Was macht Ihr um die Depression auszuhalten?

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Stacheldraht
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Beitrag So., 29.04.2012, 16:32

Momentan bin ich schon stolz, wenn ich die Vorhänge morgens aufmach und Luft reinlasse. Vielleicht ändert sich das nach der Tagesklinik ja, aber im Moment seh ich eher schwarz.

Und Stipendien kann ich in meinem Alter eh vergessen, zumal ich ja eine Ausbildung und ein abgeschlossenes Studium habe. Mit dem Studium will ich mir einen zu meinem Studium passenden zusätzlichen Titel erwerben, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für mich zu verbessern, die durch den depressionsbedingten, schon längeren Ausfall derzeit eh nicht gerade rosig sind. Was ich genau mache, mag ich hier aber nicht erzählen. Dafür bin ich zu paranoid.

Und müssen... tja... die bekloppte moralische Instanz in mir zwingt mich immer wieder dazu weiterhin für alle die liebe, brave, jüngste Tochter zu sein. Das ist schon öfter Thema in der Therapie gewesen und wird es wohl auch noch des öfteren sein. Ich mein, wir werden manche Dinge klarer, aber anders handeln...? Hmpf... im Moment weiß ich noch nicht wie. Zumal ich gerade was meine Mutter betrifft in einem ziemlichen Spannungsfeld bin: einerseits habe ich sie ja wirklich lieb, andererseits macht sie mich auch immer wieder rasend vor Wut.
Und was meine Schwester betrifft... das ist die, die mir auch mein Abitur versaut hat, in dem sie kurz vor meinen Prüfungen meinte, sie müsste mal so tun als ob sie sich umbringt, der dann der Magen ausgepumpt wurde mit Herzstillstand, lange auf der Intensiv deswegen und danach dann jahrelang Dauergast in der Psychatrie, meist geschlossene. Und heute tut sie so als wäre sie ja nie krank gewesen und nur ein Opfer der bösen Ärzte. Aber ich hatte sie an den Wochenenden immer an der Backe, wenn sie aus der geschlossenen in Begleitung raus durfte, musste dann auf meine 3 Jahre ältere Schwester aufpassen, die sich von mir eh nix sagen ließ... und gnaaaa.... ich glaube, das habe ich einfach nie verziehen. WEder meiner Mutter, die damals immer weiter wegzog, noch meiner Schwester. Denn bei dem ganzen Scheiß (ich wollte damals vom Hochhaus springen und nicht nur dumm ein paar Tabletten schlucken -.-) hab ich mir meinen vorher guten bis sehr guten Schnitt versaut und konnte dann nicht das studieren was ich wollte, bin in einer Scheiausbildung gelandet, die ich gehasst hab und argh... grml...

Und kein Schein interessiert es, dass es mir damals mies ging und dennoch alle alles bei mir abgeladen haben. Obwohl ich bis kurz davor von allen wie ein Baby behandelt worden war. Argh, ich reg mich zu sehr auf gerade...
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 29.04.2012, 16:57

Dass es schwer ist, die Situation in Angriff zu nehmen, während man unter einer Depression leidet, kann ich voll und ganz verstehen. Kenne mich auch nicht gut genug aus, um zu wissen, ob es nicht doch andere Möglichkeiten gäbe, um in deiner Lage ein Stipendium zu kriegen - gibt es sie?

Woher weisst du, dass deine Schwester ihren Suizidversuch nicht ernst gemeint hat? So kommt es bei mir zumindest gerade an. Ich gehe davon aus, dass hinter jedem Versuch, sich zu töten, eine ernst zu nehmende Problematik steht. Ihre Geschichte kenne ich ja nicht, kann somit auch nicht beurteilen, was sie bezüglich der Ärzte gesagt hat. Aber so zu tun, als wäre man nie krank gewesen, kann auch eine Methode sein, um damit umzugehen.
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Stacheldraht
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Beitrag So., 29.04.2012, 17:17

Naja, Tabletten schlucken, dann einen Freund anrufen, damit er einen sofort zum Arzt bringt zeugt nicht von der festen Absicht es zu tun. Klar, sind auch solche Hilfeschreiselbstmorde ein Hinweis auf eine gravierende Problematik. Sicher. Sonst wäre sie ja auch nicht jahrelang Dauergast in der Psychatrie gewesen und hätte sich nicht ihre Haut aufgeschlitzt und verbrannt, so dass sie nun von oben bis unten total vernarbt ist. Insofern bestreite ich keineswegs, dass sie definitiv sehr krank war. Aber ihre ganzen Selbstmordversuche werte ich halt eben "nur" als Hilfeschreie und nicht als wirkliche Absicht. Sonst hätte sie kaum immer wieder es auf die gleiche Art und Weise und an Orten versucht, an denen klar war, dass man sie sofort auffinden wird.

Schon bekloppt, aber selbst dafür habe ich sie verachtet. Zum einen konnte ich meinen ernstgemeinten Wunsch dann nicht durchziehen, da ich dann wieder nur die Nebenrolle gespielt hätte (schaut mal, so eine doofe Trittbrettfahrerin; das konnte mein Stolz nicht zulassen) und zum anderen versaut sie es mir mit ihren blöden Pillenspielen. Ich wollte aus dem 14. Stock springen und das Problem wäre gelöst gewesen und hätt nicht jahrelang die gesamte Familie aufgemischt und immer wieder in Panik versetzt. Yay, das klingt jetzt richtig schön herzlos. Aber naja, meins ist irgendwann vernknöchert als ich meiner flennenden Mutter mal wieder die Hand gehalten hab, weil meine dämliche Schwester es wieder mal nur halbherzig versucht hat.
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Phönixia
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Beitrag So., 29.04.2012, 17:54

@Stacheldraht,

ich nehme mal an kein Mensch hat Dich gezwungen auf deine Schwester aufzupassen, deiner Mutter die Hand zu halten? Siehst Du auch irgendwo deinen eigenen Anteil an deinem Dilemma?

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Stacheldraht
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Beitrag So., 29.04.2012, 17:58

Mir egal was Du annimmst.
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Phönixia
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Beitrag So., 29.04.2012, 18:08

Mir egal was Du annimmst
ok. Ist ja auch nicht mein Problem.

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Stacheldraht
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Beitrag So., 29.04.2012, 18:17

Was erwartest Du, wenn Du mir im Grunde genommen unterstellst das ich lüge?

Soll ich mit 18 Jahren meine verzweifelte Mutter heulen lassen? Soll ich meine Schwester halt in der Psychatrie lassen? War ich dazu überhaupt fähig?
Nein, da ich (schon voher) selbst am Ende war und nichts anderes gelernt habe als das liebe brave Töchterchen zu sein, dass für alle immer da ist und gefälligst keine eigenen Bedürfnisse anzumelden hat. Aber klar, alles meine Schuld. Wahrscheinlich hab ich meinen Vater selbst in die Kneipe geschickt und ihn aufgefordert und das Leben zur Hölle zu machen. Man, ich bin gerade dabei zu lernen mir nicht mehr für alles die Schuld zu geben...
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Phönixia
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Beitrag So., 29.04.2012, 18:38

War ich dazu überhaupt fähig?
Vielleicht nicht.

Von Schuld war gar nicht die Rede, sondern von eigenen Anteilen, das ist ein Unterschied.
Ändern kann man nur sich selbst, nicht die Anderen.
Jetzt bist du nicht mehr 18 sondern 38. Wenn die Beziehungen zu belastend sind, musst du sie auch gegebenenfalls ganz abbrechen.

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Stacheldraht
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Beitrag So., 29.04.2012, 18:52

Ich will ja auch niemanden ändern. Ich will nur wieder fähig sein mehr zu tun als vor mich hinzuatmen.
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Phönixia
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Beitrag So., 29.04.2012, 21:36

Ich will nur wieder fähig sein mehr zu tun als vor mich hinzuatmen.
Ja, was die Depression betrifft, so ist wichtig keinen Widerstand gegen die Depression aufzubauen und innerlich dagegen anzukämpfen. Widerstand stärkt nur die Depression. Ich weiß das ist schwierig, denn sie ist zum Teil unerträglich. Aber sie ist nun mal da, und man kann nichts tun, außer es hinzunehmen. Die Depression lebst sogar von Nichtakzeptanz und Widerstand. Akzeptanz schwächt sie allmählich ab.
Wenn dir allerdings etwa einfällt was dir hilft und dir gut tut. Dann tue das ruhig. Aber stecke keine verbissenen Kampf gegen die Depressionen hinein.

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Stacheldraht
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 02:28

Wenn ich meine Depression akzeptieren würde, müsste ich meine Therapie abbrechen, meine Medikamente absetzen und wieder mein Leben einfach nur vorbeiziehen lassen bis es dann auf die eine oder andere Art endet.

