Die spinnen doch, die Analytiker! Oder doch nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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nemesis
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Beitrag So., 02.05.2010, 17:38

Hallo Aditi!

Eben, ganz genau so ist es!!! Freud musste seine frühen Erkenntisse ("Traumatheorie") wegen Druck durch die lieben Kollegen verwerfen. Deswegen "erfand" er die "Triebtheorie", die nun seit Jahrzehnten durch den psychotherapeutischen Bereich geistert und viele Schäden angerichtet hat. Erst heute führen die Erkenntnisse der Psychotraumatologie dazu, daß man sich langsam wieder auf das besinnt, womit Freud damals im Kreise seiner Kollegen gegen die Wand fuhr.

LG

nemesis

P.S.: @neko: Obiges ist übrigens der Grund dafür, daß Kollege Freud mein Gemüt noch heute erhitzt...
Zuletzt geändert von nemesis am So., 02.05.2010, 17:51, insgesamt 1-mal geändert.
We are effectively destroying ourselves by violence masquerading as love.
(R.D. Laing)

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Aditi
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Beitrag So., 02.05.2010, 17:47

danke nemesis,

mein gedächtnis funktioniert also doch noch gut
dann sollten wir hrn. freud nicht allzusehr "verurteilen", sondern diejenigen zur verantwortung ziehen, die den leichteren weg - den der triebtheorie - heute noch gehen wollen.

mlg
aditi

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Offy
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Beitrag So., 02.05.2010, 17:48

neko hat geschrieben:oh ja, die wo-frage möchte ich auch gerne stellen, offy meinst du mich? da würde ich mich dann ganz arg mißverstanden fühlen.....
Nein nein, dich meinte ich nicht.


@candle: Ich muss mich im Moment ein bisschen von diesen Postings, die ich als "pro-Freud" empfinde, innerlich distanzieren. Deswegen mag ich jetzt nicht noch mal nachlesen. Außerdem würde das vermutlich einige in eine Position bringen, in der sie glauben, sich/ihre Meinung verteidigen zu müssen. Das will ich nicht auslösen.
Heute weinte ich –
aber keine Träne benetzte eine Blume.
Still, leise und nutzlos!
Werde ich auch so von der Welt gehen?

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Moni.
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Beitrag So., 02.05.2010, 18:47

OT an - @neko, ich möchte Dir gern schreiben, dass mich die Beschreibung Deiner Schuldgefühle sehr berührt hat. Diese unsäglichen Macht- und Ohnmachtserfahrungen..., ich weiß wovon Du schreibst. Die zweite Seite, wir geben oft anderen die Schuld, und damit die Macht, über uns und unsere Gefühle zu bestimmen. Eine befreiende Erkenntnis, wenn diese Verknüpfung verstanden wird. - OT aus.

beanie hat geschrieben:also erstmal....kernbergs interpretationen spielen meines erachtens nach für die moderne Form der PA keine rolle.
Also Kernberg spielt sogar eine sehr große Rolle in der modernen PA. Er war bis 2001 Präsident der „Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung“. Seine Bücher werden ständig verlegt, neue Schriften kommen regelmäßig hinzu und er entwickelte das Grundkonzept der Transference-Focused-Psychotherapy (TFP). Erst im letzten Jahr hat er in Deutschland vielbeachtete Vorträge zur Zukunft der PA gehalten.

Ich habe mich erstmals mit Freud beschäftigt als ich von seinem Suizid gelesen habe. Später las ich Behandlungsberichte von ihm - und staunte nicht schlecht über sein Talent die Behandlungsergebnisse „schön zu schreiben“. (Soll ja heute noch vorkommen.) Und als Analysandin kommt man an Freud (fast) nicht vorbei.


Moni
Zuletzt geändert von Moni. am So., 02.05.2010, 19:09, insgesamt 1-mal geändert.

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hippogriff
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Beitrag So., 02.05.2010, 18:54

(Off-Topic: Also ich hab schon manchmal Penisneid, wenn ich da an eklige öffentliche Damentoiletten und die damit verbundenen akrobatischen, nun ja, ihr versteht schon ... denke.)

