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Mo., 05.04.2010, 15:24
Liebe ausgefuchst,
habe dir einen Auszug aus dem Fachbuch meines Theras reinkopiert. Nähere Angaben zu ihm und zu seinem Buch per PM.
IGDL
Zerrissene
Traumatherapie
Trauma-Anamnese
Gerade im Rahmen der traumatherapeut. Interventionen scheint eine gute Traumadiagnostik unerlässlich zu sein, um den Patienten durch die Therapie nicht zu destabilisieren und evt. sogar zu retraumatisieren.
Dafür ist eine eingehende Trauma-Anamnese des Pat. notwendig. Denn, wie es im Fachjargon heißt <Trauma zieht Trauma nach sich>. Traumat. Ereignisse haben als wesentl. verbindendes Element die traumat. Zange, also eine <no fight-no flight>-Situation, die durch das Gefühl des Ausgeliefertseins gekennzeichnet ist.
... diese Erfahrung des Hilflos-Ausgeliefert-Seins brennt sich oft dergestalt bei den Betroffenen ein, dass im Moment der Konfrontation mit der traumat. Situation auch andere traumat. Erlebnisse reaktiviert werden. Dabei muss keineswegs eine inhaltl. Parallele zw. den Ereignissen bestehen, sondern es reicht dieses verbindende emotionale Moment des <Sich-Ausgeliefert-Fühlens>, um anzudocken und damit altes Material anzutriggern. In solchen Momenten holt das traumat. Ereignis die betroffenen Personen oft gnadenlos ein, überflutet sie. Sie verlieren dabei die zeitl. Dimension als Differenzierg. zw. dem <Hier und Jetzt> und dem Moment, in dem das Trauma sich tatsächl. ereignet hat. Die beiden Momente verschmelzen. Sie verspüren die Hilflosigkeit wie damals. Dieser Umstand, die traumat. Situation erneut-und genauso hilflos- zu durchleben, wird als Retraumatisierung bezeichnet.
Eine Retraumatisierung verfestigt das traumat. Geschehen mit all seinen Folgeerscheinungen noch einmal. Man durchlebt eine traumat. Situation, die einem <den Boden unter den Füßen weggezogen hat>, mit derselben Wucht und in der Regel ohne neue Lösungsstrategien und Alternativen zum zweiten oder wiederholten Mal.
Um das zu vermeiden, ist es unerläßlich, vor einer Traumaexposition eine eingehende und gute Trauma-Diagnostik vorzunehmen.
Trauma-Diagnstik in Aktion
Um eine gute Trauma-Anamnese zu erheben, muss man sich im Klaren darüber sein, was ein Trauma ist und wie es sich für Betroffene <anfühlt>. Viele traumatisierte Menschen benutzen im Zusammenhang mit traumat. Ereignissen Beschreibungen wie <Danach war nichts mehr wie vorher> oder<Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen> . In diesen Metaphern steckt die Beschreibung von Geschehnissen, die man eigentl. gar nicht so in Worte zu fassen vermag. Schildert einem ein Patient eine Begebenheit, die traumat. Ausmaße zu haben scheint, so erweist es sich in der Tat als hilfreich, diese durch Skalierung <einordnen> zu lassen.
Bsp.:
Auf einer Skala von null bis zehn, wo ist da das, was Ihnen widerfahren ist, einzuordnen? Als Erklärg. des Maßstabs: Null bedeutet <gar nicht schlimm> und zehn<das Schlimmste, was Ihnen je in Ihrem Leben passiert ist>.
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, Patienten nicht eingehender in die Schilderungen von traumat. Ereignissen<abtauchen> zu lassen, weil sie in diesem Zusammenhang manchmal <dissoziiertes>, also vom Bewußtsein abgespaltenes Material, so genannte Erinnerungssplitter, reaktivieren, die eine Retraumatisierung bewirken können.
...Entsprechend sollte man seinen Patienten erklären, dass man nicht etwa nicht interessiert ist an dem, was ihnen dort widerfahren ist, sondern dass man aus der Arbeit mit Menschen, die sehr heftige Lebenserfahrungen gemacht haben, gelernt hat, dass es in der Regel nicht gut tut, so <nah> an das Geschehen von damals heranzugehen. Dafür gibt es Spezialtechniken, bei denen man so etwas unter geschützten Bedingungen macht und dann auch gut vorbereitet.
Spezifische traumatherapeut. Interventionstechniken
1. Stabilisierung
2. Traumadurcharbeitung
3. Wiederanknüpfen
In der ersten Phase steht dabei die ressourcenorientierte Arbeit mit dem Patienten im Vordergund. Es geht darum, ihn dabei zu unterstützen den <Boden unter den Füßen wieder zu finden>, trittsicherer zu werden. Dazu gehört es event. auch, mit dem Therapeuten eine stabile und tragfähige Beziehung aufzubauen.
In der zweiten Phase geht es um Traumaexposition durch direkte Auseinandersetzung mit dem konkreten Traumageschehen.
In der Wiederanknüpfungsphase geht es darum, dies alles in sein Selbstbild und seinen Lebensentwurf zu integrieren. Häufig ist es in diesem Stadium zum ersten Mal überhaupt möglich zu trauern.
Diese drei Phasen müssen nicht dringlich alle in Folge durchlaufen werden.
...In jedem Fall aber sollte an erster Stelle die Stabilisierungsphase stehen.
