Einen Toten vermissen

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Britt_Stadler
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Einen Toten vermissen

Beitrag Mo., 24.12.2012, 10:05

Hallo ihr alle,

meine Mutter ist 2006 gestorben und seitdem ist Weihnachten und der Januar (da ist ihr Todestag) der absolute Graus für mich und ich würde am liebsten jegliche Konfrontation mit diesen Themen meiden.
Ich hab auch nie wirklich getrauert, sondern nur verdrängt und lerne jetzt gerade in der Therapie das mal zuzulassen.

Hat jmd ähnliches erlebt? Wie geht man mit sowas um?
"Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft."

Maria von Ebner- Eschenbach

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kaja
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 10:42

Geht mir auch so. Leider habe ich keine Antworten für dich.
After all this time ? Always.

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Britt_Stadler
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 13:34

Ich merke zum ersten mal wie sehr ich mich von ihr alleine gelassen fühle.
Ich bin fast wütend und traurig und ängstlich.
Vom Ding her bin ich fast schon erwachsen und hab die letzten Jahre eigentlich gut gemeistert, aber leider fühle ich das alles gerade gar nicht mehr :(
"Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft."

Maria von Ebner- Eschenbach

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sakura89
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 15:01

Das kenne ich nur uu gut ich hab 99 mein Vater auf meine Geburtstag verloren und kann seitdem mein Geburtstag nicht mehr richtig feiern war deswegen auch nach gute 10 Jahre später erst in Behandlung und könnte meine Gefühle richtig Leben. Trotzdem fehlt er mir sehr. Ich vermisse ihm doch ich werde ihm nie wieder sehen. Irgendwie müssen wir es schaffen und unser Leben so gut wie möglich weiter leben und irgendwie glaube ich ist er trotzdem immer bei mir
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Britt_Stadler
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 22:00

Das ich es schaffe, daran zweifel ich nicht. Aber die Frage ist wie.
Hab dadurch wieder mal eine große Todessehnsucht. Geht auch wieder vorbei. Aber es ist halt anstrengend das durchzuhalten.

Ich will meine Mutter gar nicht bei mir haben. Bin in ner großen Ambivalenz gefangen. Sie hat mir dafür eigentlich viel zu viel angetan...
"Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft."

Maria von Ebner- Eschenbach

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Alba
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 22:12

Liebe Britt,

eine extra dicke Umarmung für Dich:

(Mehr weiss ich gerade nicht zu schreiben )

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Britt_Stadler
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 22:25

Vielen dank Alba.
Das tut gut.
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Maria von Ebner- Eschenbach


pandas
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 22:39

Eine Möglichkeit ist, die ganzen ambivalenten Gedanken in einen Brief an sie, gerade auch mit dem besonderen Tag als Motivation, aufzuschreiben.

Eventuell kannst Du dann mit dem Brief in der Therapie weiterarbeiten?

damit kannst Du dann auch ein Loslassen/Verabschieden-Ritual gestalten, z.b. Brief zerschnipseln, verbrennen o.ä.
Wobei ich mit Loslassen nicht Vergessen der Toten meine, sondern die ambivalent-negativen Gefühle loslassen und das Dahingegangen-Sein der Toten für sich akzeptieren und anerkennen.

Andere Möglichkeit: Ablenkung ...
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Britt_Stadler
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Beitrag Mo., 24.12.2012, 23:28

Das mit dem Brief finde ich eine gute Idee. Jetzt nur noch die Zeit und Ruhe finden zu schreiben.

Das mit der Ambivalenz ist halt schwierig. Habe jahrelang in der "ich-lebe-in-einer-heilen-Welt-und-meine-Kindheit-war-toll"- blase gelebt. Die platz nun und es kommt Stückchenweise. Bin ganz froh, dass es nicht alles auf einmal da ist.
Der Brief wäre somit nicht vollständig.
Meine Therapeutin hab ich Freitag nochmal. dann ist sie ne Woche im Urlaub und hat Fortbildung. Zu meinem Psychiater will ich gerade nicht. Bin ein wenig trotzig.


Edit:

Ablenkung geht nicht 24 h lang. Es sei denn, ich würde wieder anfangen mehr Medis zu nehmen bzw meine Bedarfsmedikation.
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Maria von Ebner- Eschenbach


pandas
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Beitrag Di., 25.12.2012, 00:27

@ britt

Der Brief muss ja nicht "perfekt" sein, de facto muss er ja auch nicht auf einmal fertig werden?
Aber wenn das Gefühlschaos gerade eh da ist, ist es doch sinnreich, sich hinzusetzen und zu beginnen ...
Ich zumindest finde das dann hilfreicher und etwas gefestigter, als dass die Gedanken so durch das Gehirn springen und man davon in den Bann gezogen wird.
Wenn Du Freitag Therapie hast, könntest Du das ja auch weiter mit ihr besprechen, Freitag ist ja relativ zeitnah.
Zum Psychiater? Wäre das denn überhaupt angebracht, dass wäre doch eher dann, um die Medikation zu erhöhen?
Mh, also, Medis erhöhen wäre für mich nachrangig, vor Gespräch mit Therapeutin und Eigenauseinandersetzung.

