Wie Alkoholiker zur Therapie bewegen?

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
prettyspirit
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 20
Beiträge: 4

Wie Alkoholiker zur Therapie bewegen?

Beitrag Di., 26.11.2013, 10:03

Liebe Leute,

es handelt sich um ein Problem, das zwar nicht mich direkt betrifft, bei dem ich jedoch um Hilfe gebeten worden bin.

Es geht um die Mutter einer Bekannten von mir, die sehr, sehr viel trinkt - die harten Sachen und es auch vertuscht. Sie ist zwar wegen Depressionen in psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung, jedoch weiß weder die Ärztin, noch die Psychotherapeutin von ihrem Alkoholproblem. In der Vergangenheit hatte sie auch eine längere Periode, in der sie viel getrunken hat, damals allerdings nur Bier und Wein. Dann hat sie aufgehört, weil gottseidank irgendwann die Problemeinsicht kam und war fünf Jahre lang trocken. Im Frühjahr diesen Jahres hat sie allerdings wieder angefangen und diesmal eben mit harten Sachen.

Wie kann man Alkoholiker zur Behandlung bewegen? Ist es ratsam, der Therapeutin oder Ärztin einen Hinweis zu geben? Krankheitseinsicht ist ja nicht gegeben...

Ich bin gespannt auf Antworten und/oder Erfahrungsberichte.

Vielen Dank schon mal!

Werbung

Benutzeravatar

Madja
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 45
Beiträge: 327

Beitrag Di., 26.11.2013, 10:15

Hallo prettyspirit!
prettyspirit hat geschrieben:Sie ist zwar wegen Depressionen in psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung, jedoch weiß weder die Ärztin, noch die Psychotherapeutin von ihrem Alkoholproblem.
Das glaube ich nicht. Die sind doch nicht dumm. Wenn die Frau wirklich viel trinkt und dazu - wie du schreibst - die harten Sachen, das kann man nicht übersehen.
prettyspirit hat geschrieben:Wie kann man Alkoholiker zur Behandlung bewegen?
Es tut mir Leid, das kann man nicht. Wenn der Mensch nicht ansichtig ist, wird er bei jeder Probe dicht machen. Das Gefühl aufhören zu wollen muss von innen kommen.

Liebe Grüße,
M.
Freiheit heißt Verantwortung. Deshalb wird sie von den meisten Menschen gefürchtet. - George Bernard Shaw

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
prettyspirit
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 20
Beiträge: 4

Beitrag Di., 26.11.2013, 10:44

Liebe Madja,

vielen Dank für deine Antwort. Besonders qualifiziert und hilfreich finde ich sie leider nicht.

Natürlich kann man das "übersehen" - auch wenn in der Anamnese der Alkoholkonsum erhoben wird, wird dir doch kein Alkoholiker sagen, wieviel er/sie wirklich trinkt! Die verharmlosen das doch! Außerdem kann sie doch die Depression für ihre Probleme vorschieben. Man unterstellt doch auch nicht jedem automatisch ein Alkoholproblem...

Benutzeravatar

hope_81
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 1805

Beitrag Di., 26.11.2013, 10:53

Liebe Prettyspirit,
wenn die Mutter Deiner Bekannten es nicht für nötig hält ihre Ärzte und auch ihre Therapeutin davon zu unterrichten, dass sie ein Alkoholproblem hat, dann habt ihr keine Chance.

Es ist grenzüberschreitend und unverschämt (bei all der Sorge die ihr habt und die ich zu gut verstehe) sich in das Leben der Mutter einzumischen und darüber hinaus gegen ihren Willen die Ärzte/ Therapeutin zu unterrichten.

Stell Dir nur einmal vor, man würde mit Dir so verfahren. Die Konsequenz wäre, dass ihr sie verliert, noch mehr, als dass mit dem Alkohol schon der Fall ist.

Ich weiß, Menschen stehen ohnmächtig vor den Süchtigen, denken sie müssen helfen usw. Aber das funktioniert einfach nicht.

Wenn überhaupt, dann lasst sie fallen, alleine gehen. Vielleicht wird sie dann wieder wach.Und wenn nicht, dann ist es ihr Leben und ihre Verantwortung.

Einem Menschen, der seine Problem nicht einsieht, kann man nicht helfen. Ihr nicht und die Ärzte auch nicht.

Das ist die traurige Wahrheit.
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

Werbung

Benutzeravatar

Christie
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 33
Beiträge: 72

Beitrag Di., 26.11.2013, 11:00

Hallo prettyspirit,

als Tochter eines Alkoholikers kann ich Madja und hopeless nur zustimmen. Ich habe mit vielen Leuten in der Suchtberatung, der Psychiatrie, etc. gesprochen - immer wieder, wenn mein Vater einen starken Rückfall hatte - und jeder einzelne hat mir gesagt, dass ich rein gar nichts machen kann.

Viele Ärzte und Psychotherapeuten sind wohl in der Lage, eine Suchterkrankung zu erkennen. Im Prinzip ist es aber unerheblich, ob die Behandler der Mutter Deiner Freundin von dem Problem nun wissen oder nicht. Es ist an ihr, das zu thematisieren - oder eben nicht.

Meiner Meinung nach unterstützt Du Deine Freundin am besten, wenn Du ihr hilfst, die gefühlte Verantwortung für das Problem ihrer Mutter loszulassen.

Viele Grüsse
Christie

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
prettyspirit
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 20
Beiträge: 4

Beitrag Di., 26.11.2013, 11:06

Liebe Christie,

vielen Dank für deine Antwort! Oh man, es ist halt schon heftig, mitanzusehen, wie die ganze Familie dadurch kaputt geht. Das mit der verantwortung hab ich ihr eh auch schon gesagt... Aber ist es nicht wichtig für die Behandler, die richtige Diagnose zu kennen?

Also meinst du, dass ein Hinweis an die Therapeutin oder Ärztin eher sinnvoll oder kontraproduktiv wäre?

Benutzeravatar

Christie
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 33
Beiträge: 72

Beitrag Di., 26.11.2013, 11:20

Liebe prettyspirit,

ich nehme an, dass so eine Information “hinter ihrem Rücken” von der Mutter Deiner Freundin als massiver Vetrauensbruch gewertet würde. Ich halte diese Aktion höchstens für sinnvoll, wenn Deine Freundin ihrer Mutter klar zeigen will, dass die Grenze für sie nun erreicht ist. So à la: “Mir ist es egal was du von mir hältst, ich informiere jetzt deine Ärzte, und dann red von mir aus nie wieder mit mir.” So eine Art “letzte Drohung” kann anscheinend manchmal Leute wachrütteln, hat mir mal ein Berater gesagt. Ich selber habe sowas aber nie umgesetzt, da ich das bei meinem Vater für aussichtslos hielt/halte. Das kann in manchen Fällen, auch zur eigenen Entlastung, aber sicher eine Möglichkeit sein. Man muss dann aber wirklich bereit sein, die Konsequenzen zu ziehen.

Was erhoffst Du Dir denn davon, wenn Arzt oder Therapeutin wissen, dass die Mutter Deiner Freundin Alkoholikerin ist? Was würden/sollten die Deiner Meinung nach tun?

Liebe Grüsse
Christie

Benutzeravatar

Madja
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 45
Beiträge: 327

Beitrag Di., 26.11.2013, 11:29

Liebe prettyspirit,

was erwartest Du denn von der Ärztin oder Therapeutin? Dass die sagen: Frau XY, bitte hören Sie auf zu trinken? Ich gehe jede Wette ein, dass die das schon mehrmals angesprochen haben.
Weißt du, in Deutschland ist nicht verboten sich zum Tode zu besaufen. Im Gegental, Alkohol ist immer noch als Teil der deutschen Kultur gesehen. Man kann die Mutter deiner Bekannten gegen ihrer Wille nicht in einer Klinik reinstecken und sie zwingen aufzuhören. Sie MUSS das selbst wollen.
Glaube mir, ich weiß wovon ich rede. Ich habe mehrere Alkoholiker in der Familie.
Liebe Grüße,
M.
Freiheit heißt Verantwortung. Deshalb wird sie von den meisten Menschen gefürchtet. - George Bernard Shaw


ballpoint
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
männlich/male, 62
Beiträge: 593

Beitrag Di., 26.11.2013, 15:09

prettyspirit hat geschrieben:Besonders qualifiziert und hilfreich finde ich sie leider nicht.
Besonders qualifiziert ist meine Antwort auch nicht, dafür aber ein Erfahrungsbericht.

