Seelischer Mülleimer für andere

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.

Thread-EröffnerIn
Rainbow33
Helferlein
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Beitrag Mi., 19.03.2014, 22:40

[quote="lady_r"]Ich bin der Meinung, dass ein "seelischer Mülleimer" nicht gerade eine komplett negative Eigenschaft ist. Die Tatsache, dass die Leute zu dir kommen und dir Gefühle über ihr persönliches Leben anvertrauen, kann positiv sein.
Danke!

Für seine Freunde ist so eine Person sehr zuverlässig, jemand der auch die fremde Probleme geheim halten kann.

Ich geh davon aus, dass es stimmt, habe auch ein paar gute Freunde, den ich vertraue.

Muss jetzt einfach mit meinen Gefühlen bei der Begegnung mit meinen Nachbarn umgehen, aber das schaffe ich, mir geht's besser, wenn ich Mitleid mit ihnen habe. Dann bin ich nicht mehr so wütend. Letztendlich tun mir solche Menschen nicht gut und die negative Energie nebenan, hätte mich noch mehr runter gezogen. Daher ist Abstand und Zeitgewinnung das Beste momentan. Schönen Abend noch
LG rainbow

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Christine_Walter
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Beitrag Mo., 24.11.2014, 10:38

na, ok, wenn man nun ein ECHTES problem hat und RAT möchte, ok. aber ich hatte zb mal den fall, da rief mich eine freundin an, sprach immer schneller und immer lauter, die stimme überschlug sich, und dann sagte sei wörtlich: "danke, dass ich mich bei dir auskotzen durfte. ich geh jetzt erst mal in die badewanne, bis später." IHR gings danach gut, aber MIR ging es weniger gut, weil ich mich da echt fühlte, als ob einer einen eimer katzendreck über mich ausgeleert hätte.


ThursdaysChild
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Beitrag Di., 26.04.2016, 22:00

Ich hole diesen Thread mal wieder hervor, weil es bei mir gerade ein großes Thema ist.
Und in dem Zusammenhang möchte ich einfach mal den Gedanken anstossen, mit dem ich mich daher zur Zeit viel auseinandersetze: Warum lasse ich das zu? Warum lasse ich mich als seelischer Mülleimer missbrauchen? Und welchen Gewinn ziehe ich vielleicht daraus?

Vorab meine Geschichte. Wer die nicht lesen möchte, sondern das, worum es mir in dem Zusammenhang geht, sollte gleich zum nächsten Post übergehen. Aufgrund der Länge musste ich die Beiträge eh splitten:

Ich habe mich in der letzten Zeit sehr viel den Problemen einer Onlinebekanntschaft angenommen. Zu Beginn hatten wir lange und gute Gespräche zu allen möglichen Themen, da wir viele Gemeinsamkeiten haben. Von Problemen war nie die Rede. Auch waren die Fronten geklärt, dass wir uns beide in ernsten Beziehungen befinden und kein Interesse am Anderen außer einem freundschaftlichen haben. Wir haben Nummern ausgetauscht und viel getextet, dann kam 4 Tage lang keine Reaktion mehr von ihm auf meine letzte Nachricht, also habe ich nachgehört, wie es ihm denn so geht, wie die Woche bisher war. Und ab da ging es dann los: verworrene Beziehungsprobleme, in denen ich versucht habe, Ratschläge zu geben, die er aber nicht annehmen wollte. Die einzige für ihn akzeptable Lösung war, dass seine Ex-Freundin sich nochmal auf eine Beziehung mit ihm einlässt.... Dann gipfelte alles schließlich in einem großen emotionalen Zusammenbruch mit der Bemerkung, er habe sich in einer vergleichbaren Situation mal versucht, das Leben zu nehmen. Wir haben die ganze Nacht über geschrieben und telefoniert, er hat beteuert, sich nichts antun zu wollen, mir dann aber am nächsten Tag erzählt, dass er später doch noch ernstere Gedanken hatte, dass seine Angsterkrankung jetzt wieder durchbreche, er total angespannt sei und deshalb 3 Tage nichts mehr gegessen habe. Ab da haben wir sowohl über Tag viel getextet, v.a. aber in der Nacht. Er hat sich bei mir bedankt, dass ich ihm geholfen habe und helfe und dass er nicht wisse, warum er alles bei mir "abgeladen" habe (O-Ton) und sonst bei niemandem. Er habe noch 3 anderen Freunden vage davon erzählt, aber nur mir alles. In den Tagen darauf nahm es einen Verlauf, dass er am Tag nur noch kurz angebunden geantwortet hat und nachts gegen 1:00 immer angefragt hat, ob ich noch wach sei, um sich dann nochmal schön bei mir auszukotzen. Er weiß, dass ich immer sehr lange wach bin, dass es an Schlafstörungen liegt, habe ich auch schonmal angedeutet. Darauf eingegangen ist er aber nie. Letzte Nacht habe ich ihm geantwortet, dass ich noch wach sei, aber gerade Lavendelöl genommen habe, um zur Ruhe zu kommen und endlich schlafen zu können. Dann habe ich mich hingelegt und heute morgen gesehen, dass er noch zweimal in der Nacht geschrieben hat. Die letzte Nachricht von ihm lautete dahingehend, dass das Öl wohl geholfen habe. Ich habe das heute morgen aufgegriffen und gemeint, dass es ihm vielleicht auch helfen könnte. Dass ich es ursprünglich wegen sozialen Ängsten probiert habe, dann aber gemerkt habe, dass es mich so sehr zur Ruhe bringt, dass ich müde werde und schnell einschlafe. Über Stunden kam keine Reaktion von ihm, die Nachricht wurde auch nicht als gelesen angezeigt. Innerlich hatte ich schon Sorge, dass er wieder Selbstmordgedanken hatte und dann in der Nacht niemanden hatte, der ihn ablenkt. Schließlich hat er die Nachrichten gelesen, aber nicht geantwortet. Das ist jetzt mehr als 7 Stunden her und macht mich wirklich wütend. Dass es mir auch nicht immer gut geht, scheint uninteressant zu sein. Um die Themen, über die wir uns früher unterhalten haben, schreibt er kaum noch. Von ihm hören werde ich wahrscheinlich in 2 Stunden erst wieder...


ThursdaysChild
sporadischer Gast
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Beiträge: 20

Beitrag Di., 26.04.2016, 22:02

Das alles hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, warum ich mich so habe instrumentalisieren lassen:

1. Ich hatte Angst, dass der Kontakt nach 4 Tagen Funkstille abbricht (Wir hatten vorher maximal 1 Tag Funkstille)
2. Ich habe eine bedingungslose Freundschaft erwartet, in der man den anderen unterstützt. Mit Gegenseitigkeit. Aber wie sich jetzt zeigt, nimmt er nur und gibt nicht.
3. Ich habe mich geschmeichelt gefühlt, dass er mir so weit vertraut, obwohl wir uns nicht persönlich kennen, mir so intime Probleme anzuvertrauen.
4. Ich habe mich noch geschmeichelter gefühlt, dass ich die Einzige bin, der er in voller Gänze von seinen Sorgen erzählt hat.
5. Ich habe mich gebraucht und wichtig gefühlt.
6. Es hat mich von meinen eigenen Sorgen abgelenkt und diese vielleicht sogar kleiner wirken lassen.
7. Ich habe mich stark gefühlt, wie jemand, der Schutz bieten kann - böse gesagt, habe ich mich auch seelisch gesünder als er gefühlt
8. Es hat mir meine Einsamkeit genommen.
9. Ich hatte Angst um ihn und habe mich so wichtig genommen, dass ich sein letzter Strohhalm bin, nach dem er greifen kann, die Person, die ihn vor einem weiteren Suizidversuch bewahren kann.
10. Ich kann mich wie der barmherzige Samariter fühlen, der das Wohl anderer über sich selbst stellt und sich aufopfert.

Vermutlich gibt es noch weitere Gründe. Diese hier konnte ich aber für mich schon herausarbeiten. Jetzt muss ich für mich nur noch einen Umgang mit der Situation finden, das wird die nächste Hürde. Eigentlich möchte ich den Kontakt nicht gleich abbrechen, sondern mit ihm darüber sprechen, wie ich es wahrnehme. Und dass ich gerne weiterhin für ihn da bin, aber nicht alles tragen kann und auch erwarte, dass man in einer Freundschaft gegenseitig aufeinander eingeht. Ob er sich darauf einlassen kann, wäre dann der nächste Punkt. Ansonsten achte ich aber inzwischen wenigstens so sehr auf mich, dass ich den Kontakt abbrechen würde.

