Umgang mit dem Tod und Sinnfrage

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Inside
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 00:03

Wo habe ich geschrieben, dass ich mir von hier eine Therapie erhoffe?
Und vergeben kann sich jeder nur selbst (wenn einem der andere nicht mehr vergeben kann).
Ist es so schlimm nicht genau sagen zu können, was ich hier genau suche?

Mein Erfahrung ist: manchmal findet man etwas hilfreiches, auch ohne dass man genau weiß, was es sein könnte.
Leid lässt sich nicht bemessen oder anmessen.
Ich versuche zu leben. Für die Kinder und manchmal sogar für mich.

lg
Inside

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Inside
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 00:07

In mir gibt es zwei völlig gegensätzliche Meinungen.
1) ich lebe. Dann wird es so gewollt sein und ich kann/darf/muss etwas daraus machen.
2) ich lebe. Ich bin die Täterin und die restliche Zeit sollte ich allem (n) so weit als möglich aus dem Weg gehen um nicht noch größeren Schaden anzurichten.

Nachtrag: ich will leben - vielleicht zum ersten mal.
Völlig grotesk.....
Zuletzt geändert von Inside am Mo., 10.12.2012, 00:10, insgesamt 1-mal geändert.


Vincent
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 00:10

Inside hat geschrieben:In mir gibt es zwei völlig gegensätzliche Meinungen.
Wie schön, dass es vor allem auch Punkt 1 gibt und dass sich überhaupt etwas abwechselt in dir! Das sind gute Voraussetzungen! Eine Annäherung zwischen beiden Seiten wird sich wohl nach und nach ergeben. Behalte sie bewußt im Blick.
Zuletzt geändert von Vincent am Mo., 10.12.2012, 00:12, insgesamt 1-mal geändert.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Inside
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 00:11

Wenn es Punkt 1 nicht gäbe, wäre ich nicht hier.

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Vincent
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 00:13

Inside hat geschrieben:Wenn es Punkt 1 nicht gäbe, wäre ich nicht hier.
Das ist kein Argument.
Andere sind auch hier. Denn es gibt immer mehrere Seiten...
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bittermint
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 11:32

Hallo,
ich habe jetzt den kompletten Thread durchgelesen, hab geschwankt, ob ich was schreibe oder nicht - ist ein ziemlich schwieriger Thread und auch schwierig, sensibel und empathisch miteinander umzugehen über die Diskussionsebene (rational), über den Kommunikationskanal (öffentliches Internetforum und Anonymität)..naja. Aber ich habe doch ein paar Gedanken, die ich loswerden möchte.

Zu dem aktuellen Diskussionsfaden, den inside anregte: das Täter/Opfer Muster. Für mich ist es eine Möglichkeit, mit dem Tod umzugehen. Überhaupt ist es so, dass sich viele Trauernde, stark am Anfang, vielleicht auch noch Jahrzehnte später, wenn es in die Identitätsstruktur tief eingebettet ist - dass sich Trauernde stark mit dem Sinn / Grund für den Tod auseinandersetzen und ich glaube auch deswegen, weil die Hoffnung da ist, wenn der Sinn/Grund gefunden ist, dann hat man mehr Ruhe, kann vielleicht abschließen. Kann der Unaussprechlichkeit dieses unfassbaren Ereignisses (was für mich der Tod immer sein wird) etwas entgegensetzen.

Der Grund/Sinn kann also sein, dass man selbst schuldig ist. Dass der Mensch eine Erklärung hat, scheint es oft ertragbarer zu machen. Weil man dann vielleicht im Umkehrschluss "weiß", was hätte sein müssen, dass es nicht so gewesen "wäre". Dann hat man auch eventuell ein Gedankenkarussell erschaffen, indem potentiell der andere noch lebt, weil man den eigenen Fehler in der Rückschau nicht macht und alles anders macht.

Ich persönlich glaube, dass dieser Mechanismus aber einen eher darin hindert, den Tod als Tod anzunehmen. Wobei ich in meiner Trauerarbeit (habe einen Bruder verloren) das Wort "annehmen" schon immer als sehr ambivalent empfunden habe. "Annehmen" impliziert für mich gefühlsmäßig fast, dass man es als gut/richtig empfindet, irgendwie hat es für mich diese Konnotation. Vielleicht gefällt mir der Ausdruck "seinen Frieden schließen, weiterleben nach dem Tod" besser.
Also - nochmal zurück, dass ich auch deutlich bin: ich glaube, wenn man sich Schuld zuspricht oder den Grund des Todes zu erklären, zu erkennen sucht, dann ist man leicht in der Spirale: wenn ich dies und das nicht getan hätte, wäre es nicht so gekommen - man steckt in der Vergangenheit, man malt sich aus, was gewesen wäre, wenn nicht. Und damit kann man, glaube ich, schwerer weiterleben MIT DER UMUMSTÖßLICHEN TATSACHE TOD. Weil man versucht, in zu relativieren, gedanklich zum umgehen, mit dem 'wäre,hätte..'.

