Über Gefühle reden-ehrlich und 'gewaltlos'

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stern
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Beitrag Fr., 11.03.2011, 11:30

Wenngleich an Tigerkind gerichtet, sage ich mal was dazu:
chandelle hat geschrieben:Aber wie spricht man gewaltfrei, wenn man wütend ist? Muß man sich unterdrücken? ... Ich habe zu dem Thema noch nicht alles hier gelesen, geschweige denn kenne ich Literatur, aber allein die Überschrift scheint mir einfach gar nicht umsetzbar im alltäglichen Leben.

Wurde auch schon einiges dazu geschrieben, das sich natürlich nicht allein aus der Überschrift erklärt . Das werde ich für meinen Teil nicht mehr wiederholen. Vielleicht lege ich die GfK stellenweise weiter aus... aber allein ein authenthisches (und durch Mimik und Gestik untermaltes) "ich bin stinksauer" ist keine gewaltvolle Kommunikation (für mich und in meiner Wahrnehmung). Unterdrückung sehe ich also nicht unbedingt (vielleicht anders, wenn jemand z.B. den Impuls verspürt, handgreiflich zu werden. Aber davon abzusehen kann ganz unabhängig von GfK ratsam sein).
Da müßtest Du Dir jedes Wort genau überlegen.
Wer dabei nicht authentisch sein kann und vielmehr Wortakrobatik betreiben müsste, kann es sich gleich ersparen... habe ich auch schon einiges dazu geschrieben. Wobei es vermutlich ist wie mit vielem im Leben: Was man oft genug betreibt, verinnerlicht man irgendwann (sei es nützliches oder unnützliches).
Ein Kind nur lobhudeln ist genauso schädigend wie es nicht zu tun.
Lobhudeln hat nix mit gfk zu tun, sondern kann manipulativ sein (ist es für gewöhnlich auch).
Zeig mir nur einen, der diese Lebensform ausübt. Kann das vielleicht nur der Mann in den Bergen?
Muss ja niemand anwenden... ich finde den Kerngedanken nicht schlecht (wenngleich ich ein paar Punkte auch als kritisch für mich sehe). Wie ich kommuniziere entscheide ich situativ, hat halt auch viel mit zu tun, was ich gerade empfinde. Wenn ich dabei nicht jeden Impuls ausagiere, bin ich damit noch nicht zwangsläufig unauthentisch. Das geht... aber vielleicht tun sich impulsivere Typen (der ich nicht wirklich bin) damit schwerer, keine Ahnung. Zu entscheiden, ob das für einen selbst etwas ist, kommt man vermutlich nicht mit etwas Beschäftigung mit der Thematik herum. Wenn man die Kommunikationsform von vorneherein ablehnen möchte, kann man sie natürlich auch von vorneherein in den Wind schießen. Absolut legitim. Genauso legitim, wie nur in Bruchteilen und situativ so zu kommunizieren. Zur Lebensform erhebe ich es für mich weiß Gott nicht, aber GfK enthält durchaus einen (für mich) wahren Kern. Aber das muss aus einem selbst kommen, meine Meinung. Insofern kann ich Tigerkind auch verstehen, wenn sie sich nicht in eine rechtfertigenden Haltung sehen möchte. Denn das muss jeder für sich selbst abwägen, inwieweit das individuell handle-bar ist. Pauschal zu sagen, es sei gar nicht umsetzbar im täglichen Leben ist IMO genauso Quatsch, wie zu sagen, es ist in jedem Kontext umsetzbar (zumindest wenn ich von mir ausgehe).
OK, aber es läßt sich eben eher wenig integrieren in einen stressigen Alltag.
Für dich mag das so sein... aber es ist nicht für jeden so. Und ich tippe, einige Unstimmigkeiten liegen auch an unterschiedlichen Vorstellungen verschiedener User von GfK.
Es ist ja durchaus möglich das Interesse zu wecken. Wäre Dir das möglich?
Möglich vielleicht schon... aber ich sehe es nicht als meine Aufgabe an. Interesse muss IMO vielmehr von innen kommen... alles andere könnte als Überstülpen interpretiert werden, was mir fern liegt
Finde man mit Dir keine Ebene, scheint es als ziehest Du Dich beleidigt zurück.
Deine Interpretation. Ich empfinde Tigerkind nicht als beleidigt. Aber die Ebene für einen fruchtbaren Austausch scheint halt hier teils schlichtweg nicht zu passen... soll's ja geben.
Zuletzt geändert von stern am Fr., 11.03.2011, 12:26, insgesamt 9-mal geändert.
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stern
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Beitrag Fr., 11.03.2011, 11:31