Was ich mit alldem sagen wollte: Wir haben unsere Gründe, weshalb wir so etwas zulassen. Man zieht auch immer einen Gewinn daraus, der aber in der Regel weniger schwer wiegt, als die Wut, der Ärger und die Sorge, die so etwas bei einem auslöst. Aber gerade, wenn man vermeintlich ein Magnet für solche Leute zu sein scheint (und auch da schließe ich mich mit ein), sollte einem klar sein, dass die Teilchen nicht zum Magnet kommen, sondern der Magnet sie anzieht.
Wer anderen diese Chance bietet, sich so einem gegenüber zu verhalten, braucht sich nicht wirklich zu wundern. Ein Stück weit bietet man sich auch als Mülleimer an.
Für mich persönlich ist es wichtig, mir auch darüber Gedanken zu machen, wie ich so etwas künftig schon rechtzeitig eingrenzen kann, also auch gar nicht erst die Hoffnung wecke, Problemabladestation zu sein...

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simonius
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Beitrag Di., 26.04.2016, 22:31

Aber wie sich jetzt zeigt, nimmt er nur und gibt nicht.
Vielleicht gibst du auch nur und nimmst nichts?

Hast du ihn denn schon mal gefragt, ob er sich auch mal deine Probleme anhört? Hast du ihm gesagt, dass es Dir ein Bedürfnis ist und dass du dir wünschen würdest dass er sich dem annimmt?
Wenn nein, warum nicht?
Sicher wenn man so anfragt, macht man sich auch irgendwie "klein", man ist plötzlich auf der Seite des Bedürftigen. Man öffnet sich und wird sehr verletzlich.* Da ist es sicher angenehmer sein Selbstwertgefühl zu stärken und als Berater und als unentbehrlicher Helfer zu fungieren.
Es ist somit nicht ganz wahr, dass du nur ihm gegeben und nicht bekommen hast. Du hast dir sehr viel für dein Selbstwertgefühl genommen, ohne ihm Selbstwertgefühl zurück gegeben zu haben. Wie wäre es denn, wenn du ihm mal anbietest schwach sein zu dürfen, und auf seine Unterstützung angewiesen zu sein?

* das ist eigentlich Geben. Man gibt sich hin. Man gibt Vertrauen.
Der Selbstbewusste, der Starke kann sich nicht vertrauensvoll "hingeben". Dafür müsste er "Schwachheit" wagen.

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Kellerkind
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Beitrag Mi., 27.04.2016, 07:00

Hallo ThursdaysChild,

ich mag deine reflektierte Schreibweise. Deine 10.Punkte-Liste ist in dem Sinne nichts hinzuzufügen, im Grunde hast du da schon alle antworten. Du musst es jetzt nur noch akzeptieren, wertneutral für dich annehmen, dann kann man überlegen, wie man das, was einen stört, ändert.
ThursdaysChild hat geschrieben: 1. Ich hatte Angst, dass der Kontakt nach 4 Tagen Funkstille abbricht (Wir hatten vorher maximal 1 Tag Funkstille)
2. Ich habe eine bedingungslose Freundschaft erwartet, in der man den anderen unterstützt. Mit Gegenseitigkeit. Aber wie sich jetzt zeigt, nimmt er nur und gibt nicht.
3. Ich habe mich geschmeichelt gefühlt, dass er mir so weit vertraut, obwohl wir uns nicht persönlich kennen, mir so intime Probleme anzuvertrauen.
4. Ich habe mich noch geschmeichelter gefühlt, dass ich die Einzige bin, der er in voller Gänze von seinen Sorgen erzählt hat.
5. Ich habe mich gebraucht und wichtig gefühlt.
6. Es hat mich von meinen eigenen Sorgen abgelenkt und diese vielleicht sogar kleiner wirken lassen.
7. Ich habe mich stark gefühlt, wie jemand, der Schutz bieten kann - böse gesagt, habe ich mich auch seelisch gesünder als er gefühlt
8. Es hat mir meine Einsamkeit genommen.
9. Ich hatte Angst um ihn und habe mich so wichtig genommen, dass ich sein letzter Strohhalm bin, nach dem er greifen kann, die Person, die ihn vor einem weiteren Suizidversuch bewahren kann.
10. Ich kann mich wie der barmherzige Samariter fühlen, der das Wohl anderer über sich selbst stellt und sich aufopfert.
Von der anderen Seite aus: ich kenne solche Männer. Leider. Mein Ex-Mann war genauso. Ich bin u.a. wegen dem, was du unter Punkt 9 geschrieben hast, viel viel länger mit ihm zusammengeblieben als gesund für mich war. Ich fühlte mich wichtig und verantwortlich für ihn, dachte, ohne mich könne er nicht überleben, würde sich umbringen. Um so schockierter war ich, als ich feststelle, wie unsagbar schnell ich ersetzbar war. Nach mir hatte er nun schon zig Partnerinnen und zwar IMMER (!) nach dem selben Muster, immer Frauen mit mehr oder weniger Helferkomplex, denen er das (trügerische) Gefühl gab, sie seinen was Besonderes, sie seien die Einzige, denen er vertraut, die an ihn rankommen, nur SIE könnten einen retten... manchmal sogar parallel nebeneinander.
Ich hab das vorher nie verstanden, wieso so viele Frauen so naiv darauf reinfallen können? Bei mir war das was anderes damals, ich war ja erst 18 als ich ihn kennenlernte, und als ich es begriff, stecke ich schon viel zu weit mit Kind und Eheschein da drin...aber dass er dann nach mir REIHENWEISE eine "one-and-only-Vertraute" nach der anderen anschleppt? Wie bitte, hä?! - Aber eben drum: er hat bzw. hat das einmalige Talent, diese Art von Frauen anzuziehen und jeder von ihnen die Illusion zu geben, sie sei DIE EINZIGE, die alles wisse, die ihn verstehe, die er vertraue...und dabei redet er auch allen immer schön jeweils nach dem Mund, was diese jeweilige Frau geraden hören möchte, er weiß genau, welche Knöpfe er drücken muss... Auch eine Form von Intelligenz und Talent, leider nur vollkommen fehl angewendet. *augenroll*

Lange Rede, kurzer Sinn, ich will dir zwei Punkte mit auf den Weg geben:

Solche Menschen instrumentalisieren immer. Das ist ihr Muster. Sie wollen (unbewusst) auch gar nicht aus ihrer Rolle raus, sie wollen gar nicht gesund werden. Ihre Energie richtet sich darauf aus, eine Ersatzmutti zu finden, an der sich sich abagieren können, nicht auf die eigentliche Problemlösung. Ich bezweifele auch, ob solche Menschen wirklich suizidgefährdet seien, ich glaube mittlerweile, dass dies eher Teil des Spiels ist, denn wenn jemand so lange so intensiv damit zu kämpfen hat und es immer noch nicht tut und/oder sich immer so blöd anstellt, dass da keine echte Suizid-Absicht dahintersteckt. Sicherlich ein krankes Muster und/oder ein Hilfeschrei, aber wer wirklich wollte... nun ja, du weißt schon.
Und für diese anderen Muster ist jeder recht, der es mit sich machen lässt, und das sind erstaunlich viele. Was andersherum heißt: wenn der/die eine geht, warten schon zwei andere um die Lücke zu füllen. Frau fühlt sich zwar unersetzlich und verantwortlich, genau das ist ja der Trick. Genau das muss sich bewusst machen: dass man a) nicht verantwortlich ist, und b) man so schnell ersetzt werden wird, wie man es sich jetzt noch gar nicht vorstellen kann. Solche Menschen haben VORHER überlebt, als man sie noch nicht kannte, und sei gewiss: sie werden es auch danach.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "


ThursdaysChild
sporadischer Gast
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Beitrag Mi., 27.04.2016, 19:54

Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!