Ich habe, wie andere auch, zu viele sinnlose Gespräche mit Alkis geführt. Als wirksamer erwiesen sich zwei Vorfälle. Der eine war als ich ihre (Familiemitglied, 34) versteckten Flaschen für jeden sichtbar mitten ins Zimmer stellte. Und der andere war dass ich den stockbesoffenen Trinker (Freund, 52) ins Auto geschleppt habe und in die Klinik eingeliefert. Beide waren dramatische Aktionen, unüberlegt und intuitiv. Aber komischerweise erfolgreich.

Man sollte die Suchtprobleme der älteren Generation dort lassen und Hilfe suchen innerhalb ihrer Altersebene. Ihr seid nicht geboren um eure Eltern zu retten. Das sollen andere tun.
caute

Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2001

Beitrag Di., 26.11.2013, 16:36

du wirst nie einen Alkoholiker (Medikamenmtenabhängigen, Junkie, Magersüchtigen whatever) zur Therapie bewegen können. ER muss es selbst wollen.
Und nein, das ist keine unqualifizierte Antwort, sondern durch bittere Erfahrung gelehrte und gelernte Realität; nur eben kurz gefasst.


Hilfreich mag die Antwort auf den ersten Blick nicht sein, da gebe ich dir Recht. Wenn man aber in Konsequenz damit weiterdenkt, ist sie durchaus hilfreich. Weil es denn die einzig stimmige Antwort ist. Auch wenn man es nicht hören mag.
Alle anderen "Tipps" wären Augenwischerei und nur ein verzweifelter Versuch, etwas vorzugaukeln, was so nicht stimmt. Sie würden lediglich in die Co-Abhängigkeit führen.

Alle, die dir hier diese Antwort geben, haben ihre Erfahrungen mit Abhängigen gemacht. Alle sind durch diese und ähnliche Fragen gegegangen. Durch Schmerzenstäler. Durch durchwachte und durchängstigte Nächte. Oft jahrelang. Nur um zu der o.g. Antwort zu kommen. Deshalb kann es teilweise regelrecht verärgern, wenn man auf die o.gestellte Antwort zu hören bekommt: das war jetzt nicht sehr hilfreich und zielführend. Aber wir waren vermutlich alle mal an dem Punkt, an dem wir dachten: "Aber man muss doch....
Aber man kann doch nicht....."

Doch.

Man kann muss nicht nur nicht. Man kann sehr wohl. Man muss sogar.
Nämlich Abstand gewinnen.
Sich selbst abgrenzen.
Die Familie aufklären.
Evtl. Kinder schützen.
Die Sucht beim Namen nennen.
Den Abhängigen nicht mehr weiter decken.
Dem Abhängigen zeigen, dass man die Sucht nicht billigt: aussteigen. Kein Geld. Kein Alkohol. Kein Mitleid.

Wenn man das nicht wahrhaben will, ist dieser Umstand bestenfalls der eigenen Unvertrautheit mit dem Thema geschuldet.
Dennoch sollte man sich ruhig mal damit befassen. Ich an Stelle der Tochter würde in dem vorliegenden Fall zur Suchtberatung (zum Hausarzt) gehen und erklären, dass ich ein Problem mit meiner alkoholkranken Mutter habe und nicht weiß, wie ich damit umgehen soll.
Genau das könntest du ihr sagen.

Benutzeravatar

Christine_Walter
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 34
Beiträge: 515

Beitrag Di., 26.11.2013, 22:40

leider kann man zwar jemandem eine Therapie vorschlagen, mehr aber nicht. Meine Mutter trinkt auch seit vielen Jahren und lehnt eine Therapie ab (sie bestreitet sogar dass sie trinkt), aber zwingen kann man niemanden. Der trinker muss selbst irgendwann erkennen, dass es so nicht weitergehen kann.
Dem Hausarzt einen Hinweis zu geben halte ich für eine gute Idee (habe ich auch gemacht). Allein schon weil er wissen muss, worauf er sich einlässt, wenn er z. B. Medikamente verschreibt, die Alkoholikern schaden könnten.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag