Unsere Kinder - Generation von Narzissten und Egomanen

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(V)
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Beitrag So., 22.12.2013, 22:30

Wie ich anfangs schon schrieb, gehe ich mit den Denkansätzen von Winterhoff durchaus konform, mag aber seine "Darstellungsweise" nicht. Unter anderen beim Live-Vortrag, da er für mich nicht gerade sehr "fachlich/seriös" rüberkam. Zum Beispiel, dass er mehrfach versicherte ("Ich verspreche/schwöre Ihnen, dass...") ER... und nur er mit seinem radikalen Ansatz JEDES (ja, absolut jedes Kind) binnen weniger Wochen wieder hinbiege. Falls nicht, dann läge es an den Eltern, die nicht im rechten Maße mitgearbeitet hätten. Das ist eine Argumentationsweise, die ich sonst nur von irgendwelchen spirituellen Gurus kenne, und die bei mir nun mal recht "unseriös" (=nicht fachlich) ankam, genauso wie rüde er sich sämtliche Fragen aus dem Publikum mit Verweis auf seine Bücher verbat. Fazit für mich: Der Robert Betz unter den Kinderpsychologen. Ich will damit nicht behaupten, dass hinter den Ansätzen und Thesen kein ernstzunehmender Kern stände, aber es ist halt dann doch ziemlich plakatives und reißerisches Auftreten, welche die einen anzieht und die anderen abschreckt. Und so was ist für mich nicht "wissenschaftlich" oder "seriös". Durchaus interessant. Zum Denken und Diskutierend anregend. Durchaus auch wertvoll. Aber Wissenschaftlichkeit ist nun mal was anderes.

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Tigerkind
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Beitrag So., 22.12.2013, 22:37

Alleine die Aussage "Du bist egoistisch" ist total sinnfrei, warum darf der andere denn nicht an sich selbst denken???

Weil er an mich denken soll??

Wäre sinnvoller zu gucken, was brauche ich und was braucht der andere, dann erst kann Beziehung stattfinden.

Alles andere sind Urteile und damit entfernt man sich voneinander.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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(e)
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Beitrag So., 22.12.2013, 22:52

@Broken Wing

Also wenn ich andere Psychiater lese, von Freud angefangen, besteht da nicht mehr Wissenschaftlichkeit. Es wird immer auf eigenen Fällen aufgebaut. Die Methoden, die Winterhoff anwendet, sind jedoch fachlich anerkannt. Klar, dass er seine Patienten nicht konkret benennen und ihre Gutachten preisgeben kann. Seine Werke erscheinen mir logisch hergeleitet aus den Entwicklungsstufen, die ein Kind nun mal durchmacht. Ich denke, viele Leser finden sich darin wieder und deshalb dieser Erfolg. Ich kenne ihn nicht persönlich, wie auch die anderen Autoren nicht, doch seine Bücher wirken für mich durchaus lesens- und bedenkenswert. Wenn mir etwas nicht gefällt, dann muss ich es ja nicht annehmen. Doch regt er zu einer Sichtweise an, die oft vergessen wird, dass eben Kinder wirklich auch gefördert werden müssen in ihrer Konfliktfähigkeit, sie weder unterversorgt noch überbehütet werden sollen. Das sagen auch andere Fachleute. Wenn Winterhoff es speziell auf den Punkt bringt, finde ich das eher positiv, weil es die Eltern eher lesen werden. Und genau das will der Autor, gelesen werden. Deshalb schreibt er nicht für seine Kollegen, sondern für die Eltern, die es lesen sollen. Es ist auch eine Sache der Zielgruppe.
Lieben Gruß
elana

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Broken Wing
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Beitrag So., 22.12.2013, 22:53

Wenns danach geht, wer mit wem Konform geht, jadann hat alles seine Existenzberechtigung. Dann braucht jeder seinen Ratgeber. Aber wenn der eh nur meine Meinung bestätigen soll, warum verschwende ich überhaupt Zeit mit Lesen?
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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(e)
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:03

Ich denke eher, dass Winterhoff wirklich ein Anliegen verfolgt aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung als Kinderpsychiater. Er will die Eltern wirklich erreichen und spricht deshalb auch deutliche Worte ohne Fachausdrücke. Und wie gesagt sind seine Erklärungen durchaus in sich plausibel. Ich habe ein Pflegekind bis ins Erwachsenenalter begleitet und kann diese Entwicklungsstufen erkennen, ebenso auch Verzögerungen, wo es wirklich spezieller Förderung bedarf, auch an Punkten, wo ich mich als Erziehende lieber gedrückt hätte, weil ich nicht konfliktfähig bin. Es ist wirklich so, wie Winterhoff es beschreibt. Viele Erziehende werden dies wiedererkennen. Manche Zusammenhänge sind nun mal offensichtlich und in sich plausibel. Und wenn dann ein Kinderpsychiater dies noch bestätigt, finde ich das schon glaubhaft. Er hat immerhin 20 Jahre Erfahrung, hatte unzählige Kinder als Patienten, deren Entwicklung er als Facharzt beurteilte. Das schult die ärztliche Wahrnehmung für Abweichungen. Klar klingt das sehr "körperlich", aber das ist ja auch nur eine Sicht, eben die des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie.
Lieben Gruß
elana

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Broken Wing
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:08

@ (E): Wer sagt denn, dass Freud wissenschaftlich gearbeitet hat? Zumindest genügen seine Arbeiten nicht heutigen Standards.

