. (Hrsg.): Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie. Berlin 2013; die Seitenzahlen habe ich leider nicht.)

Edit: Tippfehler; Edit 3: Ein "falscher Akkusativ" (ja, bei mir ist das ein Tipp-, kein Grammatikfehler ...) - na das geht ja nun gar nicht!
Zuletzt geändert von Widow am Do., 31.07.2014, 10:52, insgesamt 3-mal geändert.

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Beitrag Do., 31.07.2014, 10:40

Privat Versicherte haben bei Facharztterminen kaum Wartezeiten, gesetzlich Versicherte müssen dagegen gerade bei Spezialisten länger warten. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 22. April bis 20. Mai insgesamt 6.087 zufällig ausgewählte Bundesbürger zur Zufriedenheit bei Arztbesuchen.
PKV vs. GKV: Ungleichgewicht der Wartezeiten
http://www.versicherungsbote.de/id/4801 ... nsvertrag/
Wäre halt genauer zu untersuchen... und die Lage bei Psychotherapeuten ebenfalls systematisch zu erfassen (falls nicht bereits versehen). Hier und da stampft irgendwer immer mal eine Umfrage/Statistik aus den Boden... aber eine systematische, möglichst wenig interessengetriebene Erfassung wäre doch mal was.
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Beitrag Do., 31.07.2014, 10:43

Ich weiß nicht, ob der Link hier schon gepostet wurde, finde ihn aber sehr interessant.
http://www.bptk.de/
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli


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Beitrag Do., 31.07.2014, 13:07

Das lenkt doch aber auch wieder vom zu Grunde liegenden Problem ab, wenn man jetzt damit beginnt den "FAZ-Journalisten" vorzuwerfen, sie würden "Hetze" gegen "Psychotherapeuten" betreiben.
Der zweiseitige Internetartikel gibt eindeutig mehr Informationen her als diese. Und weist auf ein Problem hin, dass alle Menschen mit psychischen Leiden betrifft als auch einen Teil der Fachkräfte.

Wenn man jetzt aber Tomaten auf die "FAZ" wirft, so verdeckt man doch wieder nur den Veränderungsbedarf des Systemes (und am System sind alle Akteure beteiligt).

Der Nenner ist doch sachlich richtig:

An der Berechnung der Kassenzulassungen funktioniert etwas nicht, mathematisch nachweisbar, teils auch durch menschliches Verschulden mitbewirkt (Nutzverhalten mancher zugelassener Therapeuten).
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


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Beitrag Do., 31.07.2014, 15:48

So ... nu habt´s die fleissig.Journalisten.schar ganz verrückt gemacht,

kuddelmuddel komplettou:

"Der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geäußerte Verdacht ist unzutreffend", sagte die Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), Dipl.-Psych. Barbara Lubisch am Montag der "Ärzte Zeitung". Psychotherapeuten dürften gar nicht gleichzeitig die einen Patienten per Sachleistung und andere per Kostenerstattung abrechnen. Das hat auch der GKV-Spitzenverband bestätigt.

Ausgangspunkt ist eine noch unveröffentlichte Tabelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Die lässt sich so lesen, dass von den 18.702 ärztlichen und psychologischen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit Kassenzulassung lediglich 957 ihren Versorgungsauftrag zu 80 Prozent und mehr erfüllten, rund zwei Drittel der Therapeuten jedoch nur zu 50 Prozent oder weniger.

"Wenn die Hälfte aller Psychotherapeuten weniger als 24 Stunden für die gesetzliche Krankenversicherung tätig sind, aber zugleich einen vollen Sitz innehaben, sind lange Wartezeiten programmiert", kommentierte die stellvertretende Sprtecherin des GKV-Spitzenverbands, Ann Marini, die Veröffentlichung.

Nicht differenziert wird in dieser Tabelle allerdings zwischen Psychotherapeuten mit vollem und solchen mit halbem Versorgungsauftrag sowie Ärzten, die zwar an der psychotherapeutischen Versorgung teilnehmen, dies aber nur sporadisch tun.
Quelle: http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... enten.html
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Beitrag Do., 31.07.2014, 16:20

pandas hat geschrieben:Wenn man jetzt aber Tomaten auf die "FAZ" wirft, so verdeckt man doch wieder nur den Veränderungsbedarf des Systemes (und am System sind alle Akteure beteiligt).
Das ist doch das Problem, dass die Akteure sich gegenseitig die Tomaten zuwerfen.
Mal eine mangelhafte Bedarfsplanung der Kassen/Unterversorgung
Mal arbeiten Ärzte/PT zu wenig
Mal sind Zuweisungen ineffizient (und man braucht koodinierende Stellen)
Mal sind es unflexible Patienten oder solche, die aufgrund von Misstrauen/Störung öfters als nötig Ärzte konsultieren oder sog. Scheinkranke oder Leute, die zu lange Therapie machen, usw.
Usw. Das Kernprobleme bleibt das gleiche...

Vielleicht ist es ja von allem ein bisschen... (von manchem mehr, von manchem weniger). Stattdessen Strategie die Abwälzung à la aber wiiiiiirrrr doch nicht. Jetzt sind halt Tomaten mal wieder zu den Ärzten geflogen, die diesselben zurückgeben.

