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Mo., 22.12.2014, 02:04
@ ziegenkind: Bei mir war immer Abkehr. Menschen, die mich nicht näher kennen (und alle, die mich näher kennen, bis auf eine, kannten auch den Liebsten) - Menschen, die mich nicht näher kennen und von mir, nach ihren Fragen (!), "verwitwet" hören, drehen sich panisch fort.
Du hast noch niemals jemandem gesagt, dass Du verwitwet bist, und Du musst das nicht mehr tun, wenn Du Anfang vierzig bist und für Dein Gegenüber wie Mitte dreißig aussiehst (ja: Der Tod schockt nicht nur den Sterbenden und seinen Lebensmenschen, seine Eltern und seine Geschwister, sondern auch die Umwelt massiv, wenn man von den durchschnittlichen 70 Lebensjahren noch weit entfernt ist).
Deins ist Deins. Meins ist nicht Deins und wird auch nicht mehr Deins werden.
Das solltest Du vielleicht endlich mal zur Kenntnis nehmen. (Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Deins nie meins war. Und ich habe daraus die Konsequenz gezogen. - Du bist mich los. Ich störe Dich schon seit längerem nicht mehr mit meinem, mit meiner Ichichkeit. Du aber, Du kommst mir immer wieder mit Dir. Warum eigentlich?!)
Und vielleicht, das fällt mir jetzt noch ein, können Menschen in Deiner Lebenswelt auch mehr aushalten (oder bilden sich das zumindest stabil ein), weil sie weniger gedemütigt werden als in meiner Lebenswelt (glaub mir: alle Kolleginnen und Kollegen wissen, wie sehr sie gedemütigt werden, auch wenn sie das nur stammeln können, und mitunter noch nicht einmal das, sondern es nur mit ihren Blicken zu morsen vermögen, weil sie nie die Chance hatten, die entsprechenden Worte zu lernen, wie der polnische Kollege oder die türkische Kollegin - sie wissen alle darum, wie sehr sie gedemütigt werden.
Soweit ich mich erinnere, ist das in akademischen Kreisen vollkommen anders. Vielleicht denkst Du deshalb immer dieses Prinzip Hoffnung.
Deine Eisdielen-Erfahrungen sind lange, sehr lange vorbei; auch mein Kaufhausjob vor 25 Jahren sah noch ganz anders aus als die Tomatenhochstapellebenswelt heutzutage.
EDIT: Nochmal an Dich, ziegenkind, meine Frage, die eine Bitte ist: Warum kommst Du mir immer wieder mit Dir? - Du bist so fern von mir. Bitte, lass mich doch einfach mich sein. Bitte, höre doch auf, mich Dir als "korrigierende Erfahrung" zur Strafarbeit zu machen, bitte!)
@ Ayla: Lebensfreude ist.
Aber die ist nicht "selbstverständlich", die ist nicht "normal", und die als selbstverständlich und normal vorauszusetzen, haut manchmal Menschen entzwei - ohne, dass denen ein Laut entfährt, oder gar ein Gefühl.
Wenn jemand nicht quietschvergnügt auf Weihnachtsmärkte rennt (Verzeihung, aber das war in der Umkleide jenes Bio-Supermarktes, in dem ich mein Hirn zu Markte trage, jetzt mehrfach Mega-Thema), dann sollte das auch einfach sein dürfen, dann sollte derjenige Mensch nicht mit "och meeeensch, sach ma, wat is denn mit Dir falsch jepolt"-Sätzen zugeschüttet werden und auch nicht mit Detail-Deskriptionen über die Unterschiede von Glühweinen und Kunsthandwerksständen auf etwa 8 Weihnachtsmärkten in der Umgebung und im Umland.
Ich wusste übrigens noch nie, was Weihnachtsmärkte mit Lebensfreude zu tun haben. Und ich hatte noch nie das Bedürfnis, das zu erfahren. Und ich finde es einfach nur anmaßend, dass mir, nur weil ich sage, dass ich keine Weihnachtsmärkte besuche, über den worin auch immer bestehenden Wert von Weihnachtsmärkten und über deren Besuch "mit der ganzen Familie" Vorträge gehalten werden.
Widow
Nachtrag: Tränen-reich sprach hier von "verschiedenen Welten" (wenn ich mich recht besinne). Das bestätigt sich wieder und wieder.
Trauernde Menschen leben woanders und anders als Nichttrauernde. Zwischen beiden liegen nicht nur Welten, nicht nur Leben (wie sie zwischen allen Menschen liegen) - zwischen denen liegen schlicht Leben UND Tod.