meine Vergangenheit holt mich ein...

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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kleineanni
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meine Vergangenheit holt mich ein...

Beitrag Di., 29.11.2011, 20:33

Meine Vergangenheit holt mich ein...

Hallo ihr Lieben,
Ich habe eben dieses Forum hier gefunden und bin da sehr froh drüber. Ich möchte gerne mal meine Geschichte loswerden. Ich brauche einfach jemanden zum reden. Über antworten, Meinungen und Tipps würde ich mich sehr freuen.

Ich bin 24 Jahre alt, habe mein leben im griff, ein gutes Verhältnis zu meiner Familie und grade eine neue Beziehung. Und jetzt plötzlich, nach 17 Jahren holt mich meine Vergangenheit ein, die ich unbewusst immer in die hinterste ecke geschoben und ignoriert habe. Jetzt merke ich plötzlich wie sehr mich meine Kindheit geprägt hat und wie sehr es mein heutiges handeln im griff hat. Ich bin immer schon ein ruhiger nachdenklich Mensch gewesen und versuche mein handeln selbst zu analysieren.

Vielleicht sollte ich einfach mal am Anfang anfangen damit ihr wisst worum es geht. Also, als ich 7 war ist mein Bruder mit 8 Monaten am plötzlichen kindstot gestorben. An dem morgen seines Todes war ich mit meiner Mutter zuhause und wir haben uns gewundert das Alexander so lange schläft. Da hat meine Mutter mich losgeschickt meinen Bruder zu wecken. Jetzt kann ich mich nicht mehr ganz genau an alles erinnern...ich weiß nur noch wie kalt und hart er sich angefühlt hat, bevor ich an meiner Mutter vorbei ins Wohnzimmer gerannt bin und mich aufs Sofa geschmissen habe. Den schrei meiner Mutter werde ich nie vergessen! Danach hab ich wieder erinnerungs Lücken...ich seh wie meine Tante Alexander in seine schönsten Sachen packt...meine Mutter total hysterisch im Schlafzimmer und den Notarzt der ihr eine Beruhigungsspritze gibt...dann einen kleinen weißen Sarg...und dann ist schon der Tag seiner Beerdigung und meine Tante spielt ein rechenspiel mit mir auf dem Boden weil ich nicht mit wollte zur Beerdigung. Ich bin ihr bis heute sowas von dankbar das sie bei mir geblieben ist und gleichzeitig ärger ich mich das ich nicht mitgegangen bin.

An die Zeit danach habe ich nicht viele Erinnerungen...nur da dran wie ich mich gefühlt habe. Und das habe ich nie jemanden erzählt.

Ich glaube die nächsten Jahre waren sehr von Streitereien meiner eltetn geprägt. Meine Mutter wollte über alles reden und mein Vater hat versucht seinen schmerz in Alkohol zu ertränken.

Und ich, ich habe einerseits immer versucht zu vermitteln...zu schlichten...das sie sich wieder lieb haben.
Und gleichzeitig habe ich in der Zeit abgefangen zu versuchen nicht aufzufallen...unsichtbar zu sein. keinem zur last zu fallen...keinen mit meinen Problemen und Ängsten zu konfrontieren. Schließlich hatten beide ihre eigenen Probleme....ich wollte nicht verantwortlich sein das es ihnen schlecht geht. Also habe ich immer alles in mich rein gefressen...habe meine Probleme alleine gelöst. Alle würden sagen ich bin eine selbstbewusste Frau die ihren weg geht. Aber das bin ich nicht. Ich hatte nur nie eine andere Wahl. Ich habe immer extra fröhlich getan...nie schlechte Laune gezeigt, damit es meinen Eltern gut geht. Ich habe immer zuerst an Sie gedacht. Und dann hat meine Mutter, aus einem Streit raus, als ich ein zickiger Teenager war, gemeint ich wäre egoistisch...das hat mich bis heute schwer getroffen...ich wollte doch immer nur das es meiner Familie gut geht.

Ich habe heute noch Probleme über meine Gefühle zu reden. Ich denke immer das interessiert doch eh keinen. Meine Probleme löse ich auch selbst...nur keinen enttäuschen und zur last fallen. Nach außen habe ich die Maske des des Selbstbewusstseins und der immer guten Laune. Doch in mir drin siehts oft anders aus.

Ich glaube das meine Vergangenheit auch die Beziehung zu meinen Freund belastet. In wie fern genau kann ich nicht sagen. Vlt schiebe ich auch nur alles auf meine Kindheit? Unser Anfang war sehr schwer für mich und im mom kann er mir nichts recht machen...

Danke fürs durchlesen!! Ich weiß nicht was genau ich mir erwarte von meinem Beitrag aber das aufschreiben tat schon gut.

Liebe grüße kleineanni

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Nico
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Beitrag Di., 29.11.2011, 20:55

Hm, oh ja das kann ich mir schon vorstellen, dass man von so einem Ereignis und dem was sich dadurch alles ergeben hat, gepraegt wird.
Ich glaube du wirst erst dann deine Ruhe finden, wenn es dir gelingt mit deinem verstorbenen Bruder und deinen Eltern deinen Frieden zu machen. Koennte es sein, dass du in irgendeiner Form deinem Bruder ( weil er vordergruendig ja durch seinen Tod die Beziehung deiner Eltern zerstoert und dich in die " Unsichtbarkeit" gezwungen hat) die Schuld an deiner Entwicklung gibst ?
Vielleicht solltest du dir darueber im Klaren werden, dass zwar in diesen Ereignissen wahrscheinlich die Ursache fuer dein heutiges empfinden zu finden ist, die Beteiligten sich diese Entwicklungen aber ganz sicher nicht freiwillig ausgesucht haben.
Dein Bruder ist nicht absichtlich gestorben, es war ihm so bestimmt. Deine Eltern konnten mit dem Schmerz einfach nicht umgehen, deine Vernachlaessigung war nur eine Folge davon, sie hat sich aber sicher nicht mit voller Absicht gegen dich als Person gerichtet, nehme ich an.
Versuche deinen Frieden zu machen, das wird dich befreien und du wirst wieder zu dir selbst Zugang finden.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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kleineanni
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Beitrag Di., 29.11.2011, 21:21

Mmhh, da hab ich noch nie dran gedacht. Nein ich glaube nicht das ich ihm die schuld gebe. Ich mache niemandem einen Vorwurf. Naja, Langzeit hab ich Gott einen.Vorwurf gemacht. Bis meine Mutter irgendwann meinte Sie hätte meinen Bruder im Traum gesehen und er hätte erzählt er musste gehen um vor meinen urgroßeltern im Himmel sein um für sie da zu sein. Vernachlässigt trifft es auch eigentlich nicht genau. Ich hatte trotz allem eine super Kindheit. Habe viel mit meinen Eltern unternommen, meine ganze Familie ist immer für mich da. Ich wollte auch nicht vermitteln das ich eine schlechte Kindheit hatte.

Klar, so ein Ereignis verändert Menschen. Aber alle haben sich wieder gefangen. Und nach der Geburt meiner Schwester vor 13 Jahren ist auch die Beziehung meiner Eltern wieder in Ordnung. Aber ich habe immer gekämpft...um meine Eltern und deren ehe...die Familie...dafür stark zu sein...meine Probleme zu lösen...alle zufrieden zu stellen. Und ich kann einfach nicht mehr kämpfen...aber dann hab ich mich verliebt. Und musste wieder kämpfen. Um seine liebe um die Beziehung. Und selbst jetzt hab ich noch das Gefühl für um seine Aufmerksamkeit und Zuwendung kämpfen zu müssen. Komme nicht klar wenn er sich nicht meldet oder andauernd mit seinen Freunden weg geht. Dabei hab ich so keine Lust zu kämpfen...ich möchte mich anlehnen, jemanden der sagt alles wird wieder gut und für mich kämpft.

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Nico
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Beitrag Mi., 30.11.2011, 07:30

Natürlich spielen sich diese Vorgänge nur in den seltensten Fällen bewusst ab und du müsstest wahrscheinlich viele deiner Gefühle ganz aktiv ins Gegenteil umwandeln um überhaupt draufzukommen, dass da was dran ist.
Aber ich kann natürlich auch falsch liegen, eh klar.
Weißt du einiges an deinen Problemen erinnert mich an mich selbst wie es bei mir so vor 25 Jahren herum war, wobei ich kein vergleichbares traumatisches Erlebnis hatte.
Man kommt aus diesem Kreislauf nur raus wenn man wirklich absolut klar Schiff macht und auch die nötigen Schritte setzt um nicht gleich wieder ins selbe Fahrwasser zu gelangen.
Und um mit dem Kämpfen aufhören zu können muss man erst einmal lernen, dass man sich das hier und jetzt aktiv gestalten muss wie man es haben möchte. Um bei dir zu bleiben, bedeutet das z.B. dass du deinem Freund konsequent dazu drängen musst dir die gewünschte Aufmerksamkeit zu geben und wenn das nicht fruchtet, musst du loslassen und dich trennen. Deinen nächsten Freund suchst du dir dann entsprechend deiner Prioritäten und Wünsche. Setzt du diese Prioritäten nicht, beginnt der Kampf automatisch wieder von vorne.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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kleineanni
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Beitrag Mi., 30.11.2011, 16:18

Ich weiß nur einfach nicht wie ich da wieder raus komme...und wie soll ich ihn dazu bringen mir mehr Aufmerksamkeit zu schenken? Ich weiß nicht was ich machen soll. Bin im Moment regelrecht verzweifelt...

Gestern habe ich mich mit meinem Freund gestritten. Er hat mir mitgeteilt das wir uns diese Woche höchstens am Wochenende sehen können weil er heute auf nen Geburtstag ist und morgen mit seinen Jungs erst Fußball spielt und dann was trinken. Und gleich hat es mir wieder den Boden unter den Füßen weg gezogen. Ich hab mal wieder verloren...gegen seine Freunde.


Apfelbaum
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Beitrag Do., 15.12.2011, 09:08

Hallo kleineanni,
habe gerade deine erste Nachricht gelesen. Ich finde das toll, dass du das Tier jetzt bei den Hoernern greifst, das ist nicht leicht. Ich habe eine sehr aehnliche Geschichte und deshalb interessiert mich deine Erfahrung sehr. Auch bei mir ist ein Bruder als Baby gestorben und auch bei uns wurde es erst wieder 'gut' als meine Schwester kam. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn du schreibst, dass du so im Leben super gut funktionierst und gute Laune hast, bis sich manchmal Spruenge zeigen. Du bist ja selber auch schon draufgekommen, dass die Beziehung mit deinem Freund etwas mit der Dynamik in deiner Familie zu tun hat. Wenn du schreibst, dass du um deinen Freund kaempfen musstest, aber am Liebsten eine Schulter zum anlehnen haettest, dann kann ich das auch sehr gut verstehen. Da koenntest du dich jetzt fragen, ob du dir eine Beziehung gesucht oder geschaffen hast in der du kaempfen musst, weil du als Kind auch um Aufmerksamkeit kaempfen musstest...
Also ich habe vor ca. 2 Monaten mit einer Psychotherapie angefangen und ich kann's nur empfehlen. Das ist schon anstrengend, aber ich hatte es satt in Beziehungen immer wieder gegen die Wand zu laufen, ohne den Grund zu erkennen.

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