Grübeln und Verlustängste

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marla80
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Grübeln und Verlustängste

Beitrag Do., 14.04.2016, 10:00

Hallo!
Ich schreibe mal wieder wegen meinem Mann. Er ist aufgrund psychischer Probleme frühpensioniert und kommt eigentlich gut mit sich zurecht. Er war lange Zeit auch benzoabhängig, was er aber seit mittlerweile 7 Jahren endlich los ist.
Nun ist seine Mutter krank. Sie hat Probleme mit dem Blutdruck und war kürzlich erst im Krankenhaus. Es ist eigentlich nichts passiert, aber sie war schon recht schwach und hatte wohl zu viel getrunken (Wasser, Natrium- und Kaliummangel). Es geht ihr halt nicht so gut, aber es ist kein Schlaganfall oder Ähnliches gewesen. Sie ist nun gut aufgepeppelt worden und ist wieder daheim. Sie ist halt psychisch nicht so fit, weil sie sich mit 75 Jahren natürlich Sorgen um ihren Körper macht.
Das eigentliche Problem ist bzw. hat aber mein Mann. Er ist in regelmäßigen Abständen beim Psychiater. Termine gehen aber nie länger als 5 bis 10 Minuten. Er hat aber sogar seinen Psychiater um Hilfe gebeten, weil er nicht mehr aufhört zu grübeln. Leider hat dieser erst wieder in zwei Wochen einen Termin für ihn.
Klar, Grübeln bringt nicht um, aber ich würd ihm trotzdem irgendwie gerne helfen. Mein Mann ist ein sehr ängstlicher Mensch und macht sich immer um alles und jeden Sorgen. Er ist heute mit seiner Schwester seine Mutter besuchen gegangen, so denk ich mir, sieht er auch, wie es ihr zu Hause geht.
Nur, wie kann man das Grübeln ein wenig abstellen? Ich denke mal, er hat Angst, dass seiner Mutter schlimmeres passiert. Eh klar, eh verständlich, aber ich denke mal, nicht der Fall. Ihre 10 Jahre ältere Schwester hat auch Probleme mit dem Blutdruck und kommt soweit gut damit zurecht. Seine Mutter hat halt einfach zu wenig auf die Warnsignale geachtet und muss das erst mal wieder lernen. Therapien und mobile Betreuung sind in Planung.
Sein Vater ist ein sehr zwanghafter Mensch und ist im Moment sehr gut auf der "muss mir was für meine Frau überlegen"-Schiene also von der Seite her geht es ja. Nur, seine Mutter ist ängstlich, sein Vater zwanghaft, na kein Wunder, dass es ihm nicht gut geht.
Aber was kann man da machen? Möchte ihm irgendwie helfen. Er bekommt leider keine besonders hilfreiche Psychotherapie. Er spricht sowieso sehr wenig und nicht gerne mit Leuten über seine Probleme. Ich bin jahrelang schon in sehr guter Therapie, was mir zwar gut hilft, ihm aber nicht weiterhilft im Moment.
Gibt es vielleicht irgendwelche Kniffe, wie man ihm helfen könnte? Irgendwelche Tricks, die weiterhelfen könnten? Das mit dem Stopp wird denk ich nicht viel helfen, kann ich ihm aber mal vorschlagen.
Man merkt halt auch, er spielt gerne am Computer, er guckt gerne Filme, aber er macht keines mehr so gerne im Moment. Gestern liefen statt einem Film Wiederholungen seiner Lieblingsserie während ich arbeiten war. Ist natürlich eine gute Möglichkeit, um nebenbei unauffällig zu grübeln.
Ich würd ihn am liebsten schütteln und ihm klar machen, dass er sich nicht so einen Kopf machen soll, aber Vernunft hilft bei Ängsten kaum
Er bekommt Trittico, Lyrica, Abilify, Paroxetin, Seroquel, ist also medikamentös eh schon recht "gut" ausgestattet. Das Lyrica sollte er eigentlich bekommen, um seine Ängste ein wenig gelassener zu nehmen, aber hardcore-Probleme löst es wohl auch nicht.
Ich hab ihm gesagt, er soll mit jemandem reden, wenn es ihm nicht gut geht. Ich texte ihn zwar gerne zu, das hilft ihm aber wenig. Zuhören macht mich nur unrund, da er gefühlte zwei Stunden hmmmmmmmmmmmmt und dann zwei Wörter sagt. Ich bin eigentlich einfühlsam, aber sein zögerliches Reden macht mich eher unrund, als dass es ihm hilft. Hab ihm vorgeschlagen, mit seiner Schwester zu reden. Sie ist in guter therapeutischer Behandlung, aber sie ist halt auch nicht so psychisch fit.
Ich mit meiner Asperger-Logik scheine ihm keine große Hilfe zu sein, somit, vielleicht habt ihr ja eine Idee.
In der Schweiz (bin Österreicherin, in Österreich wüsst ich gleich wo ich einen Ersatzarzt gehabt hätte für einen spontanen Termin) läuft es arztmäßig etwas komplizierter. Der Psychiater hat keinen Termin frei. Das sogenannte Notfallzentrum ist ein Witz, da es keine notfallmäßigen Termine vergibt und die Hausärztin ist auch nicht da.

Danke fürs "Zuhören", freue mich auf Antworten.

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rainyday
Forums-Insider
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Beiträge: 290

Beitrag So., 22.05.2016, 00:06

Hallo maria!

Ja, manchmal sind alle Türen zu und man fragt sich, ob man sich jetzt seine eigene Therapie ausdenken muss.
Hat dein Mann denn irgendwelche Interessen oder Hobbys? Etwas, womit du ihn an die frische Luft locken kannst?
Vielleicht könnt ihr gemeinsam ein Buch lesen, dass sich mit dem Thema Ängste befasst?
Meine Thera hat mir öfter "Hausaufgaben" gegeben und manchmal hat sie mich "gezwungen" etwas zu malen. Fand ich ganz furchtbar, aber es brachte nützliche Erkenntnisse. Regelmäßige Tages- oder Wochenaufgaben können einen schon sehr weiterbringen. Wenn dein Mann nicht reden will, vielleicht bringst du ihn zum Malen oder Musik machen - es geht nicht um Schönheit, sondern darum, sich zu trauen.
ich habe mal einen mürrischen und deprimierten Mann erlebt, der den ganzen Tag kein Wort sagte. Dann entdeckte er eine Marionette und war vor Begeisterung gar nicht mehr zu bremsen...
marla80 hat geschrieben:Er bekommt Trittico, Lyrica, Abilify, Paroxetin, Seroquel, ist also medikamentös eh schon recht "gut" ausgestattet.
Wow, das ist ja eine Hammer-Apotheke. Nimmt er das alles schon lange? Ich betrachte Medikamente immer als zeitweilige Helfer, die nur die Zeitspanne bis zum Therapieerfolg überbrücken, bis man es dann eben selbst schafft.

Also, ich hoffe du verzeihst mir, wenn ich jetzt komisches Zeug geschrieben habe, denn leider kenne ich mich mit deinem Problem eigentlich nicht aus. Ich hab einfach aufgeschrieben, was mir eingefallen ist. Hoffentlich war was Brauchbares dabei.

Liebe Grüße
RD
Would he walk upon the water
If he couldn't walk away?
And would you carry the torch for me?

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Schauspieler
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männlich/male, 36
Beiträge: 29

Beitrag Mo., 23.05.2016, 17:36

Hallo Maria, als Partner einer Freundin mit Angstzuständen kann ich Deinen Wunsch ihm in der Situation helfen zu können verstehen. Ich finde es toll das du trotz seiner wohl langen Erkrankung zu ihm hälst auch in dem Du Dir Gedanken machst und andere zu rate ziehst. Ich kenne Eure Situation nicht genug aber du schreibst das du wenn er rumgrûbelt auch manchmal ungeduldig bist. Was ich Dir raten kann ist auf dich zu achten, also das du dich nicht überlastest( das Du trotzdem deine Hobbys machst und Freunde triffst. Mir persönlich hat das sehr gut getan, dass ich mich nicht nur um die Angst meiner Freundin gesorgt habe .Was mir dabei noch im Kopf rumgespukt ist, ob es nicht gut für Euch wäre, mal zu einer Paarberatung zu gehen.
Das sind die Sachen die mir dazu spontan eingefallen sind.
Alles Gute.
.

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Lukrelenmann
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männlich/male, 40
Beiträge: 8

Beitrag Di., 24.05.2016, 11:10

marla80 hat geschrieben:Er bekommt Trittico, Lyrica, Abilify, Paroxetin, Seroquel, ist also medikamentös eh schon recht "gut" ausgestattet. Das Lyrica sollte er eigentlich bekommen, um seine Ängste ein wenig gelassener zu nehmen, aber hardcore-Probleme löst es wohl auch nicht.
Wie rainyday auch schon angemerkt hat, finde ich auch, dass das, was dein Mann da einnimmt, schon eine ganz schöne Hausnummer ist. Aber ich kann und will da nicht mehr zu sagen, weil ich weder Psycholog bin noch sonderlich Ahnung von der Materie habe.

Das Thema Verlustängste ist bei mir aber auch ziemlich präsent und war mitunter ein Grund, weshalb ich mich in Therapie begeben habe. In solchen Fällen wird ja erstmal daran gearbeitet, weniger im Konjunktiv zu denken und sich mehr auf das "Hier und Jetzt" zu konzentrieren. Ich bin auch gerade dabei, das zu verinnerlichen, was eigentlich ganz gut klappt, wie ich finde.

Dass dein Mann nur ungern über sich redet, ist natürlich kontraproduktiv. Fühlt er sich bei seinem Psychiater nicht wohl, und habt ihr denn schon mal über einen Wechsel nachgedacht? Das ist aus deinem Posting noch nicht hervorgegangen. Wäre aber natürlich, neben der medikamentösen Behandlung, die vermutlich kein Dauerzustand sein sollte, am meisten indiziert.

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Thread-EröffnerIn
marla80
sporadischer Gast
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weiblich/female, 36
Beiträge: 23

Beitrag Di., 24.05.2016, 13:52

Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
Das Hobby meines Mannes ist die Beschäftigung am PC oder der Spaziergang mit seiner Schwester. Er geht unter der Woche jeden Tag zu seiner Schwester und mit ihr auch ein wenig spazieren. Das ist gut für beide (sie ist psychisch auch nicht ganz fit) und er kommt so regelmäßig ein wenig raus. Ich hab dadurch ein wenig Entlastung und kann mich auch meinen Aufgaben widmen. Allzuviel mehr als das macht er eigentlich nicht. Er schläft öfter auch mal, da er durch die Medis natürlich oft müde ist.
Da ich mich in der Nähe von unserem zuhause auch um 2 Pferde kümmere, hab ich mal gerade wo diese Krise so akut war, versucht mit ihm raus zu gehen und den Pferden einen Besuch abzustatten. Das hat ihn natürlich wenig gereizt, weil er Respekt vor Pferden hat und somit kein wirkliches Interesse an den zwei Süßen.
Manchmal versuch ich auch mit ihm zumindest kurz raus zu gehen. Es ist halt schwierig. Aufgrund jahrelangen Übergewichts und nach Magenbypass habe ich jetzt halt massive Gelenkprobleme und eine fehlende Motivation lange zu gehen. Aber ich bemüh mich, wenn er mag, auch mal mit ihm raus zu gehen. Bevor er mir da in der Wohnung die ganze Zeit im Kreis läuft.
Bücher lesen tut er nicht besonders gerne, ich denke, seine Aufmerksamkeit ist nicht die Beste.
Sich nicht in die ganze Angst mithineinziehen zu lassen ist so eine Sache. Beim Benzoentzug hab ich mich bis zur Erschöpfung mit hinein ziehen lassen und das war für mich auch ein Kraftakt. Was ihn nicht kaputt macht, ist jetzt nicht mehr so ein Drama für mich, aber es ist halt mit der Zeit in zweierlei Hinsicht schon schwierig. Wird er in der Nacht unruhig, kann er es zwar nicht besonders ab, wenn ich ihn Beruhigungs-zutexte. Aber ich packs irgendwie noch nicht, einfach so weiter fernzusehen, irgendwie will ich ihm halt schon trotzdem gerne helfen.
Das zweite wäre, wenn er sich eben so verrennt in seine Ängste. Da steht er in der Küche und grübelt. Kommt keinen Schritt vor, keinen zurück. Das ist für mich halt sehr mühsam, da ich ihn gerne rausziehen will aus diesem Drama. Manchmal, wenn er beim vor sich hingrübeln die Wand ansieht, stell ich mich dazu und frag ihn, was wir denn gerade da beobachten das hilft ein bisschen im Moment. Aber im Inneren grübelt er natürlich weiter.
Das Grübeln hat sich kurz nach diesem Beitrag wieder gelegt zum Glück. Er hat mit seiner Schwester seine Mutter besucht und hat gesehen, dass es der Mutter zuhause sehr gut geht. Das hat ihn dann zum Glück wieder etwas beruhigt.

Die Medikation ist schon stark, aber das ist seit dem Benzoentzug 2009 trotzdem schon ein Fortschritt. Nach 60mg Temesta wurde er natürlich umgestellt. Er bekam Versuche mit Risperdal, Trittico, Seroquel tagsüber verteilt und nachts, Abilify und Paroxetin und Dominal. Nach einigen Versuchen hat sich das ganze langsam runterreduziert. Also ist die aktuelle Medikation auch wenn es immer noch viel ist schon ein deutlicher Fortschritt.

Die fehlende Bereitschaft zur Therapie ist natürlich nicht gut. Aber er redet eben nicht gerne, ist ein sehr sehr sehr ruhiger Mann. Es ist allein schon eine Leistung, dass er regelmäßig alle paar Monate zum Psychiater geht.

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