Bin ich freundschaftsunfähig? Oder ein schlechter Mensch?

[Farideh]

Hallo Wind of Change,

Du schreibst:

"Vereinzelung", meinst du damit dass "jeder alles allein macht, "jeder sein eigenes Süppchen kocht", oder Einsamkeit allgemein?

Mit „Vereinzelung“ meine ich eher den gesellschaftlichen Trend. Das es immer mehr Singlehaushalte gibt. Das sich die Nachbarn weniger kennen. Das weniger sich weniger direkt ausgetauscht wird.

Ja, natürlich ist ein Singlehaushalt nicht gleich mit Vereinzelung gleichzusetzen. Und es gibt wunderbare Nachbarschaften. Und der direkte Austausch ist zum Teil nicht möglich.

Mir sind in letzter Zeit zwei Dinge aufgefallen: die Leute wollen Verabredungen lieber nicht telefonisch treffen, sondern lieber per Email, WhatsApp oder so. Für mich persönlich ist das sehr zeitaufwendig und umständlich. Was mich selbst betrifft, so würde ich ein Gespräch wegen eines Termins für eine Verabredung, die ich telefonisch treffe, dieses Gespräch würde 37 Sekunden dauern. Oder auch mal 72 Sekunden.

Wenn ich deswegen schreibe, und dann die Antwort lese, und dann auf die Antwort reagiere, und dann die Antwort auf meine Reaktion lese – uns evtl. noch weiter – dann dauert das lange und die Terminmöglichkeit „zwei Tage später“ ist eventuell schon hinfällig geworden, weil über das Hin- und Herschreiben schon drei Tage vergangen sind. Und jetzt weiter gesucht wird.

Gut, ich bin nicht ständig online. Aber ich vermute, daß auch Menschen, die ihr Handy immer neben sich haben und die Töne so eingestellt haben, daß bei jeder eingehenden Nachricht ein Ton zu hören ist, daß auch diese Leute viel Zeit mit dem Hin- und Herschreiben brauchen.

Ich denke manchmal, daß dieses Schreiben auch so beliebt ist, weil es mehr Abstand bedeutet. Oder vielleicht auch, weil es gerade „in“ ist seine Termine schriftlich zu machen. Natürlich gibt es auch Gründe, wo sich das Hin- und Herschreiben anbietet. Meiner Meinung nach wird es etwas überstrapaziert.

Was die Nachbarschaft anbelangt, da gibt es auch Menschen, die nicht ins Treppenhaus gehen, wenn sie hören, daß irgendein Nachbar gerade im Treppenhaus ist.

Und es gibt eine wunderbare Möglichkeit für die verschiedensten Dinge sich mit Nachbarn auszutauschen bei „nebenan.de“. Das mache ich seit letztem Sommer und bin ganz begeistert über die vielen Möglichkeiten.

Schönen Tag
Farideh

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[Kaonashi]

Für mich ist es sehr unangenehm zu telefonieren. Deshalb bin ich froh, wenn das jemand respektiert und mir Mails schreibt. Das Schreiben einer Mail dauert bestimmt nur 36 Sekunden, und man muss nicht mehrmals probieren, weil gerade keiner das Telefon abnimmt.

Warum es mir unangenehm ist zu telefonieren, ist schwierig zu erklären. Ich komme damit überhaupt nicht klar, schon das Klingeln versetzt mich in Schrecken und Alarmbereitschaft, weil ich darauf sofort reagieren soll. Dass ich selber irgendwo anrufe, kommt nur im Notfall vor.

[mio]

Letztlich geht es in beiden Fällen um Kommunikation meiner Meinung nach.

Ich finde mails zB. auch weniger "aufdringlich" als Telefonate. Da hat mein Gegenüber ja die Möglichkeit zu entscheiden wann es was liest und so. Gerade in unseren "Handy-Zeiten" ist es ja nahezu schon fast eine Krankheit geworden, dass dauernd erwartet wird dass man erreichbar ist. Kein Wunder wenn da dann auch irgendwann "Widerstand" zurückkommt.

Mich hat zB. mal eine Kollegin angerufen und als ich nicht "automatisch" zurückgerufen habe (weil sie keine Nachricht hinterlassen hat auf der Mailbox und ich so auch nicht wissen konnte, was sie wollte und ob sich das nicht vielleicht zwischenzeitlich schon erledigt hat) hat sie mich voll angepisst, was mir einfallen würde.

Lattenschuss, meiner Meinung nach. Wenn sie was will dann muss sie das auch klar sagen. Tut sie das nicht ist sie einfach auch "selbst schuld" wenn ich mich dann nicht bei ihr zurückmelde.

Klare Kommunikation will halt auch gelernt sein. Egal auf welchem "Wege".

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