Den Kopf frei machen.

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
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Rezna
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Beitrag Mo., 26.12.2011, 22:17

Nein, habe einen Bogen um Punschstand und Co gemacht.

Die angebotene Ausbildung, die ich NUR und nur wenn alles perfekt läuft (was auch immer das bedeutet) wäre, dann in einem Betrieb für zwei Tage die Woche zu arbeiten, und nebenbei quasi die Ausbildung als Lehre zu machen. WIe ich jetzt über BBRZ nachgelesen habe, sind die wohl eher auf Behinderte focussiert, und ich bin viel zu gesund dafür.
Aber abgesehen davon dachte ich ich breche ab vor lachen (hab aber nur innerlich gelacht, da ich mich kooperativ zeigen wollte) als sie folgendes postulierte:
"Für die Betriebe ist das ja auch toll, wenn sie so Leute vom BBRZ bekommen, die da Praxis machen, denn sie müssen keinen Lohn dafür zahlen, sie haben keine Kosten..."
Ich fragte mich, ob sie je, jemals, irgendwann auch nur einen einzigen Tag ausserhalb der geschützten Werkstätte eines Beamtenschreibtischs verbracht hat (und ich denke, das AMS ist auch Beamtenwesen). Ich habe mir im Geiste vorgestellt, wie das in all meinen bisherigen Firmen gelaufen wäre, und da waren die Chefs durchaus aufgeschlossen. Ich weiß ja, wie das schon mit den Praktikanten gelaufen ist, die ein Monat absolvieren mussten, um in der Schule maturieren zu dürfen. Keiner hatte die Zeit und die Ressource, sich um diese zu kümmern. Und so lagen diese meist irgendwo herum und schliefen den ganzen Tag, oder im besten Fall durften sie im Kammerl die Buchhaltungsordner umsortieren... oder mal ein paar Folder falten. Es waren auch keine Rechner übrig, mit denen diese sich vier Wochen hätten spielen dürfen.
Wie hätte es bei uns ausgesehen, wenn wir jemanden über eine BBRZ-Ausbildung bekommen hätten, der zwei Tage in der Woche im Weg herumsteht, dadurch nie in irgendeinen Auftrag eingearbeitet werden kann, da kaum ein Auftrag die Zeit hat, herumzuliegen bis zweimal die Woche jemand damit arbeitet... Der hätte sich einerseits fadisiert, andererseits absoltute Dummhacken gemacht, vor allem weil keiner den Nerv und die Zeit für eine Einschulung gehabt hätte. Völlig Realitätsfremd. Und: Man kann sich andererseits schon denken, welche Firmen so jemanden brauchen, in der Branche. Firmen, die sich "richtige" Mitarbeiter ersparen wollen, keine fairen Löhne zahlen aber Menschen ausbeuten wollen. Da gibt es ja einige Firmen, die sich dann also total sozial rühmen, weil sie eben solchen "Langzeotarbeistlosen" oder dergleichen "eine Chance" geben. In Wahrheit sind das reine Ausbeuterbetriebe, die Geld generieren wollen, und anstatt einen Lohn zahlen noch Förderungen abgreifen. Die nennen sich nur deswegen sozial, weil sie es ertragen Kranke überhaupt in ihre Nähe zu lassen. Das wars aber auch. Ach ja, und sich mit ihnen ablichten lassen, damit es eine gratis Werbeschaltung auch noch gibt, weil dann jeder naive Bimpf denkt, er tut was total Gutes, Leute im Akkord Tätigkeiten verrichten, für die es längst Maschinen gibt, deren Anschaffungswert natürlich, gemessen an Gratisarbeitskräften, zu hoch wäre.

Grummel. Für wie blöd wollte mich die Dame eigentlich verkaufen? Oder sind die WIRKLICH so naiv? Ich kenne ja den beruflichen Werdegang des durchschnittlichen AMS-Mitarbeiters nicht, aber in der Privatwirtschaft können die, wenn man sich das Kursangebot, Berwerbungsbedingungen... anschaut, nicht viel Erfahrung gesammelt haben.

Gut... aus Verzweiflung tun Menschen noch ganz andere Dinge...
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sofa-held
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Beitrag Di., 27.12.2011, 00:13

Arta hat geschrieben: Ich kenne ja den beruflichen Werdegang des durchschnittlichen AMS-Mitarbeiters nicht, aber in der Privatwirtschaft können die, wenn man sich das Kursangebot, Berwerbungsbedingungen... anschaut, nicht viel Erfahrung gesammelt haben.
ist, so glaub ich, auch nicht vorgesehen, oder?

