Vielen Dank für den erhellenden Artikel. Ich finde die neueren Erkenntnisse aus der Epigenetik sehr interessant, zumal ich ehrlich gesagt nie geglaubt habe, dass es so etwas wie ein genetisch festgeschriebenes "Programm" für psychische Erkrankungen gibt.
Der Grundgedanke, eine Erblichkeit anzunehmen, ist ja simpel. Die Oma hat Depressionen, die Mama hat Depressionen, der Onkel hat Depressionen und das Kind auch - also ist es genetisch bedingt... War mir aber immer irgendwie zu simpel. Schließlich kann das Phänomen auch dadurch erklärt werden, dass erstens für das Kind, das unter diesen Bedingungen aufwächst (z.B. depressive Eltern) die Entwicklungsbedingungen äußerst widrig sind, zweitens auch, dass es das Bewertungssystem seelischer Vorgänge und die Bewältigungsmechanismen seiner Eltern übernimmt, weil es den Bezugspersonen an anderen Modellen mangelt. Man weiß ja aus der Säuglingsforschung inzwischen, dass die - nicht zwangsläufig selbstverschuldete - Inkompetenz der Eltern für ein Kind massiven Stress bedeutet und dass die dauernde Cortisolausschüttung, die mit diesem Stress verbunden ist, Depressionen begünstigt. Wenn so etwas schon im Mutterleib beginnt und das Kind sich nicht entziehen kann, wirkt es nach außen natürlich so, als sei es schon mit der Veranlagung für eine Depression auf die Welt gekommen.
Ebenso finde ich die Annahme verführerisch einfach, psychische Erkrankungen seien allein auf einen gestörten Gehirnstoffwechsel zurückzuführen. Ich glaube, da verwechselt man Ursache und Symptom.
Wenn es Aufgabe der menschlichen Entwicklung ist, sich bestmöglich an die Umstände anzupassen, dann ist es doch eigentlich nur grundlogisch, dass das auch mit der Psyche so ist und dass sich das Gehirn den Umständen anpasst, die es vorfindet. Ich finde es auch vermessen zu glauben, dass seelische Vorgänge keine Auswirkungen auf unsere Physis haben sollten. Heute weiß man ja, dass unter bestimmten Umständen Teile von Genen aktiviert werden und dass dies dann auch einen Effekt hat auf unsere Physiologie. Aber ich finde es bemerkenswert, wie wenig den Lebensbedingungen in der jüngeren Vergangenheit Beachtung geschenkt wurde - für mich eine ganz typische Fehlhaltung, die aus unserer gedanklichen Trennung von Körper, Geist und Seele entstanden ist. Dann liegt es natürlich nah zu glauben, man brauche die fehlenden Botenstoffe nur künstlich zuzuführen, und alles sei prima. Ich denke, nur wenn man alles zusammen betrachtet, wird man schlauer.
Ich glaube an die Möglichkeit, die zerstörerischen eingeschliffenen Bahnen auch physisch durch Einflussnahme auf die Psyche wieder verändern zu können. Es ist doch eigentlich eine Beobachtung, die jeder im Alltag machen kann: Seelische Empfindungen wirken sich auf den Körper aus. Wenn ich mich ärgere, fängt mein Herz an zu rasen, mir steigt das Blut ins Gesicht. Wenn ich gestresst bin, dann verspannen sich meine Muskeln, ich bekomme Kopfschmerzen, beiße die Zähne aufeinander. Wenn ich traurig bin, schießen mir die Tränen in die Augen.
Früher war es schon fast ein Affront, wenn jemand beim Arzt gesagt bekam, seine Symptome seien psychisch bedingt - es wirkte ein bisschen wie die Unterstellung, man bilde sich das alles nur ein. So wurde das bei uns in der Familie auch immer bewertet, oft fiel der herablassende Satz "Die denkt sich da wieder was aus!" Alles bloß, weil man sich so lange an die Vorstellung geklammert hat, dass körperliche Probleme auch nur körperliche Ursachen haben, und wenn man letztere nicht findet, simuliert der Patient. Irgendwann kam dann noch der (für die Pharmaindustrie sehr praktische) Gedanke dazu, auch seelische Probleme hätten ausschließlich körperliche Ursachen. Ich bin echt froh, dass da ganz allmählich ein Umdenken stattfindet und man den Menschen ganzheitlicher betrachtet.
Die Füchsin
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Offengestanden verstehe ich die ganze Aufregung nicht.
Kein seriöser Forscher würde jemals behaupten, dass die Ursache einer psychischen Erkrankung allein in der genetischen Disposition zu suchen ist. Im Gegenteil ist sich die Forschung weitesgehend einig, dass die Ursachen für psychische Störungen sehr komplex sind. Beispiel Sucht: Zwar spielen genetische Faktoren für die Entstehung einer Sucht eine wesentliche Rolle, es müssen aber andere (Umwelt-) Einflüsse hinzukommen, um u.U. eine Sucht bei den Betroffenen auszulösen. Die genetische Disposition alleine reicht also nicht aus. Außerdem bietet das Wissen um eine genetische Vorbelastung auch einen Schutz, selbst nicht zu Rauschmiteln zu greifen, um der Gefahr einer Suchtentwicklung von vornerein auszuweichen. Hier liegt eine große Chance, die der genforschung zu verdanken ist.
Darüberhinaus spielen auch neurologische Veränderungen im Gehirn eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen.
Psychische Erkrankungen sind also nie einseitig erklärbar, weshalb eine psychische Ursache als Erklärung genausowenig ausreicht, wie eine genetische. Vielmehr sollten die Ursachen immer in einem Mix aus genetischer, neurologischer und psychologischer Disposition gesucht werden.
Kein seriöser Forscher würde jemals behaupten, dass die Ursache einer psychischen Erkrankung allein in der genetischen Disposition zu suchen ist. Im Gegenteil ist sich die Forschung weitesgehend einig, dass die Ursachen für psychische Störungen sehr komplex sind. Beispiel Sucht: Zwar spielen genetische Faktoren für die Entstehung einer Sucht eine wesentliche Rolle, es müssen aber andere (Umwelt-) Einflüsse hinzukommen, um u.U. eine Sucht bei den Betroffenen auszulösen. Die genetische Disposition alleine reicht also nicht aus. Außerdem bietet das Wissen um eine genetische Vorbelastung auch einen Schutz, selbst nicht zu Rauschmiteln zu greifen, um der Gefahr einer Suchtentwicklung von vornerein auszuweichen. Hier liegt eine große Chance, die der genforschung zu verdanken ist.
Darüberhinaus spielen auch neurologische Veränderungen im Gehirn eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen.
Psychische Erkrankungen sind also nie einseitig erklärbar, weshalb eine psychische Ursache als Erklärung genausowenig ausreicht, wie eine genetische. Vielmehr sollten die Ursachen immer in einem Mix aus genetischer, neurologischer und psychologischer Disposition gesucht werden.
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