Abgesehen davon: es gibt viele verschiedene Trauerphasen. Und es geht meiner Erfahrung nach gar nicht anders, als immer wieder Erklärungen zu suchen, Gründe, Sinn..weil es auch nach Jahrzehnten oder vielen Jahren irgendwie unfassbar ist und damit auch so schwer zu glauben, zu leben. Und diese Sinnsuche kann man nicht gut wegrationalisieren, weil ich sie schlichtweg für menschlich halte. Alles wollen wir uns erklären, weil wir dann irgendwie die Sachen besser im Griff haben. Unerklärliches ist schwer aushaltbar. Genau das macht für mich den Tod so schrecklich. Die Unerklärlichkeit.

Ich glaube für blanchet und inside hat es eine ganz wichtige Funktion, einen Sinn oder eine Schuld im Tod zu sehen. Und das muss man den beiden auch zugestehen.

Aber ich glaube, vor allem @inside - du drehst dich damit im Kreis und wirst damit nicht selber nicht freier werden. Dass du Erklärungen suchst, in eurer Beziehung, das ist verständlich - aber vergiss nicht, dass es (so sehe ich das) nie einen Täter und ein Opfer gibt. Es gibt immer ein System von verschiedenen Verhaltensweisen auf die mit anderen Verhaltensweisen geantwortet wird, die von anderen Systemen außerhalb beeinflusst werden - es gibt keine eindeutigen Zuweisungen von Schuld, es gibt aufeinanderbezogene Reaktionen, die im Zusammenspiel zu Mustern werden. So sehe ich das.
Und der Tod kann jeden immer auf dümmste und unerwarteste Art und Weise treffen. Wir können ihn nicht verhindern und hätten es auch nicht können. Selbst hätten wir unseren Partner, Bruder, unsere Mutter, sonst wen in eine Gummizelle mit weichen Kissen gesperrt und immer frisches, gutes Essen geliefert, dann wäre sie/er vielleicht an einem Hirnschlag gestorben.
Abgesehen davon: können wir uns gar nicht beschützen. Wir sind nicht die Beschützer / Bewacher füreinander und die Vorstellung wäre auch gruselig für mich, dass andere für mein Leben verantwortlich sind / in der Lage sind meinen Tod zu zu verhindern und im Gegenzug meinen Tod zu provozieren.

Naja. Die Antworten und Meinungen sind sehr schwierig zu dem Thema. Hoffe, mein Beitrag war trotzdem produktiv, auch wenn der Thread ja viele verschiedene Richtungen "durchgemacht" hat und sich auch schon viele von ihm verzogen haben.

lg bittermint


Vincent
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 20:46

Mir gefällt dein Beitrag, bittermint!
bittermint hat geschrieben:Und diese Sinnsuche kann man nicht gut wegrationalisieren, weil ich sie schlichtweg für menschlich halte.
Der Sinn eines jeden Todes sollte aber doch irgendwann verstanden werden, indem man seine Kausalität rational und objektiv begreift. Und dieses Nachvollziehen der Kausalität des Todes wird auch irgendwann auf der Gefühlsebene wirken. Bestensfalls.
Auch das rationale Verstehen kann diffuse Gefühle klären - und letztlich auch die vermeintliche "Schuld" auflösen.