Du erwartest, dass Jedermann/ frau Deine Bedürfnisse erfüllt. Das geht auch aus ganz vielen Beiträgen von Dir hervor als müsse sich die Welt um Dich drehen. Ich denke, das wirst Du nicht so sehen, dass Du einen gesteigerten Trieb von Aufmerksamkeit hast.
Wiederum deine Interpretation. Ich nehme Tigerkind nicht so wahr. Und btw. Bedürfnisse zu haben und zu äußern ist doch nicht zwangsweise ein gesteigerter Aufmerksamkeitstrieb, sondern kann auch hoch angemessen, konfliktentschärfend und selbstfürsorglich sein. Jeder Mensch hat doch Bedürfnisse... ich komme gut damit zurecht, wenn mir jemand direkt sagt, was er will. Nein sagen kann ich dann immer noch. Nee, wirklich, mir ist die direkte Äußerung lieber (die ich für gewöhnlich dann auch nicht als manipulativ oder gesteigertes Aufmerksamkeitsbedürfnis wahrnehme). Gibt ja verschiedene Formen Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen. Manche davon vermindern bei mir die Wahrscheinlichkeit ungemein, dass ich gewillt bin, darauf einzugehen.
sondern klar im erzieherischen Rahmen wo Du als Erwachsene altersgerecht die Vorgaben machst.
Ich sehe die GfK auch nicht als Anleitung zur Kindererziehung... dazu gibt es sicher darauf abgestimmtere Literatur. Einzelne Ideen lassen sich aber evtl. berücksichtigen (z.B. nicht lobhudeln zu manipulativen Zwecken)
In der GFK darf man auch aufbrausen
Dieser Satz widerspricht doch der ganzen Thematik oder sehe ich das jetzt falsch?
Nein... widerspricht es nicht... sondern spricht eher dafür, dass unterschiedliche interpretiert wird, was gewaltfreie bzw. gewaltvolle Kommunikation ist. Ich meine, ich habe dazu auch schon etwas geschrieben. Wenn ich authentisch vermittele, dass ich gleich explodiere, so ist das für mich jedenfalls immer noch gewaltfrei. Gfk hat auch durchaus viel mit Authentizität zu tun (sollte es zumindest, sonst kann man es sich IMO ersparen, wenn man sich verstellen müsste).
Irgendwo muß der Kern, die Basis von diesem GFK sein. Welcher ist denn das?
Wurde auch schon diskutiert, meine ich.
Vielleicht geht es allem in allen eher um die Selbstwahrnehmung
Natürlich auch (vorgelagert=1. Schritt)... sehr viel sogar. Und was ich wahrnehme kann ich dann in einem 2. Schritt auch zum Ausdruck bringen=kommunizieren, sei es gewaltfrei oder gewaltvoll.
Wieviel Energie steckst Du in den Einzelnen um seine Bedürfnisse zu erkennen
Für mich finde ich erfragen sinniger als erriechen wollen... obwohl mir eher eine feinere Nase bescheinigt wird *g*.
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hungryheart
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Beitrag So., 13.03.2011, 11:45

hallo ihr,
nun hat sich ja eine spannende diskussion entwickelt-
ich war wegen zeitmangel länger nicht da und hatte das gar nicht mitbekommen.

die fragestellung hatte sich ja aus einem anderen thread entwickelt,
in dem es auch um die differenzierung zwischen gedanken und gefühlen ging. (s. link im eingangspost)

was diese gewaltfreie kommunikation angeht, so habe ich ganz konkret eine maximal unauthentische frau im kopf, die immer wieder unverschämtheiten und frechheiten von sich gibt und meint, mit der einleitung "ich würde mir wünschen, dass...." mache sie ihre frechheiten zu gewaltfreier kommunikation .

sie sagt z.b. "nicht mich ärgert, dass du deine termine dauernd umplanst", sondern: ich würde mir wünschen, dass du pünktlicher wirst. wenn du möchtest, kann ich mich mit dir zusammensetzen, um dir zu erklären, wie mein terminplan funktioniert.
(dazu muss man wissen, dass ich in keinster weise irgendwie verpflichtet bin, auf ihren terminplan rücksicht zu nehmen, sondern im gegenteil gehört es eigentlich zu ihrem job, sich flexibel auf meinen terminplan, der sich wiederum flexibel an die bedürfnisse der patienten anpasst, einzustellen.

sprich: sie möchte mir und damit letztlich den patienten ihren starren terminplan aufzwingen, weil sie zu unflexibel ist, änderungen hinzunehmen und versucht, die situation so hinzudrehen, als läge ein versagen auf meiner seite vor und sie würde mir eine "nettes" angebot machen, und sich mit mir zusammensetzen , um mir netterweise zu erklären, wie der terminplan funktioniert.
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lamedia
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Beitrag So., 13.03.2011, 11:58

Hi hungryheart,

Variante 1 "Mich ärgert, dass x " finde ich in dem Fall gewaltfreier als Variante 2 "Ich würde mir wünschen, dass y...". Dieser Satz hinterläßt auch bei mir eigentlich immer das Gefühl, gerade manipuliert zu werden.
"Es wäre schön, wenn..." ist auch so eine Variante davon.
Warum dann nicht gleich: "Könntest Du nicht..?"?

Aber Du kannst ja darauf wiederum mit Variante 1 kontern: "Mich ärgert es, dass Du diesen Wunsch an mich richtest, denn ich bin nach meinem Verständnis nicht verpflichtet, mich auf Dich abzustimmen."

Ich finde es eine ziemlich gute Übung, einem anderen zu sagen, dass einen etwas geärgert hat, ohne dann sofort in ein "immer machst Du..." oder "Du bist so..." abzugleiten. Sondern einfach die Situation benennen, die einen ärgert, gern auch mit Ärger-Ausdruck. Aber eben so, dass man danach noch miteinander reden kann und ohne, dass man die andere Person eben total in Frage stellt.

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Schneekugel
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 11:08

Also die "könntest du..." scheitern bei mir schon mal daran, dass diese sich nur auf physische Machbarkeit von Dingen bezieht und an menschlichen Wünschen und Bedürfnissen vollkommen vorbei geht. Klar, ich könnte meinen Kopf in eine Klomuschel stecken, mir ein paar Nägel ins Knie hämmern, mich zum Sklaven irgendeines patriarchalischen Idioten machen usw... physisch alles problemlos möglich.

Mit "könntest du" wird ein Druck aufgebaut irgendwas nicht zu tun oder nicht getan zu haben mit der einzigen Begründung, dass nur weil es rein physikalisch auf der Welt möglich wäre, dies deswegen auch getan werden müsste.

Wie wäre es statt "könntest du nicht" (Ja, wenn es rein physikalisch durch Einsatz meines Körpers möglich ist, kann ich alles was auf der Welt rein physikalisch möglich ist, und nachdem die meisten Menschen rein physikalisch zu den gleichen Dingen in der Lage sind, kann man sich den Satz "Könntest du nicht..." auch sparen, wenn man ja sowieso weiss, ob das Gegenüber dazu physikalisch in der Lage ist oder nicht...) Manipulationen einfach zu sagen warum man sich darüber freuen würde und dem Gegenüber dann überlassen ob er einem einfach von sich selbst heraus die Freude machen möchte oder nicht?

Klar ist Ärger auszudrücken Teil der GfK, es geht ja darum dem anderem gegenüber seine Gefühle und Bedürfnisse aufzuzeigen, nur eben ohne Manipulation. Einfach zu sagen man ist grade verärgert, wenn man auch gerade wirklich verärgert ist, ist keine Manipulation. Jemanden einschüchtern zu wollen indem man die Verärgerung auf Rumpoltern verlegt und versucht den anderen damit zu beeinflussen bzw. einem anderem die Verantwortung für eigene Gefühle aufs Auge drückt und damit die gleichzeitige Verantwortung daher sofort das eigene Verhalten und Gefühlsempfinden dem anderem unterzuordnen, empfinde ich jedoch wiederum so.

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Tigerkind
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Beitrag Do., 17.03.2011, 18:47

Hi !

Hatte mich zwar aus diesem Thread schon zurückgezogen, war mir aber jetzt doch noch mal ein Bedürfnis mich bei Stern zu bedanken für die Stellungnahme.

Es hat mir gut getan zu sehen, dass ich offensichtlich doch verstanden werde.

@hungryheart:wie gesagt, dass was die Dame da macht verstehe ich nicht unter GFK, GFK ist es für mich nur dann wenn es ehrlichen Herzens ist und die Bedürfnisse aller berücksichtigt. Wenn es manipulativ angewendet wird, hat es mit GFK gar nichts mehr zu tun.

Liebe Grüße

Tigerkind
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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hungryheart
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Beitrag Mo., 04.04.2011, 10:16

Tigerkind hat geschrieben:
@hungryheart:wie gesagt, dass was die Dame da macht verstehe ich nicht unter GFK, GFK ist es für mich nur dann wenn es ehrlichen Herzens ist und die Bedürfnisse aller berücksichtigt. Wenn es manipulativ angewendet wird, hat es mit GFK gar nichts mehr zu tun.

hallo liebes tigerkind,
das sehe ich genau so. das problem ist nur, dass es nicht wenige menschen gibt, die gfk eben doch manipulativ anwenden.
und beanspruchen, wenn sie nur "ich empfinde" oder "ich habe das gefühl, dass" einem satz voranstellen, sagen zu dürfen, was immer sie wollen, sich aber gleichzeitig einer auseinandersetzung entziehen, weil schließlich haben sie ja nur über ihre gefühle geredet.
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stern
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Beitrag Mo., 04.04.2011, 10:50

hungryheart hat geschrieben:dass es nicht wenige menschen gibt, die gfk eben doch manipulativ anwenden.
Das gibt es, ja zweifelsfrei sogar... aber ich sehe es dann wie Tigerkind, dass das dann nicht's mehr mit gfk zu tun bzw.
und beanspruchen, wenn sie nur "ich empfinde" oder "ich habe das gefühl, dass" einem satz voranstellen, sagen zu dürfen, was immer sie wollen, sich aber gleichzeitig einer auseinandersetzung entziehen, weil schließlich haben sie ja nur über ihre gefühle geredet.
dass dann eine (doch relativ eindeutige) Du-Botschaft mit einem Gefühl verwechselt oder diese bewusst als Ich-Botschaft verschleiert wird. Bsp.: Ich hab' das Gefühl, dass du blöd [etc. pp. *)] bist. Ich empfinde dich als blöd [etc. pp.]. Typ. Antwort wie du sagst: Was regst du dich auf... ich rede ja nur von meinem Gefühl . *) Kann man einsetzen was man will, es bleibt eine versteckte/indirekte Du-Botschaft... und hat nicht mehr viel mit dem Ansprechen eigener Gefühle zu tun, wie die Gfk das vorsieht - die ja auch insges. genauer abgrenzt, was wirkliche Gefühle/Emotionen sind, und was nicht (Stichwort z.B. Pseudo-Gefühle). Was ich nicht weiß (zumindest nicht ohne nachzusehen), ob Rosenberg auch darauf genauer eingeht... ich könnte es mir zumindest gut vorstellen. Weil Rosenberg ja sogar relativ streng unterscheidet, was Gefühl oder eine Bewertung ist, und was nicht. Vor eine beliebige Aussage ein "ich habe das Gefühl, dass du..." macht etwas noch lange nicht zum Gefühl. Vielmehr ist die dt. Sprache insoweit doppeldeutig, weil mit Gefühl einerseits wirklich ein Gefühl bzw. eine Emotion gemeint ist... andererseits aber die Aussage "ich habe das Gefühl, dass..." in dem Zusammenhang schlichtweg meint, dass ein Eindruck geäußert wird.... wenn er mit einem DU verknüpft ist ("dass DU"), dann eben ein Eindruck über eine andere Person (Du-Botschaft, ggf. indirekt). Von einer direkten Du-Botschaft unterscheidet sich eine indirekte bestenfalls dadurch, dass sich der Sprecher weniger angreifbar macht, weil er entgegnen kann: Ich hab' doch nur gesagt, es ist mein Gefühl. *lol*... aber selbst wenn ich direkt sage "Du bist blöd", so sehe ich nur einen schwachen Unterschied... denn auch hier schildert der Sprecher "nur" sein "Gefühl" (seinen Eindruck)... was sonst? Wohl nicht den Eindruck eines anderen... und logisch kommuniziert man, was man wahrnimmt, auch wenn man das nicht jedes mal explizit voranstellt. Nur mit GfK hat es nicht mehr viel zu tun, so dass ich das nicht in den Pott der gewaltfreien Kommunikation werfe. Wobei ich natürlich nicht jede Schilderung eines Eindrucks über eine andere Person bzw. mich selbst als gewaltvoll empfinde.... kommt drauf an, z.B. ob es unerwünscht ist, und man es trotzdem tut, oder nicht... ob's unterstellend ist oder nicht, etc. Ich komme jedenfalls nicht umhin, auch jemanden mal etwas zurückzumelden, was bei mir ankommt bzw. wie Person xy bei mir ankommt (und kann mithin nicht immer und überall nur von mir reden/bei mir bleiben... will ich vermutlich auch nicht). Aber ich versuche vorsichtig zu sein, denn leicht überschreitet man damit eine Grenze, wenn man etwas überstülpt, insbes. wenn es auch nicht gewünscht ist (wenn jemand nach Rat oder Einschätzung zu sich fragt, kann das anders sein). Und jo... wenn es die Du-Botschaft lediglich als Ich-Botschaft getarnt ist, um jemanden indirekt eines überzubraten bzw. sich unangreifbar zu machen, kann's auch manipulativ sein sein. Nur ist's in der Form keine GfK mehr... denn damit sagt der Sprecher ja auch nix über sich, sondern nur über den anderen. Das Vorschieben von "ich habe das Gefühl, dass du" macht dabei das Kraut nicht fett... sondern kann man sich eigentlich gleich ersparen. Denn logisch schildert man etwas auf Basis seiner Wahrnehmung, egal was man sagt und egal ob man dazu sagt, dass es ein Eindruck/"Gefühl"/Kopfsicht ist, dass xyz.
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stern
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Beitrag Mo., 04.04.2011, 15:22

Ja, richtig getippt... Rosenberg schreibt dazu auch etwas... vielleicht gibt es sogar mehr von ihm, ich nehme jetzt einfach mal die Stelle, die ich als erstes dazu gefunden habe. Rosenberg:

"In einem GFK-Workshop erzählte ein College-Student von einem Mitbewohner, der die Musik so laut aufdrehte, daß er nicht schlafen konnte. Auf die Frage nach seinen Gefühlen in der geschilderten Situation antwortete der Student: "Ich habe das Gefühl, dass es nicht in Ordnung ist, nachts so laut Musik zu hören." Ich wieß ihn darauf hin, daß, wenn er nach dem Wort "fühlen" das Wort "daß" sagt, er eine Meinung äußert, aber nicht sein Gefühle offenlegt. Auf die nochmalige Bitte, seine Gefühle auszudrücken, erwiderte er: "Ich habe das Gefühl, die Leute die sowas machen, haben eine Persönlichkeitsstörung." Ich erklärte ihm, dass auch dies eine Meinung statt einer Gefühlsäußerung sei. Er machte eine nachdenkliche Pause und sagte dann vehement: "Ich habe überhaupt keine Gefühle dazu!"

Dieser Student hatte offensichtlich starke Gefühle. Leider wusste er nicht, wie er sich seiner Gefühle bewusst werden, geschweige denn sie in Worte fassen konnte. Diese Schwierigkeit, Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, ist weit verbreitet..."

Ja, das und das ist das was ich bereits weiter oben meinte: Wenn man (situativ) keinen guten Zugang zu seinen Gefühlen hat, macht es kaum Sinn im Sinne der GFK kommunizieren zu wollen. Denn das kann dann hoch-unauthentisch wirken... und je nach dem, wie es formuliert wird dann gar manipulativ (also z.B. wenn vordergründiger Ärger nicht eingeräumt wird, sondern eine Floskel übergestülpt bzw. nachgeplappert wird, ohne den Ärger offenzulegen, während der Ärger doch durch alle Poren dringt... inbes. wenn das dann als "ich meine es ja nur gut mit dir" verkauft wird, während die Absicht eine ganz andere ist). Und logisch gehe ich davon aus, dass jemand sein Meinung äußert, auch wenn er dies nicht explizit dazu sagt... was sonst?

Auch zu möglichen Haken schreibt er kurz etwas (also Auffassen als Kritik beim Gegenüber bzw. wenn man eigene Gefühle und darauf aufbauende Wünsche nicht artikulieren kann, vermindert das die Wahrscheinlichkeit dass darauf eingegangen wird... bis dahin, dass die Aussage zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird). Geschildert anhand eines zweiten Bsp. (verkürzt wiedergegeben):

"... Als sie [eine Ehefrau] zustimmte, versuchte ich ihr aufzuzeigen, daß Äußerungen wie: "Ich fühle mich, als wäre ich mit einer Wand verheiratet" nicht dazu geeignet sind, ihrem Mann ihre Gefühle und Wünsche nahezubringen. Sie werden sogar höchstwahrscheinlich als Kritik gehört und nicht als Einladung, mit den Gefühlen in Kontakt zu kommen. Des weiteren führen solche Äußerungen zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Ein Eheman hört z.B. die Kritik, dass er sich wie eine Wand verhält; er ist verletzt und entmutigt und reagiert nicht; und so bestätigt sich das Bild seiner Frau von ihm als Wand."


Aber wie gesagt: Für meinen Teil ist das auch nur selektiv umsetzbar und perfekt bin ich weiß Gott auch nicht, also ich kommuniziere durchaus mitunter, wie man es eigentlich nicht sollte... einen wahren Kern hat es dennoch. Als manipulativ empfinde ich beide Aussagen in den obigen Beispielen nicht... aber sie haben haben einen DU-Bezug. Auch per se nix dagegen... aber wenn mir jemand sagen würde, "ich hab' das Gefühl, du hast Wahnvorstellungen" oä, so würde ich mit mir auch nicht unbedingt umgehen lassen, solche Unterstellungen gegen mich gelten zu lassen. Kommt halt drauf an, was gesagt/unterstellt wird und wie. Und nun ja, wer einen Wunsch direkt äußert, hat bei mir für gewöhnlich eine höhere Chance, dass ich gewillt bin, darauf einzugehen - anders wenn ich patzig etwas vor den Latz geknallt kriege. Kommt wie gesagt drauf an... evtl. auch auf die Nuancen (die sich z.B. auch über eine best. Tonlage ergeben können. Also selbst wenn ich GFK anwende, die Tonlage aber vielmehr Zynismus verrät, so hat das im Zweifel auch nicht mehr mit GFK und Authentizität zu tun). Und gerade bei Manipulationen sind die Nuancen fast entscheidend, denn der Empfänger soll ja gerade über die eigentlichen Motive im unklaren gelassen würde... und würde die Manipulation durchschaut werden, würde sie (aus Sicht des Sprechers) ihre Wirkung verlieren bzw. der Empfänger würde so nicht mit sich umgehen lassen. Also muss die Manipulation (aus Sicht des Sprechers) subtil getarnt sein. Und das indirekte macht es gerade schwer, das zu erkennen... wobei ich natürlich auch weiß Gott nicht jede indirekte Äußerung als manipulativ auffasse. Ich bin im RL eher relativ toleranter (außer das Maß ist irgendwann voll oder meine Stimmung ist eh gerade mies)... auch in dem Sinn, dass ich Rosenberg nicht so strikt auslege.
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hungryheart
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Beitrag Di., 05.04.2011, 08:13

stern hat geschrieben: "In einem GFK-Workshop erzählte ein College-Student von einem Mitbewohner, der die Musik so laut aufdrehte, daß er nicht schlafen konnte. Auf die Frage nach seinen Gefühlen in der geschilderten Situation antwortete der Student: "Ich habe das Gefühl, dass es nicht in Ordnung ist, nachts so laut Musik zu hören." Ich wieß ihn darauf hin, daß, wenn er nach dem Wort "fühlen" das Wort "daß" sagt, er eine Meinung äußert, aber nicht sein Gefühle offenlegt. Auf die nochmalige Bitte, seine Gefühle auszudrücken, erwiderte er: "Ich habe das Gefühl, die Leute die sowas machen, haben eine Persönlichkeitsstörung." Ich erklärte ihm, dass auch dies eine Meinung statt einer Gefühlsäußerung sei. Er machte eine nachdenkliche Pause und sagte dann vehement: "Ich habe überhaupt keine Gefühle dazu!"

Dieser Student hatte offensichtlich starke Gefühle. Leider wusste er nicht, wie er sich seiner Gefühle bewusst werden, geschweige denn sie in Worte fassen konnte. Diese Schwierigkeit, Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, ist weit verbreitet..."

Ja, das und das ist das was ich bereits weiter oben meinte: Wenn man (situativ) keinen guten Zugang zu seinen Gefühlen hat, macht es kaum Sinn im Sinne der GFK kommunizieren zu wollen.

suuupuer zitat, stern!!!!!!!!!



das führt auch wieder zum eigentlichen ausgangspunkt der diskussion aus dem anderen thread zurück.

genau darum geht es.

das problem ist halt, dass in vielen therapien leuten, die sich nicht gut spüren und die wenig bis gar keinen zugang zu ihren gefühlen haben, die werkzeuge der gfk an die hand gegeben werden.
dass das oft in die hose geht und -gar nicht mal bewusst oder bösartig- manipulativ benutzt wird, liegt ja auf der hand.
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Beitrag Di., 05.04.2011, 09:03

Ich empfinde das eigentlich auch als eine Form des Lernens. Für mich haben die Rosenberg und Empathiebücher eben auch dazu geführt, dass ich mich, wenn ich spüre unrund zu sein eben auch damit beschäftige, WAS mich eigentlich stört. Also nicht: "Mich stört ..." sondern mich selbst zu hinterfragen "Warum stört mich das usw..." Es ist ja nicht nur eine Anleitung zum Kommunizieren sondern eben auch zum selbst hinterfragen. Erst wenn du weisst, was dich selbst wirklich bewegt, kannst du es entsprechend auch kommunizieren.

Das mit dem holprig usw.. finde ich nicht so schlimm. Alles muss man erst mal üben. Es ist auch nichts anderes als eine Verhaltenstherapie, wo eben nach und nach das alte Verhalten durch das neue im Unterbewusstsein ersetzt wird. Warum mein Partner da so misstrauisch sein sollte, wenn ich wirklich gerade bemüht bin mein altes Verhalten zu ignorieren und aus Liebe zu ihm eben noch etwas holprig ein neues, besseres Verhalten das uns beide unterstützt, anzuwenden versuche weiss ich nicht.

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Beitrag Di., 05.04.2011, 09:29

hungryheart hat geschrieben:dass das oft in die hose geht und -gar nicht mal bewusst oder bösartig- manipulativ benutzt wird, liegt ja auf der hand.
Aber wie gesagt, wenn es manipulativ angewendet wird, ist es keine GFK mehr.Auch wenn es nicht böse oder unbewußt geschieht.

In der GFK wird ja sowieso davon ausgegangen dass jeder Mensch gut ist, dass hinter "bösen" Taten und Worten letztendlich immer ein gutes, unerfülltes Bedürfniss liegt.

Und deswegen ist es auch nicht schlimm, wenn es jemand manipulativ verwendet. Denn dass Gute an der GFK ist ja dass es einseitig verwendet werden kann, wenn wir selber gucken, welches Bedürfniss liegt jetzt hinter diesem manipulativen Verhalten und dass erkennen und respektieren und auch unser eigenes Bedürfniss natürlich nicht aus den Augen verlieren, dann funktioniert es.

GFK ist nicht nur eine Kommunikationsform sondern eine Lebensform.

Habt Ihr schon von den Giraffen und den Wölfen gehört ?

Die Giraffe überschaut ja alles mit ihrem langen Hals und sieht eben auch was hinter dem Wolfsgehabe wirklich liegt.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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