Kämpfen?

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Kämpfen?

Beitrag Do., 27.04.2017, 16:59

Kämpfen?
Ein paar Gedanken, die mich derzeit umtreiben, vielleicht mögt ihr eure Sichtweise dazu schreiben.

Was heißt „kämpfen“ eigentlich bei Krankheit? Muss man das?
Immer wieder höre ich: „du wirst das schon schaffen, du bist ein Kämpfer“
Klar, soll mir Mut machen.
Oder ich lese in Todesanzeigen sowas wie: „nach langer schwerer Krankheit wurde der Kampf verloren…“

Heißt kämpfen, dass man ja alles unternimmt was möglich ist, jetzt, sofort, ja keine Zeit vergeuden, auch wenn´s schwer fällt, es Kollateralschäden gibt? Heißt das dann nicht auch, laufend damit beschäftigt zu sein, solange keine Heilung eintritt, 24/7?
Und was ist, wenn Heilung eh nicht möglich ist? Das Ziel eher heißt, eine möglichst lange gute Zeit zu erzielen? Muss man dafür kämpfen?

Da ich laufend immer irgendwie von außen mit „Kämpfen“ konfrontiert werde, verunsichert es mich inzwischen eher als dass es mir Mut macht. Heißt `nicht zu kämpfen` aufgeben/resignieren? So nach dem Motto Kopf in den Sand? Darf man überhaupt „nicht kämpfen“?
Irgendwie kommt bei mir durch dieses viele von außen herangetragen „Kämpfen“ an, dass man kämpfen muss. Und wehe, man tut es nicht, dann ist man ja selber schuld, wenn der Krebs gewinnt.

Ich trau mich ja schon gar nicht zu sagen, dass ich auch mal nicht kämpfen will…
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Werbung


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Do., 27.04.2017, 17:54

Hallo Wandelröschen
Und was ist, wenn Heilung eh nicht möglich ist? Das Ziel eher heißt, eine möglichst lange gute Zeit zu erzielen? Muss man dafür kämpfen?
Tut mir Leid, was Du durchmachen musst. Natürlich wünsche auch ich Dir, dass Du weiter kämpfst und den Kampf gewinnst, ... Aber ich weiß auch, dass sich das als Außenstehender leicht sagen lässt und neige heute dazu (wenn klar ist, dass es keine Heilungschancen gibt) zu sagen "genieß die Zeit, die das Leben Dir schenkt, anstatt zu kämpfen, die Zeit in Kliniken zu verbringen, unter den Nebenwirkungen der Chemo zu leiden, ...".

Ich habe die Diskussion "Kämpfen oder nicht" oft mit meiner Lebensgefährtin geführt. Als wir uns kennenlernten sagte sie "wenn ich mal Krebs kriegen sollte, dann werde ich nicht kämpfen". Sie muss es gespürt haben, denn zu dieser Zeit hatte sie längst Krebs ohne es zu wissen. Natürlich hat mich ihre Einstellung geschockt und ich versuchte sie davon zu überzeugen, doch zu kämpfen. Als sie schließlich die Krebsdiagnose erhielt, begriff ich, dass mein Wunsch, dass sie kämpfen soll, egoistisch motiviert ist. Natürlich hatte ich die Hoffnung, dass sich ihr Kampf lohnen würde und ich noch viele Jahre mit ihr verbringen kann, Aber ich übersah, welches Leid das Kämpfen für sie mit sich bringt. Kämpfen bringt nicht nur hoffnung mit sich, sondern auch Leid. Das begriff ich erst mit der Zeit, als ich miterleben musste, wie sehr sie leidet. Nicht nur unter ihrer Krebserkrankung, auch unter der Behandlung. Trotz ihrer ursprünglichen Einstellung, sich nicht behandeln zu lassen, ließ sie sich behandeln, ließ sich die Hälfte ihrer Zunge entfernen, unterzog sich mehren Chemos, ... Als der Krebs wieder kehrte verweigerte sie weitere Behandlungen. Ich konnte sie verstehen und akzeptierte ihre Entscheidung. Alles andere wäre egoistisch gewesen. Denn sie war diejenige, die erkrankt war, um ihren Körper, um ihr Leben ging es. Sie hatte das Recht zu sagen, was mit ihr, ihrem Körper und ihr Leben geschehen soll. Ihre letzten Tage verbrachte sie nicht in der Klinik, sondern zu Hause.
Ich habe mich sehr gefreut, dass sie noch einmal die ersten Frühlingstage erleben durfte, noch ein letztes Mal die Vögel singen hören konnte, ... dass das Wetter ihr das zum Abschied schenkte, was sie zeitebens geliebt hat, nämlich die Natur. Das hätte sie nicht mehr erleben können, wenn sie sich zum aussichtslosen Weiterkämpfen entschieden hätte und die letzten Tage im Krankenhaus verbracht hätte.
Meine Lebensgefährtin hat auf sich selbst gehört, hat gekämpft, als sie kämpfen wollte und losgelassen, als sie loslassen wollte. Das wünsche ich auch Dir, dass Du das machst, womit es Dir am besten geht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Krümmelmonster
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 47
Beiträge: 569

Beitrag Do., 27.04.2017, 18:05

Hallo Wandelröschen,
alles Gute weiterhin.
Hallo Jenny Doe, vielen lieben Dank! Für den lieben, schönen, traurigen Text, war für mich sehr Hilfreich.

Benutzeravatar

Fundevogel
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 50
Beiträge: 1299

Beitrag Do., 27.04.2017, 18:28

Hallo Wandelröschen,

wichtige und gewichtige Fragen, die du da stellst. Ich trau mich mal und melde mich zu Wort mit ein paar Gedanken zum Thema, auch wenn ich selbst gerade nicht von schwerer Krankheit betroffen bin.

Also erstmal ist Kämpfen unglaublich anstrengend bzw. das Wort klingt schon so ... Manchmal geht es vielleicht nicht um das Kämpfen gegen eine Krankheit - wie soll das auch gehen? - sondern vielleicht eher um ein Leben-Wollen, grundsätzlich. Also bei mir war das jedenfalls so als ich mal selbst krank war.

Ich glaube auch, dass man nicht immer Kämpfen kann im Sinne von Energie darauf verwenden.
Wie du sagst, manchmal ist man einfach müde und krank und will nur Ruhe. Und Körper und Seele brauchen doch auch Ruhezeiten, um zu heilen. Ich glaube, das ist eher das Thema Hilflosigkeit, die eigene und die der Menschen, die einen lieben und natürlich auch wollen, dass man nicht leiden muss und schnell wieder gesund wird. Die Leute wollen Mut machen und beistehen und Kraft geben und sagen, dass sie an einen glauben, aber manchmal kann einen das ganz schön unter Druck setzen. Ich habe sogar mal meinen Mann gebeten zu gehen als er an meinem Krankenhausbett saß und ich es nicht mehr ausgehalten habe.

Vielleicht wäre das grade mal gut, wenn du dich traust zu sagen, ich will mal nicht kämpfen.

Ich will mal Pause. Das heißt ja nicht gleich Aufgeben, das heißt Pause. Wer wenn nicht du, kann am ehesten sagen und entscheiden was du glaubst, was gut ist für dich. Und selbst wenn du Aufgeben wolltest, dann ist das auch so. In so schweren Zeiten ist wohl eh weder Kraft noch Lust für Worthülsen da, denke ich mal. Ging mir so. Und wird vielleicht für dich und deine Familie und Freunde sogar entlastend sein, das sagen zu können, wie man sich wirklich fühlt. Ist mir so gegangen mit meinem Mann, aber auch sonst Familie und Freunden, erst als ich gesagt habe, wie es mir zumute ist, nicht tapfer, nicht mutig, dann haben wir richtig zu reden begonnen.

Das wünsch ich dir - neben all dem anderen und sende einen lieben Gruß
Fundevogel

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Beitrag Do., 27.04.2017, 20:09

Danke für eure Ideen.

Dass das auch eine egoistische Seite hat, wenn man dem Kranken Mut macht zu Kämpfen, war mir noch nicht in den Sinn gekommen. Ja, es drückt vielleicht die Angst derjenigen aus, den kranken Menschen zu verlieren.
Vielleicht auch eine gewisse Art von Hilflosigkeit?

Loslassen? Was loslassen? Das Leben? Das bisherige Leben? Bereit für was anderes?

Kämpfen kostet Energie. Auch wenn der Kampf erfolgreich ausgeht, hinterlässt er seine Spuren. Stelle ich mir sehr bildhaft vor, wenn ich mich prügele, bekomme ich auch Blaue Flecken und Schrammen. Auf Krankheit übertragen ist es genauso. Narben nach OPs sind noch das Harmloseste.
Ist nicht vielleicht mehr gewonnen, wenn man die Energie auf das Genießen des Lebens verwendet? Es bewusst mit allen Poren spüren.

Mit Kämpfen assoziiere ich auch ein Gegenüber, einen Gegner, einen Feind.
Aber die Zellen des Krebses sind doch meine eigenen – wenn auch entarteten – Zellen, sind also doch ein Teil von mir. Dann kämpfe ich doch auch gegen einen Teil von mir.
Das passt auch nicht zu mir. Vielleicht eher annehmen, ist auch was anderes als kämpfen oder aufgeben/resignieren.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Benutzeravatar

Nico
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 62
Beiträge: 12124

Beitrag Fr., 28.04.2017, 05:00

Ich finde kämpfen auch ein blödes Wort in dem Zusammenhang und würde es eher Umgang mit der Krankheit nennen.
Und außerdem empfinde ich es als Frechheit jemand anderen da irgendwelche Rat - (Schläge!) zu geben wie er das zu tun hat.
Ich finde es auch normal dass man seinen Umgang mit der Krankheit im Verlauf überdenkt, anzweifelt und auch verändert.
Ja die Erkrankung ist ein Teil der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Lebens, daher obliegt es mMn auch einzig jedem selbst wie er damit umgeht.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

Benutzeravatar

Miss_Understood
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 3550

Beitrag Fr., 28.04.2017, 11:01

Ich kam vor einigen Wochen zufällig mit einer Frau ins Gespräch, die mir auch erzählte, dass sie einen Hirntumor habe. Seit ihrem 17. Lebensjahr. Damals war sie mehrere Jahre so krank, dass sie ihre Ausbildung zur Tänzerin nicht machen konnte, auch weil sie in eine weit entfernte Klinik musste. Dort wurde ihr geholfen. Die Frau war 81 Jahre alt. Sie sagte, dass der Tumor sich ab und zu bei ihr meldete, sie aber ansonsten gut miteinander auskämen. Wenn er allzusehr muckte, dann - sie tippte sich an den Kopf - "sag ich dem: du sollst dich ma nitt essu anstelle und fein still halle - weil: OHNE mich kann der auch nicht mehr läwe, ne?!?!" Wir guckten uns an. Und prusteten los. Ich hatte Tränen in den Augen.

Kämpfen. Uff. Ja. Diese Metapher mag ich nicht. Find ich schrecklich. Da ist Krieg, da sind sie, die bombigen Mittel.
Kampf - ... ja ... und was kann das noch sein? Asiatischer Kampfsport vielleicht? Wo es darum geht die Wendungen mitzugehen und dadurch aufzufangen?

Ich habe mehrere chronische Erkrankungen, wenn auch keine lebensbedrohlichen - und mich auch intensiv befasst - es gab verschiedene Phasen. Und auch zuweilen heute noch fällt es mir schwer dies oder das zu akzeptieren - eben WEIL ich Angst habe, dass das mein Körper als Resignation sehen könnte. Und manchmal bin oder war ich das auch. Weil ich keine Energie mehr hatte. Am weiteren Fortschreiten hat das NICHTS, rein GAR nichts geändert. Ich habe auch mal jahrelang NICHTS gemacht dagegen oder dafür - ich bin immer noch ratlos und wirklich akzeptiert habe ich es auch nicht - aber wenn ich meine restliche Energie NUR darauf richte, bleibt sie nicht mehr übrig für anderes ... Und ich kenne das 'sich schuldig fühlen, wenn man mal nichts tut' auch sehr gut. Irgendwann HABE ich dann doch wieder etwas das in meinem Rahmen mögliche getan. In meinem Tempo. Auch wenn ich manchmal daran zweifele, dass ich zu langsam bin, zu wenig mache - ist auch leider eine ziemliche Geldfrage, wenn man mit alternativen Mitteln versucht, weil die Erkrankungen zu wenig erforscht, zu speziell - schlicht die Behandlungsmöglichkeiten, die eh immer nur ein Probieren sind - zu teuer sind ...

