Freundin verstorben - erst jetzt begreife ich die Endgültigkeit.

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Miss_Antroph
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Freundin verstorben - erst jetzt begreife ich die Endgültigkeit.

Beitrag Di., 05.12.2017, 11:32

Hallo zusammen,

Ende September ist meine beste Freundin nach 3jährigem Kampf im Alter von 39 an Krebs verstorben. Wir haben immer gehofft und waren sicher, dass es gut ausgeht. Sie war so groß. Voller Zuversicht. Hat sich nie beschwert und die Dinge so angenommen wie sie sind. Als klar war, dass der Kampf verloren ist und sie auf die Palliativstation verlegt wurde, konnte ich nicht so oft da sein wie ich wollte. Wir wohnen in weit entfernt Städten. 2 Tage bevor sie eingeschlafen ist, konnte ich den ganzen Tag noch an ihrem Bett verbringen. Sie hat es nicht mehr mitbekommen. Sie lag ruhig und friedlich da, das hat mir irgendwie die Angst genommen.

Die ersten Tage nach der Beerdigung ging alles gewohnt weiter. Ich konnte es beiseite schieben. Sogar lachen. Nur das schlafen war von Anfang an ein Problem.

Jetzt sehe ich sie überall, weil mich alles an sie erinnert. Höre sie in jedem Lied. Sie fehlt mir so. Und ich bin so traurig, dass sie nicht leben durfte. Das wollte sie sehr.

Das was mir anfangs Ruhe gab, nämlich an ihrem Bett zu sitzen, und sehen, dass sie ganz friedlich ist, trotz der Beatmungsmaschine und der ganzen Schläuche, hat sich komplett gewandelt. Ich muss immer daran denken, wie hilflos sie war. Und auch Ihr von Medikamenten gezeichnetes Gesicht.

Wie seid Ihr mit dem Verlust umgegangen? Kann ich irgendwas tun, dass sie mir nicht mehr so fehlt?

Dankeschön vorab.

Miss
Du bist zu schnell gelaufen für dein Glück. Nun, da du müde wirst und langsam gehst, holt es dich ein.

Friedrich Nietzsche
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Nico
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Beitrag Di., 05.12.2017, 12:20

Miss_Antroph hat geschrieben: Di., 05.12.2017, 11:32 Jetzt sehe ich sie überall, weil mich alles an sie erinnert. Höre sie in jedem Lied. Sie fehlt mir so.

Miss
Das ist doch ein schönes Zeichen dass sie irgendwie ja noch bei dir ist.
Kämpfe doch nicht dagegen an, sondern erlebe es bewußt.
Weißt du, Hilflosigkeit muß nicht unbedingt negativ besetzt sein, man könnte es ja auch so deuten dass sie ihren Frieden gefunden hat und bereit war zu gehen.

Mein Vater ( ja er war natürlich viel älter) hat auch sehr lange voll Optimismus gegen den Krebs gekämpft, aber am Ende war er ausgelaugt und war bereit zu gehen. Er starb ( ich war bei ihm) auch völlig ruhig, ich hatte nicht den Eindruck dass Hilflosigkeit im Vordergrund stand sondern Einverständnis.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Miss_Antroph
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Beitrag Di., 05.12.2017, 13:25

Nico, vielen Dank für Deine Antwort.
Weißt du, Hilflosigkeit muß nicht unbedingt negativ besetzt sein, man könnte es ja auch so deuten dass sie ihren Frieden gefunden hat und bereit war zu gehen.[
Das ist eine schöne Sicht der Dinge. Und während ich an ihrem Bett saß, habe ich es genau so empfunden. Nur jetzt im nachhinein suchen mich Geister heim. Vielleicht ist es aber auch einfach die Konfrontation mit dem Tod als solches. Ich weiß es nicht.

Mein Vater ( ja er war natürlich viel älter) hat auch sehr lange voll Optimismus gegen den Krebs gekämpft, aber am Ende war er ausgelaugt und war bereit zu gehen. Er starb ( ich war bei ihm) auch völlig ruhig, ich hatte nicht den Eindruck dass Hilflosigkeit im Vordergrund stand sondern Einverständnis.
Krebs ist so ein abgef***tes, Arschloch. Es tut mir leid, dass Du Deinen Vater auch an ihn verloren hast. Hast Du Dich im Anschluss viel mit der Endlichkeit beschäftigt? Ich will nicht sagen, dass ich jetzt mehr Angst vor dem Tod habe, aber ich Angst vor dem Weg dahin.

Und ich kann es drehen und wenden wie ich es will. Sie fehlt mir. Ich kann sie nie wieder anrufen. Nie wieder ihre Stimme hören. Nie wieder mit lachen. Das überfordert mich gerade haltlos.

Danke nochmal.

Miss
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Nico
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Beitrag Di., 05.12.2017, 14:29

Ich hab mich davor schon viel damit beschäftigt und tue es weiterhin.
Ich hätte meinen Vater sehr sehr gerne noch einige Jahre da gehabt, aber seine Zeit war abgelaufen und das ist zu akzeptieren.
Krebs oder was auch immer ( Krankheit, Unfall, Gewalt etc.) ist nur das äußerliche Zeichen dafür das die Zeit abgelaufen ist.
Du warst deiner Freundin doch sehr nah und weißt daher bestimmt wie sie über deine Fragen denken würde.
Frage dich einfach wie sie darüber gedacht hätte und du hast ihre Antwort.
Solange wir an Menschen die gestorben sind denken sind sie nur körperlich fort und der Körper ist nur eine Hülle die sich einmal früher einmal später verbraucht.

Lache wenn du an sie denkst, dann lachst du mit ihr.
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Miss_Antroph
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Beitrag Mi., 06.12.2017, 14:10

Danke, Nico.
Ich denke ständig an sie. Und wenn wir etwas besonders gut konnten - dann lachen.
Das soll auch so bleiben.
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Eremit
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Beitrag Mi., 06.12.2017, 15:52

Miss_Antroph hat geschrieben:Wie seid Ihr mit dem Verlust umgegangen? Kann ich irgendwas tun, dass sie mir nicht mehr so fehlt?
Du meinst wohl eher, was Du tun kannst, um den Schmerz besser aushalten zu können, statt tatsächlich dafür zu sorgen, dass sie Dir nicht mehr fehlt, oder? Das würde ja darauf hinauslaufen, dass Du sie vollkommen vergisst oder entwertest oder erinnerungstechnisch verzerrst. Ich brauche wohl nicht betonen, wie abstrus es wäre, das Problem des Verlustschmerzes auf diese Art zu lösen.

Mit Krebs habe ich (noch) keine Erfahrung, bis jetzt sind die Menschen in meinem Umfeld immer an anderen Dingen gestorben: Schlaganfälle, Herzinfarkte, Unfälle, Suizid, Mord/Totschlag, Überdosen, solche Dinge. Meine beiden besten Freunde habe ich durch Totschlag und Suizid verloren.

Ich denke, es kommt immer darauf an, welche Sicht man auf die Themen Leben und Tod hat, was man sich darunter vorstellt. Ich habe mich öfters damit beschäftigt, was eigentlich Leben und Sein ist, was eine Person ausmacht. Das beginnt mit mir selbst, der Frage, wer und wie und ob ich bin. Jedes Mal, wenn ich nach dem Schlaf aufwache, erinnere ich mich an mich, das verleiht mir (gelebtes) Leben, Sein. Genauso erinnere ich mich an Andere, wodurch auch diese leben/lebten, sind/waren. Theoretisch könnte ich auch jederzeit als völlig neuer Mensch aufwachen ohne Erinnerung an mich oder Andere. Am Ende bleibt die Schlußfolgerung, dass Erinnerungen Sein, Leben verleihen. So bescheuert das auch klingen mag, wenn man es so sieht, leben, existieren Menschen in gewisser Weise, so lange man sich an sie erinnert. Ist schwer auszudrücken, was ich meine, ich hoffe, Du verstehst, worauf ich hinauswill. Statt also dafür zu sorgen, dass man sich an Menschen, die man verloren hat, überhaupt nicht mehr oder falsch erinnert, damit der Schmerz erträglicher wird, sollte man sich stattdessen an sie richtig erinnern und trauern. Nach einiger Zeit rücken die Umstände des Todes beiseite und anderes tritt in den Vordergrund, nämlich das Wesen des Verstorbenen, das man bis zu einem gewissen Grad "absorbiert" hat. Vielleicht ist das alles auch Blödsinn, mir hat das zumindest bis jetzt geholfen, Verstorbene nicht auf ihren Tod zu reduzieren. Geht natürlich erst, wenn man ausgetrauert hat, bis dahin sollte man sich die Zeit lassen, die man zum Trauern braucht.

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 06.12.2017, 16:17

was du aber durchaus machen kannst ist mit ihr sprechen und schreiben und dir vorstellen wie sie mit dir lachen würde. Man kann briefe schreiben und sie im See wegtragen lassen, man kann sich luftballons holen und die Briefe in den Himmel schicken usw. Eine Kommunikation ist durchaus noch möglich. sie hilft auch beim verarbeiten.
..:..

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Miss_Antroph
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Beitrag Di., 19.12.2017, 13:41

Hallo Eremit,
Du meinst wohl eher, was Du tun kannst, um den Schmerz besser aushalten zu können, statt tatsächlich dafür zu sorgen, dass sie Dir nicht mehr fehlt, oder? Das würde ja darauf hinauslaufen, dass Du sie vollkommen vergisst oder entwertest oder erinnerungstechnisch verzerrst. Ich brauche wohl nicht betonen, wie abstrus es wäre, das Problem des Verlustschmerzes auf diese Art zu lösen.
Um Gottes Willen. Nein. Ich will sie nicht auslöschen. Ich möchte es nur in den Griff bekommen, nicht mehr ständig in Tränen auszubrechen beim Gedanken an Sie. Sondern lachen kann über unsere schönen Erinnerungen.


Mit Krebs habe ich (noch) keine Erfahrung, bis jetzt sind die Menschen in meinem Umfeld immer an anderen Dingen gestorben: Schlaganfälle, Herzinfarkte, Unfälle, Suizid, Mord/Totschlag, Überdosen, solche Dinge. Meine beiden besten Freunde habe ich durch Totschlag und Suizid verloren.
Das ist ja schrecklich, Eremit. Das tut mir aufrichtig leid. Der Verlust allein ist schon unfassbar, das "wie" macht es hier noch unfassbarer.
Am Ende bleibt die Schlußfolgerung, dass Erinnerungen Sein, Leben verleihen. So bescheuert das auch klingen mag, wenn man es so sieht, leben, existieren Menschen in gewisser Weise, so lange man sich an sie erinnert. Ist schwer auszudrücken, was ich meine, ich hoffe, Du verstehst, worauf ich hinauswill. Statt also dafür zu sorgen, dass man sich an Menschen, die man verloren hat, überhaupt nicht mehr oder falsch erinnert, damit der Schmerz erträglicher wird, sollte man sich stattdessen an sie richtig erinnern und trauern. Nach einiger Zeit rücken die Umstände des Todes beiseite und anderes tritt in den Vordergrund, nämlich das Wesen des Verstorbenen, das man bis zu einem gewissen Grad "absorbiert" hat. Vielleicht ist das alles auch Blödsinn, mir hat das zumindest bis jetzt geholfen, Verstorbene nicht auf ihren Tod zu reduzieren. Geht natürlich erst, wenn man ausgetrauert hat, bis dahin sollte man sich die Zeit lassen, die man zum Trauern braucht.
Ich verstehe was Du sagen willst. Und da wird etwas dran sein. Das glaube ich auch. Ich muss nur erst mal die Bilder von ihren letzten Tag aus meinem Kopf bekommen.

Dankeschön für Eure Gedanken und Hilfe.

Miss
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alatan
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Beitrag Di., 19.12.2017, 15:23

Miss_Antroph hat geschrieben: Di., 19.12.2017, 13:41 Ich möchte es nur in den Griff bekommen, nicht mehr ständig in Tränen auszubrechen beim Gedanken an Sie.
Warum möchtest du das in den Griff bekommen, das gliche ja einer Selbstvergewaltigung? Deine Aufgabe ist es zu trauern. Weil das normal und gesund ist, wenn auch schmerzhaft. Und das für lange Zeit - über ein, zwei, drei Jahre. Die Tränen widersprechen ja nicht Momenten, in den du lachen kannst über gemeinsam Erlebtes.

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candle.
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Beitrag Di., 19.12.2017, 15:31

Miss_Antroph hat geschrieben: Di., 19.12.2017, 13:41 Ich möchte es nur in den Griff bekommen, nicht mehr ständig in Tränen auszubrechen beim Gedanken an Sie.
Mir ist auch eine Freundin im Sommer verstorben und weine auch noch ab und an, wenn ich mich an sie erinnere. Das braucht eben seine Zeit und wird langsam anders.

Lieben Gruß!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

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Nico
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Beitrag Di., 19.12.2017, 15:35

Im Grunde genommen ist es völlig egal ob du in Tränen ausbrichst, lachst oder ein Gefühl der inneren Wärme spürst wenn du an sie denkst.
Das alles ist ein Zeichen dafür dass nur ihr Körper verschwunden ist, sie aber sehr wohl noch präsent ist.
Lasse doch alles zu, du wirst sehen langsam wird das Lachen oder Lächeln mehr und das Weinen weniger werden bis nur mehr ein warmes Inneres Gefühl übrig bleibt.
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Miss_Antroph
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Beitrag Di., 19.12.2017, 15:37

Ich danke Euch sehr. Nico. Candle. Eremit. Alatan.

Mir war einfach nicht klar, dass diese Unendlichkeit so umhaut.
Ich hatte angenommen, man kann sich darauf vorbereiten. Kann man nicht. Das weiß ich jetzt.
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Friedrich Nietzsche
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Möbius
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Beitrag Mi., 20.12.2017, 12:01

Hallo Miss Antroph !

Vorab möchte ich mich dafür entschuldigen, Dir recht trocken zu schreiben, wenig "mitfühlen" zu können mit Dir - aber ich glaube trotzdem, Dir einen Weg aufzeigen zu können, den Du vielleicht gehen kannst.

Es klingt banal: Du müsstest trauern - "richtig" trauern, "Trauerarbeit" leisten. Dieser Begriff ist von Sigmund Freud geprägt worden, meinem großen Guru. "Über Trauer und Melancholie" ist eines seiner bekannteren Werke. Primär geht es dabei nicht um die Trauer um Verstorbene, sondern um die "Melancholie", die zu Freuds Lebzeiten eine "Diagnose" gewesen war, die sich m.E. mit der heutigen "Depression" weitgehend deckt. Freud vergleicht den Melancholiker/Depressiven mit dem um einen Verstorbenen Trauernden und entdeckt dabei überraschende Parallelen. Stark vereinfacht gesagt: der Depressive ist ein Mensch, der permanent in Trauer gefallen ist, aus der er sich nicht lösen kann, weil er zur Trauerarbeit unfähig ist. Denn er weiß garnicht, was er verloren hat, "betrauern soll" - weil der Verlust selbst verdrängt ist.

Das Prinzip der Trauerarbeit ist - nach Freud - recht einfach, aber ich muß ein klein wenig ausholen in seine Libidotheorie:

Die ursprünglich sexuelle Libido wird von Freud auch als die "Liebeskraft" angesehen, aus der alle emotionale Zuwendung und Bindung erwächst und ihre Kraft bezieht. "Liebesobjekt" im Sinne der Libidotheorie kann also nicht nur ein Sexualpartner sein, sondern auch zB der Beruf, der Arbeitsplatz, ein Hobby, eine Sache (Haus, Wohnung, Autos, Motorräder ...), Tiere und Pflanzen, Fußballvereine, Stars, Promis, politische Parteien aber auch Abstrakta wie Religionen, Ideologieen, "die Menschheit schlechthin", die Schöpfung, Gott ... und natürlich auch: eine liebe gute Freundin, bei der es zu einer "Objektbesetzung der Libido" gekommen ist. Diese Objektbesetzung kann von der Libido aufgegeben werden - sie zieht sich zurück. Sie kann aber auch durch das Objekt "gewaltsam" aufgetrennt werden, weil das Liebesobjekt sich entzieht - etwa, wenn der Partner "Schluß macht" - oder eben in dem Fall, daß es physisch verschwindet: stirbt. In all diesen Fällen "hängt die Objektbesetzung" in der Luft und genau dies verursacht jene Melancholie, Depression, "Trauer".

Die Trauerarbeit nun besteht darin, jede einzelne Position dieser aufgelösten Objektbesetzung nocheinmal durchzugehen und sie genau dadurch abzulösen, einen Rückzug der Libido von diesem - ehemaligen - Objekt zu bewirken. Das Geheimnis der Erlösung ist also auch hier: die Erinnerung, die nicht von ungefähr im Zentrum aller religiöser Trauerrituale steht.

Du müsstest Dich also intensiv und bewußt daran erinnern, was Deine Freundin für Dich gewesen war, was sie Dir bedeutet hat. Das kann man zB durch Briefe tun, die man an sie schreibt. Man kann einen kleinen Hausaltar für sie einrichten, auf dem man diese Briefe niederlegt. Man kann ein Trauerbuch schreiben, in dem Briefe und Gedichte, Fotos, Zeichnungen, Bilder ihren Platz finden können - und für diese "Trauerarbeit" bestimmte, feste Tageszeiten reservieren, anfangs vielleicht täglich, später in größeren Abständen ... aber das sollen hier nur Beispiele sein, Deinen Weg zu Deiner eigenen Trauerarbeit mußt Du selbst finden.

Durch diese Trauerarbeit wird Deine Freundin dann keineswegs ausgelöscht in Dir, im Gegenteil: sie wird zu einer Erinnerung, die Dir ein "guter Geist" sein kann, Deine lebenslange freundliche Begleiterin sein kann, die Dich nicht mehr schmerzt, sondern Dir hilft, das Leben auch ohne sie in Freude weiterzugehen.

Gruß
Möbius


Widow
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Beitrag Mi., 20.12.2017, 14:37

Auf einer Tagung von Psychoanalytikern zum Thema "Trauer", die ich im Sommer diesen Jahres besuchte, sagte einer von denen in einer Diskussion zu den Ausführungen eines Kollegen, der Freuds "Trauerarbeit" erläutert hatte, dass das doch aber leider ein schrecklich technizistisches Denken sei. Trauer sei doch nicht wie Butter und werde, wenn man genug getrauert bzw. getrauerarbeitet hätte, ranzig ...
In der Diskussion überwog dann die Ansicht, dass Trauer (um Tote) - entgegen Freuds Triebökonomie - oft nie aufhöre. Und dass sie eins der schmerzlichsten Gefühle überhaupt sei.

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Miss_Antroph
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Beitrag Mi., 20.12.2017, 15:17

Hallo Möbius,

vielen Dank für Deine Nachricht und Deine Gedanken dazu. Du hast recht. Es klingt sehr unemotional und sachlich. Aber nach dem Lesen des Textes verstehe ich, worauf Du hinaus willst. Im ersten Moment erscheinen mir solche ritualisierten Abläufe eher befremdlich.
Du müsstest Dich also intensiv und bewußt daran erinnern, was Deine Freundin für Dich gewesen war, was sie Dir bedeutet hat. Das kann man zB durch Briefe tun, die man an sie schreibt. Man kann einen kleinen Hausaltar für sie einrichten, auf dem man diese Briefe niederlegt. Man kann ein Trauerbuch schreiben, in dem Briefe und Gedichte, Fotos, Zeichnungen, Bilder ihren Platz finden können - und für diese "Trauerarbeit" bestimmte, feste Tageszeiten reservieren, anfangs vielleicht täglich, später in größeren Abständen ... aber das sollen hier nur Beispiele sein, Deinen Weg zu Deiner eigenen Trauerarbeit mußt Du selbst finden.
Also feste Zeiten einplanen. Weil ich denke, dass ja immer Auslöser für den Gedanken an sie gibt. Ein Geruch. Ein Lied. Ein Wort. ABER ich bin dafür offen und will es gern für einige Zeit ausprobieren ihr feste Tageszeiten einzuplanen in der ich mich bewusst an uns erinnere. Ich schaue, was es mit mir macht.

Ich danke Dir.

Miss
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