leberblümchen hat geschrieben:
vorab: Ich glaube, es ist nicht möglich, die Psychoanalyse zu 'begreifen', wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Ein Grund für die Lehranalyse...
Ich habe die Psychoanalyse, die du erlebt hast, noch nicht erlebt, und ich werde sie vielleicht auch nie erleben. Ich habe schon zu viel allein erreicht. Das soll nicht bedeuten, dass man zu zweit nichts erreichen kann. Ich hab mich aufgrund einer Sozialphobie gar nicht erst zu enem Therapeuten getraut. Ich hab Psychoanalyse allein betrieben und tue es immer noch manchmal. Du kannst dir das sicher nicht vorstellen. Ich kann es mir manchmal nicht vorstellen, wie man Psychoanalyse zu zweit machen kann. Ob etwas als Psychoanalyse bezeichnet werden kann hängt nicht davon ab, wie viele Leute es da miteinander treiben. Das soll wirklich keine sexuelle Anspielung sein. Man kann allein versagen, man kann aber auch zu zweit versagen. Des weiteren, man kann mit einem schlecht ausgebildeten Therapeuten weit kommen, wenn die "Chemie" stimmt. Man kann natürlich auch mit einem gut ausgebildeten Therapeuten weit kommen, wenn die Chemie stimmt. Würdest du dich eigentlich bei jemandem in Behandlung begeben wollen, von dem du weißt, dass er GAR KEINE psychologische Ausbildung hat? Sicher nicht. Das Theoretische ist also auch dir wichtg, oder? Oder würdest du sagen, dass Therapeuten keine theoretischen Kenntnisse, die über die des Patienten hinausgehen besitzen?
leberblümchen hat geschrieben:
Ich habe auch ziemlich viel gelesen, anfangs tatsächlich, weil ich nicht reinfallen wollte auf die Übertragung. Ich wollte schneller sein als er, mich nicht von ihm fangen lassen. Heute kann ich darüber lächeln, aber es war O.K. so. Ich hab mich ja trotzdem eingelassen. Ich hab von Frauen gelesen, die sich gewünscht haben, den Penis des Analytikers zu besitzen. Ich hab sie belächelt und dachte mir triumphierend: "Ihr könnt das ja gerne alles so machen. Aber ICH ganz sicher nicht! SO tief werde ich nicht fallen!" - Natürlich kam es anders... Aber das kam, weil es kommen sollte. Das konnte kein Buch fördern oder verhindern. Erkärungen wären nicht nötig gewesen.
Durch das Lesen hast du wahrscheinlich mehr bewirkt als du meinst. Du hast darauf Bezug genommen, es lieferte dir "Gesprächsstoff". Du hattest (oder hast?) einen verständnisvollen Analytiker, der nicht gleich abschaltet, wenn er was hört, was nicht in sein theoretisches Konzept passt. Er ist vielleicht fast so naiv wie ein Mann von der Straße. Aber das soll nicht heißen, dass ich ihn für dumm halte. Er hat wahrscheinlich schnell verstanden, von was du geredet hast. Es war bestimmt nicht einfach dir zu folgen, weil du ja damals viel gelesen hast.
leberblümchen hat geschrieben:
Mit dem Assoziieren ist es ähnlich: Das lernt man nicht nach Anleitung oder Erklärung. Das freie Assoziieren ist das Ideal, das nicht wirklich erreicht wird. Man kann sich ihm nähern, dann, wenn der Nährboden der therapeutischen Beziehung fruchtbar ist. Aber dieser Boden wird nicht besser durch Erklärungen und Anleitungen. Es passiert einfach, glaub mir. Und das Assoziieren ist nur EIN Teil der Analyse. Ich hab das anfangs auch nicht verstanden. Es ist ein Laufenlassen, was dann besonders gut gelingt, wenn du nicht ständig überlegen musst, ob du 'so was Peinliches' deinem Therapeuten erzählen kannst. Dann kommt es einfach raus. So, wie auch die Übertragung einfach so kommt. Da sagt dir auch keiner: "Sie müssen mich jetzt so sehen wie Ihre Mutter". Es passiert einfach.
Oder es passt nicht. Du hattest das Glück, den richtigen Th. gefunden zu haben. Du hattest und hast vielleicht auch das Glück nicht so schwer geschädigt zu sein wie ich es war und noch bin. In meinem jetzigen Zustand, gehe ich beim Gedanken bei einem Therapeuten um eine AP - Platz zu betteln durch emotional durch die Decke. Ich bin schon von mehreren Th. abgewiesen worden, weil ich denen viel zu unentspannt war. Ich kann mich nur entspannen wenn ich allein bin.
leberblümchen hat geschrieben:
Dass es den Analytikern egal ist, ob die Patienten assoziieren können oder nicht, dürfte völliger Quatsch sein. Ich glaub, es geht wirklich nicht darum, gekonnt zu assoziieren, sondern zu vertrauen. WAS man dann sagt und WIE, ist das Ergebnis dieses Vertrauens, nicht der Anfang.
Wer vertrauen kann, der ist auch nicht wirklich krank. Aber damit habe ich mich dir wahrscheinlich zum Feind gemacht.