Mein Exfreund, auch sehr schwer chronisch erkrankt, dem war diese Kamp- und Kriegsmetapher wohl hilfreich. Er war auch der festen Überzeugung er müsse kämpfen. Ich dürfe (mich) nicht aufgeben usw. Er hatte öfter diese 'auf in den Kampf/die Schlacht' Phasen - aber ich denke, das hing auch mit seiner Medikation zusammen. Ich fands dann oft eher anstrengend. Gleichzeitig fand ich den MUT, der in diesem Entschluss steckte, ziemlich gut. Und zugleich sah ich, dass er sein Verhalten kaum änderte. Gesund ernähren? Rauchen aufgeben? DAS würde ja nichts ändern. Hm.

Aktuell ernähre ich mich nach vielen Ausprobierphasen schrecklich, btw.

Meine Oma hatte ALS. Nach sehr vielen Jahren starb sie, Ende 70. Sie hatte sich der Erkrankung ergeben. Demut war das Wort. Ok - was blieb ihr auch sonst übrig - bei DIESER Erkrankung?

Eine Weile habe ich mich in 'eso'-Kreisen bewegt. Extrem unangenehm und übergriffig, wenn es um Krankheiten geht. Implizit war da in fast allen Gesprächen diese 'Schuld'-Zuschreibung Thema. Selbst meine erste Therapeutin war in dieser Schiene. Und ich finde das Thema Psychosomatik auch nicht frei von sehr fiesen Fallen. Erst sehr viele Jahre später und nach dem beeindruckenden und mich beruhigenden Essay von Karin Spaink ("Krankheit als Schuld? - Die Fallen der Psychosomatik) - welches ich jedem ans Herz lege, der irgendwie davon betroffen ist - denke ich anders darüber.

Durch bin ich damit auch nicht. Aber ich versuche es gelassener zu sehen. Kämpfen kann ich immer noch. Wenn ich mehr Energie habe.

Dir einen herzlichen Gruß,
Miss Understood
ch-ch-ch-chaaaaaaange

-----
Icon made by @flaticon


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Fr., 28.04.2017, 12:32

Miss Understood hat geschrieben:Ich kam vor einigen Wochen zufällig mit einer Frau ins Gespräch, die mir auch erzählte, dass sie einen Hirntumor habe. Seit ihrem 17. Lebensjahr. Damals war sie mehrere Jahre so krank, dass sie ihre Ausbildung zur Tänzerin nicht machen konnte, auch weil sie in eine weit entfernte Klinik musste. Dort wurde ihr geholfen. Die Frau war 81 Jahre alt. Sie sagte, dass der Tumor sich ab und zu bei ihr meldete, sie aber ansonsten gut miteinander auskämen.
Ich hab auch nen Hirntumor (ist ne Auswirkung meiner Erbkrankheit, hab also auch noch andere chron. Krankheiten), den wahrscheinlich auch schon seit meiner Kindheit, und ja, ich komm auch relativ gut mit ihm aus. :)
Hab inzwischen meine zweite Chemo "seinetwegen" hinter mir und bin zwar nicht symptomfrei, aber doch zu nen halbwegs gut lebbaren Alltag fähig.

Ich glaub, das kann man nicht vergleichen mit ner Tumorerkrankung, wie Wandelröschen sie hat.
Mein Tumor "wächst" nur, und das nicht unbedingt kontinuierlich. Sicher, potentiell lebensbedrohlich ist er auch, aber es ist schon noch was anderes, wenn es entartete, also bösärtige Zellen sind, die sich zu Tumoren und Metastasen "zusammentun".
Das ist weitaus aggressiver und braucht auch ne weitaus aggressivere Behandlung - und die alleine schlaucht einen schon beiweitem mehr, als das meine "Schon-Chemo" gemacht hat. Und ich war auch schon zeitweise reichlich "bedient" damit.

