meinen Vater konfrontieren...?

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neele
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meinen Vater konfrontieren...?

Beitrag Di., 22.06.2010, 18:33

Hallo zusammen!

Ich überlege seit einigen Tagen ernsthaft, ob ich meinen Vater endlich mit meiner Kindheit, und was dabei alles schief gelaufen ist, zu konfrontieren.
Meine Kindheitserinnerungen belasten mich sehr, ich habe aber noch nie den Mut finden können, meinen Eltern mal die Meinung darüber zu sagen.
Mit 17 bin ich das erste Mal in Therapie gewesen un anfangs fragen sie mich ständig was denn bei uns nicht stimmen würde, was sie falsch gemacht hätten.
Ich habe ihnen nie eine klare Antwort darauf gegeben, weil ich Angst hatte, dass meine Eltern es abtun oder runterspielen. Andererseits kann ich es nicht ertragen, wenn es meinen Eltern schlecht geht. Der Gedanken daran, dass es meinem Vater schlecht geht, weil ich ihm sage, was früher alles schief gelaufen ist, was er falsch gemacht hat, ist unerträglich und kaum aushaltbar für mich.

Ich hatte schon einige Elterngespräche mit Therapeuten und Sozialarbeitern. Das ist allerdings schon einige Jahre her.
Diese Gespräche sind nie gut gelaufen, weil meine Eltern oft zugemacht haben, ich mich nie getraut habe irgendetwas zu sagen oder weil sie mich nicht verstanden haben.

Meiner Mutter kann ich den "Müll" nicht mehr zurückgeben, da sie vor zwei Jahren gestorben ist. Inzwischen bereuhe ich es bei ihr, nie den Mund aufgemacht zu haben, ob ich es heute allerdings schaffen würde, ist eine andere Frage...

Die alten Geschichten hängen über der Beziehung zu meinem Vater wie ein Damokles-Schwert. Wir sind immer darauf bedacht, nicht über unsere Gefühle zu sprechen (was wir noch nie getan haben) und ich habe immer Angst, dass duch einen blöden Zufall, das Thema mal angesprochen wird.
Es passiert auch öfter mal, dass mein Vater etwas sagt oder tut, dass mich dann wieder in ein Loch wirft - er weiß das aber nicht.
Vielleicht habe ich auch die Hoffnung, dass ich, wenn ich mal endlich ein bisschen was von meiner Kindheit losgeworden bin, besser mit mir selbst umgehen kann.

Vor zwei Wochen ist mein Vater nach Jahren wieder einmal komplett ausgerastet, hat dabei geschrien, gegen Dinge geschlagen, vor Wut geweint und mich beschimpft.
Seit diesem Vorfall - der mich sehr belastet hat, da diese Situation in meiner Kindheit Dauerzustand war - mache ich mir diese Gedanken.


Hat schonmal jemand von euch bei seinen Eltern "reinen Tisch" gemacht? Was sind eure Erfahrungen dabei gewesen?
Ist es sinnvoller das Gespräch zu suchen oder einen Brief zu schreiben?

Gruß neele

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lingaroni
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Beitrag Di., 22.06.2010, 18:39

hallo neele

wohnst du bei deinen Eltern?

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neele
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Beitrag Di., 22.06.2010, 18:43

Nein. ich bin mit 18 ausgezogen.
Damals in eine betreute WG, inzwischen wohne ich alleine in einer kleinen Wohnung.

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MrN
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Beitrag Di., 22.06.2010, 19:09

Hi neele,
hab gerade auch Deinen Sexualitäts-Thread gelesen, um zu schauen, ob Dein Problem hier evtl. auch mit dem dort etwas zu tun haben könnte.

Ich kann im Moment noch nicht so recht nachvollziehen, was Du Deinen Eltern vorzuwerfen hättest. Vielleicht hast Du wohl schon recht früh Zuwendung und Wärme vermisst (Stichwort: Selbstbefriedigung). Es sieht für mich danach aus, als ob Dein Vater sich schon bemüht, sich für Dich zusammenzureißen. Aber er hat anscheinend auch etwas aufzuarbeiten, wenn er manchmal so unkontrolliert ausrastet.

Jedenfalls sieht es mir schon danach aus, als ob Du mal behutsam nach einem Gespräch suchen solltest. Das würde ich aber zuerst in der Therapie besprechen und planen, was Du zur Sprache bringen und was damit erreichen möchtest. Und Du mußt darauf gefaßt sein, daß Dir Dein Vater auch im Falle eines Erfolgs wahrscheinlich Dinge zu sagen hat, welche Dich evtl. belasten oder sogar verletzen könnten. Deshalb mußt Du schauen, daß Du solch ein Gespräch auch abrupt beenden kannst, falls es zu viel für Dich wird. Dafür bzw. danach brauchst Du evtl. auch therapeutische Unterstützung.

Ich glaube zwar nicht, daß sich Euer schwieriges Verhältnis auf diesem Wege ganz bereinigen läßt, aber eine gewisse Besserung halte ich gut für möglich. Mit ein wenig Glück kannst Du so vielleicht erreichen, daß ihr sogar ein wenig Verständnis füreinander entwickelt und dann wirst Du dich vielleicht nicht mehr so allein (gelassen) fühlen. Ansonsten hättest Du es zumindest versucht, und müßtest Dir wegen einer verpassten Chance dann keine Vorwürfe mehr machen. Das wäre ja dann schon einmal eine Erleichterung.

Wenn ich dich hier "ins Blaue hinein" ermutige, dann doch mit dem Vorbehalt, daß ich ja Eure Situation gar nicht kenne, sondern mich nur auf das stützen kann, was ich bei Dir zwischen den Zeilen gelesen habe. Deshalb glaube ich, daß sich Dein Vater vermutlich freuen würde, wenn Du ihm entgegen kommst. Aber ich habe keine Ahnung, ob er mit der neuen Offenheit auch umgehen könnte. Und für Dich glaube ich das Gleiche.

LG
MrN

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neele
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Beitrag Di., 22.06.2010, 21:09

Hallo Mrn!

Danke für deine ausführliche Antwort!

Also, ich kann ja mal kurz zusammenfassen, was in meiner Kindheit das Problem war:
Mein Vater war schon immer ein wenig kollerisch. Ich hab schon als kleines Kind immer Angst vor ihm gehabt, da er oft sehr, sehr wütend wurde, wegen Dingen, die ich nicht verstanden habe. Ich wusste also nie, wann der nächste Austaster kommt. Und es waren dann so Kleinigkeiten wegen Glas nicht aufgeräumt, in die Hose gemacht, zu jemandem nicht ordnungsgemäß "Hallo" oder "Tschüss" gesagt,...
Meine Mutter hat mich nie in Schutz genommen vor diesen Attaken.

Zudem saß meine Mutter im Rollstuhl, so dass ich sehr früh Verantwortung übernommen habe. Meine Therapeutin meint, dass es bei uns zu Hause verkehrte Rollen gab. Ich fühlte mich schon immer für meine Mutter verantwortlich.

Als ich ab ca. 12 große Probleme bekam (ich schloss mich den ganzen Tag im Zimmer ein, fing an heimlich zu Essen, hatte keine Freunde, verletzte mich selbst,...) haben meine Eltern nichts unternommen. Sie haben nicht mit mir darüber gesprochen oder sich Rat oder Hilfe geholt (und sie wussten alles).

Das sind mal so die groben Dinge, die bei uns schief gelaufen sind.


Ich glaube nicht, dass sich die Beziehung zu meinem Vater verbessern lässt. Er sagt von sich selbst, er ist Pragmatiker und was er nicht sehen kann, versteht er nicht.
Ich würde es wenn, für mich tun...

Vor zwei Jahren gab es das letzte Gespräch, als er erfuhr dass ich "Borderline" habe. Dazu hat er sich bis heute nicht geäußert...

Was noch erschwerend hinzu kommt ist, dass er meiner Mutter sehr nachtrauert und einfach nicht über ihren Tod hinweg kommt. Er trägt nun seit zwei Jahren nur schwarz und ich finde, dass er schon Anzeichen von Depressivität hat.
Leider weiß ich zu 100% , dass er niemals eine Therapie anfangen würde - er weiß damit einfach nichts anzufangen.
Und da soll ich nun auch noch kommen?
Andererseits gehts mir seit ich denken kann schlecht und ich möchte doch auch irgendwann damit abschließen können.

Ich für mich denke schon, dass ich mit der Offenheit meines Vater umgehen könnte - ich habe ja auch meine Therapie.
Bei ihm kann ich es wirklich nicht einschätzen...

Gruß neele

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Innere_Freiheit
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Beitrag Di., 22.06.2010, 21:49

Hallo neele,

ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass ein ähnliches Thema bereits hier im Forum diskutiert wurde:
Habt ihr Eure Eltern mit ihren Taten konfrontiert?

Vielleicht findest du ja dort zusätzliche Gesichtspunkte.

Einen lieben Gruß

Innere Freiheit
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

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neele
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Beitrag Di., 22.06.2010, 21:58

danke für den Link, Innere_Freiheit!

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MrN
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Beitrag Mi., 23.06.2010, 08:16

Hallo neele,
hab mir schon gedacht, daß bei Deinem Vater Jähzorn eine große Rolle spielt. - Hat es Dich nur erschreckt, oder hat er Dich auch bedroht oder gar mißhandelt?! Ich weiß, die Frage kommt jetzt vielleicht etwas zu direkt und Du mußt mir ja auch nicht antworten. Es geht mir eher darum: Je mehr Schuld desto weniger Einsicht.
Andererseits, vielleicht sieht er in Dir ein wenig auch Deine Mutter. Dann könnte ihm solch ein Gespräch helfen, über die Trauer hinwegzukommen und so fändest Du vielleicht wirklich Zugang zu ihm...

Allerdings:
neele hat geschrieben: Er sagt von sich selbst, er ist Pragmatiker und was er nicht sehen kann, versteht er nicht.
Könnte ich so akzeptieren, wenn es um Quantenphysik oder Gentechnik ginge...

Im Zwischenmenschlichen bleibt das aber eine Schutzbehauptung und erinnert mich stark an das Credo der Ignoranz: "...weil nicht sein kann, was nicht sein darf..."!
Was nicht heißen soll, daß ich Deinen Vater automatisch für einen schlechten Menschen halte. Mir scheint eher, daß er mit seinem Leben in seiner Familie lange, lange Zeit überfordert gewesen ist...

Und es ist möglich, daß er sich deshalb vor Dir ganz besonders schämt und gerade mit Dir darüber überhaupt nicht reden kann, was ihn grämt.

So jetzt bin ich mit meinem Latein auch so ziemlich am Ende.
Was ich geschrieben habe, versucht nichts zu erklären, nur etwas Verständnis für Deine Situation und die Deines Vaters zu entwickeln und Deine Erwartungshaltung zu hinterfragen. Du solltest nämlich nur handeln, wenn Du eine reale Aussicht auf Erfolg hast. (Und das wäre dann wirklich pragmatisch im Wortsinne...)

Also:
Rede mit ihm, wenn ihr es könnt, aber schau, daß Du genau weißt, was du tun willst bzw. mußt, falls es doch nicht klappt. Es bleibt eine Gratwanderung, die von Dir alles verlangt, und dafür wünsche ich Dir Glück und Erfolg!
LG
MrN

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mitsuko
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Beitrag Mi., 23.06.2010, 08:30

Hallo neele,

wieso glaubst du, dass du nicht damit abschließen kannst, wenn du nicht mit ihm sprichst?
Du sagst, du tust es für dich. Das ist ja schonmal gut. Was kann dir so ein Gespräch bringen, von dem du ja schon weißt, dass es keine Einsicht auf Seiten deines Vaters geben wird?