Es gibt Möglichkeiten, Sachverhalte zu untermauern und trotzdem nicht in Fachjargon abzugleiten. Dass Kinder Förderung brauchen, bestreitet ja keiner. Ich zweifle aber daran, dass er die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten gefunden hat. Das behauptet er ja. Und es soll die Überversorgung sein. Wie er darauf gekommen ist, darüber lässt er uns im Dunkeln. Ein typischer Wutbürger eben. Aber von einem Sachbuchautor darf ich mehr erwarten als von einem Stammtischprädiger.
Mir fehlt hier auch das Ziel. Wohin will er überhaupt? Dass sich viele wiedererkennen, hat nichts zu bedeuten. Alice Miller wurde schließlich auch gern gelesen. Man kann wahrlich nicht behaupten, dass die irgendwie zusammenpassen. Und zwischen seinem Bestseller und dem neuen Buch soll es sich verschlechtert haben. Ach so. Das nenne ich mal saubere Arbeit im Interesse seiner Leserschaft.
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Tigerkind
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:15

So ist es!
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:18

@Broken Wing

Ich habe noch andere Psychoanalytiker gelesen, auch solche, die noch leben, die nicht anders schreiben. Da wird überhaupt nicht wissenschaftlich untermauert. Aber Winterhoff kann sich wenigstens auf anerkannte Messdaten abstützen, die er bei der Untersuchung der Kinder anwendet. Ich lese auch psychologische Gutachten, auch dort kann das nicht mathematisch berechnet werden. Ein Mensch ist nicht auf diese Weise wissenschaftlich erfassbar. Deshalb braucht es auch keine solchen Statistiken, wenn es um Erfahrungswerte aus der Praxis geht. Es reicht schon, wenn er in den 20 Jahren als Facharzt feststellt, dass die Fälle sich extrem häufen, abgesehen davon, dass dies doch recht offensichtlich ist.
Lieben Gruß
elana

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(V)
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:22

Broken Wing hat geschrieben: Wer sagt denn, dass Freud wissenschaftlich gearbeitet hat? Zumindest genügen seine Arbeiten nicht heutigen Standards.
Das habe ich auch so gelehrt bekommen. Freud gilt nach heutigen wissenschaftlichen Standards sogar als "widerlegt", u.a. da nämlich genauso viele seine Patienten gesund wurden durch den Lauf der Zeit, während sie auf seiner Warteliste standen.
Und es soll die Überversorgung sein.
Jein. Da habe ich Winterhoff anders verstanden. Es geht gar nicht in erster Linie ums Verwöhnen, sondern ... (in meinen Worten)... dem sich Unterordnen des Erwachsenen dem Kindes. Typisches Beispiel, wie ich es selbst leider immer wieder bei meinem Ex-Ehegatten und Tochter erleben durfte: Während wir reden, klettert das Kleinkind auf ihm herum und tut ihm dabei weh, sichtbar an seinem schmerzverzerrten Zucken im Gesicht erkennbar. Sie zieht (ohne Absicht natürlich) an seinen Haaren, verpasst ihm Hieb hier, Tritt dort, und der Kindsvater (also mein Ex-Ehemann) reagiert... null. Gar nicht. Nicht mal "AUA" sagt er oder tut die kleinen Patschehändchen weg. Nichts. Verzog nur schmerzverzerrt alle paar Sekunden das Gesicht. Das konnte man gar nicht mit anschauen, also musste ich als Gesprächsgegenüber (und natürlich Mutter) eingreifen, und war dann für meine Tochter "die Böse". Und auch im Spiel war es immer so, dass SIE den Ton angab und er sich alles gutfindend unterordnete. Im Grunde war er ... böse gesagt... ihre lebendige Marionette, und ließt sich immer und überall alles von ihr gefallen. Das hatte aber nichts mit "ÜBER-Versorgung" in dem Sinne zu tun.
Mir fehlt hier auch das Ziel. Wohin will er überhaupt? Dass sich viele wiedererkennen, hat nichts zu bedeuten.


