Kokain und der Wunsch nach ambulantem Entzug

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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luckystrike
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Kokain und der Wunsch nach ambulantem Entzug

Beitrag Sa., 05.12.2009, 05:41

Guten Morgen liebes Forum,

ich würde mich gerne vorstellen, lasse es aber auf Grund der Nachverfolgbarkeit lieber bleiben. Nur soviel: ich bin männlich, 33 Jahre alt, verheiratet, Papa und eigentlich, wie ich immer dachte, trotz diagnostiziertem Borderline-Syndrom, ein ganz kontrollierter Kerl.

Zumindest für den letzten Punkt kann ich ein ganz großes NEIN aussprechen. Das bin ich nicht. In den letzten Monaten habe ich durch meine Freundin (ja, trotz der Heirat gibt es da jemanden) angefangen, ein bisschen über mich selber nachzudenken. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich das Thema Sucht oder Extreme oder Selbstverletzendes Verhalten wie ein roter Faden durch mein Leben zieht.

Anfangs waren es kleinere Diebstähle. Damals war ich 7 oder 8 Jahre alt, in der Grundschule und habe mir mit der "Beute" meine Freunde erkauft. Sicher, das hätte ich nicht nötig gehabt. Es ging weiter... ich fing an, regelmäßig Sport zu treiben. Auch das geriet irgendwann zur Sucht und wurde langweilig. Also fing ich an, maßlose Berge von Essen zu verdrücken. Dann habe ich irgendwann einen Rappel bekommen und innerhalb von wenigen Monaten 35 Kilo abgenommen, in dem ich einfach gar nichts mehr gegessen habe. Weiter ging es mit extremen Arbeitszeiten bis hin zum Alkohol. Das war vor ca. 1,5 Jahren der Fall. Das ich noch ziemlich viel rauche, brauche ich wahrscheinlich gar nicht zu erwähnen, tue es der Vollständigkeit halber aber trotzdem. Okay, ich habe also für ca. 15 Monate täglich Alkohol in nicht mehr gesunden Mengen konsumiert. Das waren dann mal schnell 10 bis 12 oder auch 15 Bier. Oder 2 bis 3 Flaschen Wein. Alleine. Als mir der Alkohol anfing, zum Hals rauszuhängen, weil ich ja jeden Abend noch 50 Kilometer bis heim fahren musste, begann ich damit, Speed auszuprobieren. War das "toll", man konnte plötzlich noch viel mehr trinken, ohne es überhaupt zu merken. Völlig debiler Mist.

Wie dem auch sei: irgendwann sagte mir jemand, dass Speed viel zu ungesund sei und dass ich wenn dann überhaupt Kokain nehmen sollte. Also habe ich, oh Dummheit, auf den vermeintlich gut gemeinten Ratschlag gehört und Kokain ausprobiert. Das nehme ich jetzt seit ca. 2,5 Monaten ziemlich regelmäßig, was in meinem Fall bedeutet, mehrmals täglich.

Mittlerweile bin ich bei einer Tagesdosis zwischen 0,5 und 1,5 Gramm angekommen. Gott sei Dank habe ich einen relativ guten und sicheren Job, der mir diese ja schon extrem teure Sucht finanziert. Noch. Denn ich merke, wie die Welt um mich herum uninteressant wird. Und genau davor habe ich eine Heidenangst. Mittlerweile ist meine Ehe nach nur einem Jahr ruiniert. Gut, wir kannten uns schon lange vorher, waren auch zusammen aber bis zur Hochzeit hat es eben etwas länger gedauert. Ich stehe aktuell quasi vor einem ziemlich brüchigen Glashaus, über dem ein ziemlich dicker Felsen an einem ziemlich dünnen Fädchen hängt und wackelt.

Schön, das habe ich wenigstens schon einmal erkannt. Ich plane gerade den "Ausstieg" aus der Sucht. Ich möchte und muss das allerdings aus verschiedenen Gründen (beruflich wie privat) in jedem Fall ambulant machen. Ich habe mich die letzten Tage fast wund gegooglet, ohne eine anständige Seite zu finden, die einem Hinweise oder gar Hilfestellungen für meine Situation bieten kann, bis ich heute auf diese Seite gestoßen bin. Gibt es hier jemanden, der mir gegebenenfalls mit Rat und Tat zur Seite stehen kann? Denn mittlerweile dreht sich nahezu mein ganzes Leben um die Line. Und es ist grauenhaft, wenn ich mir vorstelle, dass ich in Kürze in den Urlaub fliegen werde und bereits jetzt überlege, wie ich den Stoff an Bord bekomme oder wo im Zielland ich etwas sauberes bekomme. Darauf habe ich einfach keine Lust und möchte den Ausstieg in jedem Fall vorher schaffen.