LG
mitsuko

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neele
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Beitrag Mi., 23.06.2010, 09:52

@mitsuko: ich denke mal, weil immer unausgesprochen zwischen uns steht und jeder vermeidet auch nur ein klitzekleines Wort darüber zu verlieren.
Es ist eher ein Gefühl, dass ich nie damit abschließen kann, wenn ich mit ihm nicht darüber spreche, oder ihm zumindest meine Sicht der Dinge näher bringe. Ich sehe in ca. einmal pro Woche und jedes Mal erinnert es mich wieder an früher.
Außerdem bin ich der Meinung, dass es mir dann vielleicht besser gelingt, die negativen Verhaltensweisen mir selbst gegenüber sein zu lassen. Ob das stimmt, weiß ich natürlich nicht.

@MrN: Mein Vater hat mich auch bedroht und ab und zu mal geschlagen (also nur auf den Hintern oder so, nicht verprügelt). Deswegen hatte ich eigentlich auch die ganze Zeit zuhause Angst er könnte wieder ausrasten.
Ich glaube nicht, dass er nur nicht mit mir sprechen kann. Er spricht mit niemandem.
Meine Eltern haben vor vielen Jahren mal eine Therapie begonnen, wegen mir. Mein Vater hat nach zwei Stunden aufgehört, da er angeblich alles gesagt hatte und nun fertig sei...

Auch glaube ich nicht, dass er in mir meine Mutter sieht. Die hat er nämlich abgöttisch geliebt. Bei mir bin ich da anderer Meinung.


So, jetzt sehe ich das ganze nicht mehr so "einfach". Was ja eigentlich auch gut ist, denn ich sollte da ja nicht zu blauäugig drangehen. Aber irgendwie weiß ich jetzt nicht mehr, welcher Weg der richtige ist...
Irgendwie alles ziemlich kompliziert...

Gruß neele

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Elfchen
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Beitrag Mi., 23.06.2010, 10:25

hallo neele

tus, wenn es dir was bringt.

nur würde ich mir im voraus überlegen, was du damit bezweckst und auch auslösen kannst.
für mich tönt dein vater auch ein wenig nach einem despoten. den kannst du wohl kaum verbiegen oder verständig machen. gut, manchmal kann man sich gewaltig täuschen, aber insgesamt gehe ich persönlich erst mal vom worst case aus.

vielleicht kappt sich dann eure beziehung total. könntest du damit umgehen und leben? kannst du auch ertragen, wenn er dich absolut nicht verstehen kann? wenn er "zurückschlägt"?
kannst du auf der anderen seite auch ertragen, wenn er weich wird und nachgiebig?
und: was würde es für dich bedeuten im einzelnen? ist es auch machbar, es in form eines briefes oder alleine in der therapie zu integrieren? was ist es dir wert?

ich habe eigentlich nur ganz, ganz harte erfahrungen mit solchen konfrontationen gemacht. das ist auch ein weg; hat es doch vieles geklärt und kein kontakt mehr ist auch ein zeichen.....

ich wünsche dir die weisheit zu entscheiden, was gut ist und was nicht....

lg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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lingaroni
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Beitrag Mi., 23.06.2010, 16:37

hallo neele

du schreibst so viel und trotzdem ist für mich nichts klar.

was will dein vater von dir? was willst du von deinem vater? wozu brauchst du deinen vater? UND VOR ALLEM: wie kommst du darauf, dass du die mitwirkung deines vaters brauchst um "abzuschließen"? was hält dich davon ab, ihn zu konfrontieren, wenn es dein herzenwunsch ist?

LG

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