Insofern bleibe ich lieber weiter beim Sträuben, dran arbeiten, bei der Therapie und vielleicht dann bald Tagesklinik und versuch mir mein Leben zurück zu erkämpfen. Denn ich weiß ganz genau wie es enden würde, wenn ich aufhöre zu kämpfen. Und solange ich noch diesen Minimalfitzel Hoffnung habe, werde ich weiterkämpfen, damit es vielleicht doch irgendwann wieder erträglich wird. Und jetzt möge mir irgendwer eins mit der Bratpfanne auf den Kopf geben, damit ich endlich schlafen kann...
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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 14:53

Akzeptieren vielleicht in dem Sinn, sie anzuerkennen
was nicht bedeutet der Depression das Zepter in die Hand zu geben.
Ich persönlich handhabe das wie du, stacheldraht
und jeden, jeden Tag aufs Neue...und wenns mich hingehauen hat
wieder aufstehen und wenns nur zum Trotz ist.
Jeden Tag auf Neue...

LG ADW
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Stacheldraht
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 20:12

Ohhh jaaa, Trotz kenn ich nur zu gut. Eigentlich bin ich nur wegen meines Trotzes noch am Leben. Denn Trotz ist bei mir eng mit Stolz verbunden. Nach den "läppischen" Suizidversuchen meiner Schwester, konnte ich diesen Weg nicht mehr gehen, da ich nicht als doofer Trittbrettfahrer dastehen wollte. Immerhin wusste ich von diversen Studien, dass ein Selbstmord oft weitere nachzieht. Man bedenke nur den Werther-Effekt (tolles Buch übrigens!).

Läppisch waren die Selbstmordversuche meiner Schwester natürlich nur insofern, dass sie sie nicht umgebracht haben und wohl auch jedesmal nicht wirklich ernsthaft ausgeführt wuren (in Details mag ich hier nicht gehen). Für mich war es aber ärgerlich, da ich eh immer nur "die Schwester von..." war und von daher es mit meinem Stolz nicht ausmachen konnte selbst im Tod als "Schwester von ..." angesehen zu werden ("ach, die hat's bestimmt nur gemacht, weil ihre Schwester es ja auch versucht hatte"). Die Angst war einfach da, dass man das ganze letztlich so auslegen könnte, dass ich nur Aufmerksamkeit und nicht sterben wollte. Dabei hatte mein Plan Substanz und war sicher. Aber ich wollte den anderen nicht den Gefallen tun, nun endlich wenigstens die Richtige loszuwerden. Ich bin nur aus Trotz noch am Leben, wegen des Gedankens "den Gefallen tue ich Euch nicht". Das hat mir sogar durchaus noch gute Erfahrungen eingebracht. Ich weiß nun, wie es sich anfühlt geliebt zu werden. Insofern ist es inzwischen mehr die verzweifelete Hoffnung, dass ich mich irgendwann vielleicht doch so sehr mögen kann, dass jemand anders mich lieben kann und ich vielleicht doch noch einmal Glück spüren kann. Diese Hoffnung ist lebenswichtig für mich... :/
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Mia Wallace
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Beitrag Di., 01.05.2012, 11:36

Liebe Stacheldraht,

ich verstehe deine Wut auf deine Schwester.
Was würdest du denn brauchen, um den Kontakt zu ihr (und anderen Menschen, die dir nicht gut tun) abbrechen zu können?

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Stacheldraht
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Beitrag Di., 01.05.2012, 12:01

Liebe Mia,

das Blöde ist ja, dass sie trotz allem meine Schwester ist und ich sie auf bekloppte Art und Weise ja dennoch lieb habe. Ist mit meiner Mutter ja ähnlich. Einerseits habe ich sie furchtbar lieb, andererseits macht mich auch bei ihr vieles so wütend. Darum habe ich ja ohnehin schon nur sporadischen Kontakt. Nur die verstehen halt nicht, warum ich so wenig Kontakt will und meinen dann immer, dass es für mich doch viel besser wäre, wenn ich welchen hätte. Die verstehen einfach nicht, dass ich ganz anders als sie bin bzw. das ich von den Treffen mit denen immer wenig habe, da ich ja eh nur die Funktion als immer liebe Zuhörerin habe. Ist ja auch nicht so, dass ich nicht auch mal versucht habe dagegen zu revoltieren. Nur wenn ich mal versucht habe auch mal ein Rederecht für mich einzufordern und dann auch mal wirklich Tacheles geredet hab, dann endet das mit einer weinenden Mama und ich ertrage das nunmal nicht meine Mutter zum weinen zu bringen. Von daher bleibt mir ja nichts anderes übrig als weiterhin die liebe Kleine zu bleiben. Grmpf, ich bin halt ein doofes Mamakind, das daneben auch prima als kleine Schwester geeignet ist. Ich kann nunmal Menschen, die ich lieb hab nicht verletzen und ganz aufgeben. Ich würde mir nur wünschen, sie würden mich einfach alle in Ruhe lassen. :(
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