Freund stirbt vielleicht

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Caliban
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 45
Beiträge: 2

Freund stirbt vielleicht

Beitrag Fr., 11.06.2010, 10:28

Liebes Forum,
habe lange überlegt, ob ich schreiben soll und wenn ja, was verspreche ich mir davon.
Vielleicht will ich mich nur mal ausheulen..... meinen Frust loswerden. Vielleicht könnt ihr mir Wege aufzeigen, damit umzugehen.

Mein Freund hat Krebs. Wir wissen nicht, wie lange er noch hat. Er verweigert sich jeglicher Therapie.
Wir sind noch nicht lange zusammen. Es gibt Gründe, warum er sich entschlossen hat, nicht kämpfen zu wolllen und sich lieber aufzugeben. Das heisst nicht, dass ich sie nachvollziehen kann. Es sind Dinge, die lange vor meiner Zeit passiert sind und die einen schon aus der Bahn werfen können.
Dann lernte er mich kennen, wir haben uns verliebt und er begann, umzudenken. Wen man verliebt ist, dann erscheint einem das Leben plötzlich wieder lebenswert. Er macht Pläne, ist wieder voller Elan. Und einige Dinge wollte er noch regeln bevor er sich ins Krankenhaus begibt. Aber - es kommen immer mehr Dinge hinzu. Er hat Angst vor der endgültigen Diagnose, das weiss ich. Aber er ist noch jung und ihm rennt die Zeit davon. Bei seinem Stoffwechsel kann die Krankheit schneller fortschreiten als bei einem alten Menschen. Und wir wissen überhaupt noch nicht, in welchem Stadium der Krankheit wir uns befinden. Er ist ja nicht mehr zur Untersuchung gegangen.

Er sagt mir, er wird sich um die Behandlung kümmern und ich weiss auch ganz sicher, dass er leben will. Aber die Angst scheint grösser zu sein. Er schiebt immer mehr Dinge vor, die es hinauszögern, so kommt es mir vor. Ich denke, er hat Angst, der Arzt könnte ihm sagen, dass es keinen Sinn mehr hat und alle seine Zukunftspläne haben keinen Wert mehr. Das würde er nicht verkraften.
Aber vielleicht gibt es ja noch eine Chance. Die verbaut er sich aber, je länger er wartet. Es ist ein Teufelskreis und ich weiss nicht, wie wir da rauskommen sollen.

Caliban

Werbung

Benutzeravatar

reddie
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 55
Beiträge: 711

Beitrag Fr., 11.06.2010, 10:58

Gute Informationen gibt es im Krebs-Kompass-Forum. Allerdings müßte er schon mal abklären lassen, wie weit fortgeschritten die Krankheit ist. Vielleicht kann er sich was zur Beruhigung verschreiben lassen. Habe ich damals auch gemacht. Wäre doch schade, wenn er noch gute Heilungschancen hätte, auf eine Behandlung aus Angst zu verzichten.

Ich wünsche Euch die Kraft zum Handeln!

reddie

Benutzeravatar

Eve...
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 12
Beiträge: 2989

Beitrag Fr., 11.06.2010, 11:23

Hallo Caliban.

Zunächst: Dein Bericht erschüttert mich; ist es doch ziemlich mit das Schlimmste, was einem in einer glücklichen Beziehung passieren kann ... Du bzw. Ihr habt mein volles Mitgefühl.

Zu der Sache selbst möchte ich vorsichtig folgendes sagen: Ausschlaggebend sollte immer der Wunsch des Betroffenen selbst sein.

Mein Bruder zog es auch vor, keine Chemo zu wollen und dem Tod so rascher entgegenzugehen - er wollte einfach kein verlängertes Leiden und sah für sich die Chemo so an. Er mochte auch nicht über den bevorstehenden Tod reden, und alle haben seinen Wunsch respektiert. Allerdings war sein Fall hoffnungslos, und Ihr wisst es ja nicht mal genau. Vielleicht ändert Dein Freund seine Einstellung doch noch und lässt überprüfen, wie es damit aussieht - ich verstehe ihn aber nur zu gut, wenn er da momentan nicht so genau hinschauen möchte. Niemand sollte das verurteilen, bevor er nicht selbst in einer solchen Situation war.

Ich verstehe auch Deinen Kummer voll und ganz, nur kannst Du ihn, außer ihn vielleicht sanft zu bitten, nicht beeinflussen, ohne dass er weiter in eine für ihn schreckliche, zusätzliche Klemme gerät. Dennoch ist gut möglich, dass sich bei ihm die Haltung noch verändert, ganz von allein.

Für Euch beide alles, alles Gute. Es geschehen immer wieder Wunder ...

Eve


yuna
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 27
Beiträge: 888

Beitrag Fr., 11.06.2010, 12:38

Hey Caliban!

Wenn ich deinen Beitrag lese, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter und ich stelle mir selbst die Frage was ich an der Stelle deines Freundes tun würde, aber das liegt jenseits meiner Vorstellungskraft.
Was du schreibst erschüttert mich zutiefst und alles was ich sage würde euch das Leid dem ihr gegenübersteht nicht nehmen können. Ich kann dir nur mein Mitgefühl aussprechen.
Auch ich habe Erfahrungen mit Krebs gemacht. Mein Vater erkrankte an Blasenkrebs und wollte sich zuerst gegen eine Behandlung streuben. Nun, sieben Jahr später, ist er froh darüber die Krankheit überstanden zu haben, auch wenn er seitdem einen künstlichen Ausgang hat.

Es liegt nicht in deiner Macht die Entscheidung deines Freundes zu beeinflussen. Er fürchtet sein unumgängliches Todesurteil zu hören und diese Angst ist verständlich. Andersherum kann er seine Möglichkeiten nicht abwägen, wenn er sich nicht zu einer Untersuchung begibt. Vielleicht gibt es eine Chance.
Wenn er weiß wie es um ihn steht, könnte er sich noch immer gegen eine Therapie entscheiden. Vielleicht kannst du ihm diesen Standpunkt näher bringen.

Alles Gute und sehr viel Kraft

LG, yuna

Werbung

Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Sa., 12.06.2010, 16:14

lass dich mal drücken !!!
ich bin in einer ähnlichen Situation: mein Partner hat auch Krebs, eine ziemlich aggressive Sorte sogar. Aaaaaaber: nach allen Voruntersuchungen haben die Ärzte ihm Hoffnung auf völlige Ausheilung gemacht.

Vielleicht lässt sich dein Freund wenigstens auf nähere Untersuchungen ein? Bislang scheint ja noch keine endgültige Diagnose gestellt worden zu sein. Wenn das erfolgt ist, kann er ja immer noch entscheiden, ob und wie er sich behandeln lassen will.

ich wünsche dir ganz viel Kraft!!!!

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Caliban
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 45
Beiträge: 2

Beitrag So., 13.06.2010, 08:40

Erstmal sorry, dass ich jetzt erst antworte. Ich kann nicht immer online sein.

Aber vielen Dank für eure einfühlsamen Antworten. Es tut mir gut, so verstanden zu werden.

Zunächst mal vielen Dank für den Hinweis auf das Krebs-Kompass-Forum. Ich habe bereits einen Boick hineingeworfen. Es ist zwar erchütternd, darin zu lesen aber auch tröstlich, wie lange man damit überleben kann.

Wichtig ist jetzt einfach, dass er wirklich zur Untersuchung geht. Aufgeben kann er immer noch, wenn er die endgültige Diagnose hat. Das muss ich dann akzeptieren. Es ist seine Entscheidung.
Aber ich kann und will es einach nicht zulassen, dass er eine Chance vertut, wenn er sie noch hat. Zumal er ja leben will! Er will es, er macht Pläne für die Zukunft...aber er zäumt das Pferd von hinten auf.
Er plant und stellt Weichen, aber er verdrängt, dass er die Verwirklichung seiner Pläne nicht mehr erleben wird, wenn er jetzt nicht handelt.

Ich denke, ich werde ihn mit meiner und seiner Angst konfrontieren müssen. Er hat Angst, dass ein Arzt ihm sagt, dass es zu spät ist. Dann wird er in ein tiefes Loch fallen. Aber wenn er nicht handelt, wird es definitiv zu spät sein. Dann braucht er über die Frage nicht mehr nachdenken.
Allerdings habe ich auch Angst davor.

Caliban


Gast
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 46
Beiträge: 2008

Beitrag So., 13.06.2010, 20:18

Hallo Caliban

ich kann deinen Freund sehr gut verstehen.

Ich stehe auch vor der Wahl, mich zu stellen, zu verifizieren oder den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Für mich kann ich sagen, wenn ich mich für's laufen lassen entscheide, dann ist das nicht die Angst vor der Realität. Für mich kann ich sagen, das wäre die Entscheidung nicht (mehr) zu wollen.
Aber ich kann und will es einach nicht zulassen, dass er eine Chance vertut, wenn er sie noch hat. Zumal er ja leben will! Er will es, er macht Pläne für die Zukunft...aber er zäumt das Pferd von hinten auf.
Er plant und stellt Weichen, aber er verdrängt, dass er die Verwirklichung seiner Pläne nicht mehr erleben wird, wenn er jetzt nicht handel
Du wirst es zulassen MÜSSEN! Er geht den Weg so, wie er ihn richtig findet. Wenn er verdrängt, hat das mit ihm und seinem Gefühl zu tun, nicht mit dir. Die Pläne, vielleicht fühlt er sich verantwortlich, will dass du weisst, er liebt dich, aber in Wirklichkeit hat er bereits entschieden. Lass ihn! Das kann ich nur immer wiederholen.
Ich würde auch sonstwas zum Trost sagen, wenn ich spüren würde der andere erträgt nicht, was ICH will....

Das den Angehörigen so, in dieser Härte, in dieser Konsequenz zu vermitteln fällt (dann) sicher auch mir schwer. Dennoch, ICH entscheide und die, die es mittragen, tun es zu meinen Bedingungen oder lieber nicht. Das könnte ich respektieren.
Das Schlimmste für mich wäre, von den Lieben gedrängelt, gedrückt, zu werden.
Es ist mein Leben.So wiees das deines Freundes ist.

Wenn jemand, der schwer krank ist, eine Diagnose erwartet, die den Tod bedeutet, dann ist das sich nicht stellen wollen bereits eine Stellungnahme.

Ich weiß, es tut dir sicher höllisch weh, aber wenn der Mann, den du liebst, sich so entscheidet, dann musst du das respektieren und, so du ihn liebst und deine Liebe soweit geht, ihn auf SEINEM Weg begleiten. Alles andere würde den Kranken noch mehr leiden lassen.
So schlimm und hart es klingt, wenn du das nicht kannst, dann lass ihn allein seinen Weg gehen. Diese Entscheidung, ob du seine Entscheidung 'erträgst' triffst du allein.

Ich wünsche dir Kraft für das, was dir/ euch die Zukunft bringt.

Rosenrot


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Mo., 14.06.2010, 16:37

Hallo Caliban,

ich verstehe dich sehr gut. Als ich meine Lebensgefährtin kennen lernte - da war sie zwar sehr krank, aber noch nicht an Krebs erkrankt; hatte eine andere Krankheit - da erklärte sie mir, dass sie, wenn sie jemals Krebs kriegen sollte, sich nicht behandeln lässt. Ich war geschockt, oder besser gesagt, es tat mir sehr weh. Der Gedanke, sie verlieren zu können, tat sehr weh. Dann erkrankte sie tatsächlich an Krebs, doch entgegen ihres Vorhabens, ließ sie sich behandeln - verstarb dennoch schließlich.

Ich selber kann die Reaktion deines Freundes gut verstehen. Ich habe auch lange eine Untersuchung hinausgezögert, aus Angst, die Ärzte würden etwas feststellen.

Du hast gewiss schon einiges versucht, um deinen Freund zu erreichen und ihn zu einem Arztbesuch zu bewegen.
Ideen, die ich habe:
- ihm anbieten, ihn zum Arzt begleiten
- ihn fragen, ob es ihm mit seiner Ungewissheit wirklich gut geht oder ob es nicht besser wäre, Gewissheit zu haben
- ihn daran erinnern, dass manche Krebsformen, wenn frühzeitig entdeckt, gute Heilungschancen haben
- ihn an das erinnern, was schön ist (Beziehung zu Dir usw.), an das, was er gerne macht und ihn ermuntern, dafür zu kämpfen.
- ihn fragen, was er möchte, was er sich wünscht, wie er sich seine Zukunft vorstellt und ihn anschließend fragen, ob ihm seine (negativen) Gedanken bei der Zielerreichung dienlich sind
- ihn ermuntern sich vorzustellen, was die Ärzte alternativ sagen könnten als "sie sind totkrank". Sammle mit ihm zusammen Sätze, die die Ärzte sonst noch sagen könnten (z.B. "Ist heilbar" usw.). Oder zähl ihm solche Sätze auf, falls er sich versperrt.
- ihn ermuntern, sich Hilfe zu holen, irgendwo, wo er einfach nur reden kann und sich beraten lassen kann
- wenn er immer wieder Dinge vorschiebt, die er noch regeln "muss", dann erstell ihm ein Wochenplan. Plan das ein, was er alles noch erledigen muss und such ein Zeitloch, wo du ihn zum Arztbesuch ermunterst.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen.

Halt die Ohren steif!

Gruß
Jenny
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Himmelsblume
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 55
Beiträge: 96

Beitrag Mo., 21.06.2010, 15:49

Hallo Caliban,

durch meinen Beruf habe ich auch sehr oft mit krebskranken Menschen zu tun gehabt, außerdem habe ich ein 6 wöchiges Praktikum auf einer Onkologiestation gemacht.

Ich kann dir daher nur raten, deinen Freund bei seinen Arztbesuchen zu begleiten wenn es dir möglich ist.
Wenn du es mit ihm absprichst, kannst du ja auch bei den Arztgesprächen dabei sein und ihm fest die Hand halten, dass er merkt, er muss das nicht alleine durchstehen.
Es ist auch wichtig, dass du ganz offen über das Thema Krebs mit ihm sprichst und nicht drum herum redest.
Vielleicht könnt ihr einen Plan machen, welcher Arzt, welche Untersuchungen, welches Krankenhaus u.s.w damit ihr einen Anhaltspunkt habt, womit fangen wir an.
Das jeder Tag kostbare Zeit ist, dass wißt ihr selber.
Ich habe in den 6 Wochen 2 jüngere Männer sterben sehen, also beeilt euch, verschenkt keine Zeit mehr.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft und auch alles Glück der Erde, dass ihr es schafft den Krebs mit eurer Liebe zu besiegen!

L.G. Himmelsblume
Wir alle würden verwandelt werden,
wenn wir nur den Mut zu uns
selber hätten.

Marguerite Yourcenar

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag