@ Wandelröschen
Was Du ansprichst, sind letztlich Fragen der Strategie. "Kämpfen" heißt nicht blindwütiges Agieren. "Nichtstun" kann in sehr vielen Fällen sinnvoller und zielführender sein, als Aktionismus - siehe das berühmte "Aussitzen" von Helmut Kohl und seiner Schülerin Merkel. Auch wer den Kampf durch Nichtstun führt, ist ein Kämpfer. Kohl und Merkel sind ja ganz prominente Beispiele dafür, das soetwas äusserst effektiv sein kann.
Das berühmteste militärgeschichtliche Beispiel ist der Kampf, den Quintus Fabius Maximus "Cunctator" gegen Hannibal geführt hatte, der die gesamte italienische Halbinsel erobert hatte mit Ausnahme der Stadt Rom selbst. Fabius als Dikator verweigerte die Schlacht gegen den taktisch überlegenen Hannibal. Er verfolgte ihn "wie ein Schatten", hinderte ihn an der Verproviantierung seiner Armee. Die Armee von Fabius dagegen hinderte durch ihr bloßes Vorhandensein die italischen Städte daran, sich dem vordergründig siegreichen Hannibal anzuschließen. Hannibal mußte sich schließlich ohne Schlacht geschlagen aus Italien wieder zurückziehen. Wallensteins durch Schiller berühmt gewordenes "Lager" vor Nürnberg im 30-jährigen Krieg ist auch so ein Beispiel, wenngleich von weltgeschichtlich geringerer Bedeutung. Indem Wallenstein die Verbindungslinien Gustav Adolfs, der Nürnberg besetzt gehalten hatte, blockierte, eine Schlacht jedoch in seinem wohverschanzten Lager verweigerte, zwang er ohne jeden Kampf den Schwedenkönig zum Rückzug aus Bayern und Franken.
Kämpfen heißt nicht wie ein wilder Stier gegen den Matador anrennen. Kämpfen heißt: gewinnen wollen. Kämpfen im Sinne des Gysi-Zitates ist für mich weniger eine Beschreibung des Verhältnisses zur Umwelt, sondern vielmehr eine innere Haltung. Sie hat auch nichts mit dem gemein, was so viele sagen, die für irgendwelche Werte "kämpfen" wollen. Das ist für mich letztlich nur Narzismus.
Die Strategie als uralte Disziplin menschlicher Geistigkeit - der Philosophie - lehrt, das es falsch ist, für verlorene Ziele zu kämpfen, nur um sich eines Ideals würdig zu erweisen. Mir hat die originär militärische Strategie in meinem Leben gerade in den schwierigsten Lagen stets sehr viel geholfen, war ein ganz wichtiges Überlebensmittel gewesen und hilft mir noch heute. Aber auch die Grundhaltung des Strategen ist die des Kämpfers: eines Menschen, der in konzentrierter Form mit seiner Umwelt ringt (Dieser Gedanke stammt aus Basil Liddell Harts "Strategie", einem bis heute hochgeschätzten Lehrbuch dieser Disziplin) - wobei die "Umwelt" eben leider auch manchmal ein Teil unserer Psyche sein kann: der kranke Teil nämlich.
Wer nicht mehr kämpft, kann nicht mehr gewinnen.
Gruß
Möbius
Kämpfen?
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"Die Strategie als uralte Disziplin menschlicher Geistigkeit - der Philosophie - lehrt, das es falsch ist, für verlorene Ziele zu kämpfen, nur um sich eines Ideals würdig zu erweisen".
Eben drum.
Lebensqualität ist deutlich höher zu bewerten. Und die hat man mit der Diagnose nur, wenn man Gelassenheit und Akzeptanz an den Tag legt.
Eben drum.
Lebensqualität ist deutlich höher zu bewerten. Und die hat man mit der Diagnose nur, wenn man Gelassenheit und Akzeptanz an den Tag legt.
Liebe Grüße
Lockenkopf
Lockenkopf
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