'saubere Gewalt' - Trauma durch medizinische Massnahmen

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Nurse_with_wound
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 16:19

Ich finde die Formulierung von der Spritze als scheinbar härteste Maßnahme vor der nur Phobiker sich fürchten als ziemlich herablassend. Wenn das die schlimmste Maßnahme ist, die du kennst, dann kannst du tatsächlich nicht mit reden hier.
hast du weiter gelesen?
Wenn man schwer krank ist und der Koerper macht vieles nicht mit, kann man auch am Leben erhaltenden Massnahmen als sehr gewaltvoll empfinden.
Dass das ein Paradoxon ist, das raeume ich ebenfalls ein.
Macht sie uebrigens auch staendig, erst die haertesten Saetze schreiben, und dann weiter unten relativieren.
Uebrigens dass Behandlung nur von meidizinischen Kraeften als normal empfunden wird, ist humbug.
Es gibt so viele Patienten die weniger Angst haben als die Schwester, oder der Arzt selbst.
Alles ueberspitzt und reisserisch voller Hass.
Nur weil ich Angst vor Spinnen habe toete ich sie nicht.
Da ist der Knackpunkt.
Practice what you preach

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*AufdemWeg*
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 16:32

Gewalt hat viele Gesichter
Menschen denken, fühlen, verarbeiten anders
jeder versucht einen Umgang zu finden

Ich denke,
niemand der selbst leidvolle Erfahrungen in seinem Leben gemacht hat,(völlig gleich in welchem Bereich)
wird das Leid anderer Menschen nicht anerkennen.
Ich möchte daran glauben,
dass es so ist.
Das nicht anerkennen von leidvollen Erfahrungen
bringt mich eines Tages noch innerlich um

LG *ADW*
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.



Albert Einstein, 14.03.1879 - 18.04.1955

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Selene
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 17:05

*AufdemWeg* hat geschrieben:Ich denke,
niemand der selbst leidvolle Erfahrungen in seinem Leben gemacht hat,(völlig gleich in welchem Bereich)
wird das Leid anderer Menschen nicht anerkennen.
Leider können oft gerade Menschen, die Leid erfahren haben, nicht immer das Leid anderer sehen oder anerkennen...

Was kann man wirklich begreifen vom Leid anderer Menschen? Kafka schrieb "Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle." So eine Haltung würde diesem Thread vielleicht doch auch ganz gut tun. Man kann gerade bei unterschiedlichen Ansichten (wir reden hier ja nich von einer Mathematikaufgabenlösung, sondern "Innenwelten") immer nur versuchen, die Subjektivität des Empfindens des anderen zu respektieren und anzuerkennen, nicht als objektive Wahrheit, sondern subjektive, die es aber trotzdem verdient, ernstgenommen zu werden. Dieses Recht auf Subjektivität sollte bei einem fairen Umgang miteinander, gerade wenn es um so etwas Gravierendes wie Leiden unter Gewalt geht, niemandem genommen werden, weder Jesusechse noch Nurse with Wound noch sonst jemandem, der hier schreibt. Denn natürlich ist es so, ich stimme voll zu:
*AufdemWeg* hat geschrieben:Gewalt hat viele Gesichter
Menschen denken, fühlen, verarbeiten anders
jeder versucht einen Umgang zu finden
Irgendwie dreht sich hier eine Eskalationsspirale und am Ende dieser Spirale wird definitiv nicht Erkenntnis oder gegenseitiges Verstehen stehen, die liegen genau am anderen Ende davon.
Es gibt kein Übermaß an Liebe,
kein Übermaß an Wissen,
und kein Übermaß an Schönheit
Ralph Waldo Emerson

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Jesusechse
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 17:15

Ja, adw, dann ist's besser, wenn Du hier nicht mehr liest, denn hier muss man sich ständig wieder rechtfertigen, beweisen, dass es "ECHTES LEID" war.

UND WARUM?

Weil eine Userin seit Start dieses Threads permanent die Erfahrungen der Betroffenen runterspielt! Und dann noch gekränkt tut!

Ich für meinen Teil hab's satt, verlacht zu werden, mir Salz in die Wunden streuen zu lassen und alles auf

"Ja, eine Spritze kriegen ist ein Trauma, wenn man Spritzenphobiker ist!".

reduzieren zu lassen. Was auf gut Deutsch darauf rausläuft, dass es heißt: Nur wer halt so'ne Mimonse ist, geht traumatisiert aus ärztlicher Behandlung raus!