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hippogriff
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Beitrag So., 02.05.2010, 18:58

Ganz allgemein: Ich habe mal gelesen (in einer kurzen Einführung), dass der Begriff "Kastrationsangst" die Angst vor der körperlichen Versehrtheit ausdrücken soll. Damit es auch jeder versteht und möglichst plakativ ist, hat Freud diesen Begriff eben drastisch gewählt, die Angst vor der Kastration. Ganz allgemein soll damit aber nur ausgedrückt werden, dass wir Angst haben, dass unser Körper verletzt wird.

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carö
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Beitrag So., 02.05.2010, 19:01

@moni.
Naja, und als Analysandin kommt man sowieso nicht drum rum.
auf was bezieht sich dieser satz ? verstehe gerade die bedeutung nicht. magst nochmal erklären ?
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Gast
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Beitrag So., 02.05.2010, 19:11

Hallo hippogriff,
hippogriff hat geschrieben:Ganz allgemein: Ich habe mal gelesen (in einer kurzen Einführung), dass der Begriff "Kastrationsangst" die Angst vor der körperlichen Versehrtheit ausdrücken soll (. . . )
Das mag eine Deutung des Autors gewesen sein, mit Sicherheit aber nicht, was Freud meinte. Da geht es wirklich um (unbewußte) Kastrationsphantasien.

Gruß
Anastasius

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hippogriff
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Beitrag So., 02.05.2010, 19:23

Das mit der Erklärung der Kastrationsangst habe ich bei Wolfgang Schmidbauer "Liebeserklärung an die Psychoanalyse" gefunden.

Schmidbauer schreibt, dass Kastration ein Sonderfall der körperlichen Verletzung ist, jedoch einer, bei dem der Körper unwiderruflich auch keine Lust mehr spenden kann (anders als bei "Arm ab") und erklärt "Freud hat seine Ausdrücke immer so gewählt, daß sie möglichst genau die Stelle der größten Spannung, den Kern des Konflikts treffen." (S. 122)

Ich fand das sehr einleuchtend. Freud selbst habe ich nicht gelesen, daher kann ich das nicht beurteilen, hatte aber auch kein Bedürfnis, das nachzuprüfen bzw. nach dem Original.

Als anderes Beispiel führt Schmidbauer aus, dass Freud aus gleichem Grund statt "Abgrenzung von und Identifizierung mit Vater und Mutter" eben Ödipuskomplex gewählt hat.

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Moni.
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Beitrag So., 02.05.2010, 19:35

Hallo carö ,

ich meine, wer sich einer Analyse unterzieht, der wird sich früher oder später mit Freud bzw. der Entstehungsgeschichte der PA auseinandersetzen. Als Begleiterscheinung. Bei einigen mag es auch Thema in den Stunden sein. Hängt sicher von der Einstellung des jeweiligen Analytikers ab. Bei mir kam es in den Stunden relativ selten vor. Aber natürlich der Satz: „Wo es war, soll ich werden.“ Oder mal der Hinweis auf ein Ursprungswerk von Freud.

Das Lesen seiner Schriften ging von mir aus. Und ich war im Freud-Museum in Wien. Es ist mir auch aufgefallen, dass Analytiker selbst ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Freud hatten/haben.

Gruß
Moni

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carö
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Beitrag So., 02.05.2010, 20:08

ah danke moni. so meinst du das.

ja, vielleicht hast du recht. habe auch mal einen dicken wälzer - eine freudbiographie - gelesen. mich hat das sehr fasziniert. habe es aber eher aus historischem interesse gelesen. freud-museum, jawoll. da war ich ja erst hat mir gut gefallen. allerdings habe ich mich sonst nie so explizit mit freud bzw. seinem werk beschäftigt. habe lang vor dem beginn der analyse aus interesse die traumdeutung begonnen zu lesen. aber irgendwann auch wieder zur seite gelegt.

LG
carö
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candle
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Beitrag So., 02.05.2010, 20:19

neko hat geschrieben: was an kollege freud heute immer noch so die gemüter erhitzt.
Mich nichts! Und wer sich da erhitzen will, der tut es. Mir läuft es hier einfach zu einseitig.

candle
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metropolis
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Beitrag So., 02.05.2010, 20:38

Vorweg erstmal: Mit Kernberg habe ich mich nicht wirklich beschäftigt, ich weiß nicht, was seine Theorien ausmacht, aber...
nemesis hat geschrieben:
Dennoch frage ich mich, wie Herr Kernberg zur Erklärung dieser Schuldgefühle darauf kommt, daß ein kleines Mädchen den Mißbrauch durch den Vater als "sexuell erregenden Triumph über die Mutter" erlebt?

Ist das nicht eine Unterstellung übelster Art?
...wäre für mich erstmal die Frage, in welchem Alter die erwähnte Patientin als Kind missbraucht wurde. Wo steht denn zum Beispiel, dass sie ein kleines Mädchen war? Vielleicht war sie schon in der Pubertät und hatte durchaus eine "sexuelle Identität" (ich weiß nicht wie ich es nennen soll)
...dann wäre für mich die Frage, hat sie dem Vater Avancen gemacht. Das mag sich für euch total abwegig anhören, aber man weiß doch nicht, was sie ihm zu dieser Geschichte erzählt hat. War die Patientin selbst vielleicht der Ansicht, den Missbrauch provoziert zu haben, was wiederum Schuldgefühle ausgelöst hat

Irgendwie muss er doch zu dieser Erkenntnis gekommen sein. Oder meinst du, dass Kernberg unabhängig der Umstände, ein vom Vater missbrauchtes Mädchen in diese Theorie einordnet? Das wäre sehr bedenklich.


Sollte die Frau/ das Mädchen jünger gewesen sein, halte ich es tatsächlich für total abwegig, dass es um einen sexuell erregenden Sieg über die Mutter ging. Überhaupt bezweifle ich, dass bei Missbrauch Erregung mitschwingt.

Ok, ich bewege mich hier auf sehr dünnem Eis, das weiß ich. Man wird mir wahrscheinlich vorwerfen wollen, dass ich der Patientin eine Mitschuld anhängen will. Das möchte ich keinesfalls. Nichts vermag die Schuld des Vater mindern.

Aber auch gerade aus meinen eigenen Missbrauchserfahrungen heraus, weiß ich, wie solche Schuldgefühle das weitere Leben prägen. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich anscheinend sexualisierte Signale an die Männer gesendet habe, die das ausgenutzt haben. Ich habe die Nähe gesucht, habe mich möglichst erwachsen und weiblich verhalten, versuchte ihnen zu gefallen. Doch was ich wollte, war nichts Sexuelles, vielmehr suchte ich eine Vaterfigur, die sich für mich interessiert. Dass dies missverstanden/ sexualisiert wurde, ist mit Sicherheit nicht meine Schuld. Hätte mein Analytiker dieses Werben ausgeklammert, weil es den Missbrauchten gegenüber völlig unangebracht ist, soetwas zu "unterstellen", wären wir nie darauf gekommen, dass die Avancen und die sexuellen Wünsche an meinen Analytiker nichts anderes als die sexualisierte Sehnsucht nach einem fürsorglichen Vater ist. Also unter dem Deckmantel des Flirtens verbirgt sich der Wunsch ohne sexuelle Hintergedanken Zuwendung zu erfahren.

Oje, jetzt werde ich gesteinigt.

Zum Abschluss noch: Wie seht hier lolita-hafte Mädchen, an denen sich Männer vergreifen, in diesem Zusammenhang? Es ist Missbrauch, sicher, aber kann man in diesem Fall das sexuelle Begehren des Opfers ausschließen Oder ist sowas nur literarische Fiktion?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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candle
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Beitrag So., 02.05.2010, 20:44

Naja metropolis, bist Du mißbraucht worden? Ich beschäftige mich nur mit Dingen, die wahr sein könnten....

candle
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metropolis
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Beitrag So., 02.05.2010, 20:49

Moni. hat geschrieben:
@ metropolis, und Du glaubst wirklich an den "sexuell erregenden Triumph über ihre Mutter"? Ödipale Schuld wünscht den Tod der Mutter... das ist Psychoanalyse nach Freud! Na wenn´s zur Heilung beiträgt.
Nein, ich glaube daran nicht, dieser Ödipus-/ Elektra-Komplex geht für mich eindeutig zu weit.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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