Andererseits werden die halt auch diese Sachen auf´s Aug gedrückt bekommen und sie müssen es weiter verkaufen. Und wer nicht spurt, wird sanktioniert mit Verlegung an einen unattraktiven Platz innerhalb des AMS und da gibt es genug. Also am Schalter bei der allgemeinen Anlaufstelle möchte ich nie im Leben sitzen.

Ich hab da mal per Zufall ein Gecpräch zwischen zwei Betreuerinnen mitgehört, die gejammert haben, was sie jetzt wieder alles umsetzen müssen. Kann mir schon vorstellen, dass da von oben sehr abstruse Ideen kommen - siehe Politik, zb. als Madame Marek ihren Anfall hatte und meinte Straßenkehren sei eine geeignete Maßnahme für Langzeitarbeitslose - und das sickert dann durch - über viele Zwischenhändler - und sinnlose Meetings - bis hin zur kleinen AMS-Mitarbeiterin, die das vertreten muss.

Und mit dem Thema, Krankheit, Burnout, verminderte Leistungsfähigkeit tun die sich aufm Amt immer noch schwer.
Als ob sie selber nie in die Situation kommen würden.

Wir müssen alle bis 65 arbeiten, das ist noch eine lange Zeit, und so geistesgestörte Politiker oder AMS-Manager glauben wohl, dass ihnen auf den Weg dorthin nichts wiederfährt. Dabei ist es eher die Regel, dass viele Leute mindestens einmal richtig erkranken während ihrer Laufbahn, das muss nichts psychisches sein, und damit stellt sich eben die Frage, schicke ich diese Leute Straße kehren oder in´s BBRZ, oder in die IP, was wiederum zum Ersatz für die verhasste Frühpension wird.
Arta hat geschrieben:WIe ich jetzt über BBRZ nachgelesen habe, sind die wohl eher auf Behinderte focussiert, und ich bin viel zu gesund dafür.
Bist du dir da sicher? Zb. Leopoldau ist sicher nicht für geistig Behinderte. Auch diese BBRZ-Einrichtung worüber es den Thread gibt hier, ist eher eine normale Einrichtung für eben Langzeitarbeitslose. Oder war das ein Scherz

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Rezna
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Beitrag Di., 27.12.2011, 03:39

sofa-held hat geschrieben:uch diese BBRZ-Einrichtung worüber es den Thread gibt hier, ist eher eine normale Einrichtung für eben Langzeitarbeitslose. Oder war das ein Scherz

Es war eigentlich nicht als Scherz gemeint. Ich hab nur heute auf der Seite nachgesehen, und da fand ich eine sehr lange Liste darüber, womit sich das BBRZ kümmert, bzw. wofür es sich verantwortlich fühlt... und da las ich nur über (körperliche) Behinderung. Inwiefern psychische Erkrankungen ebenfalls unter "Behinderung" fallen, weiß ich nicht.

Ach stimmt, die lustigen Ideen von wegen, irgendwelche Jobs dann zu machen, die keiner will, oder - eher - die so unterbezahlt sind, das sie keiner machen möchte/kann. Da kommt ja auch immer wieder zutage, sich als Arbeitsloser in der Pflege gütlich zu machen. Ich hab mir das oft von beiden Seiten her ziemlich derbe vorgestellt. Einerseits ist eben nicht jeder für die Pflege geeignet... mit dem selben Argument könnte man ja alle Arbeitslose verpflichten, Werbekataloge zu illustrieren. Auf der anderen Seite aber möchte ich, wenn ich pflegebedürftig bin, nicht von einem zwangsverdonnerten Langzeitarbeitslosen gepflegt werden, der dazu keine Ausbildung hat und nur die Wahl hatte zwischen Bewerbungstraining für Analphabeten, Sperrung oder Pflegedienst (und im Endeffekt laufen die "guten" Ideen darauf hinaus... denn... das ist ja dann eine freie Entscheidung und man kann sich einreden, es würden eh nur Freiwillige in die Pflege gehen... so wie die Ausbildung aktuell ja auch... äh... "eine freie Weiterbildungsmaßnahme" ist, denn wenn man will kann man sich ja auch sperren lassen). Na und die dritte Ebene: die Entwertung der ohnedies mit solchen Vorschlägen diskreditierten Jobs. Ich stelle mir die vielen Pflegeberufler vor, die eine Ausbildung haben, den Beruf mit passion betreiben, am Rande der eigenen Leistungskapazitäten, und dann werden sie auf die selbe Ebene gestellt wie strafrekrutierte Langzeitarbeitslose die man vom Schmarotzertum kurieren will. Das haut sicher rein.

