Kontaktabbruch mit Familie (Mutter sehr krank)

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Ina_Nardelo
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Kontaktabbruch mit Familie (Mutter sehr krank)

Beitrag Fr., 19.02.2016, 12:58

Hallo ihr Lieben,

ich weiß gar nicht so recht wie ich anfangen soll und wie ich euch ohne zu viele Details zu nennen, verständlich machen soll, was in mir vorgeht.

Ich möchte den Kontakt zu meiner Familie abbrechen.

Ich kann nicht mehr. Jedesmal wenn ich mich mit meiner Mutter treffe, habe ich danach Tage lang zu kämpfen wieder auf meinen Weg zu kommen. Sie muss nur anrufen und die destruktiven Verhaltensmuster in meinem Kopf sind wieder aktiv. Ich hatte eine sehr schwere Kindheit und es würde Bücher füllen, wenn ich das alles erzählen wollte. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich die Mutter bin. Schon als Kleinkind musste ich entscheiden, dass wir meinen alkoholkranken Vater verlassen. Sie war immer eifersüchtig und neidisch! Ich könnte ja so eine schöne Kindheit haben, aber ich würde mir ja alles selbst kaputt machen. Und ich würde ja jeden nur um den Finger wickeln, damit alle nach meiner Nase tanzen... mir kommt es heute noch hoch wenn ich über diese perfiden Worte nachdenke...
Meine Mutter hat mich im Teenie-Alter geboren und ich habe noch heute das Gefühl eine 16 jährige vor mir zu haben. Konstruktive Gespräche sind nicht möglich. Ihr fehlt die Fähigkeit zu reflektieren.
Ich habe viele Jahre Traumatherpaie hinter mir und hatte auch längere Zeit keinen Kontakt zu meiner Mutter. Wirklich gut ging es mir damals nicht, aber ich glaube das hatte auch viel mit der Traumatherapie zu tun, die ich zu der Zeit gemacht habe. Auslöser für den Abbruch war damals, dass sie sich weigerte Unterhalt für mich zu zahlen, weil ich ja die Böse bin, die ausgezogen ist. Sie meinte ich könnte doch jederzeit wieder bei ihr wohnen. Ich war ein Jahr zuvor mit Hilfe einer Psychiaterin und dem Sozialamt mit 19 Jahren ausgezogen. Ich musste meine Ausbildung abbrechen, weil ich nicht den Mut hatte vor Gericht zu gehen.
Der Kontakt kam wieder zu Stande weil meine Oma, meine Tante und meine Mutter mir klar gemacht hatten, dass man sich Familie nicht aussuchen kann und dass ich keinen vernünftigen Grund hätte (wie oft habe ich mir gewünscht, dass sie mich verprügelt, nur damit ich einen "echten" und offensichtlichen Grund habe...).
Naja... so lief es jetzt die letzten Jahre und aufgrund dessen, dass ihre Erkrankung sehr schlimm wurde, wurde der Kontakt auch viel mehr, als ich wollte.

Ich habe so lange gekämpft so angenommen zu werden, wie ich eben bin. Ich habe viele Jahre hart arbeiten müssen um überhaupt raus zu finden, wer ich bin und was mir wichtig ist. Wo mein Weg ist.
Ich bin nun glücklich mit meinem Weg, aber diesen wird sie wohl nie verstehen, geschweige denn akzeptieren können. Bei allem was ich erreiche bekomme ich von denen nur das Gefühl, es nicht verdient zu haben und unglaublich viel Neid... Ich muss mich zwischen meinem Wohlbefinden und meiner Familie entscheiden. Sie werden wohl nie verstehen, wer ich bin und was ich von ihnen will. Ich kann sie nicht ändern.

Wenn ich mit ihr Kontakt habe brauche ich immer einige Tage um mich wieder zu fangen und die destruktiven Stimmen und Verhaltensmuster wieder los zu werden. Ich empfinde sie als Energieräuber, sie nimmt mir jegliche positiven Gefühle. Immer ist alles negativ und schlecht. Sie hat mir immer eingeredet, ich wäre selbst Schuld und hat mich immer für überempfindlich und verrückt gehalten. Das kommt dann immer wieder hoch. Einerseits denke ich, ich bin einfach noch nicht weit genug und muss weiter an mir arbeiten, damit ich das aushalten kann, andererseits denke ich, dass man eine Beziehung, in der man an sich arbeiten muss um es aushalten zu können, wohl kaum aufrecht erhalten sollte.

Meine Mutter braucht mich, aber ich kann einfach nicht mehr... Dieses ewige Mantra "wir haben es nie leicht und immer passiert was neues bei uns". Tut mir leid, aber wenn man nur das negative sieht und auf allen Wegen nur die Steine sieht, dann hat man das auch irgendwo selbst zu verantworten. So wie es bei allem positive Seiten gibt, gibt es eben auch negative. Es ist eine Frage, der Einstellung, ob man sich die positiven raussucht oder an den negativen kaputt geht.

Dazu muss ich noch sagen, dass ich chronisch krank bin und Stress Gift für mich ist. Das wird auch nicht akzeptiert. Schließlich ist sie ja "viel kränker". Mag sein, auch wenn ich es daneben finde Noten zu vergeben, wer mehr krank ist. Ich gebe eben acht auf mich und meide Stress wo es geht. Schlussfolgerung meiner Familie: Faules Stück... Dass genau das der Grund ist, warum meine Mutter überhaupt so krank geworden ist, sieht natürlich keiner. Seit ich denken kann, sag ich ihr sie soll sich schonen und zum Arzt gehen. Das hat 20 Jahre gedauert und jetzt hat sie den Salat. Jetzt KANN sie gar nicht mehr anders. Ich habe mir auch dafür lange die Schuld gegeben, aber was hätte ich denn machen sollen? Sie ans Bett fesseln und den Arzt bestellen?

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Ina_Nardelo
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Beitrag Fr., 19.02.2016, 13:00

Wir haben jetzt seit 2 Monaten keinen Kontakt mehr, weil ich nicht zum Geburtstag meiner Oma gefahren bin. Obwohl ich gute Gründe hatte (weite Fahrt, körperlich nicht fit, Auto defekt und unter anderem weil Menschen angekündigt waren, die mir nicht gut tun), durfte ich mir wieder nur anhören was für ein grausamer Mensch ich bin. Oma hätte an ihrem großen Tag nur geweint und so weiter... Alle sind enttäuscht und traurig... Wenn ich doch so ein schlechter Mensch bin, was wollen sie denn dann überhaupt noch von mir?

Was meint ihr, sollte ich den Kontakt einschlafen lassen? Oder noch mal deutlich machen, dass ich keinen Kontakt mehr will? Oder einen abschließenden Brief schreiben, in dem ich alles nochmal erkläre? Oder wieder Kontakt aufnehemen und mich, wie gewünscht, zusammen reißen?

Tut mir leid, dass ich euch mit diesem langen Text belästige. Aber es musste raus und ich komme alleine nicht mehr weiter. Über Feedback wäre ich sehr, sehr dankbar...

Liebe Grüße
Ina

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saffiatou
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Beitrag Fr., 19.02.2016, 13:26

Hallo Ina,

willkommen hier im Forum.

Es tut mir leid zu lesen, wie Deine Mutter Dich behandelt hat.

Durch Deine Therapie hast Du sicher viel über die Strukturen in solchen Familien
gelernt. Deine Mutter war mit 16 noch gar nicht darauf vorbereitet ein Kind groß-
zuziehen und die Verantwortung zu übernehmen. Die Verantwortung hat sie dann
ja auch so schnell wie möglich auf Dich geschoben.

Was hat Deine Therapeutin damals zu einem Kontaktbabbruch gesagt? Hat sie Dich
da unterstützt?

Wie weit geht derKontaktabbruch? Du schreibst die rufen an. Nimmst Du das Gespräch an?


Ich komme auch aus einer destruktiven Familie und habe den Kontakt abgebrochen!
Das ist sehr schwer und manchmal kaum auszuhalten, weil man alleine dasteht und die
Familie zusammenhält. GErade, wenn jemand in der Familie krank wird, wird das schelchte
Gewissen immer größer. Mein Vater hatte einen Schlaganfall und ich habe es geschafft,
mich nicht hineinziehen zu lassen, habe meine Genesungswünsche ausgerichtet aber
keinen Besuch gemacht.

Bis jetzt dauert der Kontaktabbruch 5 Jahre an und es geht mir viel besser. Meine Mutter
versucht einmal im Jahr mich anzurufen, ich nehme diese Gespräche nie an, sie gehen an
den AB, dann entscheide ich mich, ob ich mit einem Brief reagieren will. Ich rede nie per-
sönlich am Telefon mit meiner Mutter, die GEfahr, daß ich mich wieder verstricken lasse
ist mir zu groß.

Du musst kein schlechtes Gewissen haben, klar redet die Familie nicht gut über Dich, aber
das wird sie auch machen, wenn Du wieder den Kontakt aufnimmst.
Ich habe den Kontaktabbruch damals damit begründet, daß ich krank bin (Depression) und
dann habe ich Briefe geschrieben, in denen ich erklärt habe, warum ich sie nicht mehr sehen
will.

Alles Gute,
Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan


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Ina_Nardelo
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Beitrag Fr., 19.02.2016, 13:40

Liebe Saffia,

vielen Dank für Deine Antwort. Tut mir leid,dass es Dir ähnlich gegangen ist.

Ich nehme die Gespräche nicht an. Wenn es etwas wichtiges gibt, schreibt sie mir, darauf antworte ich. In der direkten Kommunikation (Telefon, Persönlich) bin ich nicht in der Lage mich klar zu äußern und mir treu zu bleiben

Meine Therapeuten, hatte mehrere mit den Jahren, haben eigentlich alle einen Kontaktabbruch befürwortet, aber damals war sie ja noch nicht so krank und ich noch total fertig.

Ja ich habe durch die Therapie gelernt, die Strukturen zu erkennen und die destruktiven Verhaltensmuster abzulegen. Ich verstehe auch, warum sie so sind, wie sie sind. Aber ich möchte nicht so leben und mich aus dieser Struktur befreien. Aber wenn ich mit ihnen zusammen bin, kommen all die Muster wieder zum Vorschein bei mir. Kontaktabbruch scheint mir der einzige Weg.

Ich komme mir so grausam vor, weil zumindest meine Oma und meine Mutter auch nicht mehr viel Zeit haben. Ist es egoistisch den Kontakt abzubrechen?

Liebe Grüße
Ina

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saffiatou
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Beitrag Fr., 19.02.2016, 13:52

Hallo Ina,

ich finde es ganz toll, wie Du das machst! Es ist wichtig, daß Deine Therapeuten Dich bei
dem Kontaktabbruch immer unterstützt haben.

NEIN! Du bist nicht egositisch! Deine Mutter und Oma sind für sich selbst verantwortlich und
sie waren es damals, als Du ein kleines Kind warst, da hat es sie ja auch nicht gekümmert,
wenn es Dir nicht gut ging. Sie sind jetzt egositisch, weil sie Dich nicht Dein Leben so
leben lassen, wie es gut für Dich ist!

Manchmal ist ein Kontaktabbruch der einzige Weg!

Deine Mutter ist ja noch nicht so alt, wenn sie damals 16 Jahre alt war, als Du geboren wurdest.
Meine Eltern sind mitte 80, sicher tun sie mir manchmal leid, weil sie alleine sind, aber meine
Mutter ruft manchmal an und fragt wann ich mal komme, ihr ist langweilig! Ja wenn ich nur
dazu da bin die Leere in ihrem Leben zu füllen, dann muss sie sich etwas anderes überlegen.

Sicher ist da immer wieder ein schlechtes Gewissen, das ankopft. Dann frag Dich einfach, was
sich änderen würde, wenn Du Dich kümmerst.... würde sich Deine Mutter ändern, begreifen?
Würde sich Dir danken?

Alles Gute
Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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blackpower
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Beitrag Fr., 19.02.2016, 19:28

Kontaktabbruch mit Familie ist ein schwieriges Thema, in das ich viel Jahre verstrickt war. Ich möchte keinen Kontakt mehr zu meiner Familie, auch wenn dies immer wieder versucht wird zu erzwingen. Selbst wenn es zu einem Zusammentreffen kommt, ich bin fertig mit ihnen. Ich lebe mein Leben unabhänig von ihnen und so wie ich es mag. Vergeben kann und werde ich meiner Familie nicht, wenn dann vergebe ich nur mir.
Ändern kann ich meine Familie nicht aber ich werde niemals mehr in ihrem Sinn handeln. In dem ich die Verantwortung für mich und mein jetziges Leben übernohmen habe, habe ich mit diesem unsäglichen Täter - Opferkreislauf für mich durchbrochen.
Ich gebe Saffiatou recht, es gibt Momente, wo sich da ein schlechtes Gewissen oder ein Einknicken wollen einstellen aber dann hilft es genauer hinzuschauen, warum das so ist. Kann ich mir das, was ich da vielleicht vermisse von meiner Familie nicht selber geben. Ich denke schon.
In der Therapie wurde ich wenig unterstützt zu diesem Schritt aber gut, ich hatte da so viele Baustellen auf einmal.
Heute bin ich stolz darauf und vorallem weiß ich, das ich auf dem richtigen Weg bin, auf dem Weg zu mir selbst.

LG
blackpower
"Aufgeben bedeutet nicht immer, daß man schwach ist. Oft bedeutet es einfach daß man stark genug ist, etwas loszulassen, was man nicht ändern kann."

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