Stabilisierungsphase
...Dafür, dass die Schaffung von stabilen Grundbedingungen unabdingbare Voraussetzung für Traumabearbeitung ist, für diese notwendige Vorarbeit muss man häufig lange und eindringlich bei traumatisierten Menschen werben. Viele würden gern die Augen schließen und es möglichst rasch, kurz und schmerzlos hinter sich bringen-sozusagen <ungeschehen machen>. Das ist an sich ein nur allzu nachvollziehbarer Wunsch. Er birgt aber ein sehr hohes Risiko von Retraumatisierung in sich, da der Traumatisierte sich<ungewappnet> erneut in die traumat. Situation begeben würde, indem er sie erneut-zwar mit dem Therapeuten, aber doch mit häufig nur schwer zu steuernder <Wucht> -durchlebt. Das bedeutet wiederum, dass er meist mit derselben oder zumindest einer änhlichen Form von Hilflosigkeit und Ohnmacht erneut durchlebt wird. Es kommt also zu einer Reinszenierung des traumat. Geschehens, was meist in einer Retraumatisierung mündet.
Daher ist es notwendig, einerseits äußere Sicherheit zu schaffen, z.B. indem übergriffige Beziehungen gekappt werden oder ein Arbeitsverhältnis beendet wird usw. Ebenso nowendig ist es aber andererseits auch, den traumatisierten Menschen zu stärken und ihm Techniken an die Hand zu geben, um das Gefühl von innerer Sicherheit zu erzeugen. Hierfür eignen sich besonders gut imaginative Techniken.
Außerdem ist es in diesem Zusammenhang enorm hilfreich, gemeinsam mit dem Patienten nach dessen sonstigen Bewältigungsstrategien zu schauen und diese möglichst zu aktivieren. ...
In jedem Fall sollte es etwas sein, das diese Person in ihrem Selbstwertgefühl wieder stärkt, denn traumat. Erlebnisse unterminieren das Selbstwertgefühl der Betroffenen ungemein.
Traumaexpositionsphase
Für die Phase stehen dem Therapeuten verschied. traumaspzifische Techniken zur Verfügung. EMDR umschreibt eine spezifische traumatherapeut. Technik, die darauf abzielt, Zugang zu Material zu erhalten, das in <dysfunktionaler Form> im Gehirn gespeichert ist. Die Idee ist es, mit EMDR das traumat. Material zu aktivieren und dessen Verarbeitung zu induzieren, sodass es in regulärer Art und Weise im Hippocampus abgelegt werden kann und nicht mehr in Form einer traumat. <heißen> Erinnerung fungiert. Es handelt sich dabei um eine sehr effektive Technik, die jedoch nur von speziell ausgebildeten EMDR-Therapeuten angewendet werden sollte, da die Aktivierung von traumat. Material sehr intensive Gefühlszustände wachrufen kann-bei entsprechender Vorgeschichte auch dissoziative Zustände-, die ein Therapeut abfangen können muss.
EMDR eignet sich gerade für Menschen, die nicht so guten Zugang zu ihren Gefühlen bekommen, da die Technik in der Lage ist, die zum Trauma gehörigen Gefühle <hoch> zu holen und damit zu intensivieren. Im Sinne einer guten Prozesssteuerung ist es dabei notwendig, durch den Vorgang des Going in-Going out eine entsprechende Anreicherung oder aber dadurch einen guten Spannungslevel zu halten.
Eine andere traumaspezif. Herangehensweise ist die Screentechnik. Dabei wird das traumat. Ereignis mit dem Patienten zusammen in einer <ReImagination> durchgearbeitet. Auf einer imaginierten Leinwand, dafür eignet sich gut die weiße Zimmerwand, wird das traumat. Ereignis vom Anfang bis zum Ende im Sinne eines Filmes erneut durchlaufen, um dadurch die unterschiedl. Traumaelemente- alle zugehörigen Wahrnehmungen, Kognitionen und Gefühle- zusammenzufügen und das traumat. Ereignis im Gedächtnis ablegen zu können. Auch hier ist das Ziel die Traumasynthese.
Therapeut und Patient schauen sich dann die Abfolge aus sicherer Entfernung und in kontrollierter Weise im Hier und Jetzt an. Die Aufgabe des Therapeuten besteht auch hier vor allem in einer gelungenen Prozesssteuerung, die dem Patienten eine gute, das bedeutet ausreichende Distanz zu den Geschehnissen auf der Leinwand ermöglicht.
Da die Screentechnik eine dichtere Begleitung des Patienten ermöglicht, lassen sich die aufsteigenden Affekte hierbei durch den Therapeuten besser steuern als beim EMDR, wodurch das Risiko einer Retraumatisierung sinkt.
Phase des Wiederanknüpfens
Traumat. Eriegnisse verändern Menschen. In der Traumaforschung setzt man sich viel mit der Frage der protektiven Faktoren auseinander. Warum wirft ein traumat. Ereignis den einen Menschen völlig aus der Bahn, während der andere kurz wankt- oder noch nicht einmal das- und dann seinen Weg unbeirrt fortsetzt? Häufig sind es erst die Folgezustände von erlebten Traumatisierungen, die es den Betroffenen enorm schwer machen, diese zu verarbeiten und in ihre Lebensgeschichte zu integrieren. Trauma und vor allem die sich anschließenden Prozesse der Selbstentwertung, des Sich-Alleingelassen-Fühlens und so weiter verändern Menschen und deren Form der Beziehungsgestaltung. Häufig ziehen sich Traumatisierte von ihren sozialen Beziehungen und Kontakten zunehmend zurück. Trauma bedeutet Verletzung und häufig auch Abschiednehmen von Menschen, Ideen, Träumen, Sicherheit. In der dritten Phase, der Phase des Wiederanknüpfens, gilt es, das Verlorengegangene wieder aufzunehmen, Trauerarbeit zu leisten, um sein Leben dann normal fortzusetzen.