Und ja, ich frage mich immer, was die Leute sich unter "Krankheit" so vorstellen. In einem Kurs den meine Schwester besuchte, versuchte man Krebskranke, die NICHT geheilt waren sondern mitten zwischen zwei Behandlungsformen steckten, zum Lagerlogistiker auszubilden. Und so einige andere netten Dinge.
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Beitrag Di., 27.12.2011, 03:42

Ich merke, wie mich das Thema frustriert. Es ist so schäbig und hoffnungslos. Oder anders: ICH fühle MICH hoffnungslos. Die Frage, was will ich mit meinem Leben, und wohin, wird da immer wieder vernichtend. Oder wieder anders: Ich hasse es, so... gezwungen.... zu werden. Ich habe immer das Gefühl, mein Leben gehört mir gar nicht. Ich hätte irgendwie durch meine Geburt einen Vertrag unterschrieben, meine Lebenszeit dem Allgemeinwohl zu opfern. Und Angesichts der Tatsache, nicht so glücklich damit zu sein, dass ich leben muss, finde ich es nicht fair. Oder anders: Ich habe das Gefühl, "Andere" könnten glücklich sein, "dürften" das... indem sie eben einfach anders fühlen und denken. Zumindest wüsste ich nicht, dass sie sich jeden Tag mit Gedanken herumschlagen, die das Für und Wider des Lebens an sich zum Thema haben. Wie oft am Tag stellt sich der normale Mensch die Frage, wie lange er noch leben muss? Wie oft am Tag kalkuliert er innerlich durch, wie lange er es aushält? Wie oft am Tag rechnet der normale Mensch damit, dass eines Tages neben den materiellen Ressourcen auch die energetischen fehlen werden, und setzt sich Lebenslimits? Wie viele Menschen bekommen Panik, wenn sie nur darüber nachdenken, noch länger als ein Jahr leben zu müssen? Es wäre schöner, wenn ich darüber nicht nachdenken müsste. Wenn ich das Vertrauen hätte darin, leben zu können. Genug Energie zu haben, ausreichend Zuversicht und die vage Idee einer Zukunft, für die sich der ganze Schas lohnt.

Wenn mein Freund zu mir sagt: "Alles wird gut." sage ich IMMER darauf: "Nein, alles wird immer schlimmer und schlimmer, aber am Schluß sind alle tot." Und ich meine das auch ganz genau so und habe immer ein genaues inneres Bild dazu. Ich sehe all die Leute die ich kannte, mächtig, stark, mit einem gefüllten Leben, wichtig und bunt, wie sie daliegen, von ihrer Krankheit überrumpelt, ausgemergelt und durch einen viel zu frühen Tod rasch und unbarmherzig aus dem Leben gerissen. Und die Tatsache ist mir so bewusst wie nur was, dass uns ALLE auf JEDEN FALL das Schicksal ereilen wird, alles zu verlieren was wir haben, uns aufbauen und am Ende in einem Sterbebett zu liegen... oder im schönsten Fall, spontan und ohne damit zu rechnen aus dem Leben geholt zu werden, etwa durch einen Unfall, oder Tod im Schlaf. Es gibt dazu keine Alternative. Für keinen Menschen. Maximal ist es eine Frage der Zeit. Es ist nicht einmal destruktiv, sondern realistisch. Es ist wie es ist.

Für mich wäre es einfach wichtig, das temporär vergessen zu können, oder, zu fühlen, dass es dennoch sinnvoll ist, die Zeit bis dahin mit Ressourcenverschwendung zu verplempern und sich damit sein Leben einigermaßen fesch zu gestalten. Allerdings gehört der AMS-Wahnsinn und der ganze Mist drum herum nicht dazu. Ich müsste etwas finden, das so intensiv ist, so lebenswert, dass ich diese AMS Sache in Kauf nehmen kann, sie mich nicht erschwert. Etwas, das so intensiv ist, dass es sich gegen die Todesvisionen und die Behördengewichte durchsetzen kann. Dieses Ziel, dieses eine Ding das die meisten Menschen am Leben erhält... sie immer weiter treibt, auf eine Art, die es ihnen nicht erlaubt, mal über ihren Tod nachzudenken... mir fehlt es. Es gibt vage diese Wunschvorstellungen. Aber sind sie stark genug? Wenn man für etwas leben will, muss man auch bereit sein, dafür zu sterben. Sind es die Dinge die bei mir als Ziel taugen würden so stark?