Man könnte fast meinen, dass zuerst auch das Schuldgefühl rational-logisch hergeleitet wurde. Subjektiv liegt diesem offenbar auch eine Kausalität zugrunde ("Hätte ich doch, dann..."). Aber ich vermute, dass da in gewissen Trauerphasen eher so etwas wie "magisches Denken" eine Rolle spielt. Das Traurige ist, dass sich manchmal die Phasen nicht ablösen, sondern der Trauernde in einer verharrt.
bittermint hat geschrieben:es gibt keine eindeutigen Zuweisungen von Schuld, es gibt aufeinanderbezogene Reaktionen, die im Zusammenspiel zu Mustern werden. So sehe ich das.
Ja, das sehe ich auch so.
bittermint hat geschrieben:Abgesehen davon: können wir uns gar nicht beschützen. Wir sind nicht die Beschützer / Bewacher füreinander und die Vorstellung wäre auch gruselig für mich, dass andere für mein Leben verantwortlich sind / in der Lage sind meinen Tod zu zu verhindern und im Gegenzug meinen Tod zu provozieren.
Bei denjenigen, die es schaffen, dieses selbstauferlegte Schuldgefühl über Jahre und Jahrzehnte hinweg aufrecht zu erhalten, muß meiner Meinung nach bereits eine psychologische Grundstruktur im Hinblick auf "Schuld" vorhanden sein, die also schon in früheren Ereignis-Zusammenhängen gelegt wurde. Eine so ganz andere Logik, wie sie ja auch bei Mißbrauchsopfern oft gilt, selbst schuldig zu sein an dem, was ihnen andere angetan haben.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Inside
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 21:50

Danke für eure Einträge.

Bittermit trifft es ziemlich gut mit der gruseligen Vorstellung, dass andere für mein Leben verantwortlich sind und dem Gegenteil davon.

Denn das war jahrelang meine Realität. Ich hatte nur sehr wenig, bis gar keine Kontrolle über das, was das Leben mit mir machte. Ich war ein etwas, das seine Existenzberechtigung einzig daraus zog anderen "zu diensten" zu sein. Alles, was mich vielleicht ausgemacht hat, war so weit weg von mir, dass ich es tot schweigen musste. Sie hätten mich tot geprügelt, hätte ich auch nur eine Silbe von mir gegeben. Das war meine Welt als Kind. Da war niemand wirklich - nicht mal ich selbst. Die einzige Nähe die ich kannte, hatte einen hohen Preis.

So viel dazu, dass es schon vor dem Tod meines Mannes, eine psychisch verdrehte Grundstruktur in Bezug auf Schuld gab.

Ich wurde erwachsen - irgendwie. Immer abhängig davon von irgend jemand eine Existenzberechtigung zu bekommen. Ich weiß, wie grotesk sich das anhört aber es war mir nicht bewusst.
Dann kam mein Mann. Selbst depressiv und auch so "anders". Ich fühlte mich in einer Art zu Hause, wie ich es nie kennen gelernt hatte.

Er gab mir so viel an Liebe. Was für ein fatales Geschenk. Wenn du jahrelang geprügelt wirst und dann kommt jemand und streichelt deine Haut, oder dein Herz, dann kommt all das an gespeicherten Zeug mit dazu. Ich lag so oft völlig aufgelöst und wie erneut geprügelt, verachtet, missbraucht und weg geworfen in seinen Armen und konnte es nie erklären. Ich hoffte, dass es irgendwann einmal aufhören würde und ich - wie jeder andere auch - freude, lust, entspannung fühlen könnte. Aber dazu kam es nicht.

Was hat das mit ihm gemacht? Muss er sich nicht als Täter gefühlt haben, obwohl er keiner war? Was für Folgen hatte das für seine Gesundheit? Hätte er gehen müssen, bevor es zu spät war.

Wenn ich gewusst hätte, was ich heute weiß..... aber die Zeit lässt sich nicht zurück drehen.

lg
Inside

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bittermint
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Beitrag Mo., 10.12.2012, 23:13

Vincent hat geschrieben:Mir gefällt dein Beitrag, bittermint!
bittermint hat geschrieben:Und diese Sinnsuche kann man nicht gut wegrationalisieren, weil ich sie schlichtweg für menschlich halte.
Der Sinn eines jeden Todes sollte aber doch irgendwann verstanden werden, indem man seine Kausalität rational und objektiv begreift. Und dieses Nachvollziehen der Kausalität des Todes wird auch irgendwann auf der Gefühlsebene wirken. Bestensfalls.
Auch das rationale Verstehen kann diffuse Gefühle klären - und letztlich auch die vermeintliche "Schuld" auflösen.

Man könnte fast meinen, dass zuerst auch das Schuldgefühl rational-logisch hergeleitet wurde. Subjektiv liegt diesem offenbar auch eine Kausalität zugrunde ("Hätte ich doch, dann..."). Aber ich vermute, dass da in gewissen Trauerphasen eher so etwas wie "magisches Denken" eine Rolle spielt. Das Traurige ist, dass sich manchmal die Phasen nicht ablösen, sondern der Trauernde in einer verharrt.
Meinst du mit der Kausalität des Todes, dass es jeden irgendwann trifft und das unumstößlich zum Leben dazugehört?
Ich meine, man kann wissen und erfahren, dass es so ist. Aber inwiefern man es begreifen kann - ich finde es nach wie vor schwierig. Man kann Schlüsse aus der Erfahrung der Endlichkeit ziehen. (in meinem Falle, dass ich jeden Tag genieße und mein Leben in vollen Zügen lebe, da es auch jederzeit vrbei sein kann)
Ich kann mir ganz konkret nachwievor schlecht vorstellen, dass ich auch mal gar nicht bin, selbst wenn ich seit vielen Jahren erfahren habe, das ein Mensch, den ich sehr liebe, nicht mehr ist. Aber dieses Vakuum - das Sein zwischen Zukunftsbezogenheit / Plänen und dem Wissen um die Endlichkeit macht wohl auch das Leben oder das Menschsein aus. Man kann ja nur planen, auf die Zukunft bezogen sein, wenn alles auf ein Ende zusteuert.

Würden wir ewig dahinvegitieren, wäre vielleicht gar keine "Motivation" da, sich zu etwas zu entwickeln, weil die Unendlichkeit noch weniger greifbar wäre, keine Lebensphasen fassbar etc.

Ob ich das aber als Sinn eines Todes bezeichnen würde? Ich glaube ein individueller Tod ist einfach ein Verlust, eine Tatsache, die schwer fassbar ist. Nur weil jeder Mensch sterben muss, ist der Tod an sich für mich nicht sinnvoll. Er ist halt gegeben. (aber gut, DIE Diskussion ist in diesem Thread vielleicht schon ausgelutscht, dazu wurde ja schon viel geschrieben)

Abgesehen davon: die Einsicht, dass jeder stirbt und das teilweise Ursachen hat wie Lawinenfall (sorry, fällt mir grad spontan ein) - das ändert nichts an dem, was der endgültige Verlust einer Person in einem auslöst. Genauso wie es nichts an der Trauer, dem Schmerz des Verlustes und der Verzweiflung darüber ändert, wenn man weiß, dass der Tote nicht mehr leidet oder ähnliches - bzw. gibt es eben zwei Seiten der Medaille: das, was man über den Toten rational wissen kann (so in der Richtung: ihm ist es jetzt eh egal, er ist tot, fühlt/denkt nichts mehr/kann nichts mehr wollen und auch: er leidet nicht mehr) und das was man selbst erleidet (ich habe einen Menschen verloren, der mir so viel bedeutet, den ich brauche, den ich liebe, den ich nie mehr sehen/sprechen/fühlen kann - und das obwohl er so viel von meiner Identät ausmacht und ich so viel mit ihm teilen wollte..und was alles dazu kommt zu einem Verlust einer wichtigen Person, darüber könnte ich noch Seiten schreiben..).
Vielleicht kann man eine Seite recht gut irgendwann act acta legen, nämlich die erste Seite meiner metaphorischen Medaille. Aber der Verlust lässt sich schlecht weg-abern. Weil, wie widow glaub schon meinte, die zwischenmenschliche Beziehung, die Liebe einmalig ist.



vincent hat geschrieben: Bei denjenigen, die es schaffen, dieses selbstauferlegte Schuldgefühl über Jahre und Jahrzehnte hinweg aufrecht zu erhalten, muß meiner Meinung nach bereits eine psychologische Grundstruktur im Hinblick auf "Schuld" vorhanden sein, die also schon in früheren Ereignis-Zusammenhängen gelegt wurde. Eine so ganz andere Logik, wie sie ja auch bei Mißbrauchsopfern oft gilt, selbst schuldig zu sein an dem, was ihnen andere angetan haben.
Das kann es auf jeden Fall begünstigen. Der Todesfall eines nahen Menschen ist aber so einschreitendes Ereignis, dass auch dieses die verheerendsten Auswirkungen auf eine Persönlichkeitsstruktur haben kann. Begünstigt auch dadurch, dass man niemanden hat, mit dem man darüber sprechen kann / will. Vielleicht auch begünstigt durch eine Gesellschaft, die sprachlos beim Thema Tod und Trauer ist. Oder zum Beispiel durch religiöse Strömungen, so kenne ich christliche Gruppen, die stark von Bestrafung / Testen Gottes ausgehen (nach dem Motto: hadere ich im Leid mit Gott, oder bin ich trotzdem treu und nehme alles an, vgl. Hiob).