Und wieso veröffentlicht man diese unveröffentliche Statistik nicht einfach, auf die sich jeder beruft?
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Beitrag Do., 31.07.2014, 16:52

Widow hat geschrieben:
pandas hat geschrieben:Und nicht zuletzt: Ärzte haben mehr Verantwortung. Denen kann man nämlich die Behandlungsfehler nachweisen.
1. Was ist das denn für eine 'Logik'? Nur, weil man jemandem leichter berufliches Fehlverhalten nachweisen können soll, soll er mehr Verantwortung haben?! Ich hoffe doch, dass sich Verantwortung nicht danach bemisst, wie schnell man jemandem auf die Schliche kommen kann ...
och, es gibt auch PT, die annehmen "schlimme Kunstfehler" gar nicht erst begehen zu können:
[quote]ZEIT: Haben Sie sich als Therapeutin noch nie schuldig gefühlt?

Jilg: Ich bin kein Arzt, dem ein schlimmer Kunstfehler unterlaufen kann. Auch kein Politiker, der Verantwortung für viele Menschen trägt, weil er viele Entscheidungen für andere mit trifft. Auch kein Lokführer, dem jemand vor den Zug gesprungen ist. Der ist womöglich traumatisiert.
http://www.zeit.de/2013/50/verantwortun ... -interview[/quote]
(Jilg ist nach Angaben des Artikels Psychotherapeutin). Und ja, dass ein Psychotherapeut kein Zugfahrer ist und letztere kein Pilot, ist ebenfalls geklärt
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Beitrag Do., 31.07.2014, 16:55

pandas hat geschrieben:So ... nu habt´s die fleissig.Journalisten.schar ganz verrückt gemacht,

kuddelmuddel komplettou:
Soweit ich sehe, werden hier nur die UserInnen verrückt gemacht, indem manche UserInnen nicht aufpassen und bereits verlinkte und z.T. hier auch schon zitierte Pressemeldungen mehrfach posten ... (Tja, so ist das mit etwas komplexeren Dingen)

@ stern: Es gibt auch Chirurgen, die der Auffassung sind, niemals einen "Kunstfehler" begehen zu können, weil sie ausschließlich lege artis operieren würden (und von denen musste ich eine ganze Menge kennenlernen). Die "Götter in Weiß"-Selbsteinschätzung floriert ja in dem Metier bis heute (und wird ganz offensichtlich auch von Laien weiterhin unterstützt ). - Was sagt uns das?

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Beitrag Do., 31.07.2014, 17:11

Widow hat geschrieben:@ stern: Es gibt auch Chirurgen, die der Auffassung sind, niemals einen "Kunstfehler" begehen zu können, weil sie ausschließlich lege artis operieren würden (und von denen musste ich eine ganze Menge kennenlernen). Die "Götter in Weiß"-Selbsteinschätzung floriert ja in dem Metier bis heute (und wird ganz offensichtlich auch von Laien weiterhin unterstützt ). - Was sagt uns das?
Das wirft die Frage auf, ob die Bezahlung [solcher Exemplare... diese Einschränkung möchte ich im folgenden treffen] verantwortungsgerecht ist.

Opportunistische Argumentation: Wenn es um das Honorar geht, dann haben Behandler natüüüürlich auch ganz viiiel Verantwortung und psychische Belastung, die das rechtfertigt.

Aber Behandlungsfehler: neeeein, die können natürlich nicht passieren. Schlimme Kunstfehler können uns gar nicht unterlaufen. Gibt es in unserer Berufsgruppe noch nicht einmal (wir sind ja keine Politker). Angefangen beim Zahnarzt, der nun bereits in 2 kurz aufeinander folgenden Terminen fragte, ob ich rauche. Mal sehen, ob er das bis morgen wieder vergessen hat. Ich konnte verneinen. Beim Vorpatienten hörte ich im Nebenraum die gleiche Frage wegen einer Entzündung (zzgl. Alkoholkonsum). Tja, wer hat die Entzündung dann wohl verantwortet, wenn man die Frage bejahen muss.

(alternativ, da es keinen Ironiemodus-Smiley gibt)
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Beitrag Do., 31.07.2014, 19:46

Die armen PT, ich muss mich jetzt doch mal dafür einsetzen

Etwas, was in dem FAZ-Artikel nicht berücksichtigt wurde, was mich schon bei der Erstlektüre fuchsig gemacht hat, ist die Tatsache, dass man selbst gar kein Zahlenmaterial erhoben hat, sondern einfach zu einem anderen Zweck erstellte Statistiken interpretiert hat, - leider an der Realität und ihren Gegebenheiten vorbei.

So kennt die verwendete Statistik nur die Zahl der zugelassenen Psychotherapeuten, aber nicht deren selbst angesetzte Arbeitszeit. Arbeitet ein Psychotherapeut nur halbtags, weil er z.B. Kinder erzieht, einer Nebentätigkeit nachgeht, sein Hobby liebt oder z.B. auch eine Krankheit oder Behinderung hat, bleibt das unberücksichtigt. Die KÄV kennt nur ganze Zulassungen, kein Halbtags-Zulassungen.

Der große Skandal ist also nicht, dass die Psychotherapeuten so faul wären. Der große Skandal ist, dass die KÄV, - und damit die Ärztelobby -, den in diese Vereinigung gezwungen Psychotherapeuten nicht mal die Butter auf dem Brot gönnt und nicht endlich mehr Zulassungen vergibt, weil man sich der heutigen Zeit und der heutigen Lebensweise anpasst.

Wir haben nun einmal eine "Verweiblichung" in diesem Berufsstand. Und auch wenn uns Alice Schwarzer gerne anders hätte, auch uns Frauen in Professionsberufen sind unsere Ehepartner und Kinder wichtig, weshalb wir ungern 60 Stunden kloppen, sondern dann lieber unsere Arbeitszeit und unsere Ansprüche ein wenig zurückschrauben.

Diese Verweiblichung wird noch gefördert, denn die KÄV hat alles dazu unternommen, um den Beruf möglichst unattraktiv für Männer zu machen, indem die Bezahlung und das Ansehen innerhalb der Ärzte-Kaste mau ist und die Hürde, um überhaupt an die Kassenzulassung zu kommen, viel zu hoch.

Die wenigsten wissen, dass man, um psychologischer Psychotherapeut zu werden, nicht nur lange in einem NC-Fach studieren, sondern auch noch eine 6-jährige Praxisausbildung machen muss, vergleichbar der Facharztausbildung bei den Medizinern. In dieser Ausbildung arbeitet man anders als die Mediziner für einen Hungerlohn, manchmal sogar noch im 4. Jahr im Schichtdienst für ein Praktikantengehalt, also 400-600€.
Als wäre das noch nicht genug des Opfers, muss man sich noch in teuren Kursen besonders qualifizieren. Um die Kassenzulassung zu bekommen MUSS man in einer der vier Richtungen ausgebildet sein, denn sonst kann ich die Therapie nicht abrechnen, weil die KK sie nicht anerkennt.
Eine Ausbildung zum Psychoanalytiker kann schon mal 40-60t€ kosten, in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ist das geringfügig günstiger, in Verhaltenstherapie oder Sytemischer Therapie und Familientherapie ist man so bei 15-20t€ daheim.

Durch die künstliche Verknappung der Kassenzulassungen liegt außerdem die Situation vor, dass man diese nur erhält, wenn man die Praxis eines aufgebenden Kollegen kauft. Da sind dann schnell mal zwischen 200t€ und 500t€ fällig.

D.h. letztlich machen den Job nur Asketen oder Leute, die es sich leisten können, die es sich dann aber auch leisten können, nicht allzu viel zu schuften oder aber Leute, die sich mit hohem Berufsidealismus mit einem zweiten Standbein finanzieren, indem sie halt halbtags Psychotherapeut sind und ansonsten als Coach, Lebensberater, Personalberater, Supervisor, Mediator oder Ausbilder arbeiten.

Ein weiteres Defizit im Artikel und in der Reaktion der psychologischen Standesvertretung erkenne ich daran, dass beide nicht an den wichtigen Aspekt der Selbstfürsorge denken. Therapeutisch zu arbeiten erschöpft emotional, - ich kann das als Seelsorgerin nachvollziehen. Um dem Klienten wirklich 100% aufmerksam und hilfreich zu begegnen, - und das MUSS das Ziel sein, - muss man zur eigentlichen Sitzungszeit auch noch einmal eine ebensolange Nachbearbeitungszeit einkalkulieren, -zur Qualitätssicherung und eigenen Psychohygiene. Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 51 Stunden (die für Ärzte kalkuliert ist) kann ein Psychotherapeut also nicht allzu viele Klienten betreuen. Durchschnittlich werden 20 Stunden Sitzung wöchentlich bei der KÄV abgerechnet, mehr ist nicht drin, 20 Stunden gehen in die Nachbearbeitung und Fortbildung und 11 Stunden in die Bürokratie.

Auf die "Kunstfehler-Problematik" will ich jetzt nicht so ausführlich eingehen. Auch Ärzten/Therapeuten unterlaufen Fehler. Fatalerweise haben sie in diesem Bereich schwerwiegende Folgen. Allerdings sollte man ihnen zugestehen, dass die Wenigsten ihre Fehler nicht sehen, nur es wird ihnen von den Versicherungen, den Krankenhauskonzernen und ihren Lobby-Vertretungen nahezu unmöglich gemacht, dazu zu stehen. Das sind mächtige Vertreter die wirtschaftlich und gesellschaftlich Existenzen vernichten können, nicht nur der Ärzte. Da ist sich der Arzt dann erstmal selbst der Nächste und tut lieber so, als sei ihm kein Fehler unterlaufen. Am Ende der Nahrungskette steht der Patient.
Zuletzt geändert von Zuiop am Do., 31.07.2014, 19:52, insgesamt 1-mal geändert.
Sarkasmus ist meine Rüstung, Ironie mein Schild, Zynismus mein Schwert
und Galgenhumor das was übrig bleibt, nach verlorener Schlacht.

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