mio hat geschrieben:Möbius hat geschrieben:Hilfe zu brauchen ist eine narzistische Kränkung, die zu reaktiven Aggressionen gegenüber dem Helfenden führt. Das Honorar jedoch, daß der Helfer vom Hilfesuchenden bekommt, gleicht diese narzistische Kränkung wieder aus
Ich sehe darin nicht per se eine narzisstische Kränkung. Jeder Mensch braucht ab und an Hilfe. Und jeder Mensch ist selbst ab und an anderen gegenüber hilfreich. Abgesehen davon kann ich für eine Krankheit nichts, weshalb sie mich auch nicht automatisch "kränkt". Oder findest Du es kränkend wenn Dich das fiese Grippevirusmöpp erwischt hat und Du zu Deinem Hausarzt gehst? Wohl kaum.
(...)
Die Kränkung wird m.E. normalerweise nicht bewußt als solche wahrgenommen. Sie beruht vielleicht auf einem Schuldgefühl, für das man kein Bußritual zur Verfügung hat - wie eben die Honorarzahlung. Das Bewußtsein auf abstraktem Wege das Honorar durch Versicherungsbeiträge mitzufinanzieren, reicht da nicht aus. Weil diese Beiträge beständig und ohne konkreten Bezug zur konkreten Hilfeleistung gezahlt werden.
Früher war alles besser ! Da hat man die Rechnung des Therapeuten selbst bezahlt und von der Kasse erstattet bekommen. Bei meiner allerersten Therapie 87-91 war das jedenfalls so. Die Rechnungen des Therapeuten waren auch immer mit so großzügigen Zahlungszielen versehen, daß die Erstattung von der Kasse stets vor der Fälligkeit hereinkam - das war also auch für "klamme" Patienten kein Problem. Selbstverständlich brauchte man zuvor die Genehmigung der Kasse. Wie das damals gelaufen ist, weiß ich leider nicht mehr ...
Die narzistische Kränkung hat auch nichts mit Krankheit im medizinischen oder psychopathologischen Sinne zu tun, sondern einfach nur mit der Hilfsbedürftigkeit. Als Anwalt jedenfalls habe ich dieses "Syndrom" regelmässig erlebt. Frei davon waren nur die professionellen Mandatsbeziehungen. Vielleicht erleben Therapeuten das anders. Als Anwalt bin ich meinen Mandanten in der ländlichen Kleinstadt sehr oft wieder "in Gesellschaft" begegnet - das war unvermeidlich gewesen. Die Aggression dieser meiner Mandanten war für mich jedoch deutlich spürbar gewesen. Und bei meinen Kollegen war es auch nicht anders - es hing also nicht an meiner "Anwaltspersönlichkeit" oder so.
Einige Privatmandanten haben mir nach gutem Abschluß ihrer Angelegenheiten so ein kleines Anstandsgeschenk gemacht: ein Buch, einen Staubfänger für die nichtvorhandene Schrankwand, ein Blumenstrauss, eine Flasche Wein oder Schnaps ... mit denen lief es danach meist entspannter. Die konnten sich mit dieser kleinen "Ehrengabe" vom ihrem Schuldgefühl befreien.