Religion & Atheismus

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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Passat
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 19:57

shouqici hat geschrieben:Was Du da beschreibst ist aber eine subjektive Auffassung, die nicht Jedem nachvollziehbar ist - die Spürbarkeit und die Gewissheit sind für jemanden, der diese Erfahrung nicht gemacht hat, einfach nicht nachvollziehbar - da kommt man mit Logik nicht weiter.
Ich hatte auch nicht den Anspruch, bei diesem Thema (stets) allgemein-logisch zu argumentieren. Es ist die Frage, ob ein objektiver Diskurs über Religion (oder Gott) weiterbringender ist als ein subjektiver.
shouqici hat geschrieben:Der Zeitgeist von heute ist [gottseidank ] nicht einseitig, sondern hat viele Facetten.
Da hast du Recht.
Ich meinte es so, dass sich die (funktionale) Wissenschaftssprache und -logik nach der Aufklärung im Zeitgeist festgesetzt hat und bis heute angeblich objektive Geltung hat. Jedenfalls halten sich ja die Meisten daran. Das nenne ich ein instrumentalisiertes Denken, das heute für Viele selbstverständlich geworden ist. So wird nicht mehr das Wesen hinter den Dingen erkannt (denn anerkannt), sondern nur noch die Funktionalitäten aufgedeckt, gemessen und beschrieben. Das Metaphysische gilt so nur noch als "zu subjektiv" und bekommt daher im öffentlichen Diskurs kaum noch Beachtung; die rationalen Sätze der Physik (bzw. der allgemeinen Naturwissenschaft) gelten als objektiv und als einzige Basis, auf der überhaupt noch diskutiert wird (werden darf). Somit beschränkt sich der Diskurs fast ausschließlich wissenschaftslogisch. Und die Wissenschaftslogik durchdringt inzwischen alle Bereiche der Kultur. So kommt nichts Neues mehr hinzu; das Subjektive ist nicht mehr gefragt, weil es für den Diskurs eben zu metaphysisch ist. Adorno nannte das einmal "die Reproduktion des Immergleichen" innerhalb einer alles durchdringenden Logik.


Hat "shouqici" eine ursprüngliche Bedeutung oder ist das ein selbstkreiertes Kunstwort?
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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debussy
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 20:07

provokante hypothese:

alle religiösen menschen, die ich kenne, gehen an die materie musik sehr "mathematisch" heran, alle atheisten, die musizieren, sehr emotional und "spirituell". irgendwie grotesk.

kann es sein, dass wir menschen eine existenzform anstreben, die nicht greifbar ist und unser unterbewusstsein nach dem diffusen "next level" schreit.
und kann es sein, dass dieser "next level" in form von religiosität greifbarer erscheint?

unbegabte (nicht wertend) daher in gott sich selbst widerzufinden erhoffen, während (zum beispiel!!) sehr musikalische mennschen dieses konstrukt gar nicht brauchen, da sie "ihre" musik haben?

weiters möchte ich anmerken, dass religion immer einen touch des "plan b" hat.
wer nach der devise lebt: "die ursache bin ich selbst" kommt ohne gott aus.

perceived self-efficacy verträgt sich nicht mit dem gang in die kirche!


Proserpina
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 20:12

debussy, man muss nicht religiös sein um (gott-)gläubig zu sein. Irgendwie scheint das für nicht (Gott-)Gläubige schwer zu verstehen zu sein? Warum eigentlich?

....

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Passat
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 21:16

Hallo Proserpina,
Proserpina hat geschrieben:debussy, man muss nicht religiös sein um (gott-)gläubig zu sein. Irgendwie scheint das für nicht (Gott-)Gläubige schwer zu verstehen zu sein?
Folgenden Gedanken debussys finde ich allerdings interessant:
kann es sein, dass wir menschen eine existenzform anstreben, die nicht greifbar ist und unser unterbewusstsein nach dem diffusen "next level" schreit.
Die NewAge-Bewegung ist in vollem Gange; das "Wassermann-Zeitalter" angebrochen. Man verspricht sich eine höhere Bewußtseinsebene, den "next level". War das so gemeint?
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debussy
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 21:49

liebe proserpina,
Proserpina hat geschrieben:man muss nicht religiös sein um (gott-)gläubig zu sein
stimmt.

ich gehe allerdings davon aus:
Religion & Atheismus
oder habe ich was versäumt?

nein, spass beiseit.
Proserpina hat geschrieben:Irgendwie scheint das für nicht (Gott-)Gläubige schwer zu verstehen zu sein?
ich denke es ist genau umgekehrt. für gläubige ist es nicht nachvollziehbar, wie "wir" ticken!