lg bittermint


Vincent
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Beitrag Di., 11.12.2012, 01:13

bittermint hat geschrieben:Meinst du mit der Kausalität des Todes, dass es jeden irgendwann trifft und das unumstößlich zum Leben dazugehört?
Dass der Tod unweigerlich früher oder später eintritt, ist wohl eine universelle Konstante: Der zyklische Kreislauf von Entstehen und Vergehen. Diese Tatsache ist schon wesentlicher Teil der Kausalität, die ich meinte. Ein anderer wesentlicher Teil sind die Umstände, die eher auf Zufall als auf Schicksal zurückzuführen sind.
Krebs mag das Eine sein; der Körper wird möglicherweise krank, wenn die Seele zu lange und zu schwer leidet, und man sich kein Ventil gesucht hat, den angestauten Druck weichen zu lassen. Einem Lawinenabgang, oder einem Autounfall liegen aber wohl doch eher andere Ursache-Wirkungs-Prinzipien zugrunde. Das muß man einfach begreifen (lernen), auch wenn es den Liebsten oder die Liebste, nahestehende Menschen ganz allgemein, getroffen hat.
bittermint hat geschrieben:Man kann ja nur planen, auf die Zukunft bezogen sein, wenn alles auf ein Ende zusteuert. Würden wir ewig dahinvegitieren, wäre vielleicht gar keine "Motivation" da, sich zu etwas zu entwickeln, weil die Unendlichkeit noch weniger greifbar wäre, keine Lebensphasen fassbar etc.
Ja, es ist wohl die Angst vor dem Tod, die dem Menschen Antrieb gibt. Natürlich wollen wir in dieser uns gegebenen irdischen Zeitspanne herausfinden, was unsere Bestimmung ist. Als körperliche Wesen sind wir aber vergänglich. Das materielle Leben bzw. das symbiotische Geist-Körper-Dasein ist das einzige Dasein, das wir kennen und handlen können. Was danach kommt, weiß nur Gott.
bittermint hat geschrieben:Ich glaube ein individueller Tod ist einfach ein Verlust, eine Tatsache, die schwer fassbar ist.
Ja, sicher. Aber man kann ihn wohl annehmen, je mehr man sich selbst hat. Dann kann man die Toten auch ruhen lassen, sie in guter Erinnerung behalten, und sich wieder den noch Lebenden zuwenden. Und der Verlust wird auch milder wirken, wenn man die jederzeitige Möglichkeit des Todes bisher nicht verdrängt hat.
bittermint hat geschrieben:Aber der Verlust lässt sich schlecht weg-abern. Weil, wie widow glaub schon meinte, die zwischenmenschliche Beziehung, die Liebe einmalig ist.
Dazu fällt mir ein, dass die Liebe der Hinterbliebenen nicht selten erst nach dem Tod so richtig zu entflammen scheint. Ich denke da z. B. an meinen Vater, der erst nach dem Tod meiner Mutter/seiner Frau anfing, sich für sie zu interessieren. Erst nachdem sie verstorben sind, kommen Menschen oftmals erst richtig ins Bewußtsein der Überlebenen. Vielleicht durch Schuldgefühle? "Ach, hätte ich doch..."
Ja ja, hätte er/sie mal...
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)


Widow
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Beitrag Di., 11.12.2012, 02:42

Vincent hat geschrieben:Dazu fällt mir ein, dass die Liebe der Hinterbliebenen nicht selten erst nach dem Tod so richtig zu entflammen scheint. Ich denke da z. B. an meinen Vater, der erst nach dem Tod meiner Mutter/seiner Frau anfing, sich für sie zu interessieren. Erst nachdem sie verstorben sind, kommen Menschen oftmals erst richtig ins Bewußtsein der Überlebenen. Vielleicht durch Schuldgefühle? "Ach, hätte ich doch..."
Ja ja, hätte er/sie mal...
Ach daher weht Dein Wind.
Ein Vaterproblem.
Tja, dergleichen war zu erwarten.


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Beitrag Di., 11.12.2012, 03:03

Widow hat geschrieben: Ach daher weht Dein Wind.
Ein Vaterproblem.
Tja, dergleichen war zu erwarten.
Vermutlich war bei euch zu Hause alles friedlich?!
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Beitrag Di., 11.12.2012, 03:09

Genau! Trefflich, Deine Empathie.
Und filigran Dein Übertagungsvermögen.

Aber ich bin jetzt schon die ganze Zeit OT, Verzeihung.


Vincent
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Beitrag Di., 11.12.2012, 03:14

Dergleichen war zu erwarten...
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Beitrag Di., 11.12.2012, 03:19

Tot ist tot.
Der einzige Sinn des Todes ist, den Platz für die nachkommenden Generationen freizumachen.
After all this time ? Always.

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