Hilfloser Psychologe- es muss doch einen Ausweg geben?

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*Paulinchen*
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Hilfloser Psychologe- es muss doch einen Ausweg geben?

Beitrag So., 07.10.2012, 13:46

Hallo,

Mein Mann ist Psychologe und leidet unter seinen Problemen, will sich aber nicht helfen lassen.

Ein immer wieder kehrendes Problem sind Auseinandersetzungen mit unserer Tochter. Diese wird demnächst 13 und ist des öfteren schon mal etwas zickig. Mit Konsequenz, Kompromissbereitschaft und einer grossen Portion liebe kann ich gut mit ihrem gefühlschaos umgehen.

Mein Mann gar nicht. Er reagiert verbal verletzend, herabwertend, zieht sich dann zurück und wird gelähmt, handlungsunfähig, fast depressiv.

Er meinte mal ( da war unsere tochter gerade mal 4- man sieht das thema begleitet ihn schon lange) das verhalten unserer Tochter erinnert ihn an seinen eigenen Vater, der sehr gewalttätig war.

Meiner Meinung nach hat er ein unaufgearbeitetes Trauma durch Gewalt seines Vaters , und unsere Tochter triggert das ganze.

Leider wird das nun immer häufiger. Fast bei jedem gemeinsamen essen ( was ganz schlecht ist- ich weiß) krachen die beiden aneinander.
Besonders am Wochenende und feiertags. Schon beim gemeinsamen Frühstück gehen die wogen hoch und mein Mann ist dann den ganzen Tag depressiv, antriebslos und verstört.

Schon zig mal hab ich ihn gebeten sich beraten zu lassen. Seine Ausrede ist immer dass er sich einen Therapeuten mit 100 Euro die Stunde nicht leisten kann, was auch stimmt im Moment. Aber es gibt auch kostenlose Institutionen( krisenstelle, pro mente, familienberatung) wo man nichts bezahlt.

Da will er aber unter keinen Umständen hin, weil er dort ja vielleicht mal arbeiten möchte und er nicht bei einem potentiellen Arbeitgeber als hilflos da stehen möchte.

Was soll ich da denn machen? Ich will mir von den beiden nicht jedes Wochenende versauen lassen, was nun schon immer öfter der Fall ist.

Was kann ich bloss tun?

Am meisten ärgert mich, dass er total gefragt ist, Vorträge hält zur Pubertät an Schulen und für Eltern. Er ist ein oft empfohlener Berater hier in der Gegend und hat schon so vielen Leuten geholfen, die auch Probleme mit ihren pubertierenden Kids haben.

Aber selber bringt er das nicht gerappelt mit seinem Kind.

Was würdet ihr tun?

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Nico
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Beitrag So., 07.10.2012, 13:55

*Paulinchen* hat geschrieben: Am meisten ärgert mich, dass er total gefragt ist, Vorträge hält zur Pubertät an Schulen und für Eltern. Er ist ein oft empfohlener Berater hier in der Gegend und hat schon so vielen Leuten geholfen, die auch Probleme mit ihren pubertierenden Kids haben.

Aber selber bringt er das nicht gerappelt mit seinem Kind.

Was würdet ihr tun?
Aha ein gottbegnadeter Theoretiker also.
Ich wuerde ihm einmal in aller Ruhe vor Augen fuehren wohin ihn sein Problem bringen wird, wenn er nichts dagegen unternimmt. Des weiteren wuerde ich mich an deiner Stelle in erster Linie darauf konzentrieren, dass deine Tochter keinen Schaden erleidet.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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(e)
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Beitrag So., 07.10.2012, 13:59

Liebe Paulinchen

Ich hab davon gelesen, dass Kinder von Psychologen sich oft extrem aufregen, wenn dieser Elternteil sie dann auch gleich therapieren will und sie dadurch keine normale Kindheit erleben können. Es gibt Bücher zu dieser Problematik. Ich hab auch schon von Kindern solcher Eltern gehört, dass ihre Eltern in ihren Therapierversuchen sehr übergriffig sein können und das Kind von vornherein derart prägen und formen wollen, dass das Kind keine selbständige Entwicklung mehr durchmachen kann. Ich würde an Deiner Stelle unbedingt Deinem Mann Grenzen setzen im Sinne von: In diesem Haus ist Privatleben, hier wird niemand therapiert. Mach das in Deinem Beruf, aber nicht hier zuhause.

Überleg mal selbst. Es ist doch echt unnormal, wenn ein Vater an einem 4-Jährigen herumdoktern will. Das ist krankhaft. Dein Mann braucht unbedingt selbst Hilfe. Mit ihm stimmt etwas nicht. Vielleicht hat er selbst eine psychische Störung. Es wäre unverantwortlich, sich nicht selbst in Supervision zu begeben und psychisch unstabile Patienten und vor allem Jugendliche womöglich in Schwierigkeiten zu bringen.
Lieben Gruß
elana

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hope_81
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:10

Hi,
ich nehme mal an, er ist noch kein Therapeut?
Ich kann ihn und seine Ängste, Dich und Deine Sorgen und auch eure Tochter verstehen.
Das scheint mir ein explosives Gemisch zu sein. Deine Tochter wird seine Unsicherheiten sicherlich spüren und du stehst dazwischen... Puhhhh
Also wenn er sich keine Hilfe holen möchte auf Grund von Scham und bedenken, so würde ich ihn fragen, was ihm lieber ist.
Sein Gesicht bei einem potentiellen Arbeitgeber zu verlieren (was ja völliger Quatsch ist) oder aber seine Familie...
Kann er ja einmal drüber nachdenken.....
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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*Paulinchen*
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:20

Hallo, danke erst mal für eure antworten!

@ Nico: danke. Ja gute Idee. Wo führt denn sein verhalten hin? Was denkst du darüber? Wie kann ich mein Kind da schützen?
Theoretisch ist er Top, auch praktisch wenn es um andere Familien geht. Seine beraterische Erfolgsquote ist hoch, aber daheim ist es doch was anderes.

@ Elena danke auch dir. Also herumtherapieren will er und tut er gar nicht. Ich Schilder mal eine Situation von heute Mittag:

Papa, Tochter und Sohn beim pizzabacken.
Tochter leert die ganze maisdose drauf , was allen anderen zu viel ist. Er meint dass das wohl etwas viel geworden ist. Tochter regt sih furchtbar auf, dass sie ja eh nie was richtig mache, geht in ihr Zimmer und schmollt.
Papa fängt an zu zittern, legt sich aufs Sofa, wird handlungsunfähig und dort liegt er nun den ganzen Tag.

Ergo: ich muss die Pizza mit Sohn fertig backen und dann gefühlte 3 Stunden mit meinem
Mann reden, dass er kein schlechter Mensch ist, weils ihm zu viel Mais war und gefühlte 2 Stunden mit Tochter, dass wir sie lieben egal mit oder ohne Mais.

Therapieren oder so tut er gar nichts.
Das er da eine Neurose hat weiß ich selber. Aber wie beweg ich ihn dazu sih helfen zu lassen?

Welche Bücher gibt es zu dem Thema?

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*Paulinchen*
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:25

Hallo hopeless, danke auch an dich.
Nein therapeut ist er noch keiner, sonst hätte er ja schon 250 Stunden eigentherapie absolviert und seine Traumen aufgearbeitet.
Ich glaub dann wärs leichter.

Ich denke auch, dass es keine Schande ist, sich als Psychologe Hilfe von kollegen zu holen. Nur weil er studiert hat heißt das ja nicht dass er wie eine Maschine funktionieren muss. und jeder der sich Probleme eingestehen kann und sichbzu helfen weiß ist doch stark und mutig.

Dein Vergleich ist gut, seine weiße Weste oder Familienleben... Hihi, na wenn ich ihm das sag guckt er sicher blöd.

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Nico
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:32

Was meinst du wo sein Verhalten hinfuehren wird ?
Du muesstest das eigentlich am besten beurteilen koennen.
Hast du da nicht viel mehr 3 Kinder daheim, statt einen Mann ???
Tja wie kannst du deine Tochter schuetzen ?
Wichtig wird sein, dass du deiner Tochter vermittelst, dass nicht alle Maenner so sind, sonst koennte es spaeter brenzlig fuer sie werden.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Beitrag So., 07.10.2012, 14:36

Liebe Paulinchen

Ich kann Dir folgendes Buch dazu empfehlen:

Tilmann Moser
Kompaß der Seele
Ein Leitfaden für Psychotherapie-Patienten

Der Autor ist selbst Psychotherapeut und ging auch als Patient in Psychotherapie. Daraus entstand ein sehr bewegender Einblick in die Schwierigkeiten des Psychotherapie-Alltags. Der Psychtherapeut wird von seiner menschlichen Seite gezeigt, wie er oftmals auch überfordert wird durch seinen Beruf. Es werden typische Fehler von Patienten und auch Therapeuten aufgezeigt, z. B. warum Patienten oft nicht in der Lage sind, darüber nachzudenken, ob ihr Therapeut ihnen überhaupt gut tut oder nicht. Das Buch ist in Du-Form geschrieben und dadurch sehr persönlich gehalten.

In diesem Buch wird auch über die Probleme der Theras mit ihren Kindern eingegangen bzw. umgekehrt der Familie mit ihnen.
Zuletzt geändert von (e) am So., 07.10.2012, 14:38, insgesamt 2-mal geändert.
Lieben Gruß
elana

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HeAndMe
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:36

Oh Paulinchen,

ich mußte gerade so herzhaft lachen über deinen herrlichen Galgenhumor!
Was für eine wunderbare Schilderung!

Aber natürlich weiß ich auch, wie belastend und anstrengend die ganze Situation für Dich ist!
Was jedoch wunderbar ist, ist daß Du einen gesunden Abstand zu dem Problem zwischen Tochter und Mann hast!
Egal was kommt, versuche Dir diese innere Autonomie zu erhalten!

Und Dein Mann sollte nach dieser Schilderung tatsächlich einsehen, daß er auf irgendeine Art handeln muß!
Und wenn es nur ist damit es IHM besser geht (das wirkt ja bei Männern meist am besten )

Alles Gute

Heandme
man müßte mit allem rechnen- auch mit dem Guten

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Nico
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Beitrag So., 07.10.2012, 14:57

Was ist eigentlich mit eurem Sohn, wie geht er mit dem um ?
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Beitrag So., 07.10.2012, 15:14

@ Elena danke für den Buch Tip! Hört sich sehr spannend an und ich werd es mir besorgen.

@ heandme echt jetzt? Hab's gar nicht bemerkt, so witzig zu sein. danke für den Hinweis, jetzt musste ich auch lachen.

@ Nico - er ist ja jetzt auch nicht durch und durch ein schlechter papa. Muss ihn ja jetzt auch etwas in Schutz nehmen.
Mit unserem Sohn ist das nicht so. Der ist ein sehr zufriedenes Kind, sagt was er will und braucht und wirkt mit sich und der Welt im reinen.
Unsere Tochter ist charakterlich ganz anders. Braucht viel Bestätigung, Zuwendung, tut sich aber schwer das anzusprechen. Und das merkt man dann erst durch ihre Wut, dass sie mal dringend in den arm genommen werden muss.

Ja aber du hast recht, in Konfliktsituationen hab ich dann 3 beleidigte Leberwurst- Kinder zu Hause sitzen.

Ich hab grad noch einmal mit ihm gesprochen, er meinte er kann sich vorstellen in der übernächsten Stadt, wo er sowieso nie arbeiten möchte, sich Hilfe zu holen. Das ist doch schon mal was, oder?

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*Paulinchen*
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Beitrag So., 07.10.2012, 15:21

@ Elana noch mal wegen des Buches: hab bei Amazon gerade gelesen, dass es von einem Psychoanalytiker geschrieben wurde. Die haben hier in Österreich ja gar keinen guten Ruf.
Und du kannst es trotzdem empfehlen?

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Nico
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Beitrag So., 07.10.2012, 15:25

*Paulinchen* hat geschrieben:
Ich hab grad noch einmal mit ihm gesprochen, er meinte er kann sich vorstellen in der übernächsten Stadt, wo er sowieso nie arbeiten möchte, sich Hilfe zu holen. Das ist doch schon mal was, oder?
Das ist solange zuwenig, solange er es sich nur vorstellen kann und noch nicht in Therapie ist.
Lass nicht locker, deiner Tochter zu liebe!
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Beitrag So., 07.10.2012, 15:26

Ja, natürlich, ich hab das Buch ja auch gelesen. Irgendwie scheinst Du große Vorurteile zu haben. Dein Mann hat Dir da wohl ein ganz falsches Bild über Psychologie vermittelt. Von oben herab ist es natürlich kein Wunder, wenn er gleich durchdreht, wenn Deine Tochter normal pubertierend reagiert.

Warum macht Dein Mann denn keine Ausbildungstherapie? Darf er ohne überhaupt andere psychologisch beraten? - Ehrlich gesagt finde ich gerade DAS etwas unseriös.
Lieben Gruß
elana

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*Paulinchen*
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Beitrag So., 07.10.2012, 15:45

Psychoanalyse ist hier tatsächlich nicht so gern gesehen, ich bin da selbst sogar noch kritischer als mein Mann und wesentlich vorsichtiger.
In österreich wird zwischen Psychologie und Psychotherapie unterschieden.
Die psychotherapieausbildung dauert hier in etwa 8 Jahre und kostet zwischen 30.000 und 60.000 Euro. Da durch diese Ausbildung eine beträchtliche Summe unserer Zeit und unseres Einkommens wegfallen würde, hat er es bislang noch nicht gemacht. Seine Ausbildung zum klinischen Psychologen hat er gerade fertig, jetzt bin ich erst mal froh, wenn er mal einige Zeit bildungspause einlegt und mir etwas zur Hand geht.

Als klinischer Psychologe darf man beraten. Als Psychotherapeut therapieren.


Das
Ist glaub ich anders als in Deutschland. Die Ausbildung zum Psychotherapeuten ist hier wesentlich zeitintensiver, kostenintensiver und besser als in Deutschland. Ich glaub bei euch dauert das ja nur 3 Jahre und kostet nicht mal 10.000 Euro. Leider wird diese deutsche Ausbildung in Österreich nicht anerkannt.

Aber ich weiß dass er das gerne machen möchte.

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