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shouqici
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 21:55

 
Passat hat geschrieben:Ich hatte auch nicht den Anspruch, bei diesem Thema (stets) allgemein-logisch zu argumentieren. Es ist die Frage, ob ein objektiver Diskurs über Religion (oder Gott) weiterbringender ist als ein subjektiver.
Ein Diskurs müsste doch immer intersubjektiv sein - wie sollte man einander sonst verstehen? Das ist doch das Wesen eines Diskurses...
Ich meinte es so, dass sich die (funktionale) Wissenschaftssprache und -logik nach der Aufklärung im Zeitgeist festgesetzt hat und bis heute angeblich objektive Geltung hat. Jedenfalls halten sich ja die Meisten daran. Das nenne ich ein instrumentalisiertes Denken, das heute für Viele selbstverständlich geworden ist. So wird nicht mehr das Wesen hinter den Dingen erkannt (denn anerkannt), sondern nur noch die Funktionalitäten aufgedeckt, gemessen und beschrieben. Das Metaphysische gilt so nur noch als "zu subjektiv" und bekommt daher im öffentlichen Diskurs kaum noch Beachtung; die rationalen Sätze der Physik (bzw. der allgemeinen Naturwissenschaft) gelten als objektiv und als einzige Basis, auf der überhaupt noch diskutiert wird (werden darf).
Eine Sprache, die die Logik transzendieren würde, wäre eben un-logisch - nicht als Abwertung gemeint, sondern als Kennzeichen der Dysfunktionalität, was die ausgesagten Inhalte in einem öffentlichen Diskurs anlangt. Auf die Frage "Wo werde ich nach meinem Tode sein?" zu antworten "Die Gänseblümchen blühen dieses Jahr besonders schön" setzt beim Zuhörer ein außersprachliches, außerlogisches Verständnis voraus, das ich nicht a priori als gegeben voraussetzen kann, sondern das erst geschult werden muss - und da ist schon wieder Einflussnahme im Spiel - "eingesperrt sein in den Gedanken und Urteilen anderer Menschen..."
Hat "shouqici" eine ursprüngliche Bedeutung oder ist das ein selbstkreiertes Kunstwort?
shouqici ist die zweite Zeile von Vers 28 des Tao-te-king -

"Erkennt eure Mannheit,
Bewahrt eure Weibheit,
So seid ihr dem Erdreich ein Quell..."
Proserpina hat geschrieben:man muss nicht religiös sein um (gott-)gläubig zu sein
Hm - ich würde es eher umgekehrt formulieren: "Man muss nicht (gott)gläubig sein, um religiös zu sein" - vgl. nur z.B. die nicht-theistischen Religionen.

() shouqici
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Ratlosigkeit
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 22:05

shouqici hat geschrieben:Das ist ein gutes Beispiel - die Erklärung von etwas Unerklärlichem mit etwas anderem Unerklärlichen
Könnte man etwas Unerklärliches mit etwas erklärlichen erklären wäre es nicht mehr unerklärlich.
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.


Proserpina
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 22:23

debussy hat geschrieben:für gläubige ist es nicht nachvollziehbar, wie "wir" ticken!
Ich war lange Atheist. Warum sollte ich nicht wissen, wie es ist, an keinen Gott zu glauben? Wie kommst Du darauf? Machst Du das an etwas Konkretem fest?

Ich z. B. mache meine gestellte Frage daran fest, dass in Diskussionen immer vorausgesetzt zu werden scheint, dass, wer an Gott glaubt, automatisch religiös sein müsse. Gut, das kann auch an der Verknüpfung zwischen Glaube und Ritus liegen, aber es gibt ja auch noch andere Riten als religiös motivierte.

Wobei ich mir natürlich auch Asche auf's Haupt streuen darf, weil ich mir einfach ein (nur halbwegs passendes) Etikett aus dem Schrank gemopst und es auf meinen Glauben geklebt habe, schlicht weil das mir Erklärarbeit erspart. Aber wenn schon Religion, dann höchstens U-Boot-Christ (der taucht nur zu Weihnachten mal in der Messe auf und dann auch nur für die Stimmung, danach wird sofort wieder getaucht).

++++

shouqici,-
okay, so rum kann auch ein Schuh daraus werden. Da lande ich dann beim: "Wie man es auch dreht und wendet...." - es ist nicht unbedingt ein Verbund von einem Gott und einer Religion notwendig. Aber es ist in den Köpfen der Menschen scheinbar unverbrüchlich zementiert, dass beides irgendwie zusammengehört. Ich könnte jetzt ganz böse sagen, das macht das gute Marketingkonzept.

....

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Passat
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Beitrag Di., 13.12.2011, 00:57

shouqici hat geschrieben:Ein Diskurs müsste doch immer intersubjektiv sein - wie sollte man einander sonst verstehen? Das ist doch das Wesen eines Diskurses...
Jau, das ist im Grunde das Wesen des Diskurses.
[...]sondern das erst geschult werden muss - und da ist schon wieder Einflussnahme im Spiel - "eingesperrt sein in den Gedanken und Urteilen anderer Menschen..."
Nun, keiner von uns hat die Freiheit, unbeeinflusst zu sein (zu handeln, zu denken, zu sprechen...).
Kollektiver Konsens in der Logik macht uns alle auf der Kommunikationsebene (durch das ganze soziale Leben hindurch und uns selbst gegenüber) im Grunde zu Akteuren, die Marionetten gleichen. Die Anderen, die sich nicht dran halten, sind eben geisteskrank.
shouqici hat geschrieben:shouqici ist die zweite Zeile von Vers 28 des Tao-te-king -

"Erkennt eure Mannheit,
Bewahrt eure Weibheit,
So seid ihr dem Erdreich ein Quell..."
Ah, danke. Das kenne ich doch von irgendwoher. Ach ja - steht prinzipiell auch so in der Bibel.
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shouqici
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Beitrag Di., 13.12.2011, 05:52

Passat hat geschrieben:Nun, keiner von uns hat die Freiheit, unbeeinflusst zu sein (zu handeln, zu denken, zu sprechen...).
Kollektiver Konsens in der Logik macht uns alle auf der Kommunikationsebene (durch das ganze soziale Leben hindurch und uns selbst gegenüber) im Grunde zu Akteuren, die Marionetten gleichen. Die Anderen, die sich nicht dran halten, sind eben geisteskrank.
Nun, ganz so schwarz/weiß würde ich es doch nicht sehen - natürlich sind wir nie gänzlich unbeeinflusst, aber wir können uns eben die Einflüsse auch bewusstmachen und sie wenigstens z.T. ausgleichen/minimieren. Der 'Zwang' zur Logik scheint mir doch auch qualitativ ein anderer zu sein als die Zwangsvorstellung eines Geisteskranken. Wer mit 100% Sicherheit weiß, dass der Teufel vor der Tür sitzt und auf ihn wartet, kann dieses Wissen nicht rational hinterfragen...
Proserpina hat geschrieben:es ist nicht unbedingt ein Verbund von einem Gott und einer Religion notwendig. Aber es ist in den Köpfen der Menschen scheinbar unverbrüchlich zementiert, dass beides irgendwie zusammengehört.
'Unverbrüchlich zementiert' scheint mir die 'Gottesgeschichte' nicht zu sein, sonst gäbe es keine 'zwanglose' (Zwang im Sinne von "wer nicht für mich ist, ist gegen mich") Auseinandersetzung damit - aber eine starke Strömung hin zu Gottesvorstellungen ist wirklich unleugbar vorhanden, wie man deutlich an der Geschichte von Buddhismus und Taoismus sieht
- dazu gibt es eine schöne Geschichte, die ein amerikanischer Religionswissenschaftler mal veröffentlicht hat - muss ich mal 'raussuchen.

() shouqici
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shouqici
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Beitrag Di., 13.12.2011, 07:32

Schon gefunden - das war Frederick Spiegelberg in 'Die lebenden Weltreligionen':

Es gibt da eine Geschichte von einer merkwürdigen Gruppe von Menschen, die sich um einen Mann scharten, der Atheist und Agnostiker war, eine in Indien außerordentlich seltene Geistesverfassung. Er war ein Mensch, der mit dem ganzen Korpus religiöser Übung, die zur Entartung der unmittelbaren Erkenntnis von Wahrheit führt, aufräumen wollte. Er zog Jünger an, die sich an jedem Sonntag um ihn zu versammeln pflegten, während er zu ihnen von seinen Prinzipien sprach. Mit der Zeit versammelten die Jünger sich, um auf das Erscheinen des Meisters zu warten, denn sie kamen gern zusammen und sangen, ehe er kam. Schließlich wurde ein Gebäude zum Schutze der Jünger errichtet und dem Agnostiker ein Zimmer darin eingeräumt. Nach seinem Tod wurde es bei seinen Anhängern Regel, sich vor seinem leeren Zimmer zu verbeugen, ehe man die Halle betrat. Auf einem besonderen Tisch wurde sein Bild in einem goldenen Rahmen aufgestellt, und Kinder legten Blumen und Weihrauch dort nieder. In wenigen Jahren war eine Religion um diesen Mann gewachsen, der zu Lebzeiten an nichts dergleichen geglaubt, ja, der seinen Anhängern vielmehr gesagt hatte, derartige Praktiken seien in sich schlecht. Dies sei ein bescheidenes Gleichnis für die Entwicklung jeden Glaubens. Wenn wir zur Betrachtung der verschiedenen Verzweigungen der historischen Entwicklung des Buddhismus kommen, werden wir sehen, wie genau dieses Gleichnis ist.
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Proserpina
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Beitrag Di., 13.12.2011, 12:18

Moin shouqici!
shouqici hat geschrieben: 'Unverbrüchlich zementiert' scheint mir die 'Gottesgeschichte' nicht zu sein, sonst gäbe es keine 'zwanglose' (Zwang im Sinne von "wer nicht für mich ist, ist gegen mich") Auseinandersetzung damit - aber eine starke Strömung hin zu Gottesvorstellungen ist wirklich unleugbar vorhanden, wie man deutlich an der Geschichte von Buddhismus und Taoismus sieht
Ich muss gestehen, dass ich mich mit fernöstlichen Lehren nur am Rande beschäftigt habe. Mich hat eigentlich immer eher das grundsätzliche Prinzip den Glaubens interessiert (s. weiter u.) und die Kulturgeschichte Europas, die ja nun einmal untrennbar mit Religion gekoppelt ist. Wobei die katholische Kirche ja erst im Laufe des (ausgehenden) Mittelalters, zu der Zwang ausübenden, mit Angstpolitik arbeitenden Instanz wurde. Als die Blüte Europas unterging in den Wirren der Pest, als Angst und Aberglauben das Land regierten und die Flagellanten regen Zulauf hatten, da in etwa verorte ich auch das endgültige Umkippen einer eher liberalen Kirche, in eine moralinsaure Instanz, weil das Volk nach Halt und klaren Richtlinien hungerte. Insofern passt sich Religion mE auch immer den Bedürfnissen ihrer Klientel an. Angst, Seuchen, Kriege und Hungersnöte, sind somit auch die Wiege für religiösen Fanatismus und Fundamentalismus.

Was nun die "zwanglose Auseinandersetzung" betrifft. Ich muss gestehen, shouqici, dass ich davon noch nicht viel mitbekam. Jede, ausnahmslos jede Diskussion, die ich dazu verfolgte, war mit latenten Aggressionen durchzogen, mit Missverständnissen, Unterstellungen oder gar Missionierungswahn, den ich nicht nur bei religiösen Menschen vorzufinden meine, sondern auch bei Atheisten. Ein Mann mit einem solchen, missionarischen Sendungsbewusstsein, ist mE Richard Dawkins:

[video][/video]

Es braucht keinen Gott um zu predigen....
shouqici hat geschrieben: Es gibt da eine Geschichte von einer merkwürdigen Gruppe von Menschen, (....)Wenn wir zur Betrachtung der verschiedenen Verzweigungen der historischen Entwicklung des Buddhismus kommen, werden wir sehen, wie genau dieses Gleichnis ist.
Ich bin in der Tat überzeugt, dass auch Jesus dieser Mann hätte sein können. Mir fällt dazu spontan dieser Zeitgenosse hier ein: Klick Jiddu Krishnamurti! - dem das gleiche Schicksal drohen könnte, auch wenn er postulierte:
„Ich behaupte, dass die Wahrheit ein pfadloses Land ist und dass es keine Pfade gibt, die zu ihr hinführen – keine Religionen, keine Sekten. Das ist mein Standpunkt, den ich absolut und bedingungslos vertrete. Die Wahrheit ist grenzenlos, sie kann nicht konditioniert, sie kann nicht auf vorgegebenen Wegen erreicht und daher auch nicht organisiert werden. Deshalb sollten keine Organisationen gegründet werden, die die Menschen auf einen bestimmten Pfad führen oder nötigen. Wenn ihr das einmal verstanden habt, werdet ihr einsehen, dass es vollkommen unmöglich ist, einen Glauben zu organisieren. Der Glaube ist eine absolut individuelle Angelegenheit und man kann und darf ihn nicht in Organisationen pressen. (....)
Insofern ist es nicht die Frage desjenigen, der verehrt wird (und dessen was er sagte), sondern vielmehr eine Frage, wozu seine Gläubigen ihn brauchen und was sie damit aus ihm machen (herauslesen/interpretieren). Hier lande ich in halbwegs elegantem Bogen wieder bei Hawkins, den ich ja bereits verlinkte und der (übrigens ähnlich wie C. G. Jung) die Auffassung vertritt, dass das Gottesbild eines jeden Menschen, von seiner eigenen Bewusstseins- und Gemütsverfassung abhängt. Ich sehe das ebenso. Religion ist etwas, das ein Bedürfnis befriedigt und ordnende Aufgaben im Leben der Praktizierenden übernimmt.

Reiner (Gottes)Glaube wiederum, ist eine Frage des Gläubigen und somit komplett individuell. Das unterscheidet ihn von den Religionen.

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Passat
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Beitrag Di., 13.12.2011, 19:10

shouqici hat geschrieben:[...]natürlich sind wir nie gänzlich unbeeinflusst, aber wir können uns eben die Einflüsse auch bewusstmachen und sie wenigstens z.T. ausgleichen/minimieren.
Wir sind ja durch unterschiedlichste Prägungen bereits beeinflußt, bevor wir einen Gedanken denken und bevor wir irgendeine Handlung vollziehen. Es stimmt zwar, dass wir solche Einflüsse zumindest teilweise ausgleichen (oder auch minimieren) können. Aber das tun wir überwiegend im Selbstverständnis ein und derselben "Logik".

Gerade eben habe ich hier noch irgendwo eine Signatur von - ich glaube ein Zitat von Einstein - gelesen: [sinngemäß] ...dass sich Probleme nie mit derselben Logik lösen lassen, aus der heraus sie entstanden sind. Dass das stimmt, sehen wir ja gerade deutlich, wenn wir uns die große (Finanz-)Krise anschauen: Da wird es nämlich genau so versucht. Man kommt gar nicht auf die Idee, es einfach mal ganz anders zu machen.

Fazit: Es muß doch auch alternative logische Systeme geben, die universaler (und gesünder) sind als jenes, nach dem wir unsere Welt auslegen und alles danach ausrichten.
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Nico
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Beitrag Di., 13.12.2011, 19:29

Passat hat geschrieben:
Fazit: Es muß doch auch alternative logische Systeme geben, die universaler (und gesünder) sind als jenes, nach dem wir unsere Welt auslegen und alles danach ausrichten.
Muss es wirklich ?
Oder haetten wir nur gerne, dass es gaebe ?
Warum muss es einen geben der ueber allem steht ?
Ist es tatsaechlich nicht zu ertragen wenn alles nur auf einen physikalischen Zufall beruht ?

[m]
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Passat
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Beitrag Di., 13.12.2011, 19:36

Nico hat geschrieben:Ist es tatsaechlich nicht zu ertragen wenn alles nur auf einen physikalischen Zufall beruht ?
Bloß ist ja definitiv nicht alles Seiende physikalisch. Schon dass wir geistig in der Lage dazu sind, metaphysisch auf andere Ebenen zu kommen (also jenseits der physikalischen Logik zu denken), läßt doch erahnen, dass es da noch andere Logiken gibt, die zwar nicht messbar, aber geistig erfassbar sind.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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