Mit was muss ich rechnen? Ich freue mich auf ganz viele Antworten und verspreche, gelegentlich meine Erfahrungen kund zu tun.

Jetzt wünsche ich euch allen ein tolles, drogenfreies und unbelastetes Wochenende.

luckystrike.

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Sonja_AC
Helferlein
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Beitrag Sa., 05.12.2009, 09:46

Hallo Lucky, "Rat und Tat" kann ich dir nicht bieten, aber ich kenne das was du schreibst auch. Nicht genauso - aber vieles davon. Die permanente Suchtproblematik von Arbeits, Mager und Drogensucht. Es klingt so als hast du irgendwie einen anderen Focus auf dein Leben bekommen und plötzlich eine Ahnung, dass es sich bei diesem Verhalten um etwas handelt was nicht nur dir schadet - also Selbstverletzung ist, sondern auch etwas mit dir zu tun hat. Da auch ich BL kenne, verstehe ich meine Suchttendenzen auch so, dass es eine Art Selbstmedikation ist für meine Anspannungen die ich aufgrund meiner BL Sympthomatik habe.
Das wollte ich erst mal voraus schicken, auch weil es vielleich gut ist, wenn du dich nicht selbst abwertest dafür, dass du diese Suchttendenzen hast und diese Krücken als das verstehst und fühlst, dass dahinter eine enorme Anspannung liegt die auch aus der mangelnden Vertrauenserfahrung "du bist ok so wie du bist" resultiert. Drogen, in welcher Form auch immer haben aber einen entscheidenden Punkt die auch wieder mit BL einhergeht. BL neigt zur absoluten Selbstabwertung oder absoluten Selbstüberschätzung und durch die Neigung zur Sucht, kann sehr schnell die Selbstabwertung passieren und dann ist es schwer nicht wieder zur Droge zu greifen, weil die Selbstabwertung wieder soviel Spannung auslöst. Das ist zumindest meine Erfahrung mit BL und Sucht.
Dein konkretes Problem mit dem Kokain, kann ich sehr nachvollziehen. Kokain hat sehr wenig körperliches Abhängikgeitspotential. Das Hauptproblem ist die mentale Abhängigkeit. So ist ein Entzug in dem Sinne nicht körperlich sondern mental. Was du schreibst, dass das Leben ohne die Droge dir langweilig und nicht lebenswert vorkommt (so verstehe ich das was du schreibst) ist bereits ein Symptom dieser mentalen Abhängigkeit. Meine Erfahrung es ist gut das zu verstehen, denn dann versteht man das was bei einem Entzug passiert besser. Ich denke es ist eine grosse Chance, dass du in die Ferien fährst, denn zu allererst muss der Weg zur Droge versperrt sein. Das wäre ja im Urlaub der Fall. Also wenn du es schaffst ohne die Droge zu fahren und dich darauf einstellst, dass es nicht ein "toller" Urlaub wird, sondern ein Urlaub in dem du zuallererst mal ein paar Tage ohne die Droge lebst und siehst es geht - auch wenn es nicht erbaulich ist - dann ist das ein guter Schritt.
Ambulante Therapie - da kenne ich mich nicht aus - überhaupt zum Thema Drogenentzug von Kokain gibt es wenig. Aber ich denke du solltest eine Therapie aufsuchen um das dahinterliegende Problem des Selbstwertes (BL) zu bearbeiten. Vielleicht kannst du eine Therapie machen die beides vereint und wo du diese Drogenproblematik ansprechen kannst und diese dann mitbearbeitet wird. Ich lese auch, dass du schon alle möglichen Süchte in andere gewandelt hast - also Entzug von einer Droge ist für dich ja gar kein Problem. Es scheint eher die Frage wie schaffst du es die notwenigkeit der Selbstmedikation einzudämmen und da wäre eine ambulante Therapie ja auf jeden Fall der richtige Weg.