Ja, mir auch. Denn zwischen ERKENNEN und das Problem lösen und es umsetzen zu können, noch dazu wo auch die willigen Eltern nicht vor dem eigenen psychologisch relevanten Brett vor dem Kopf gefeit sind... mal eben per Knopfdruck die Muster ausschalten, nur weil man das Buch gelesen hat, ist ja leider nicht. Eine sehr plausible Theorie, aber wo bleibt der Bezug für die Praxis der angesprochenen Leserschaft, die sich in der Mehrheit aus überforderten Laien-Müttern zusammenstellen dürften? Es ihnen bewusst zu machen, ist ja nur EIN TEIL des Ganzen. Und weiter?

@(e) Mit einem lieb gemeinten Schmunzeln: Ja ja, die Geisteswissenschaften. *g*

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Pitt
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Beitrag So., 22.12.2013, 23:41

Die 317 Kundenrezensionen sind lesenswert:

... nkCode=as2

Ich persönlich bin überaus skeptisch, was autoritäre Erziehung anbelangt.
Und insofern empfehle ich die Lektüre der 1-Stern-Bewertungen....
Lg
Pitt

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Tigerkind
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Beitrag Mo., 23.12.2013, 00:14

Das kompetente Kind von Jesper Juul das is auch sehr lesenswert!
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Broken Wing
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Beitrag Mo., 23.12.2013, 00:59

@ (V): Guter Einwand. Ich will gar nicht wissen, womit die Eltern, die Winterhoffs Buch gelesen haben, im Kinderzimmer experimentieren. Die wenigsten werden wohl so hell im Oberstübchen sein und erkennen, dass es viel mehr dazwischen gibt als sich völlig dem Kind unterzuordnen bzw. zum tyrannischen Erzieher zu werden.
Kein Kinderpädagoge würde daran zweifeln, dass Kinder Führung, Grenzen und Konsequenz brauchen, aber auch Größe, Fairness und Freiräume.

@ (E): Gar nichts ist offensichtlich. Man wächst ineinem bestimten Millieu auf und hält sich zumeist auch unter seinesgleichen auf. Da beobachtet man halt rum. Sich natürlich ausgenommen, ebenso seine Familie. Und das soll für die ganze Gesellschaft, ja für die ganze Welt gelten.
Die eigene Praxis reicht als Studienort nicht aus, wenn man zum Thema Erziehung und der Gesellschaft schreibt. Der erste Schritt wäre eine Langzeitbeobachtung, der zweite Schritt ein Vergleich. Auf der Welt gibt es verschiedene Länder mit verschiedenen Kulturen. In derGesellschaft sind nun mal viele Faktoren zu berücksichtigen als "nur" das Elternhaus.

Ginge es ihm hingegen nur um Auffällige Kinder, die ihre Eltern tyrannisieren, dann würde ich eine Praxis akzeptieren, aber mehrere wären da besser. Denn ein Psychiater bekommt in seiner Praxis nur die zu Gesicht und nicht die "unauffälligen".
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Hiob
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Beitrag Sa., 04.01.2014, 09:18

Winterhoff bringt den Maßstab auf den Punkt:

"...Damals konnten Kinder in einer Grundschule vier Stunden auf dem Stuhl sitzen. Sie erkannten eine Lehrerin als Lehrerin, führten Aufträge aus, waren lernwillig und wissbegierig. Sie übernahmen die Regeln der Schule sehr schnell als eigene Regeln...."

Es besteht im Grunde doch die große Sorge, ob man mit den nachwachsenden Kindern noch genügend gehorsame Arbeitskräfte herstellen kann, um den gesellschaftlichen status quo aufrecht zu erhalten. Das ist doch der Grund, warum man Diagnosen wie ADHS erfand. Es geht um die Stabilisierung. Dabei kommt es vermutlich darauf an, an welcher Stelle des Gesellschaftsspiels man sich positionieren konnte. Die einen haben mehr Interesse am Aufrechterhalten, die anderen weniger.

Hiob

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 04.01.2014, 12:33

@ Hiob: Klar. Früher war alles besser. Die total zufriedene Jugend hat dann die Umwälzungen herbeigeführt, Kriege sind Natürlich Naturgewalten.

Wenn ich schon Gehorsam in Zusammenhang mit Lehrern höre... Es ist eine Zumutung, was sich abspielt. Nichts unterrichten, frustriert den Stoff vortragen, den man selbst nicht so kapirt hat und die Eltern als Nachhilfelehrer ausbeuten. Da wäre der Rohrstock natürlich ganz praktisch, um die eigene Unfähigkeit zu verstecken. Die Schwachstelle im System hat man auch schon ausgemacht: Es sind die Kinder selbst und deren Eltrn das Problem. Wers glaubt.

Meine Kinder haben dort nichts verloren.

Ich weiß nicht, woran es liegt,aber der Frauenanteil ist bei uns ein Indikator, wie sehr ein beruf ansehen genießt. Je höher der Anteil, desto stärker leidet das Ansehen.

Ich rede übrigens nicht von den engagierten Lehrern, die sich nicht im Ententeich aufhalten. Die gibt es, abe die werden für ihre Leistung nicht belohnt und sind wirtschaftlich gesehen die Idioten.
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