Und auf diesen Spott und Mist hab' ich keinen Bock mehr. Damit wird man von Nurse zugemüllt in allen möglichen Varianten, seit der Thread gestartet hat. Es kommt eine versteckte Abwertung nach der anderen. Respekt oder Mitgefühl? Fehlanzeige!

Und wer das nicht sieht, der ist noch sehr davon überzeugt, dass es jeder Mensch es nur gut mit einem meint. Vielleicht kriegen andere, die weniger massiv betroffen sind und nicht auf gewisse Vorerfahrungen mit Nurse zurückgreifen können, das nicht mit? Aber ich krieg's mit. Ich hab' da vielleicht ein bisschen feinere Antennen?!

LG

Jesusechse

PS Und vielleicht sind's auch die PNs, die ich erhalten habe, die mich vor Nurse als streitsuchenden User gewarnt haben, die mich dafür aufmerksamer gemacht haben?

@ Selene:

Es ist ganz genau so, wie Du schreibst. Und das ist eine verdammt traurige Sache. Ich bin auch für Deeskalation. Aber aus meiner Vergangenheit weiß ich eins: Es gibt Leute, die lassen Dich nie in Ruhe, bis Du ihnen so die Grenzen setzt, dass sie es bleiben lassen müssen. Pazifist und verständnisvoll zu sein, funktioniert nur dort, wo auch Dein Gegenüber dazu bereit ist. Und das hat in diesem Thread streckenweise richtig gut geklappt. Aber es geht eben nicht mit jedem User.

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*AufdemWeg*
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 17:30

@ Selene,

ja, das hast du auf den Punkt gebracht
und ich glaube irgendwie auch,
dass alle, die sich hier geäussert haben
ähnlich denken.
Ich kann mir nicht vorstellen,
dass es hier irgendjemand darum geht
jemanden anderen seine Gefühle oder sein Erleben abzusprechen und/oder kleinzureden.
Ich empfinde das hier zumindest nicht so...
@ Jesusechse: ich habe nicht das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen


LG *ADW*
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Justinio
sporadischer Gast
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Beiträge: 10

Beitrag Mi., 19.05.2010, 21:19

Hallo,


ich möchte dazu sagen, dass ich sehr wohl glaube, dass manche Menschen einfach mehr mitkriegen und feinere Antennen haben! Und daher auch umso schneller begreifen und es mitteilen können als andere. Aber eben dadurch auch eher anecken können, leider, wie z.B. Hochbegabte/Hochsensible es immer wieder traurigerweise feststellen müssen.

Es gibt sehr wohl "saubere Gewalt", den Ausdruck finde ich im Übrigen sehr treffend gewählt, die traumatisch ist.

Und ich finde es, nunja, nicht ganz glücklich, wenn man hier irgendwie anfängt, Leid zu vergleichen.

Natürlich gibt es offensichtliches Leid, für viele auf den ersten Blick offensichtlich und sofort nachvollziehbar. Das ist einfacher zu erfassen.
Das andere, und darunter zähle ich auch die Gewalt, die unter dem Deckmäntelchen des "Helfens" oder des "Guten" angewandt wird, ist nicht offensichtlich und darum viel schwieriger zu erfassen. Das macht es den Opfern aber ganz gewiss nicht leichter, sondern im Gegenteil schwerer.
Wie ja auch in diesem Thread, oder??

Das, was manchmal in Krankenhäusern geschieht, wird zu oft verharmlost.

Ich finde deshalb, kann man es auch nicht zu oft betonen, wie eben jetzt hier an dieser Stelle. Das ist meine Meinung...
Liebe Grüße,
J.

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Jesusechse
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 23:36

Das stimmt sicher, dass man die subjektive Seite, wie Leid erlebt und empfunden wird, nicht vergleichen und nicht messen kann. Das geht nicht und man sollte es erst gar nicht versuchen.

Manche Menschen macht das eigene Leid sensibler für das anderer. Und manche Menschen hängen so in ihrem Leid drin, dass sie für niemandem außer sich selbst einen Gedanken, einen Blick oder ein Gefühl übrig haben.

Trotzdem gibt's auch die objektive Seite, das Geschehen, die Biographie, die schon einfach auch aus Fakten besteht. Und die kann man auch nicht ganz außen vor lassen.

Es gibt außer dem, wie es jetzt gefühlt und erlebt wird, als dem aktuellen Leid, subjektiven Leidensdruck, auch das vergangene, erinnerte Leid. Damit meine ich, das, was man aushalten musste, was man hinter sich gebracht hat, was man ertragen hat.

Und deshalb gibt's da auch immer wieder Konflikte, weil natürlich leidet jeder subjektiv vom Leidensdruck her am meisten, unter dem, was ihn jetzt belastet, drückt. Aber dann gibt's auch das Bewusstsein dafür, was war. Und dieses Leid wird dann oft verglichen. Und da sagt dann auch ein Mensch, der vielleicht seine ganze Kindheit und seine ganze Jugend, vielleicht die ersten 20 Jahre durch die Hölle gehen musste, ja dann auch ganz berechtigt, dass das doch mehr ist an Leid, als der ertragen hat, der vielleicht 20 Jahre glücklich und zufrieden leben durfte und dann einen Überfall verkraften muss.

Und das ist so diese Krux, dass subjektiv natürlich jeder leidet, aber objektiv das ertragene Leid ganz verschieden groß und lange gewesen ist. Und Menschen, die sehr viel ertragen mussten, fühlen sich dann auch nicht gesehen und nicht in ihrem Leid anerkannt, wenn man es nur noch auf den subjektiven Leidensdruck reduziert.

Das ist eine ganz einfache Sache. Es können zwei Menschen gearbeitet haben. Der eine hat 8 Jahre gearbeitet, der andere 8 Stunden. Am Ende dessen haben beide Rückenschmerzen.

Der spärliche Arbeiter jammert. Der andere hingegen hat dafür kein Verständnis und mault:"Von was soll Dir denn der Rücken weh tun?". Dabei kann dem vielleicht der Rücken sehr weh tun, weil er es nicht gewöhnt ist. Aber der, der x mal mehr gearbeitet hat, ist eben nicht der geeignete Ansprechpartner. Nicht dem, der soviel mehr aushalten/leisten musste als er selber, sollte er dann die Ohren volljammern. Das ist dann eben der Mangel an Taktgefühl, der sich rächt. Man sollte nicht gerade dort versuchen, Verständnis zu finden, wo man logischerweise keines erwarten kann. Die Reaktion, die das herausfordert ist doch klar negativ!

Und das ist immer wieder diese Sache. Leid, das ertragen wurde, ist nochmal was ganz anderes als Leiden im Moment.

Das Leiden im Moment, das subjektive kann ich immer anerkennen. Aber das Aufblähen von Menschen, die gar nicht so belastet waren und dann so tun, das löst dann eben häßliche Reaktionen aus, weil sie damit eben das tatsächlich ertragene Leid von anderen eigentlich verspotten. Es ist so eine Art Hochstapelei. Und das kommt nie gut an.

Von daher: Oft reden Menschen über Leid, aber sie reden über zwei ganz verschiedene Dinge.

Ich hatte z.B. das Vergnügen in der Psychosomatik eine Mitbewohnerin zu haben, die massive Schuldgefühle hatte, weil sie ihr ganzes Leben lang nur Glück hatte und immer nur Glück, während andere das nicht hatten. Sie hat mir den ganzen Tag die Rübe vollgejammert, mir, nach einem Suizidversuch ein paar Wochen vorher, mit einer Vorgeschichte, die "man nicht vergleichen soll, weil man keinen findet, der genauso viel hat" (O-Ton der Stationsschwester). Gemeint war: auszuhalten hatte und Schwierigkeiten bewältigen muss.

Dass man da irgendwann zu so jemandem sagt: "Du spinnst doch, so ein Gewese zu machen wegen nichts und hier Leute zu nerven, die mehr tot als lebendig sind!", finde ich eigentlich eine sehr normale und menschliche Reaktion. Da fehlt vielen vor lauter Eigenem oft total das Taktgefühl und dann kriegen Menschen halt auch - an sich - blöde Sprüche ab.

Es war halt nicht geschickt von ihr einer hochsuizidalen Mitpatientin ein Buch mit dem Titel "Sterben ist wie Umziehen! Nur in ein schöneres Haus!" zu schenken.

Sorry, aber da kommt's einem doch hoch, wie manche nur mit sich beschäftigt sind.

Ich habe viele solcher Dinge erlebt. Und oft sind die, die sich dann so bitter beklagen über mangelnde Feinfühligkeit, die gewesen, die am allerschlimmsten bei anderen in die Kerbe gehauen haben, es aber wieder mal selber - wie überraschend ?! - nicht gemerkt haben. Das Umfeld merkt es aber und es merkt es sich auch.

LG

Jesusechse

PS Viele der Aktionen, die manche beklagen, haben sie selber mal mit eigenen Aktionen in Gang gesetzt, und merken dann nicht, dass das, was sie dann getroffen hat, nur die Reaktion auf ihr eigenes deplaziertes Verhalten war. Ich nenn' sowas Bummerrang-Effekt. Und ja, der Bummerrang ins Genick tut weh, schade, dass er bei den meisten dann trotzdem nicht zum Nachdenken anregt.
Zuletzt geändert von Jesusechse am Mi., 19.05.2010, 23:52, insgesamt 1-mal geändert.

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carö
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Beitrag Mi., 19.05.2010, 23:51

Sorry, aber da kommt's einem doch hoch, wie manche nur mit sich beschäftigt sind.
ich finde es schon verständlich, wenn man selbst bis zum hals in der sch** steckt, so zu denken. motto: "deine sorgen will ich haben !"

nur war diese frau ja auch in der klinik. dort war sie vermutlich nicht zum spass. es war eine psychosomatische klinik? vielleicht war sie ja auch wegen psychosomatischer beschwerden dort ? und da geht es meistens nicht um lappalien, wenn jmd. psychosomatik entwickelt. idR wissen "wir" nicht wirklich alles - ich meine alle hintergründe, um wirklich beurteilen zu können, wie "groß" das leid eines menschen ist. leiden IST!

dein leiden ist nicht vergleichbar mit niemandens leiden. die stationsschwesert hat recht damit, wenn sie sagt, dass du eine vorgeschichte hast
, die "man nicht vergleichen soll, weil man keinen findet, dem es genauso ging" (O-Ton der Stationsschwester).
so ist es! und das gilt für jeden.

LG
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Jesusechse
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Beitrag Do., 20.05.2010, 00:02

Das ist schon wahr. Aber trotzdem bleibt ein quantitativer und qualitativer Unterschied ein Unterschied.

Und es ist ein Unterschied, ob Du einmal vergewaltigt wurdest, zweimal von verschiedenen Tätern oder 200 Mal vom selben Täter über einen Zeitraum von z.b. 15 Jahren.

Und das sind Größen und Unterschiede, die die Menschen im Kopf haben, und jemandem, der 200 Mal vergewaltigt wurde, wirst Du nie einreden können, dass man das mit einmal vergewaltigt worden sein auf eine Stufe stellen kann.

Ich finde, man darf es auch nicht. Es ist schlicht ungerecht, weil es dem Opfer, dass viel mehr aushalten musste, nicht gerecht wird.

Das ist, wie wenn ich sagen würde: Eine Ohrfeige in der Kindheit ist gleichzusetzen mit 15 Jahren Kindesmisshandlung in Form von grün und blau prügeln, halbtot schlagen.

Das ist eben nicht gleich und deshalb kann man es auch - nach meinem Dafürhalten - nicht gleich behandeln und gleichsetzen erst recht nicht.

Und da spielt eben auch immer der Faktor Zeit rein. Lebenszeit, in der man belastet und gequält wurde, ist verlorene Zeit. Man hatte nicht nur das Geplagtwerden, sondern man hatte auch die schöne Zeit, die andere währendessen erleben durften, nicht.

Also, ich kann's gut verstehen, wenn ein Opfer häulicher Gewalt, dass 10 oder 20 Jahre Prügel und Demütigung erlebt hat, zu jemandem, der nach einer glücklichen Ehe eine Vergewaltigung erlebt, sagt, dass er mehr mitgemacht hat. Ich kann sowas akzeptieren und verstehen. Und für mich ist das keine Rohheit, sondern es ist einfach ein Fakt. Man muss das sicher nicht sagen, das nicht. Aber manche kommen auch an und belasten dann total kaputte Menschen mit ihren Pipifax-Problemchen und da denke ich, hat jeder das Recht, auch zu sagen, dass der andere das lassen soll.

LG

Jesusechse

PS Ich hab' mein Posting oben nochmal geändert. Mir war nicht mehr gleich genau in Erinnerung, was diese Stationsschwester gesagt hatte. Es steht nun richtig da. Das, was Du carö, zitiert hast, war noch vor der Bearbeitung.

Sie hat gesagt: "... der soviel hat.".

Und wir haben da gar nicht drüber geredet, ob man Leid vergleichen sollte/könnte, sondern der Hintergrund war der, dass sie gemeint hat, dass so 'ne Vorgeschichte eben krasser Einzelfall ist und ich damit auch allein stünde. Ich hatte nämlich gefragt, wie andere damit fertig wurden und sagte: "Es gibt doch bestimmt andere, denen es auch so ging?!" Und es war dann so, dass klar war, dass ich meine eigene Lösung finden musste und nicht auf die Lösungen von Vorgängern zurückgreifen konnte.

Nur zur Klarstellung.
Zuletzt geändert von Jesusechse am Do., 20.05.2010, 00:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Jesusechse
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Beitrag Do., 20.05.2010, 00:19

Meine Mutter hat soviel erleiden müssen und trotzdem kommt dauernd eine penetrante Nachbarin und jammert ihr die Hucke voll. Keine Sekunde überlegt sie mal, wie's meiner Mum damit geht. Die hätte wirklich viel mehr Grund zu jammern.

Ich bin immer knapp davor, die mal zur Rede zu stellen und zu ihr zu sagen, was sich sich eigentlich einbildet, meiner Mutter ständig den ganzen Quark vorzuheulen, wo's meiner Mum zehnmal schlechter geht. Klar hat die Frau subjektiv Leidensdruck, aber wer den hat, erdrückt oft andere, die noch viel mehr drückt.

Irgendwo ist da schon viel Egoismus bei, wenn man sein Leid, das an sich geringer ist, dann anderen so "groß verkauft".

Mein Thera ist da knallhart. Der sagt schlicht: "Sowas passiert! Hören Sie auf im Selbstmitleid zu baden. Das ist das Leben. Und es kann Ihnen jeden Tag wieder was ganz Mieses passieren. Märchen gibt's nicht!".

Ist verdammt hart, aber hilft!

LG

Jesusechse

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Rezna
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Beitrag Do., 20.05.2010, 00:33

Leiden kann man nicht so vergleichen. Es gibt Menschen, die bringen sich um weil sie keine ausgezeichneten Schulnoten haben und dadurch glauben, völlig versagt zu haben und nie wieder unter die Augen anderer Menschen treten zu können. Andere erleben echt extreme Sachen und können dennoch ein halbwegs gutes Leben führen. Der eine nimmt eine Ohrfeige hin, wird wütend aber kann gut leben. Der andere wird durch dieselbe Ohrfeige in seinem Erleben so gedemütigt und herabgesetzt, dass er sein Leben lang an massiven Selbstwertstörungen leidet. Man kann es wirklich nicht objektiv vergleichen. Natürlich beseht ein objektiver Unterschied - aber deswegen lässt sich das Erleben nicht vergleichen. Ganz wichtig bei jeder Art von Erfahrung ist die Grundlage auf der sie passiert und das System in dem es passiert. Und das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Einer hat ein besseres Gefühlsmanagement, hat bessere Strategien, mit Traumata umzugehen - andere fallen völlig aus jeglichem Rahmen und landen so dermaßen im Chaos dass ein normales Leben kaum möglich ist.

Es gibt da die manchmal mehr als zynische Betrachtungsweise: Was mich nicht umbringt, macht mich stark. Oder manchmal auch "hart". Und damit erkläre ich mir die Härte mancher Menschen gegenüber anderer. Also dass sie selbst erfahrenes Leid dazu benutzen, unemphatisch gegenüber das Leid anderer zu werden, nach dem Motto: "Ich habs auch überlebt"... oder "Mach erst mal durch was ich durch gemacht habe"... So etwas bringt keinen weiter, hilft niemandem. Man wird IMMER jemanden finden, der schlimmer dran ist. Deswegen ist das "objektiv weniger schlimme" Leid immer noch Leid - und zwar so intensiv, wie der Leidende es empfindet. Und er hat das Recht dazu, es so zu fühlen wie er es tut. Wir sind da ja nicht bei einer Olympiade, wo der gewinnt, der am meisten Leid erfahren hat.

Deine Mutter hat keine Verpflichtung, dieser Nachbarin zuzuhören. Sie kann nein sagen, wenn sie es nicht hören will - diese Freiheit hat sie. Vielleicht ist es für sie vielleicht sogar gut oder erholsam, das Leid zu erfahren. MITleid kann sehr hilfreich sein, vor allem wenn man sensibel für das eigene Leiden ist.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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Hamna
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weiblich/female, 58
Beiträge: 7210

Beitrag Do., 20.05.2010, 00:39

Liebe Jesusechse,

mit deinem ersten Satz im letzten Beitrag hast du absolut recht! (Edit: ich meinte den Beitrag um 0.36 Uhr, als er noch unbearbeitet war. Ist in der Zwischenzeit hier einiges dazu gekommen)

Und ich frage mich, gibt es denn eigentlich nicht nur die subjektive Seite von Leid?

KANN man Leid tatsächlich objektiv messen?

Du sprichst in dem Zusammenhang von Fakten. Kannte z. B. deine Mitpatientin die Fakten bzw. deine Biografie?

So anschaulich deine Beispiele auch sind, denke ich doch, deine Stationsschwester hat da wahre Worte gesprochen!

Trotzdem lese ich aus deinem Beitrag wieder das Vergleichen heraus.

Wenn man zwei Biografien nimmt und miteinander vergleicht, also die Fakten vergleicht, und feststellt, dass die eine Biografie schwerer und leidvoller als die andere ist, so kann dennoch die Person mit der leidvolleren Biografie der weniger belastete Mensch sein. Weiter oben ziehst du ja auch einen Vergleich heran, den einmal eine Therapeutin gezogen haben soll, wenn ich mich recht erinnere, und der im Grunde das gleiche aussagt. (Wobei ich mich innerlich dagegen schon etwas wehre mir vorzustellen, dass selbst Fachleute vergleichende Bewertungen zwischen ihren Patienten vornehmen.)

Nach allem, was ich von dir in diesem Forum schon gelesen habe, hast du tatsächlich bisher ein sehr sehr belastetes Leben gehabt, hast wirklich Schlimmes erlebt und durchlitten. Trotzdem käme es mir nie in den Sinn, darüber zu urteilen, ob du nun mehr leidest oder gelitten hast als irgend ein anderer User hier in diesem Forum.

Einfach, weil Leid meiner Meinung nach nicht objektiv gemessen werden kann! Vielleicht gibt es Menschen, die unter - objektiv gesehen - "weniger" schlimmen Dingen gelitten haben als du. Aber keiner von uns hier kann ermessen, ob sie nicht vielleicht noch mehr als du unter dem Erlebten zerbrochen sind. Weil das Erleben von Leid eben ein subjektives ist! Und ich finde, das erlebte Leid sollte man keinem absprechen wollen.

Ich habe gerade das Gefühl, mich hier zwischen Tretminen zu bewegen, vielleicht ist auch schon eine hochgegangen und den Knall bekomme ich später zu hören. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber da ich schon länger mitlese und auch heute noch mal hier den gesamten Thread gelesen habe, möchte ich jetzt doch mal das Gefühl äußern, das mich immer wieder beschleicht, wenn ich deine Beiträge lese: dass du eigentlich das tust, was du oft anderen vorwirfst. Nämlich kein Leid neben deinem anzuerkennen, zumindest nicht als "gleichwertig". Am schlimmsten gelitten, die schlimmsten Erlebnisse, die schwersten Traumata... hat immer die Jesusechse!

Wie gesagt, deine Lebensgeschichte IST schlimm, sogar vielleicht eine der schlimmsten, von denen ich je gehört habe, deine Traumata sind nachvollziehbar und Tatsache, ohne Frage! Und ich glaube kaum, dass jemand hier deinen immensen Leidensdruck anzweifelt oder kleinreden will oder sich mit dir gar in "Wettstreit" begeben will. Bei dir habe ich allerdings sehr oft das Gefühl, dass es dir genau darum geht! Und das finde ich, gerade bei der Sensibilität der Themen, für ALLE sehr schade.

Im übrigen sehe ich genau darin den Grund dafür, dass du immer wieder von anderen Usern angegriffen wirst.

Der Grund, dass du dich immer wieder von anderen angegriffen FÜHLST, liegt aber wohl noch in anderen Dingen begründet.

In anderen Threads hast du früher ja oft deine Sonderstellung bei deinen Therapeuten geschildert - kann es sein, dass du dir diese Sonderstellung auch hier im Forum erhofft hast? Und dass der Grund, warum du dich hier oft nicht wohlfühlst und sogar das Gefühl hast, das Forum würde dir schaden, darin liegt, dass nicht alle User dir diese Sonderstellung einräumen? Mit anderen Worten, dass du dich hier mit deiner schweren Lebensgeschichte nicht richtig gewürdigt fühlst?

Es ist, wie gesagt, nur mein Gefühl, bei vielen Beiträgen von dir. Und mit diesem Gefühl gehe ich mittlerweile seit Monaten "schwanger", jetzt musste es einmal heraus. Ich will dich damit wirklich nicht verletzen und hoffe sehr, es auch nicht getan zu haben. Es ist nur ein Versuch, etwas weiter zu dir vorzudringen und dich etwas besser zu verstehen.

Liebe Grüße und gute Nacht,

Rilke

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Jesusechse
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Beitrag Do., 20.05.2010, 00:55

Da geb' ich Dir Recht, Arta. Aber es würde viel Leid verhindern, wenn jeder, der subjektiv leidet, auch sehen würde, dass es objektive Unterschiede gibt. Und man sollte sich überlegen, was man wann wem sagt und was nicht!

Dieses generelle Verständnis kann man erhoffen, aber verlangen kann man es nicht. Ich z.B. habe unter dieser Mitbewohnerin gelitten ohne Ende. Ich war nahe dran, ihr auf's Maul zu hauen, weil mich ihr Gejammer gequält hat und zwar abartig. Und das finde ich dann auch sehr verletzend, wenn man so ignorant ist. Warum sieht so jemand, der an sich weniger zu tragen hat, dann weder das objektive noch das subjektive Leid von anderen?

Man kann doch nicht nur von dem, der schlimmer belastet wurde, Verständnis erwarten und der andere muss es nicht haben?!

Wenn ich an diese Mitpatientin denke, wird's mir heute noch schlecht. Sie wurde Sonntagabend von ihrer Eskorte (Mami, Papi, Freund, manchmal auch noch Bruder) in die Klink kutschiert, Küsschen hier, Küsschen da, alles auf'm Zimmer, alles in meinem Beisein, wo sie genau wusste, dass ich und meine Familie keinen Kontakt mehr hatten, ich niemanden hatte. Danach hat sie mir eine Stunde lang vorgejammert, wie sie ihre Familie und ihren Freund vermisst.

Toll, ich hab' ja niemanden vermisst, ich hab' mich ja nur die Pulsadern aufgeschnitten, weil meine Familie mich verstoßen hat.

Ich sag's mal so: ICH HASSE SIE, diese blöde gefühllose egoistische Kuh und ich werde sie immer hassen. Und für mich ist so jemand, der so vorführt, was er hat und so unsensibel für die Gefühle anderer ist, schlicht ein Untermensch.

Sie wollte mit mir befreundet sein.... Sie hat immer gejammert, dass sie keine Freunde hätte.

Waran lag das nur? Irgendwann ist es zuviel verlangt, dass andere Verständnis aufbringen, wenn man sich zu sehr sozial daneben benimmt. Meine Meinung.

LG

Jesusechse

@ Rilke:

Dein Posting kam grade. Nee, hier geht gar keine Miene in die Luft, das sind nur einfach verschiedene Ansichten. Und sie sind auch ganz klar davon geprägt, ob jemand "objektiv viel" hat.

Ich denke, viele verstehen das nicht, wenn ich sowas schreibe. Sie leiden doch auch, warum kann die doofe Jesusechse es so nicht annehmen. Kann ich nicht, geb' ich offen und ehrlich zu. Weil: Ich habe diese Dinge erlebt, undendlich viel unendlich lange und wenn man alles subjektiv macht, gleichsetzt, dann verschwindet da eine Größe, ein Fakt, der für mich übermächtig da ist und spürbar ist, der einfach unter den Teppich fällt/gekehrt wird. Und das kann man nicht, wenn man sowas hinter sich gebracht hat.

Und was ich einfach nicht verstehe, ist, warum können andere das nicht so akzeptieren? Ich seh' mich überhaupt nicht als das Maß aller Dinge an. Im Gegenteil: Ich kenne aus meinem Job Schicksale, die sind sowas von grausam, da vergeht einem alles. Das lass' ich dann aber auch so stehen. Da sag' ich, dagegen hatte ich das Schlaraffenland. Ich kenne Fälle, die tun einem körperlich weh, wenn man sie mitkriegt. Ich weiß z.B.auch von Tierquälereien im Knast, wo Sadisten Tiere ankaufen, um sie langsam zu Tode zu quälen. Und über Menschen kenne ich genauso üble Dinge. Ich kenne die ganze Skala und ich bin irgendwo zwischen drin. Ich denke, dass mich eher mein Job hart oder vergleichend gemacht hat. Ich kann das aber akzeptieren, dass es Menschen gibt, deren Leid meins wie Pipifax aussehen lässt. So jemandem würde ich aber nie meine Biographie unter die Nase reiben und jammern.

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Eve...
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Beitrag Do., 20.05.2010, 07:55

Meiner Ansicht nach ist der Ansatz hier sehr schwierig, deshalb schaukelt sich das auch so hoch.
Mit Leid miteinander in eine Art "Wettbewerb" zu treten, entbehrt nicht einer gewissen Tragik - und einer gewissen Absurdität. Für mich persönlich hat das allerschlimmste Schicksal eine Familienangehörige getroffen; was sie erlebte, ist unmenschlich. Ich sehe es so, da sie mir sehr nahesteht; für andere gibts hingegen Tausende, die dasselbe oder Schlimmeres erlitten. Schlimmes wird einfach unterschiedlich gewertet, auf dem persönlichen Hintergrund. Fazit: Man KANN Leid nicht vergleichen.

LG Eve

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carö
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Beitrag Do., 20.05.2010, 09:43

ICH HASSE SIE, diese blöde gefühllose egoistische Kuh und ich werde sie immer hassen.
das problem dabei ist, dass du am allermeisten an deinem hass zu leiden hast. er macht dich unfrei, zehrt dich auf im innern. er bindet dich an dein hass"objekt".
Sie leiden doch auch, warum kann die doofe Jesusechse es so nicht annehmen. Kann ich nicht, geb' ich offen und ehrlich zu.
da sprichst du etwas wahres aus. du kannst es nicht. vielleicht kannst du es aber irgendwann, wenn dein hass weniger wird.

ich glaube nicht, dass es darum geht, dass du das leid der anderen anerkennst. das erwartet sicher niemand. kann ich mir zumindst kaum vorstellen. aber du aberkennst es regelrecht. zumindest klingt es für mich oft so. und das ist eine, wie ich finde - verständliche - provokation für menschen, die erlebt haben, dass mutter, vater, tante, onkel... ... das eigene leiden als unwahr und nichtig eingeschätzt haben und einen gar aus der gemeinschaft ausgestoßen haben. du hast selbst erlebt, wie weh das tun kann, wenn die menschen, die einem doch am nächsten stehen, nicht sehen können oder nicht wollen, welches persönliche leiden man selbst hatte, weil..weil.. weil... ja.. das gibt es viele, viele gründe dafür. aber das geht hier zu weit.

du wirst dich aufreiben im vergleich - ich kenn das leider nur zu gut! ich glaube daraus spricht das bedürfnis endlich endlich gesehen und gewürdigt zu werden - aber es führt zu nichts, zumindest nicht zu mehr seelenfrieden.

LG
carö

EDIT: fettgedrucktes oben hinzugefügt, finde es so deutlicherr, was ich ausdrücken wollte.
Zuletzt geändert von carö am Do., 20.05.2010, 15:35, insgesamt 2-mal geändert.
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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