Weiss nicht ob das hilft und es ist immer schwer bei einer Drogenproblemantik etwas zu sagen was hilft. Aber das sind mal meine Gedanken und die sind auch aus eigener Erfahrung gespeisst.

Viel Glück
Sonja

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urknall
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Beiträge: 193

Beitrag Sa., 05.12.2009, 18:07

Hi @te


Ja das du das nicht ambulant machen kannst davor brauchst du keine angst haben, nach der zeit die du konsummierst und vorallem weil du "nur" kokain konsummierst ist stationär nicht möglich, weil es nichts zu entziehen gibt. körperlich hättest du sowieso keine entzugserscheinungen. die kokainsucht ist eine reine kopfsache, klar nach dem absetzen kann sowas wie unruhe, schlaflosigkeit und nervosität kommen, aber jetzt im gegensatz zu heroin ist das körperlich .. naja fast nichts.

Da du noch nicht so lange auf k bist würde ich dir raten die nr. vom dealer zu löschen und einfach aufzuhören, du kannst natürlich zu einer drogenberatung gehen aber nach 2 monaten dauerkonsum wird dir jeder artzt das selbe sagen. und das wird sein "hören sie auf", kann sein das sie dir antidepressiva verschreiben die auch schlaffördernd sind, richtige schlafmittel werden sie dir aber nicht verschreiben.
Du könntest eine gesprächstherapie machen wenn dir das helfen würde.

Du hast halt kein kokainprolbem ansich, das ist weniger das problem sondern eher auch wie ich das problem das du immer auf irgendetwas drauf warst und ganz ohne die welt einfach nicht packst.

ich sehe das ganze sehr simpel.. es gibt keine tricks oder 100% klappen ratschläge.
eine drogensucht ohne körperliche abhängigkeit beendet man indem man sofort und ganz aufhört, das ist der einzige weg. man muss lernen normal zu leben, also nüchtern, man muss wieder freude an kleinigkeiten finden und das normale leben genießen können, das ganze kann man aber nicht von jetzt auf gleich haben sondern ist ein prozess der sehr viel zeit braucht.. das ist das schwere, diese zeit durchzuhalten, besonders der anfang ist ganz schlimm, also die ersten woche und monate wirst du zu knabbern haben, helfen tut einfach soviel unternehmen wie es geht, du warst mal sportlich ? sehr gut, prügel dir soviel endorphine in den kopf wie du kannst, das hilft ungemein, verbringe zeit mit leuten die du gern hast.. aber nicht mit denen die selber konsumieren, ich sage es dir ganz ehrlich und das ist eine harte aussage.. jeder der drogen nimmt und dir anbieten könnet egal wer das ist.. ist dein feind und du muss ihn meiden.. das ist leider so.


viel glück lg

ps: kokain speed.. beides sehr ungesund weil streckmittel drinnen sind. speed geht nur sehr stark auf den zahnschmelz und bildet das zahnfleisch zurück.. die zähne fallen dann aus, das passiert allerdings bei k auch nur etwas langsamer.

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Böser Bupre
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Beitrag Sa., 20.02.2010, 11:00

Hallo Luckystrike.

Ich kenne dein Problem, denn ich stecke in einer ähnlichen Situation, die ich gleich in einem neuen Thema verfassen werde.Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, deine Sucht zu bekämpfen, aber dennoch clran zu sein, ist etwas schwieriger. Viele die ich kenne (kannte), haben mit irgendwas aufgehört, sind aber kurze Zeit später mit etwas anderen angefangen (Suchtverlagerung).

Ich war heroinabhängig, bin jetzt in Substituion und stecke (trotz Substi) im Kokabann, zum zweiten mal. Durch meine Substi weiß ich aber, daß es bei uns (und bestimmt auch überall wo anders in Deutschland) eine Fachambulanz gibt, die sich auf jede Form von Abhängigkeit spezialisiert hat.

Es gibt auch öffentliche Einrichtungen, die dich in jeder Form von Abhängigkeit beraten und dir auch den Weg in eine ärztliche Behandlung ebnen. Das ist die PSB (Psychisch-Soziale-Begleitung). Den Weg bin ich gegangen, als ich mich wegen der Heroinabhägigkeit behandeln lassen wollte was wunderbar geklappt hat.

Wünsche dir viel Kraft

Gruß Böser Bupre

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