Über die Toten nur Gutes....

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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blitzy82
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Über die Toten nur Gutes....

Beitrag Fr., 15.02.2013, 10:06

Hallo.

Meine Mutter starb, als ich 13 war. Ich war an dem Tag zu Hause, weil krank, und das Spital rief mich an und teilte mir das damals einfach so mit.
Leider war meine Mutter vor ihrem Tot kaum für mich da, vernachlässigte mich sehr oft, was wohl auch an Ihrer Krankheit gelegen hat und dass ich
nicht unbedingt ein braves, ruhiges Kind war.
Meine Familie hat nie mit mir darüber gesprochen, ich wurde zu meinem Vater und seiner neuen Frau abgeschoben, die mich beide nicht wollten.

Er warf mich mit 17 Jahren raus, 1 Jahr kein Kontakt, dann große Versöhnung. Mein Vater war Spieler, und als er aufhörte zu spielen, veränderte
er sich komplett und war die letzten 1 1/2 Jahre seines Lebens ein wirklich guter Vater.
Er starb 2007, nach insg. 4 Schlaganfällen brachte ihn ein Herzinfarkt um. Wir waren dabei, als die Ärzte die Geräte abschalten mussten.

Wenn ich darüber rede, schreibe, usw... stellt sich kein Gefühl ein. Ich vermisse die beiden, aber tiefe Gefühle kann ich nicht zulassen.
Manchmal bin ich auch einfach eifersüchtig, dass andere Eltern haben und ich nicht.

Meine Therapeutin meint, dass ich wütend sein sollte auf meine Eltern.
Aber ich kann nicht. Wie soll man auf jem. wütend sein, der gar nicht mehr lebt?
Ich weiß dass ich viele Gründe hätte, wütend zu sein aber ich schaff es nicht.

Ich nehme mal an dass daher meine Grundagressivität im Alltag rührt. Ich weiß echt nicht wie ich das angehen soll.
Meine Therapeutin gibt sich wirklich Mühe aber ich spüre keine Wut wenn ich an die beiden denke? Ich spüre einfach gar nichts...

Falls jem. das kennt, oder Tipps hätte, wäre ich sehr dankbar!

lg c.

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 15.02.2013, 18:30

Hi blitzy,

also mein Vater verstarb als ich 6 Jahre alt war. Und obwohl er ein "mieser" (ganz lieb ausgedrückt) Vater war, habe ich bis heute noch keine Wut entwickeln können. Klar, die gibt es "irgendwo", aber sie ist mir noch nicht zugänglich. Naja und manchmal denke ich er ist mit seinem frühen Tod schon genug bestraft, schiebe insofern einen rationalen Grund vor.

Wozu soll denn diese Wutentwicklung gut sein nach Meinung Deiner Therapeutin? Ich denke, die kommt doch erst im Verarbeitungsprozess.

Grüße,
pp

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blitzy82
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Beitrag Sa., 16.02.2013, 17:57

Naja es geht hauptsächlich darum das ich oft wütend werde und sie den ansatz hat dass ich eig. auf meine eltern wütend bin....

Leider fühl ich aber keine wut wenn ich von ihnen erzähle od an sie denke...
Dafür bringen mich oft schon kleinigkeiten auf die palme...

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peppermint patty
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Beitrag Sa., 16.02.2013, 18:18

Okay, verstehe. Deine Thera denkt wohl, dass Du Deine Wut verschoben hast. Und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Denn das war bei meiner Freundin ganz genauso, da hat ihr Umfeld insbesondere ich sehr viel Wut abbekommen, obwohl es keine oder nur sehr harmlose Anlässe dafür gab. Sie konnte auch nicht wahrnehmen, dass ihr Vater (der Täter, auch tot) der ihr sehr übel mitgespielt hat der eigentliche Auslöser dieser Ausbrüche war. Leider kann das so manche Freundschaft und Partnerschaft kaputt machen.

Bei mir ist es so, dass ich extrem selten überhaupt wütend bin. Die Wut ist also noch überwiegend unterdrückt, wird also noch kommen, da bin ich mir sehr sicher. Denn Anlass habe ich mehr als genug. Aber dann habe ich eine Ahnung wo es her kommt.

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blitzy82
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Beitrag Sa., 16.02.2013, 22:21

Ja du beschreibst so ziemlich meine situation.
Hat sies geschafft das problem in den griff zu bekommen?

Das was du über deine wut schreibst trifft bei mir auf trauer über den verlust zu.
Ich sag mir immer ich kann mich jetzt nicht damit beschäftigen, andere dinge sind wichtiger... Und plötzlich sind 6 jahre vergangen...

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peppermint patty
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Beitrag So., 17.02.2013, 08:59

Moin blitzy,

Nein, meine Freundin hat es nicht verstanden worum es geht, denn dazu hätte sie ihre eigene Geschichte näher betrachten müssen. Sie hat es wohl mal in der Therapie besprochen, aber das war zu wenig. Leider zuwenig, denn es hat eine starke Verringerung der Lebensqualität zur Folge.