Ich bin immer noch feige. Ich will nicht leben. Ich will nicht sterben. Ich drücke mich um die klare Entscheidung seit ich mir meiner bewusst bin. Meine Thera meint, so halte ich mir einen Druck vom Hals, der mich verrückt machen würde. Hätte ich nicht die Hintertür des Todes, so hätte mich der Druck des Lebens vielleicht schon richtig zerstört,... ich würde das als eine art Selbstmedikation benutzen, um eben den Druck irgendwo durchrauschen zu lassen, in die ewigen Jagdgründe.
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Beitrag Di., 27.12.2011, 04:28

Arta hat geschrieben:Meine Thera meint, so halte ich mir einen Druck vom Hals, der mich verrückt machen würde. Hätte ich nicht die Hintertür des Todes, so hätte mich der Druck des Lebens vielleicht schon richtig zerstört,... ich würde das als eine art Selbstmedikation benutzen, um eben den Druck irgendwo durchrauschen zu lassen, in die ewigen Jagdgründe.
Guter Gedanke Deiner Thera. Ich wünschte, ich hätte das früher gelesen, denn früher litt ich enorm unter der Todessehnsucht meiner Schwester.
Lieben Gruß
elana

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sofa-held
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Beitrag Di., 27.12.2011, 18:51

Arta hat geschrieben:Ich drücke mich um die klare Entscheidung seit ich mir meiner bewusst bin.
ich genieße genau diesen Aspekt mittlerweile enorm, mir Auszeiten von Entscheidungen zu geben, in ganz kleinen Dingen, mal einen Tag lang planlos durch die Wohnung zu laufen, mal ein bisschen das und ein bisschen dies machen. Und gelegentlich frage ich mich dann, was mache ich hier eigentlich. Es macht nicht sonderlich viel Sinn was ich tue, und dann antworte ich mir: ich befreie mich von Entscheidungen. Ich muss jetzt kein gutes Bild malen, keine zukunftsorientierte Idee finden, keinen Job annehmen den ich ich nicht will. Ich musste so lange, und ich hatte das gleich Problem mit dem Zwang.

Ich hatte das schon mit 17. Da ging das Theater los. Meine Thera meinte damals, wenn ich mich nicht in die Leistungsgesellschaft integrieren wolle, könne ich ja auf eine Insel gehen und mir Bananen pflücken. Freunde waren ähnlich drauf, willst du nichts leisten, darfst du auch nichts nehmen. Andererseits trotzte ich immer wieder, weil ich dachte, ich habe die Welt nicht so gemacht wie sie ist, so pervers arbeitsteilig, dass es Menschen gibt die immer nur eine Bewegung machen, ihr ganzes Leben lang. Und auch dieses größer, schneller, besser. Das hab ich nicht erfunden.
Warum kann ich nicht in meinem Tempo leben, selbst bestimmen, was ein lebenswertes Leben ist. Und da haben mir dann die von Marx inspirierten Denker sehr geholfen, weil sie die kapitalistische Ausbeutung der Ressource Mensch schon ganz ordentlich kritisiert hatten. Und ich habe meinen Trotz wirklich kultiviert, mit unpraktischem Studium, wenig vielsprechenden Berufsaussichten usw.
Arta hat geschrieben:Und die Tatsache ist mir so bewusst wie nur was, dass uns ALLE auf JEDEN FALL das Schicksal ereilen wird, alles zu verlieren was wir haben, uns aufbauen und am Ende in einem Sterbebett zu liegen...
Diese Romantik kenn ich auch. Ich finde solche Gedaken wichtig, weil sie das Leben relativieren. Der Tod ist Demokratie und Gerechtigkeit eine Spielregel die für alle gilt. Die Reichen können sich zwar etwas mehr Lebenszeit und Lebensqualität erkaufen, Menschen aus sozial höheren Schichten leben stastisch länger ...aber im Prinzip ist es auch nur ein Hinauszögern. Irgendwie sind bei mir diese Gedanken in meiner jetztigen Lebensphase in den Hintgergrund getreten. Ich denke nicht mehr so viel über das Sterben nach. Sterben stell ich mir irgendwie leicht vor, wie ein riesiger Kontrollverlust und aus, Ende, Fin, wirklich schwer ist das Leben.

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Rezna
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Beitrag Di., 27.12.2011, 19:30

sofa-held hat geschrieben:Ich hatte das schon mit 17. Da ging das Theater los. Meine Thera meinte damals, wenn ich mich nicht in die Leistungsgesellschaft integrieren wolle, könne ich ja auf eine Insel gehen und mir Bananen pflücken.
Ja, da gibt es doch diesen Spruch: "Wenn das jeder machen würde." Mittlerweile sage ich dann: Stell dir vor, was wäre, wenn jeder deinen Beruf ergreifen würde? Wäre genauso dem Untergang geweiht, weil, beispielsweise käme man nicht weit, wenn JEDER ein Koch werden würde. Und nur das. Menschen sind unterschiedlich, und in einem System wie dem Kapitalismus MUSS es eben Leute geben, die NICHT integriert sind... er würde anders gar nicht funktionieren. Und bei diesem Denken ausserdem, ist man bald dabei, alle die die nicht so sind wie "man" will, also arbeitslos, zu krank für Arbeit... aus dem Land zu verweisen (zu vernichten).
Als ich mich auf der Suche nach alternativen Systemen vor einigen Jahren in Matriachate, Anarchien und so weiter eingelesen habe, funkte in mir erstmals so etwas wie Hoffnung auf. Und sei es, weil es viele andere Menschen gibt, die sich ihre klugen Köpfe zerbrechen, die es nicht akzeptieren wollen, wie es ist.
Gleichzeitig wurde mir klar, dass ich aber auf DIESES System geprägt bin, und darin funktioniere, hier mein soziales Netz habe... und ich damit erpressbar bin. Denn entweder ich mache was ich will, und verzichte auf alle Menschen, alles sozialen Kontakte... oder ich füge mich dem System und erhalte meine Bindungen. Verdammt, als so alles drunter und drüber ging, war ich haarscharf dran, wirklich abzuhauen. Ich hab mir schon die Fahrpläne angesehen, Dinge dafür zusammengetragen. Ich dachte, sobald mein Vater tot ist, hau ich ab. Da wusste ich nicht, welcher Rattenschwanz an rechtlichen Dingen folgen. Aber auch dann sagte ich: nur schnell die Testamentssache über die Bühne bringen, dann hau ich ab. Das dauerte aber dann ein ganzes Jahr... und bis dahin war ich dann nicht mehr im geografischen Fluchtmodus sondern dann bei Medikamenten und Co. angelangt. Und mittlerweile häng ich zu sehr an meinen Neffen/Nichten... weiß auch, wie wichtig ich ihnen bin... hrmpf.
sofa-held hat geschrieben: Sterben stell ich mir irgendwie leicht vor, wie ein riesiger Kontrollverlust und aus, Ende, Fin, wirklich schwer ist das Leben.
Ja. Exakt. Wobei ich eben bis vor wenigen Jahren eine echte Angst hatte, nicht sterben zu können. Das klingt komisch, aber die Angst war wirklich heftig. Vermutlich auch ausgelöst durch meinen Opa, der 103 wurde. Er sah nach "ewig leben" aus weil er stets 30 Jahre jünger aus sah als er war. Die Angst war wirklich umfassend, bescherte mir Albträume... und ich fragte mich, wie ich sie loswerden könne, denn eigentlich wäre bei Angst die Konfrontation wichtig, aber das hätte dann geheissen, mich zu töten. Interessanterweise hatte dann das "große Sterben" in meiner Familie den heilsamen Effekt. Nachdem ich in kurzer Zeit vier mal am Sterbebett stand und quasi zusah wie das Leben entweicht, war ich ernsthaft beruhigt. Das hat mich vor der Angst geheilt, weil ich den Beweis hatte, dass Menschen, die einem so "immerwährend" vorkommen, einfach so sterben, es keine Sonderbehandlung gibt, keine Garantie auf das Leben, aber eine Garantie auf den Tod.

Da bekommt Erlösung eine ganz neue Bedeutung.

Hab vorhin auch wirklich überlegt, das viel "entspannter" in meinem Leben zu sehen. Also die immer offene Tür. Die Tür durch die ich "todsicher" hindurch gehen werde... die einzige Tür im Leben, die gewiss nicht verschlossen ist.

Interessant, wohin mich das AMS-Thema regelmäßig treibt.
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Beitrag Di., 27.12.2011, 19:59

Das AMS und der Tod

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Beitrag Do., 29.12.2011, 02:57

Ich hab grad, rein aus Interesse, ein wenig recherchiert und pack das grad nicht so wirklich.

Der Kurs den ich gewollt hätte, hätte dem AMS rund 6.000,- gekostet, + die Notstandshilfe für diese drei Monate Kursdauer!

Das war dem AMS zu teuer. Keine Chance, man muss ja sparen.

ABER: die Maßnahme mit dem BBRZ, die sie mir vorschlagen, die auch eine Aubildung, wenn auch auf niederem Niveau (Lehrabschluss statt Diplom) abschließt kostet... 45.000,- In Worten: Fünfundvierzigtausend Euro. Also weit über 30.000,- Euro mehr als mein Weg...

Also mir kann die gute Tante auf dem AMS mit vielem kommen, definitiv aber nicht damit, dass mein Ausbildungswunsch wegen der Kosten zurückgewiesen wird.

Ich fühle mich veräppelt. Nicht überrascht. Aber man hofft ja immer noch, dass es vielleicht auch nur Vorurteile sind, die man hat.
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Beitrag Do., 29.12.2011, 03:04

Arta hat geschrieben: Ja. Exakt. Wobei ich eben bis vor wenigen Jahren eine echte Angst hatte, nicht sterben zu können. Das klingt komisch, aber die Angst war wirklich heftig. Vermutlich auch ausgelöst durch meinen Opa, der 103 wurde. Er sah nach "ewig leben" aus weil er stets 30 Jahre jünger aus sah als er war. Die Angst war wirklich umfassend, bescherte mir Albträume... und ich fragte mich, wie ich sie loswerden könne, denn eigentlich wäre bei Angst die Konfrontation wichtig, aber das hätte dann geheissen, mich zu töten. Interessanterweise hatte dann das "große Sterben" in meiner Familie den heilsamen Effekt. Nachdem ich in kurzer Zeit vier mal am Sterbebett stand und quasi zusah wie das Leben entweicht, war ich ernsthaft beruhigt. Das hat mich vor der Angst geheilt, weil ich den Beweis hatte, dass Menschen, die einem so "immerwährend" vorkommen, einfach so sterben, es keine Sonderbehandlung gibt, keine Garantie auf das Leben, aber eine Garantie auf den Tod.
Liebe Arta

So hab ich das echt noch nie gelesen. Danke für Deine konkreten Ausführungen. - Was ich aber öfter mitbekam, dass sich manche den Tod von unliebsamen Angehörigen herbeisehnen, das hat dann schon etwas Morbides, obwohl ich es in manchen Fällen sogar verstehe, wenn die unliebsame Person derart negativ auf das Umfeld wirkt. Aber dann dieses Warten darauf ... Was ich noch kenne, ist der Wunsch des Todessehnsüchtigen, die geliebten Menschen mitzunehmen oder - wenn das nicht geht bei unwilliger Bereitschaft dieser - nur deshalb am Leben zu bleiben, weil man nicht allein sterben will.
Lieben Gruß
elana

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Beitrag Do., 29.12.2011, 03:37

Hm...
Mein Opa erzählte immer von einem Freund, der rüstig und gesund war, aber eines Tages beschloss, dass es nichts mehr gibt weswegen er weiterleben sollte. Der legte sich einfach hin und starb. Ich hab nie verstanden, wie das gehen soll, habe ähnliches aber schon von Naturvölkern gelesen... ob das stimmt oder nur eine romantische Idee ist, weiß ich nicht. Aber es hat mich doch lange beschäftigt...

Ich hab das erst in der eigenen Familie erlebt, dass man eine alte Frau die sterben wollte gegen ihren Willen noch drei Jahre am Leben erhielt... weil die näheren Bezugspersonen nicht loslassen wollten... irgendwie ihren eigenen Lebenssinn in der Aufopferung für diese Frau finden wollten. Die Frau war körperlich am Ende, psychisch völlig fertig, hatte selber Krebs, ihr Mann hatte Krebs und drei ihrer Kinder ebenso... sie war über 80 und hat sich umbringen wollen, leider hat man sie gefunden und gerettet. Drei Jahre siechte sie dahin, musste den Tod eines Kindes miterleben, mit erleben wie ihr Körper auseinanderbricht,... es war die reine Hölle... dafür hasse ich die Menschen die sie am Leben erhalten wollten, weil ihnen ihr eigener Lebenssinn fehlte, oder sie andere in ihre eigene Lebensmoral reingezogen haben.

Und ja... das "mit nehmen". Meine Mutter hatte das auch vor, als wir Kinder noch klein waren. Sie wollte sich selber umbringen, und uns mit in den Tod nehmen. Sie empfand das Leben eben als nicht lebenswert, und wollte uns davor retten.

So gesehen gab es sogar zwei Mordversuche an mir, ehe ich zehn war. Aber alles schön zugedeckt, es wurde nie darüber gesprochen, es war kein Spektakel, erklärt aber vielleicht meinen Hang, mein Gefühl, einfach nicht existieren zu dürfen, kein Recht auf Leben zu haben, auch sehr trotzig zu reagieren, wenn ich mein Leben jemandem "überantworten" soll, wie ich das beim AMS oder dem Psychiater so empfinde... vielleicht entstand da auch ein Teil der Angst, nicht sterben zu können... Vielleicht ist bei mir deswegen der Tod so extrem Lebensbegleitend, in voller Bewusstheit. Seit meiner Kindheit ist er eben allgegenwärtig, in allem, und Bestandteil fast sämtlicher meiner Gedanken... aber eben nicht negativ. Eher neutral, es ist was es ist, und hin und wieder auch positiv, als Erlösung... als ein Weg, nicht vom AMS segiert zu werden, oder einem Chef, Behörden,... meine Thera kennt das von mir. Da kann ich auch recht offen darüber reden. Als ich vor einem Jahr mal nicht aufpasste, und so selbstverständlich mit meinem Psychiater so redete, da wollte er mich gleich einweisen, machte sich schreckliche Sorgen. Wenn der wüsste, dass ich selbst wenn ich bei ihm sitze, auf so gut wie jeden seiner Ratschläge denke: Und wenns nicht klappt, kann ich immer noch sterben... der würde mich nimmer gehen lassen.

Ich verstehe die allgemeine Panik, oder Angst vor dem Tod absolut nicht. Ich kanns noch grad nachvollziehen, dass man einen geliebten Menschen nicht verlieren will... wobei auch da oft kein Unterschied ist, ob man sich trennt, oder stirbt, oder weit weg zieht... da gehts dann nur um den Abschied, nicht um den Tod. In gewisser Weise beneide ich die Menschen die bereits tot sind. Wenn ich wo lese, das einer gestorben ist (oder sehr viele gestorben sind) freu ich mich für diese, vom Leben erlöst zu sein. Mir macht der Gedanke, jederzeit sterben zu können, keine Angst. Mir tuts dann nur leid für die Leute denen ich was bedeute... aber wegen mir selber... egal... maximal dass ich mir denke: ach, den Film hätt ich aber schon noch gern gesehen... aber das ist auch nicht sooo wild. Würde ich "planen" dann wäre der Abschiedsschmerz von geliebten Menschen zu groß. Auch da: Der Tod selber... egal... aber der Abschied...

Die Frage nach Alternativen... wenn das AMS nicht geht, ein Job auch nicht, ich aber keine Millionen habe, um davon zu leben... mit dem Behördenkram nicht klar komme, gibts nicht mehr viel...
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Beitrag Do., 29.12.2011, 03:52

Ja, einer meiner jüngsten Brüder wollte mich, wo ich noch ein Baby war, auch umbringen, alle meine Brüder lehnten mich ab als Neugeborenes, das hat sich später nicht geändert. Ich war ein unerwünschter Eindringling einer unerwünschten Stiefmutter und nahm ihnen dann noch den Vater weg, der auch meiner war. Und so wuchs ich auf und das ließen sie mich tagtäglich spüren, obwohl ich mir so viel Mühe gab, ihre Zuneigung zu gewinnen. Aber vielleicht will ich gerade deshalb unbedingt leben und alt werden, obwohl ich so krank bin, dass meine Theras mich immer wieder ungläubig fragen, ob ich wirklich noch nie an Suizid gedacht habe. Nein, habe ich nicht. Aber bei meiner Schwester war es umso mehr der Fall, auch sie wurde abgelehnt.
Lieben Gruß
elana

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