@simonius
Ja, es stimmt schon, auf eine gewisse Weise nehme ich auch, und zwar dahingehend, dass ich auch Vorteile aus meiner Position ziehe. Das ist mir ja auch aufgefallen, als ich meine Gründe reflektiert habe.
Das Geben und Nehmen habe ich eher im klassischen Sinne gesehen, aber natürlich: sich hingeben ist auch eine Form des Gebens - und auch wenn ich nichts von ihm gefordert habe, so habe ich doch an"genommen", was mir durch mein Handeln "geboten" wurde.
Nehmen im Sinne von etwas aktiv Einfordern fällt mir sehr schwer. Ich trete an niemanden direkt heran, weil ich niemanden mit meinen Sorgen belästigen möchte. Ich warte darauf, dass mein Gegenüber Interesse zeigt und öffne mich erst dann. Dass das ein Stück weit problematisch ist, weil unausgesprochene Wünsche und teils auch Anforderungen im Raum stehen, darüber bin ich mir bewusst und versuche mir das auch immer wieder vor Augen zu halten. Ich hatte ihn für so sensibel gehalten, dass ich dachte, er erkennt, wann und wo ich Unterstützung brauche und geht darauf ein. Natürlich ist es verkehrt, das mit so einer Selbstverständlichkeit zu erwarten. Letzten Endes habe ich daher entschieden, den Kontakt nicht gleich abzubrechen, sondern noch zu schauen, ob er dauerhaft eher Interesse daran zeigt, mir von seinen Sorgen zu berichten, als auf meine einzugehen, und zwar auch dann nicht, wenn ich deutlicher Hilfe einfordere. Denn vielleicht ist sein Kopf aktuell nur so sehr mit eigenen Sorgen voll gewesen, dass er meine Schwierigkeiten gar nicht so wahrgenommen hat.
Was mich an der ganzen Geschichte aber so geärgert hat, war die Tatsache, dass ich irgendwann den Eindruck hatte, der nächtliche Notnagel zu sein. Die Person, die man tagsüber links liegen lässt, aber an die man sich wendet, wenn man nachts plötzlich alleine ist, nachdem man einen schönen, ablenkenden Tag mit Freunden verbracht hat. Denn wirklich ablenkenden Gespräche waren nachts teilweise nicht mit ihm möglich. Da ging es dann nur noch kreisförmig um Probleme und jeder Rat oder Vorschlag meineseits wurde abgelehnt.
Trotz alledem: Was ich eigentlich mit meinem Posting aussagen wollte, war, dass es schon auch Gründe gibt, aus denen man immer wieder in die Situation gerät, "seelischer Mülleimer" zu sein, und das eben auch gewisse Punkte dabei bringt, die vielleicht sogar unterschwellige Motivatoren dafür sind.


@kellerkind
Wie ich im oberen Teil, auf das, was ich auf simonius' Post geantwortet habe, schon geschrieben habe: Ich möchte den Kontakt noch nicht gleich abbrechen, sondern habe entschieden, nun doch noch einmal abzuwarten, wie es sich weiter entwickelt. Vielleicht ziehe ich damit eine einseitige Geschichte, die mir nicht gut tut, noch unnötig in die Länge. Vielleicht zeigt sich aber auch doch, dass er mir genauso eine Stütze sein kann (und will).
Leider habe ich in meinem Leben schon öfter solche Freundschaften / Beziehungen mitgemacht, es aber bislang nie wirklich reflektiert, sondern vorher immer irgendwann den Kontakt abgebrochen oder es ist im großen Streit auseinander gegangen. Ich bin über die Jahre (glücklicherweise) immer reflektierter geworden, auch wenn ich weiß, dass da noch immer Luft nach oben ist. Aber ich will es diesmal als Chance nutzen, einen anderen Weg auszuprobieren und einfach mal anders zu reagieren. Wenn er sich dann entscheidet, dass er mich nicht mehr braucht, weil es vielleicht doch noch jemanden gibt, der ihm noch mehr Aufmerksamkeit zu teil werden lässt, würde mich das zwar verletzen, aber dann wäre es eben so und dann könnte ich mich vermutlich auch einfacher aus diesem Gefühl der Verantwortung für ihn lösen.


ThursdaysChild
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Beitrag Mi., 27.04.2016, 19:57

Jedenfalls war ich gestern, nachdem ich den Post verfasst habe, irgendwie so sauer, weil er mich - nach meinem Empfinden - so hat auflaufen lassen, dass ich ihm geschrieben habe, dass er ruhig mal hätte antworten können, weil ich mich nach allem, was er mir in den letzten Tagen erzählt hat, gefragt habe, wie es ihm jetzt geht. Ich wollte ihm damit einerseits zeigen, dass ich angefressen bin, ihm aber gleichzeitig auch nochmal vor Augen führen, dass er eine ganze Menge bei mir abgeladen hat und zwar nicht gerade Harmloses, dass man einfach so abstreifen kann, sondern schon auch Dinge, die etwas mit mir auslösen. Nachde ich die Nachricht abgeschickt hatte, ist mir aber auch klar geworden, dass es u.U. als Aufforderung, sich weiter bei mir auszukotzen, verstanden werden kann. Aber ich denke, dass es mir unbewusst wohl auch irgendwie wichtig war, ihm zu zeigen, dass ich mich sorge und er sich weiterhin auf mich verlassen kann - aber eben auch nur, wenn we mich zwischendurch nicht so in der Luft hängen lässt.
Seine Antwort kam prompt, dass es ihm leid tue, er habe einen harten Tag bei der Arbeit gehabt, es ginge ihm aber schon besser. Hinsichtlich meines Vorschlages vom Morgen, es zur Beruhigung vielleicht auch mal mit Lavendelöl zu versuchen, meinte er, er habe es in der Vergangenheit schon einmal mit pflanzlichen Beruhigungsmitteln probiert, allerdings bevor er ausgegangen sei und er habe sie damals nicht gut vertragen. Um abends entspannter einzuschlafen, könnte er es jedoch nochmal versuchen (ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass er das tut). Ich habe ihn dann gefragt, ob er sich wegen der ganzen Problematik und der Ängste schon einmal professionelle Hilfe gesucht habe, woraufhin er meinte, er habe mal darüber nachgedacht, als es ihm noch schlechter ging, er glaube aber, dass es derzeit nicht nötig sei. Das wiederum spricht für die Theorie von Dir, kellerkind, dass er eigentlich gar nicht aus seiner Rolle raus will, nicht an sich arbeiten möchte. Für mich selbst habe ich aber klar, dass ich ihn in aller Deutlichkeit an einen Therapeuten verweise, wenn er weiterhin alles nur bei mir ablädt, ich ihm aber ganz offensichtlich ja nicht helfen kann.
Nachdem geklärt war, wie es ihm ging, lenkte er das Thema auf Musik, was immer eine große Verbindung zwischen uns war und ich bin darauf eingestiegen, weil ich dachte, dass es vielleicht ganz nett wäre, mal wieder ein anderes Thema zu haben. Als das Thema durch war, traten ein paar Minuten Schreibpause ein, dann fragte er, wie denn mein Tag gewesen sei. "Oha!", dachte ich mir, "vielleicht ist da ja doch deutlich geworden, dass es auch mich und meine Lebensrealität gibt.". Ich sagte ihm, dass mein Tag recht gut gewesen sei, ich nicht zur Arbeit gemusst hätte, sondern eine Fortbildung gemacht habe. Nach meinen Erwartungen - und ich weiß, dass ich damit wieder über eine Sache nicht spreche, sondern darauf hoffe, angesprochen zu werden - hätte er bei Interesse dann z.B. gefragt, was es für eine Fortbildung war. Aber es kam nichts mehr. Ich also das Thema zurück auf die Musik gebracht, er darauf eingegangen, dann wieder kurze Schreibpause und schließlich von ihm die Frage, ob es morgen dann wieder zur Arbeit gehe. Ich habe die Chance dann einfach mal ergriffen, von den Schwierigkeiten, die es bei meiner Arbeit derzeit gibt, zu berichten. Und ja, er ist darauf eingegangen. Sehr verzögert und teilweise wieder auf andere Dinge abschweifend zwischendurch, aber er ist immer wieder zum Thema zurück gekommen und ich hatte den Eindruck, dass er etwas unbeholfen, aber durchaus bemüht war, auf meine Probleme einzugehen. Das hat mir ein bißchen Hoffnung gegeben und lässt mich nun erst einmal abwarten, wie sich der Kontakt weiter gestaltet.

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Freifrau
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Beitrag So., 01.05.2016, 18:48

Wieso steckst Du so viel Energie in einen online-Kontakt, den du nicht mal persönlich kennst? Ich finde das total seltsam. Hast du wirklich eine feste Beziehung? Das klingt nämlich gar nicht so und wenn doch, dann verstehe ich nicht, wieso du so viel in einen Anderen investierst, den du nicht mal kennst. Oder willst du dich durch die Beschäftigung mit seinen Problemen von eigenen Problemen ablenken? Oder bist du einsam?

Davon mal abgesehen - wenn mir so ein Typ mit Selbstmord kommen würde, wäre bei mir gleich Feierabend. Warum lässt du dich von einem quasi Fremden in sowas Destruktives rein ziehen?

Ich finde, du solltest mal ernsthaft dein Verhalten hinterfragen.
"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)


ThursdaysChild
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Beitrag So., 01.05.2016, 19:54

Freifrau hat geschrieben:Wieso steckst Du so viel Energie in einen online-Kontakt, den du nicht mal persönlich kennst? Ich finde das total seltsam. Hast du wirklich eine feste Beziehung? Das klingt nämlich gar nicht so und wenn doch, dann verstehe ich nicht, wieso du so viel in einen Anderen investierst, den du nicht mal kennst. Oder willst du dich durch die Beschäftigung mit seinen Problemen von eigenen Problemen ablenken? Oder bist du einsam?

Davon mal abgesehen - wenn mir so ein Typ mit Selbstmord kommen würde, wäre bei mir gleich Feierabend. Warum lässt du dich von einem quasi Fremden in sowas Destruktives rein ziehen?

Ich finde, du solltest mal ernsthaft dein Verhalten hinterfragen.
Hinterfragt habe ich es doch bereits und bin dabei auch auf den Punkt gekommen, dass es mich ein Stück weit von eigenen Sorgen ablenkt und mir meine Einsamkeit nimmt. Plus 8 weitere Gründe, die ich für mich ausmachen konnte. Ich wollte mit dem ganzen Posting ja auch eigentlich nur zeigen, dass es eine Motivation für jeden von uns gibt, als seelischer Mülleimer zu fungieren. Mir persönlich ist das erst jetzt in dieser Situation so deutlich geworden.

Und warum ich weiter Energie in diesen Kontakt investiere?
Naja, wahrscheinlich deshalb, weshalb jeder Mensch Energie in Kontakte investiert: Weil wir soziale Wesen sind, die sich Austausch mit anderen wünschen.
Was das "Kennen" betrifft... Ich kenne ihn nicht persönlich, das stimmt. Aber auf eine gewisse Weise "kenne" ich ihn trotzdem, eben weil unser Austausch sehr intensiv ist und wir uns viel über unsere Ansichten und persönliche Haltung zu verschiedensten Dingen austauschen. Wann immer man einen anderen Menschen kennenlernen möchte, muss man doch etwas hinein investieren. Zeit, die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen, Interesse am anderen, Bereitschaft, sich selbst zu öffnen. Wer dazu nicht bereit ist, braucht auch erst gar nicht versuchen, Kontakte aufzubauen.

Und ja, ich habe eine feste Beziehung. Sogar eine langjährige und sehr gute. Trotzdem möchte ich mich ja nicht einzig auf meinen Partner konzentrieren. Man wünscht sich ja auch durchaus auch mal, mit anderen Menschen zu sprechen, andere Ansichten zu hören. Ich zumindest, ich weiß nicht, wie das bei Dir ist.
Dass diese Bekanntschaft ein Mann ist, ist purer Zufall. Ich hatte durchaus auch schon gute Onlinekontakte zu anderen Frauen oder einem homosexuellen Mann.
Ganz davon abgesehen finde ich es sogar ziemlich wichtig, sich nicht nur auf eine Person zu fixieren. Wenn ich meine ganze Welt um meinen Partner herum aufbauen würde, würde ich ihn damit u.U. sehr schnell einengen. Und natürlich kann man sich auch trotz einer funktionierenden Beziehung manchmal einsam fühlen. Und ich stehe dazu, dass ich recht einsam bin. Ich wünschte, es wäre anders, aber es ist so. Seit ich vor einigen Jahren in eine andere Stadt gezogen bin und beruflich sehr eingespannt bin, hatte ich nur wenig Gelegenheit dazu, Kontakte aufzubauen. Zusätzlich die Tatsache, dass ich unter sozialen Ängsten leide und das Internet daher eine gute Möglichkeit für mich ist, überhaupt mit anderen in Kontakt zu kommen.

Eine Rechtfertigung wollte ich hier jetzt eigentlich gar nicht bringen, aber vielleicht erschliesst sich Dir so, weshalb ich so handel wie ich handel.

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Freifrau
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Beiträge: 446

Beitrag So., 01.05.2016, 22:05

Es klingt, als wäre dein Nutzen aus diesem Kontakt, dass du dich hilfreich und wertvoll fühlen kannst. Das hast du ja auch selbst erkannt. Aber so gesehen nutzt du ihn auch aus und möchtest als Gegenleistung Anerkennung, Dankbarkeit und Nähe von ihm.

Er will sich bei dir auskotzen und interessiert sich nicht wirklich für dich. Er nimmt keine Rücksicht drauf, dass er vielleicht stört und das ist kein Wunder, denn du selbst nimmst auch keine Rücksicht auf dich, warum soll er das dann tun?

Auf Dauer wird das nicht funktionieren, das hat mit echter Nähe nichts zu tun, sondern mit gegenseitiger Abhängigkeit. Und wenn er dir nicht gibt, was du möchtest, wirst du sauer. Das ist keine echte Freundschaft, sondern ein Tauschhandel.

Ich kenne das von früher selbst auch und es tut mir leid, dass du dich einsam fühlst. Aus eigener Erfahrung kann ich dir nur raten - so schwer es fällt, geh weg von ihm zu dir. Was ist bei dir los? Was stimmt nicht? Was kannst du tun, damit es dir gut geht und du nicht alleine bist? Lass dich selbst nicht alleine. Und wenn es dir schlecht geht, dann fühle es mal. Sei traurig und weine oder so. Nimm es einfach mal wahr.

Wie sollen andere dich wichtig nehmen und sich für dich interessieren, wenn du es nicht tust?
"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)


ThursdaysChild
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Beiträge: 20

Beitrag Mo., 02.05.2016, 00:13

Freifrau hat geschrieben:Was kannst du tun, damit es dir gut geht und du nicht alleine bist?
Und genau da liegt meine Schwierigkeit. Ich habe keine Idee, wie ich das kann.
Ich habe tausend Ideen, was ich für andere tun kann, um Ihnen zu helfen, um sie auf andere Gedanken zu bringen oder was ich tun kann, damit sie sich besser oder in einer Situation wohler fühlen. Aber wenn ich an mich selbst denke, ist da nur Leere. Und ich würde glatt mal unterstellen wollen, dass es vielen Menschen mit Helfersyndrom so geht.

Ich will den Kontakt noch nicht aufgeben. Vielleicht wegen meiner Einsamkeit, und vielleicht ist es auch ein Fehler, aus dem ich dann wieder etwas darüber lernen werde, nach welchem Muster ich Kontakte gestalte und was ich vielleicht mal überdenken und ändern sollte.
Allerdings muss ich auch sagen, dass unser Kontakt nicht mehr so einseitig ist. Nachdem ich ihm an dem Abend geschrieben hatte, dass er sich ruhig mal hätte melden können, hat er ja doch irgendwie versucht, etwas auf mich einzugehen. Am Abend drauf hat er sich wieder recht spät gemeldet und ich habe dann mal klipp und klar gesagt, dass ich müde bin, früher ins Bett möchte und mich auch drüber ärgere, dass er sich nur noch spät am Tag meldet und dann oft mit solchen Klopper-Themen um die Ecke kommt, bei denen es mir schwer fällt, abzublocken und ihn damit allein zu lassen. Er hat das auch verstanden, sich nochmal dafür bedankt, dass ich da gewesen sei und ihm geholfen habe. Er habe mich aber nicht belasten wollen, bloß zu dem Zeitpunkt einfach nicht mehr gewusst, wo ihm der Kopf steht. Weil ich ihm aber auch nicht das Gefühl geben wollte, dass mich seine Sorgen kein Stück interessieren, habe ich ihm gesagt, dass er sich bei Problemen ruhig wieder an mich wenden kann, dass ich bloß nicht möchte, dass unser Kontakt sich dann nur noch darum dreht und dass ich eben auch nicht in allen Situationen der richtige Ansprechpartner bin. Ich weiß, manche mögen jetzt der Ansicht sein, dass ich damit den Posten als seelischer Mülleimer gleich weiterabonniert habe. Aber ich finde es trotzdem wichtig, wenn wir eine Freundschaft haben wollen, dass die Sorgen des anderen nicht komplett ausgeklammert werden. Man muss nur den richtigen Umgang damit finden.
Ich glaube, darüber mal zu sprechen, hat unserem Kontakt sehr gut getan. Ich weiß immer noch nicht, ob es auf Dauer eine tragfähige Freundschaft wird, aber aktuell habe ich ein ganz gutes Gefühl dabei. Ich höre jetzt wieder über den Tag hinweg viel von ihm und wir reden über die verschiedensten Themen. Nachdem wir gestern sehr lange gequatscht haben, hatten wir heute gar keinen Kontakt, was so aber auch gut war, und zwar für uns beide, denke ich.

Ich kann auf jedem Fall nur jedem raten, dieses Thema einfach mal auf den Tisch zu bringen und dem anderen zu sagen, wie man sich dabei fühlt.

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