Bei mir steckt hinter dem Verdrängen der Wut (und das weiss ich immerhin schon) das Verdrängen von Schmerz und Trauer. Und diesen beiden Gefühlen befürchte ich nicht gewachsen zu sein. Da ist die Angst noch zu viel zu groß. Außerdem bedeutet die Verdrängung meiner Wut auch das Nicht- Akzeptieren -müssen meiner Kindheitserlebnisse, weil ich dann Opfer wäre. Und Opfersein ist für mich das Grauenvollste was es gibt. Also ein Rattenschwanz der mit der Verdrängung der Wut anfängt.

Bei mir ist es aber so, dass ich mir meine Geschichte ansehen "möchte" (ein bisschen arg übertrieben ), weil ich vom Leben MEHR will. Und das ist mit Verdrängung nun mal nicht möglich.

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blitzy82
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Beitrag So., 17.02.2013, 10:54

das nicht gewachsen sein, das befürchte ich eben auch. dass wenn ich es zulassen würde, dass die gefühle viel zu stark wären, als dass ich sie aushalten könnte.
und dann wär ich schwach. und das geht nicht, weil ich muss ja funktionieren.

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Krang2
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Beitrag Di., 19.02.2013, 13:11

@blitzy82,
kann vielleicht ein Teil deiner Grundaggressivität im Alltag daher rühren, daß du denkst, viele schöne Dinge verpaßt zu haben? Daß du vielleicht denkst, andere, die beide Eltern hatten, führten ein glücklicheres oder ein einfacheres Leben (was oft ein Trugschluß ist)? Ich habe an vielen Bekannten bemerkt, daß es grundsätzlich unzufrieden macht, sich zu oft mit anderen zu vergleichen, egal worin. Vielleicht hilft es dir, wenn du aus der verbleibenden Lebenszeit das für dich beste machst und seltener in die Vergangenheit oder nach anderen siehst?

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blitzy82
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Beitrag Di., 19.02.2013, 13:25

hallo krang,
ein teil womöglich, das könnte gut sein.
wobei das früher wohl viel intensiver war als jetzt, mit 30, wo das ganze schon eine andere bedeutung hat.
jetzt tut es mir oft leid dass meine zukünftigen (in planung) kinder keine großeltern meinerseits haben werden usw...
ich weiß dass das nicht unbedingt förderlich ist, aber der gedanke kommt immer wieder und lässt sich nur schwer wieder beiseite schieben.
akzeptiere die realität soll ich mir immer wieder sagen, aber irgendwie macht mein hirn was anderes....

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Krang2
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Beitrag Do., 21.02.2013, 09:46

Es ist vielleicht etwas abseits vom Thema, aber wenn deine Kinder zwei halbwegs gesunde Elternteile haben, die unerschütterlich für sie da sind und sie lieben, dann haben sie schon mal mehr als 90% aller Kinder! Großeltern "fehlen" den meisten, auch wenn erstere noch am Leben sind...die meisten Mütter, die ich kennengelernt habe, hatten in den Großeltern eher eine Last als eine Hilfe. Meinen Kindern fehlen Großväter (durch jeweils plötzlichen Tod in meiner Schwangerschaft!), aber ich würde sie deshalb nie bemitleiden. Es gibt aber sogar Vermittlungsstellen für "Leihomas/Leihopas", die selbst keine Enkelkinder haben und sich sehr über Kontakt zu einer "Ersatzfamilie" freuen und auch gern mithelfen würden. Aus Schicksalen kann man also auch noch etwas Konstruktives machen.
Wenn du mal Kinder hast, mach bitte nicht den Fehler, deine Gefühle auf sie zu übertragen...z.B. werden sie gar nicht unter dem Fehlen von Großeltern leiden, wenn du ihnen zeigst, daß sie alles haben, was sie zu ihrem Gedeihen und Glück brauchen. Mit Geld, Ängsten usw. ist das übrigens genauso. Der Neid wird durch neidische Eltern geschürt, die Zufriedenheit durch zufriedene Eltern.

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Jugendstil
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Beitrag Do., 21.02.2013, 11:54

Mir fällt es auch schwer, auf Menschen wütend zu werden, die immerhin wohl auf ihre Weise auch nur getan haben, was sie konnten.

Ich glaube nämlich grundsätzlich nicht, dass Eltern ihren Kindern schaden wollen, sondern in aller Rege wollen sie das Beste für sie. Da sie aber schwach sein können und dann mit ihren eigenen Schuldgefühlen umgehen müssen, geben sie diese Konflikte an ihre Kinder weiter. Wieso sollte man deswegen wütend auf sie sein?

Deine Therapeutin sollte dir vielleicht mehr helfen, mit Trauer und Schmerz fertig zu werden, statt dich zu einer Wut aufzufordern, die du nun mal nicht hast.

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Krang2
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Beitrag Do., 21.02.2013, 20:02

Vielleicht möchte die Therapeutin, daß sie wütend wird, weil Wut einen eher aus der Lethargie reißt als Schmerz und Trauer? Also, daß das Entscheidende nicht ist, ob die Wut nun berechtigt ist oder nicht, sondern daß sie auch nützlich sein kann, um etwas besser zu verarbeiten.

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