Ablenkung: Naja, damit meinte ich etwas ganz anderes tuen. Aber das klappt auch nicht immer. Mitunter kann man sich dann ja auch nicht auf das noch so spannendste Buch konzentrieren, Kontakt greift nicht so richtig etc.
Aber ein Versuch wäre es wert? Es gibt im Moment ja zwischen den Jahren auch gute neue Sachen im Kino. Oder mal kurz wegfahren. O.ä.
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Britt_Stadler
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Beitrag Di., 25.12.2012, 01:21

Mein Psychiater ist u.a. auch für Notfälle zuständig, wenn meine therapeutin nicht da ist. Hat mit mir im Sommer auch ne Krisenintervention gemacht zwischen den probatischen Sitzungen und Antragsbewilligung bei ihr.

Das ist halt durchaus mein Problem. Sowas will ich unbedingt perfekt haben und ich laufe gerne davon. So suche ich mir halt Gründe, um mich eben nicht hinzusetzen. Es ist schon schmerzhaft genug, wenn es spontan kommt.

Ich hab gerade so das Gefühl, dass ich ganz schön rumjammere. Und das, obwohl ich die Wege raus kenne und deine Tipps auch sehr dankbar annehme.

Ich hab in dem Sinne eine Ablenkung. Date gerade jmd. Aber das hat ja auch ein wenig mit sich öffnen zutun. Alles sehr vertrackt gerade.
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Maria von Ebner- Eschenbach


pandas
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Beitrag Di., 25.12.2012, 17:06

Vertrackt ja, aber es klingt auch so, als ob Du im Prozess bist, der Dich weiterführen kann, auch in der Verarbeitung des Verlustes, es ist ja erstmal positiv, wenn gleichzeitig neues entsteht (das Date).

Wenn der Psychiater kompetent und gut ist in Krisenintervention, klar, dann nimm das in Anspruch, bevor es zu sehr down geht ... wobei 1 Woche Pause ja auch ein bisschen zum Üben dienen kann, die Eigenständigkeit zu bewahren.

Ich hatte auch mal bei einer Psychiaterin Ein-Monats-Gespräche, mehr so aus Zufall, es war eine Zeit, wo ich keine Therapie hatte und sie sass neben meiner Hausärztin, die Gespräche haben aber nichts gebracht, sie wollte mich letztlich zu Medis überzeugen, obwohl dass gar nicht meine Intention war.
Meine derzeitige Therapie habe ich mir dann selbst gesucht. ...

... Aber vermutlich gibt es dann also auch kompetente Psychiater, sehr schön
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ballpoint
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Beitrag Di., 25.12.2012, 18:39

Britt_Stadler, meine Antwort lautet: Struktur. Meine Lieben sind auch im Januar gestorben, das nahm mir quasi jede Vorfreude auf die Feste. Weiß man aber vorher genau was es zu tun gibt, so sorgt man sich weniger. Ich brenne am Sterbetag meiner Mutter z.B. eine rote Kerze, ihr Foto steht dann daneben und ich erlaube mir an dem Tag ihr meine Gedanken zu sagen. Manchmal sind die schmerzhaft, klar. Aber so ist es ein Ritual mit Kopf und Schwanz. Ich weiß: am Abend des 23. ist es vorüber, der Kummer wird bis zum nächsten Jahr warten müssen. So kann man seine Gefühle förmlich zwingen sich auf dieses Datum zu konzentrieren. Das gelingt, auch dir. Wenn nicht sofort, frag dich: will meine geliebte Mutter mehr als einen Tag im Jahr von mir? Sicherlich weiß sie auch mit diesem einen Tag wiesehr ich sie liebe und vermisse.
caute

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Britt_Stadler
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Beitrag Mi., 26.12.2012, 12:11

Ich habe den Todestag verdrängt.
War zwar im letzten Januar stationär in Therapie und hab in diesem Rahmen meinen Vater gefragt, aber hab das auch wieder erfolgreich verdrängt.

@biber

Die eine Woche ist sie komplett weg und die zwei Wochen danach hab ich sie nur einmal die Woche. Mach ne Analyse und bin eigentlich dreimal die Woche dort. Einmal die Woche ist eigentlich ein bisschen zu wenig. Allerdings weiß ich, dass ich das auch ohne sie durchstehen werde.

Davon mal ganz ab, hat sich das mit meinem Date jetzt auch gegessen. War/bin total verschossen und was ist? Er hat seit 5 Jahren ne Freundin. Problemverlagerung nennt man das glaube ich. Kann mir aber nur zu Gute kommen
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Maria von Ebner- Eschenbach


ballpoint
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Beitrag Mi., 26.12.2012, 13:32

Verdrängen geht automatisch, die Seele schaltet auf Überlebensstrategie. Aber nicht alles was die Seele tut ist per definitionem gesund und richtig. Sonst bräuchte niemand Therapie. Frage dich ob du verdrängen willst, ob es echt deine freie Wahl ist die Befreiung vor dich hinzuschieben und deinen Kummer mitzuschleppen.

Wenn sie dir eine gute Mutter gewesen ist, dann wird sie sich jetzt wünschen dich stark genug gemacht zu haben um deine Trauer zu meistern, ohne sie auszukommen und glücklich zu werden. Nur damit ehrst du ihr Andenken.
caute

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