Ich weiß nicht, "kämpfen" würde ich mir auch nicht "einreden" lassen.
Ich muß recht diszipliniert leben, brauche viel Konsequenz in all meinen "Lebenslagen". Aber wie viel Energie ich in was reinstecke, das behalte ich mir selber vor.
Aber auch da kann man nicht "allgemein" drüber denken und reden.
Ich bin alleinstehend, habe keine Kinder (Konnte ich wegen der Erbkrankheit nicht bekommen), also kann da viel "freier" und alleine mir und meinen Freunden und meiner Familie gegenüber verantwortlich drüber entscheiden. Und das sind samt und sonders erwachsene, "gstandene" Leute. :)
Hätte ich Kinder, hätte ich Enkel etc., würde ich wahrscheinlich auch ganz anders noch damit umgehen.

So bin ich mit mir und meinem Leben im Reinen: Ich habe "gelebt" bisher - und will das auch weiterhin so gut es geht tun. Also : "lebendig sein", egal, was für (Dauer-)Schmerzen ich zu managen habe, welche Einschränkungen ich habe etc.
Vieles seh ich auch als persönliche Herausforderung. So hab ich jetzt, trotz und während der Chemo, grade meinen Sport ausgebaut und mich auftrainiert und hab z.Zt. den Trainingsplan einer gesunden 25-Jährigen.
Keine Ahnung, ob und wie lange ich das durchhalte. Aber jetzt, zur Zeit krieg ichs grade hin - und da dran freu ich mich und bin auch stolz drauf. Denn : Wie viel mich das kostet, das weiß nur ich alleine.
Nach außen will ich das eh nicht tragen. Die Leute können ja nicht ermessen, was einerseits "Hirntumor" heißt, und andererseits "wutze" ich im Fitnessstudie vor mich hin, als ob ich für nen Wettkampf trainiere.
Ist eh für mich die beste Art, wenn man mit solchen Krankheiten sich rumschlagen muß : Zwar die Zukunft nicht aus den Augen lassen, aber mich drauf konzentrieren und fokussieren, im Hier und Jetzt zu leben, lebendig zu sein, zu genießen und auszukosten, dass ich nach wie vor am Leben bin.

Aber wie gesagt : Ist nicht zu vergleichen mit Auswirkungen und Behandlung eines bösartigen Tumors und seiner Metastasen.
Btw : Was "Nebennierentumor" heißt, weiß ich auch aus eigener Erfahrung... Da hab ich auch schon einen mir rausschneiden lassen. Wie der (und meiner war gutartig) einen die Hormönchen um die Ohren knallen lassen kann....Das sind schon Zustände der ganz besonderen Art.

Benutzeravatar

Möbius
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 53
Beiträge: 1397

Beitrag Fr., 28.04.2017, 19:54

"Wer kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat schon verloren!" Das hat der Edel-Talkshow-Stalinist Gregor Gysi 1990 gesagt, als die SED sich selbst aufgeben wollte. Niemand gab den Stalinisten noch irgendeine Chance, man sah sie am absterben. Dann hieß es, sie sei eine ostdeutsche Protestpartei, wegen der notwendigen ökonomischen ... äh ... Prozeße ... und so. Trotzdem wurde sie vom Geheimdienst beobachtet - weil: die SED war ja immerhin verfassungsfeindlich, solange sie nicht soviele Wähler bekommen hatte, daß sie in so ein paar dieser ostzonalen Ländern wieder mitregieren durfte. Und erst recht, als sie für die westdeutsche SPD als Mehrheitsbeschaffer auf einmal rechnerisch in Frage kam, da war es dann mit ihrer Verfassungsfeindlichkeit dann doch nicht mehr so wild, und heute gehört die SED in Deutschland wieder zum Establishment, ist "nicht mehr wegzudenken".

Also Leute, nehmt Euch die Stalinisten als Vorbild !

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Fr., 28.04.2017, 20:08

Ich sags mal so: Lieber jetzt als später verlieren. Wir kommen da nicht lebend raus.
Als geborene Loserin haben die Nichtkämpfer meine Sympathien. Denkt doch an die dummen Rinder in der Arena. Am Ende werden sie niemals als Gewinner hervorgehen, aber die stärksten und hoffnungsvollsten Tiere setzen sich am längsten den Qualen aus.
Ob es bei den Menschen viel anders ist? Ich bewundere jedenfalls intelligente Sesselpupser, Taugenichtse, Demotivationsspeaker u.u.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

Nico
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 62
Beiträge: 12124

Beitrag Sa., 29.04.2017, 06:20

Bei meinem Vater war es so dass sich die Ärzte sehr gewundert haben wie lange er mit seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs ein agiles Leben geführt hat.
Gestorben ist er natürlich genauso daran wie zwei seiner Bekannten die sich jeweils direkt nach ihrer Diagnose erschossen haben.
Jeder wie er will und wie er kann.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Sa., 29.04.2017, 11:26

Aus dem Wörterbuch der armen und benachteiligten:
kämpfen: Sich Opfern, zumeist für das Wohlergehen anderer wie Gott, Volk, Vaterland oder dem Arbeitgeber. Keineswegs ist damit gemeint, sich notfalls mit Gewalt das zu holen, worauf man gerade Lust hat. Je niedriger man im sozialen Gefüge steht, desto stärker heißt kämpfen: kämpfen gegen sich selbst.
Hoffnung: Lebensgefährte des armen Menschen. Wer mit der Hoffnung fährt, hat die Armut als Kutscher.
Glauben an das Gute im Menschen: Wer hat den schmarren bloß verzapft? Wahrscheinlich diejenigen, die vom Kämpfen schwafeln. also die, die das nicht tun müssen. Sonst wäre ihnen der Widerspruch längst aufgefallen.

Mit so einem Krempel kann man mir gestohlen bleiben.
Natürlich predige ich anderen auch immer zu kämpfen. Das hat aber egoistische Gründe. Einen, der unten ist und kämpfen muss, kann man leichter ausnehmen. Man braucht ihm nur einen Strohhalm hinzuhalten. So erziehe ich mir meine Sklaven, wie ja auch Eltern ihre Kinder zur Sklaverei heranzüchten.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Beitrag Mi., 03.05.2017, 21:18

"sag ich dem: du sollst dich ma nitt essu anstelle und fein still halle - weil: OHNE mich kann der auch nicht mehr läwe, ne?!?!"
:lol: Oh, ich rede auch manchmal mit Karl-Otto und habe ihm auch schon mehrfach gesagt, dass wenn er am Leben bleiben will, muss er mich auch am Leben lassen.
Zwar die Zukunft nicht aus den Augen lassen, aber mich drauf konzentrieren und fokussieren, im Hier und Jetzt zu leben, lebendig zu sein, zu genießen und auszukosten, dass ich nach wie vor am Leben bin
Ja, das ist ein Umgang mit der Krankheit, den jeder für sich finden muss. Kommt meinem Umgang sehr nahe.
Gerade das Hier und Jetzt ist durch die Krankheit mehr ins Visier geraten, ist intensiver geworden. Es ist mir laufend bewusst, dass dieses und jenes das letzte Mal sein könnte.
Sehr wichtig für mich ist es aber weiterhin, noch Pläne für die Zukunft zu haben, also keine Stagnation im Hier und jetzt.
"Wer kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat schon verloren!"
Diese Aussage kann ich keineswegs zustimmen: „Wer kämpft, kann verlieren“ aus meiner Sicht ja.
„wer nicht kämpft, hat schon verloren“ nein, wäre aus meiner Sicht nur, wenn „nicht kämpfen“ gleich aufgeben wäre.
Aber ist das so? Kann ´nicht kämpfen´ nicht auch abwarten, auf sich zukommen sein? Annehmen, was kommt? Dann ergeben sich manchmal ganz neue Perspektiven. Es zeigen sich ganz andere neue Wegen, auf denen man auch zum Ziel kommen kann, mit vielleicht viel weniger Kraftaufwand als der, der zum Kämpfen nötig wäre.

Wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft, kann auch gewinnen!
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Benutzeravatar

Klein-Ida
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 56
Beiträge: 847

Beitrag Fr., 05.05.2017, 18:41

Hier gibt es ein interessantes Projekt für an Krebs erkrankte Kinder und Erwachsene:

http://flugkraft.de/
"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

Benutzeravatar

Klein-Ida
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 56
Beiträge: 847

Beitrag Fr., 05.05.2017, 19:10



"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag