Traumatische Kindheitserlebnisse

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
|Evelin
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 21
Beiträge: 13

Traumatische Kindheitserlebnisse

Beitrag Mo., 05.09.2011, 10:33

Hi Leute.

Zwar bin ich schon von zu Hause ausgezogen, doch lassen mich einige traumatische Erlebnisse in meiner Kindheit (teilweise auch Jugend) nicht los. Alles Erlebnisse die mit meinen Eltern zu tun haben. Jedes Elternteil für sich hat sich da so manches geleistet! Dass mich diese Dinge nun Jahre danach trotzdem noch beschäftigen zeigt mir, dass es für mich keine Lappalien waren. Auch wenn das manche außenstehenden gar nicht für so dramatisch halten was teilweise passiert ist. Ich empfand es so.

Umso mehr verletzt es mich zusätzlich, als ich meiner Mutter damals versuchte, ihr meinen Kummer über diese Dinge anzuvertrauen. Sie hatte es total verharmlost, sich und meinen Vater für diese Dinge gerechtfertigt und ich fühlte mich mit meinem Schmerz überhaupt nicht ernst genommen. Nichtmal von den Personen, die auch noch selbst verantwortlich für diese Traumatischen Erlebnisse waren. Das hatte mir dann den endgültigen Stich ins Herz versetzt, sodass ich gar keine Zuneigung oder Liebe mehr für meine Eltern empfinden konnte.

Ich fühlte mich damals sehr von ihnen im Stich gelassen, alleine gelassen. Notdürftig versuchte ich bestmöglich mein Leben selbst zu gestalten. Ich suchte mir andere Bezugspersonen (Lehrer, Eltern von Freunden etc) an denen ich mich orientieren konnte. Ich wusste nicht wohin ich mich wenden konnte. Sogar die SuperNanny hatte ich damals schriftlich kontaktiert. Mit ca 13 hatte ich den Wunsch, dass mich irgendjemand adoptiert. In meinem Alltag beobachtete ich viele Menschen, um mir dann vorzustellen, wie es wäre, wenn diese oder jene mich adoptieren würden.

Trotz allem zugefügten Schmerz und Leid wandte ich mich nicht an das Jugendamt. Ich war nicht wie sie, ich wollte ihnen nicht weh tun. Auch gegenüber ihren Freunden und Bekannten spielte ich heile Welt. Wenn es etwas nutzt kann ich gerne mal von Situationen erzählen, die ich als so traumatisch empfand. Ich war auch schon bei 3 Psychotherapeuten und in 1 Klinik. Aber nirgends hatte ich das Gefühl, man würde mich wirklich mit meinen Sorgen ernst nehmen. Immer empfand ich es als Verhamlosung! Gut, vielleicht fällt das außenstehenden wirklich so schwer, aber dann brauch ich meine Zeit nicht bei Therapeuten verschwenden.

Kann man traumatische Kindheitserlebnisse überhaupt verarbeiten; und wenn ja, wie wäre es möglich?

Herzlichen Dank, Evelin.

Werbung


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Mo., 05.09.2011, 10:55

Hallo Evelin,
klar kann man das verarbeiten!
Braucht allerdings schon Auseinandersetzung damit,ist also "Arbeit".

Daß deine Eltern sich leider nicht damit auseinandersetzen wollen,ist schade.Weil das alleine schon mal gut weiterhelfen könnte...War bei mir aber auch so : da wurde verleugnet und verdrängt...
Naja,blieb mir nix anderes übrig,als das eben alleine für mich auszumachen.Und das geht genauso gut - gibt ja auch genug Leute,deren Eltern schon nicht mehr leben und die können trotzdem noch mit Manchem abschließen.

Was ich nicht so ganz nachvollziehen kann ist,daß du von deinen Therapien nichts mitnehmen konntest.
Bei mir lief da auch nicht immer alles nach Wunsch,aber weitergebracht hat es mich schon.Inzwischen so weit,daß ich sagen kann,es ist verarbeitet und ich hab meine Seele frei davon.

Was würde denn deiner Meinung nach dir am ehesten und besten helfen,das Erlebte hinter dir lassen zu können?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
|Evelin
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 21
Beiträge: 13

Beitrag Mo., 05.09.2011, 11:22

Was würde denn deiner Meinung nach dir am ehesten und besten helfen,das Erlebte hinter dir lassen zu können?
Hi Waldschratin, danke für deine Antwort.

Nunja, nach meinem Empfinden hätte ich gern jemand, der zumindest versucht, mich zu verstehen was und warum das so schlimm für mich war; und der zumindest versucht das aus meiner Sicht zu betrachten. Bei so jemand bin widerum auch ich viel kooperativer Hilfen anzunehmen, als wenn man mich von vorne herein damit nicht sonderlich ernst nimmt und mein erlebtes verharmlost.

Wie gesagt es mag sein dass es anderen harmlos zu sein scheint. Aber es geht ja nicht darum was andere davon halten, sondern wie ich es erlebt hab. Und für mich waren diese Dinge eben sehr Schlimm und haben tiefe Spuren hinterlassen. Und das ändert sich auch nicht, wenn man es verharmlost.

Ich hab schon früher an eine Familientherapie gedacht. Aber so lange meine Eltern null Einsicht haben, gar nicht die Bereitschaft da ist mich verstehen zu wollen, und sie eine Familientherapie für überflüssig halten weil sie der Ansicht sind nichts schlimmes getan zu haben und ich sei doch das ganze Übel; da kann ich mir eine Familientherapie sowieso abhaken.

Der größte Wunsch wäre wirklich, dass meine Eltern zur Einsicht kommen und realisieren, was falsch gelaufen ist und dass mich das ebenso so verletzt hat. Einfach nur wenn sie zumindest den Ansatz machen würden, mich versuchen zu verstehen. Das würde mir zeigen dass ich ihnen irgendwo doch was bedeute & ein kleines Stück wichtig bin.

Damals kam dann noch die spaßige Antwort von wegen, er (mein Vater) bräuchte sich ja von mir (als ich jünger war) nichts sagen zu lassen. Dabei habe ich ihm keinerlei Vorschriften gemacht, sondern wollte ihm einfach nur erzählen und erklären, was mich an seinem Verhalten so sehr verletzt. Das hat er so empfunden, dass ich ihm vorschreiben würde, wie er sich zu verhalten hätte.

Irgendwann habe ich es einfach nicht mehr eingesehen, dass ich (als Kind) ständig und immer wieder den Versuch machen soll, auf sie zu zugehen aber von der Gegenseite überhaupt keine Bereitschaft da ist. Gut, stellt sich natürlich die Frage, in wiefern von Eltern, die selbst krank sind, überhaupt solch eine Bereitschaft und Einsicht erwartet werden kann.

Was mir geholfen hatte, bis ich ausgezogen bin, dass ich sie eben nur noch als x-beliebige Personen betrachtet hatte, mit denen ich einfach zusammen wohne. Sonst nichts mehr, kein Bezug, keine Gefühle, nichts. Es war eine rein zweckmäßige Beziehung. Diese von mir gezogene emotionale Grenze hat mir zumindest schonmal geholfen.

Lg Evelin.


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Mo., 05.09.2011, 14:11

Nunja, nach meinem Empfinden hätte ich gern jemand, der zumindest versucht, mich zu verstehen was und warum das so schlimm für mich war;
Das ging mir anfangs auch so : daß das,was mir geschehen ist,einmal "gewürdigt" wird,gesehen wird,als das,was es ist - und somit seine "Berechtigung" erhält.
Ich hatte da auch keine großen Erwartungen dahinter,daß ich das dann hernehmen möchte als "Entschuldigung" für meine Symptomatik etc.
Und schon gar nicht,daß ich damit meine Eltern "maßregeln" wollte - ich wollte einfach nur "gesehen" werden von ihnen.

Aber weißt du,genau das ist ja das Paradoxe:
Wären meine Eltern je dazu fähig gewesen,"mich" zu sehen - hätten sie all das,was geschehen ist,mir nicht antun können...
Das packt keiner ohne große Schuldgefühle - und deshalb haben meine Eltern genau das Gleiche getan,wie deine jetzt : abgestritten,es auf mich zurückgeworfen,ich war "das schwarze Schaf" und diejenige,die die Familie "zerstörte",als ich anfing,nach außen zu gehen und mir Hilfe zu suchen.

Und warum diese ganzen heftigen Reaktionen meiner Eltern?Weil ihnen der Poppes auf Grundeis ging vor Angst,daß andere mitbekommen,was für sch*** Eltern sie waren...

Familientherapie hat mein Thera damals in der Klinik (meiner ersten Therapie) auch angedacht,hat meine Eltern zu nem gemeinsamen Gespräch eingeladen - sie kamen natürlich nicht.Dafür beschimpften sie mich via Telefon aufs Übelste.Aber solche Worte wie "Ausgeburt des Bösen" war ich längst als Bezeichnung für mich gewohnt...
Dennoch war`s schwer...Ich hatte das erste Mal Unterstützung gehabt,hatte einen Funken Hoffnung - war aber nix.

Ich hab da begriffen,daß meine Eltern es nie zugeben werden.Daß ich alleine damit fertigwerden muß.

Und auch alleine mit ihnen abrechnen...

Dabei ein Gegenüber zu haben,hätte es zwar um einiges einfacher gemacht - aber es ging auch so.

Mir hat v.a. dann geholfen,daß mein Thera "das Wenige",das mir zu dem Zeitpunkt an Schlimmen in Erinnerung war,anerkannt und "gewürdigt" hat und mich darin ernstgenommen.

Haben das deine Theras denn gar nicht gemacht?

Werbung

Benutzeravatar

ENA
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 46
Beiträge: 9838

Beitrag Mo., 05.09.2011, 16:14

Waldschratin hat geschrieben:Wären meine Eltern je dazu fähig gewesen,"mich" zu sehen - hätten sie all das,was geschehen ist,mir nicht antun können...
Das packt keiner ohne große Schuldgefühle -
Stimmt, ja. So denke ich auch.
...und manchmal, wenn man schon kein "Tut mir leid", bekommt, hilft es vielleicht wenigstens etwas, genau das zu verstehen. Nicht als Entschuldigung für die Tat, aber...ja, vielleicht hilft zumindestens ein bisschen schon das "einfach verstehen".
Waldschratin hat geschrieben:Und auch alleine mit ihnen abrechnen...
Bietet auch Chancen, oder?
Waldschratin hat geschrieben:anerkannt und "gewürdigt" hat und mich darin ernstgenommen.
Das finde ich auch sehr wichtig, ja. Neben dem Gesehen-werden. ...

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
|Evelin
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 21
Beiträge: 13

Beitrag Mo., 05.09.2011, 17:18

Hi. Entschuldigt bitte, mir ist gerade aufgefallen, dass ich mich verlesen hatte. Ich hab das Thema in "Schwere Krankheit, Tod und Trauer" gestellt, weil ich stattdessen "schwere Kindheit" gelesen hatte..
Und warum diese ganzen heftigen Reaktionen meiner Eltern?Weil ihnen der Poppes auf Grundeis ging vor Angst, daß andere mitbekommen,was für sch*** Eltern sie waren.
Ja das würde tatsächlich auch in meinem Fall Sinn machen. Gegenüber Freunden, Verwandten und in der Öffentlichkeit haben meine Eltern die perfekte Rolle gespielt. Ein Himmelweiter Unterschied zu dem wie sie sich "privat" mir gegenüber verhalten haben. Bah, mir ging diese Heuchelei sowas von..! Und auch noch, dass meine Eltern so häufig gelobt wurden, was für ein vorzügliches, braves und tolles Kind sie doch haben. Keiner von denen wusste, wie es wirklich aussah. Mit dem Verhalten meiner Eltern und mit mir.

Vielleicht kam ihnen irgendwann in den Sinn, was alles schief gelaufen ist. Durchaus möglich. Und ja, vielleicht mag es oftmals der vermeintlich einfachere Weg sein, einfach mit dem Strom zu schwimmen und alles so weiter laufen zu lassen -wenn man nicht genügend Rückgrad und Selbstachtung hat um seine Fehler einzugestehen und ehrlich gemeint "entschuldigung" zu sagen. Und ich merke, wie verd** gut es mir tut, durch einen einzigen Beitrag in einem Forum, einfach nur mal Zuspruch zu bekommen. Sehr gut tut mir das & es stärkt und ermutigt mich. Danke!!
Mir hat v.a. dann geholfen,daß mein Thera "das Wenige",das mir zu dem Zeitpunkt an Schlimmen in Erinnerung war,anerkannt und "gewürdigt" hat und mich darin ernstgenommen. Haben das deine Theras denn gar nicht gemacht?
Beim ersten Therapeut war ich insgesamt einige Monate, regelmäßig. Erst 2x die Woche, später 1x die Woche. Vielleicht lag es auch daran, dass sie "nur" eine Ärztin mit einem 1jährigen Zusatzseminar Psychotherapie war, ich weiß es nicht. Mir kam das bei ihr so sinnlos vor. In der Klinik in die sie mich eingewiesen hatten, war ich ganze 4 Tage. Bei der nächsten Therapeutin insgesamt ganze 2x. Wow!

Wenn bei den Therapeuten und in der Klinik jeweils versucht wurde, mich und meine Eltern einfach wieder zu versöhnen und auf einander zu zuführen; frage ich mich ernsthaft ob man a) zuhörte WAS ich da eigentlich erzählte und b) mich in meiner Situation wirklich ernst genommen hat. Schien mir an Hand dessen irgendwie nicht der Fall zu sein. Klar sind nicht alle Therapeuten so. Aber ich hab auch nicht mehr groß Lust, erneut zu einem zu gehen, bezogen auf das Thema.

Mittlerweile kommt es mir so vor, wenn man nicht gerade vergewaltigt oder geschlagen wurde, wird man wohl einfach nicht so ernst genommen. Aber das ist nur mein persönlicher Gedanke. Herzlichen Dank euch, Evelin.


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Mo., 05.09.2011, 18:18

Mittlerweile kommt es mir so vor, wenn man nicht gerade vergewaltigt oder geschlagen wurde, wird man wohl einfach nicht so ernst genommen.
Das mag durchaus sein,daß viele Theras da mit der Zeit "abstumpefen",bei all dem,was die sich da alles so anhören müssen...

Aber es gibt sie wirklich noch,die Theras,die auf einen direkt eingehen und nicht gleich mal "bewerten",was man mitbringt.
Und dann kommts ja auch meist sehr auf die Symptomatik an,die einen plagt.

Aber natürlich kannst du auch erstmal ganz für dich versuchen,das verarbeitet zu bekommen.Gibt ja auch gute Bücher,wie man sein "inneres Kind" abgeholt bekommt,damit diese alten Wunden heilen können.

Und solche Foren wie dieses hier.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag