Das leidige Thema Absageregelung

Spezielle Fragen zur Lage in Österreich
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Kinderkram
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Das leidige Thema Absageregelung

Beitrag Mo., 12.02.2018, 22:05

Hallo Forum!

Nachdem ich dreimal Anlauf genommen habe und jedes Mal der Text nach dem Absenden verschwunden ist, probiere ich es ein letztes Mal.
Ich habe lange gegoogelt und im Forum recherchiert. In Deutschland scheint dieses Thema irgendwie klarer geregelt zu sein als in Österreich.
Ich bin bei einem Analytiker und zahle die Stunden selbst. Absagen darf ich jährlich 5 Termine und muss den Ausfall mindestens 14 Tage vorher ankündigen. Kurzfristige Absagen, Krankheit, Not- und Unfall gehen zur Gänze auf mein Konto, auch wenn die Stunden mit anderen Patienten belegt werden. Das gehe mich nichts an.
Bei Unklarheiten müsse man sich in der Therapie einigen. Ein Dritter, zB eine Patientenorganisation, würde dazu führen, dass die Fortführung neu zu überdenken wäre. Das sei ein Zeichen dafür, dass das Vertrauen nicht da sei.

Nun ist der Therapeut angesehen und Author von Lehrbüchern. Ehrlich gesagt fühle ich mich nicht wohl. Er wirkt sehr kompetent und sicher im Umgang mit Patienten. Ich aber fühle mich bei dieser Angelegenheit klein und weiß jetzt schon, dass ich bei Differenzen ohnehin rasch aufgeben würde um des Friedens Willen.

Über organisatorische Dinge diskutiert er nicht, weil die Therapiezeit dafür zu wertvoll sei. Wir könnten uns zu einigen versuchen, aber groß zum Thema machen wolle er das nicht.

Ich bin mitten in der Therapie, habe das alles zu Beginn akzeptiert, weil ich dringend eine Therapie brauche. Aber diese Autorität schüchtert mich schon ein und mein Problem ist ja gerade, dass ich unterwürfig und nachgiebig bin aus Angst. Wie soll ich an einem Menschen wachsen, der mir da offensichtlich um Lichtjahre voraus ist?

Vielen dank schon einmal fürs Lesen.

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isabe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 07:25

Du stellst die Frage im "Finanzierungs-Unterforum", aber eigentlich stellst du ja eine Beziehungsfrage. Vielleicht müsstest du für dich - wenn es wirklich mehr ist als ein Nachdenken - erst mal klären, ob du die Bedingungen rational und auf der "kaufmännischen" Ebene akzeptieren kannst oder nicht. Und wenn Ersteres zutrifft, kannst du weiterforschen, wie das emotional für dich ist.

Therapeuten / Analytiker sind unterschiedlich, auch unterschiedlich in Bezug auf ihre Strenge. Grundsätzlich ist daran objektiv nichts falsch, wenn ein Analytiker sehr streng ist. Das kann zum Beispiel den Vorteil haben, dass es inhaltlich sehr viel Spielraum eröffnet, wenn der Patient das Gefühl hat, der Therapeut ist ein Fels in der Brandung. Stell dir den umgekehrten Extremfall vor, dass du - gerade als Noch-Unterwürfiger - an jemanden gerätst, der dir mit einem "wir können doch über alles reden" buchstäblich hinterherläuft und der für alles Verständnis hat. Würdest du mit so jemandem wachsen?

Meine Meinung ist: Das Gefühl, bei einem guten Therapeuten zu sein, entscheidet sich nicht an solchen formalen Fragen; sie sind lediglich der Aufhänger für Reibungen und Konflikte oder auch für das Gefühl, irgendwie "gleich" zu sein, weil es doch so überhaupt keine Konflikte gibt...

Wenn du also das Gefühl hast, dass du über alles reden kannst, dass er zuverlässig ist; dass er dich wertschätzt; dass er auch warmherzig ist; dass du dich dort öffnen kannst, dann ist DAS das Entscheidende. Im Grunde hat er auch Recht mit der "Patientenorganisation", wobei das der Idealzustand ist. Wenn wir hier schreiben, dann bricht das ja auch schon mit dem Ideal - und ein Therapeut, der nicht entrückt von der Welt ist, weiß und wird einen Umgang damit finden müssen, dass Patienten auch andere Möglichkeiten nutzen können und werden, mit Anderen über die Therapie zu reden, wenn sie das für notwendig halten.

Eines ist juristisch allerdings nicht akzeptabel, und da müsstest du dir überlegen, ob du ihm das durchgehen lässt: dass er dir Stunden in Rechnung stellt, in denen er nicht für dich da war, in denen er also mit Anderen arbeitet. Wenn er ein Ausfallhonorar haben möchte, dann darf er das nur, wenn er in dieser Zeit keinen anderen Patienten empfängt. Faktisch kannst du das natürlich nicht überprüfen, aber da gilt dann umgekehrt auch, dass eine vertrauensvolle Arbeit nur möglich ist, wenn der Th. sich nicht unberechtigterweise am Patienten bereichert - denn er KANN nicht gleichzeitig für zwei Patienten da sein, und ein Ausfallhonorar ist ein Ausfallhonorar und keine Strafmaßnahme.

Dass jemand Lehranalytiker ist, sagt nichts über seine Qualitäten, auch wenn das paradox erscheint. Lass dich davon nicht blenden. Auch unter Lehranalytikern gibt es sehr schwarze Schafe (was nicht heißt, dass deiner ein solches ist).

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Noenergetik
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Beitrag Di., 13.02.2018, 10:20

Na ja, also ich sehe es etwas anders, 14 Tage vorher absagen ist im Falle von Notfällen, Unfällen Krankheit nicht möglich und das ist auch zu Deinen Lasten gehen soll, obwohl er die Stunden mit anderen Patienten belegen kann das ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit!! Wer so strikt vorgeht, geht wahrscheinlich auch in anderen Dingen so strikt vor.

Es scheint diesem Therapeuten hier vor allem um seinen Geldbeutel zu gehen, so erscheint es mir zumindest.

Ich sehe es auch nicht,dass man eine eher autoritäre Personen braucht um zu wachsen, gerade wenn man eher unterwürfig ist! Warum sollte Dir nicht auch jemand weiterhelfen können der empathisch und verständnisvoll ist?

Und dass er da sogar juristisch nicht einwandfrei vor geht würde mir sehr zu denken geben!

Dieses "Es geht Dich nichts an", finde ich ziemlich unverschämt, trägt das dazu bei Dich weniger unterwürfig zu fühlen? - Mir fehlt hier definitiv die Augenhöhe.

Offensichtlich geht es ja auch viel darum was er will, ist es nicht eigentlich Deine! Therapie?

Du schreibst u.a.Du fühlst Dich nicht wohl, magst Du da vielleicht noch näheres zu schreiben?

Und ganz abgesehen davon erscheint er mir auch sehr unmenschlich - gerade wenn ihn Notfälle, Unfälle, Krankheit nicht interessieren.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 10:37

Hallo Kinderkram,
Aber diese Autorität schüchtert mich schon ein und mein Problem ist ja gerade, dass ich unterwürfig und nachgiebig bin aus Angst.
ich sehe das wie Noenergetik. Zu einem Therapeuten wie Deiner passt nur ein Klient, der sich nicht widersetzt, der sich den Bedingungen des Therapeuten anpasst, der bereit ist diskussionslos alles brav zu machen, was der Therapeut sagt, der nicht von Natur aus so ist, Dinge ausdiskutieren und klären zu wollen, der nicht auf Kompromisslösung bedacht, der sich vom Therapeuten sagen lässt, worüber diskutiert werden darf, der bereit ist zu akzeptieren, dass der Therapeut bestimmt, was sich zu thematisieren lohnt, ...
Zu einem solchen Therapeuten passen nur unterwürfige Klienten. Ein Klient, der sich dagegen wehren würde, müsste sich wahrscheinlich einen neuen Therapeuten suchen.

Ich habe vor kurzem einen Text gelesen, in dem stand, dass das Ausfallhonorar auch in Deutschland einer der Hauptgründe für einen Therapieabbruch darstellt. Geld einerseits und persönliche, private und intime Beziehung anderseits passen für viele nicht zusammen.
Ich kann die Deutschland 48 Stunden Regel nachvollziehen, aber zu erwarten, dass man zwei Wochen vorher absagen muss, finde ich unangemessen.

Mach dir Gedanken was für Dich jetzt wichtiger ist. Du hast die Wahl zwischen dich wehren, Nein sagen und dir ggf. einen neuen Therapeuten suchen müssen und anderseits Dich zu unterwerfen, Dich seinen Bedingungen anzupassen, ... dafür hättest Du einen Therapieplatz.
Fragt dich, wie Deine Beziehung zum Therapeuten ist. Besteht noch eine Vertrauensbasis nach dieser Geldgeschichte? Kannst Du ihm trotzdem noch vertrauen, trotz des Gefühls auch in der Therapie unterwürfig sein zu müssen?
Frag dich, was dir die Therapie wert ist. Hilft Dir Dein Therapeut? Kommst du Deinem Therapieziel näher? Ist sie dir soviel wert, dass du bereit bist das finanzielle Opfer zu bringen? Kannst Du es Dir finanzielle leisten? Oder sagst Du Dir, ne, soviel ist mir die Therapie nicht wert?
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Kinderkram
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Beitrag Di., 13.02.2018, 12:13

Hallo!

Danke für eure sehr hilfreichen Antworten.
Ich bin mir absolut unsicher, aber habe ein ungutes Gefühl bei seiner Rigerosität. Vor allem stört mich, dass er anscheinend ein Problem damit zu haben scheint, wenn sich Patienten informieren. Andererseits bin ich nicht so naiv um zu glauben, dass Therapeuten alle Doppelbelegungen angeben würden. Das Risiko, aufzufliegen ist gering.
Vom Verhalten her muss ich an einen Sektenführer denken, der sich Untertanen zum Ausbeuten heranzüchtet.

@ JennyDoe: Diesen Grund für einen Abbruch kann ich gut nachvollziehen. Man muss sich darauf verlassen, dass der Andere ehrlich ist. Ich bin zwar unterwürfig, deswegen aber nicht leichtgläubig. Will sagen: Ich würde vielen Dingen auf den Grund gehen, wenn ich dürfte.


isabe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 12:32

Fühlt es sich denn auch IN der Beziehung an, als sei er ein Sektenführer? Und wenn ja: Könntest du nicht mit ihm DARÜBER reden, also sich nicht ewig an den Regeln selbst festbeißen, sondern darüber reden, wie du dich damit fühlst ihm gegenüber?

Die 2-Wochen-Regel betrifft vermutlich auch und v.a. Urlaube, und da sehe ich es auch ein, dass man nicht spontan für drei Wochen wegdüst. Und: Analytiker sehen das mit den Krankheiten ein bisschen anders als "normale" Menschen: Für die ist also ein Infekt nicht unbedingt primär ein Infekt, sondern ein Widerstand. Und ehrlich: Es gibt Leute, bei denen das auch so IST. Und: Man sollte nicht bei jedem Wehwehchen absagen (vgl. mit der Arbeitswelt, wo es Leute gibt, die ständig irgendwas haben, was sie arbeitsunfähig macht, während Andere mit denselben Beschwerden durchaus arbeiten gehen). Dazu dient diese Vorschrift. Wenn du dir jetzt mal überlegst, wie häufig dieser Fall bei dir eintritt / eingetreten wäre, kannst du ja abschätzen, ob das für dich passt. Ein akuter Krankenhausaufenthalt fiele da für meinen Geschmack z.B. nicht rein, aber das wäre dann vielleicht das, was er unter "verhandeln" versteht?

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Kinderkram
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Beitrag Di., 13.02.2018, 13:45

Liebe Isabe!

Dafür, im kurzfristigen Ausfall, ob verschuldet oder nicht, zahlen zu müssen, habe ich Verständnis. Aber ich muss auch für andere vergebene stunden bezahlen und soll Probleme in der Therapie ausmachen. Natürlich kann er nicht verhindern, dass ich mich deswegen bei einer Beratungsstelle vorstelle. Trotzdem hat er das Druckmittel, die Therapie zu beenden und das stellte er mir auch gleich zu Beginn der Therapie in Aussicht.


isabe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 13:53

Vielleicht klingt das seltsam, aber ich finde diesen Th. mit dieser Haltung irgendwie interessant - vorausgesetzt, er ist IN den Stunden empathisch. In mir entsteht das Bild von einem Therapeuten, an dem man sich wirklich abarbeiten kann. Oder anders gesagt: Wenn er sagt: "Wenn Sie in eine Beratungsstelle gehen, ist es aus", klingt das für mich AUCH irgendwie nach: "Sie dürfen sich HIER austoben", und für mich persönlich wäre das das Wertvollste.


mio
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Beitrag Di., 13.02.2018, 14:51

Und was bringt es sich "auszutoben" wenn die Toberei auf taube Ohren stösst?

Abgesehen davon, dass es um neutrale Informationen dazu was Rechtens ist und was nicht geht. Ich empfinde es auch als Abzocke, wenn ein Therapeut den Patienten auch dann zahlen lässt, wenn er dessen Stunde anderweitig vergeben konnte und das auch noch offen so kommuniziert wird. Das ist für meine Begriffe schlicht eine Frechheit und hat mehr von einer Strafe als von einem Ausfallhonorar. Auch zu drohen, dass eine Beratung durch Dritte automatisch zu einem Therapieabbruch führt empfinde ich als Frechheit.

Ich kenne die rechtlichen Regelungen in Österreich nicht, aber hier in D wäre das so nicht haltbar und klar ein Zeichen für Unprofessionalität. Die "Doppelthonorierung" würde ich sogar als strafbare Handlung einstufen.

Ich würde wohl auf mein Bauchgefühl hören und mir jemand anders suchen und mich bei dadurch eventuell entstehenden finanziellen Streitereien von einem Fachmann beraten lassen.

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lisbeth
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Beitrag Di., 13.02.2018, 15:25

Klar, es braucht einen klaren Rahmen und auch einen verlässlichen Rahmen. Und die 48h oder 24h- Ausfallregelung, die in der Regel in D praktiziert wird, damit kann ich auch leben, weil es irgendwie auch noch nachvollziehbar ist.

Aber diese Dogmen mancher Analytiker, dass man sich mit den eigenen Urlauben nach seinen Urlauben zu richten hat, dass man nicht krank werden darf, dass es auch nicht (vereinzelte) Absagen (mit angemessenem Vorlauf) geben darf, weil mal eine Dienstreise dazwischen kommt? Das ist realitätsfremd, arrogant und ist für mich ein Auskosten des strukturellen Machtgefälles, das einer solchen Beziehung ohnehin schon innewohnt. Dass das dann auch nicht diskutiert werden darf, vertieft diesen Graben in meinen Augen noch.

Und dass es in Einzelfällen dann doch wieder Spielräume geben soll, oder kann? Ist in meinen Augen Willkür. Er ist Gott und kostet die Macht dann auch aus.

Was daran soll hilfreich sein, wenn ich mich in meiner Zeit- und Lebensplanung von den Entscheidungen des Analytikers abhängig machen muss? Wenn ich alle, aber auch alle Planungen der Analyse unterordnen muss? Wie stellen die sich das vor? Notfalls den Job aufgeben, weil die Verpflichtungen im Beruf der 'erfolgreichen' Analyse im Wege stehen? Das hat etwas Sektenartiges.

Was daran bitte ist "gesund"? Dass "Therapie" und die Entscheidung dafür ein Commitment ist, und auch verbindlich sein sollte, steht nicht zur Debatte. Aber diese Anmaßungen mancher Analytiker machen mich sprachlos.
Und regen mich auf.

Das Ganze wird ja auch gerne noch mit der Behauptung unterfüttert, dass "nur so" Analyse "richtig" funktionieren könne. Ich denke, 1000e von Analytikern, die nicht so rigide arbeiten, beweisen Tag für Tag das Gegenteil.

@Kinderkram:
Gibt es denn andere Therapeuten in deiner Gegend, bei denen du dich mal umschauen könntest?
Dein Unbehagen an dieser Rahmengestaltung kommt für mich deutlich durch, und ich kann auch gut nachvollziehen, dass das keine Umgebung ist, in der du am Problem "Unterwürfigkeit" arbeiten und wachsen kannst.
Falls vorstellbar, würde ich genau dieses - dein Unbehagen - auch mal zum Thema machen. Also nicht die Rahmenbedingungen an sich, aber das, was das in dir und deinem Empfinden auslöst und wie du dadurch die Beziehung zum Analytiker betrachtest. Und durch seine Reaktion daran wirst du sicherlich auch schon Hinweise kriegen, ob du mit ihm weiterarbeiten kannst/willst, oder ob es besser ist zu gehen.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


isabe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 15:37

Das Ganze wird ja auch gerne noch mit der Behauptung unterfüttert, dass "nur so" Analyse "richtig" funktionieren könne. Ich denke, 1000e von Analytikern, die nicht so rigide arbeiten, beweisen Tag für Tag das Gegenteil.
Na ja, streng genommen, ist das so. Denn das ist ja die Essenz des Ganzen. Deswegen nennt es sich "Analyse" (wenn es denn eine ist): weil es darum geht, möglichst viel davon zu verstehen, was im Analysanden los ist, und zwar wirklich los ist und nicht das, was er so erzählt. Man kommt umso näher an das Unbewusste heran, je mehr "Druck" da ist, es zu zeigen. Wobei "Druck" nicht meint, dass gestraft wird, sondern dass klassische Kommunikationsmechanismen, mit denen man problematische Impulse locker übergehen kann, hier nicht greifen, sondern dass man mit ihnen gegen eine Wand läuft, z.B. dadurch, dass es keinen Blickkontakt gibt und dadurch, dass der Analytiker schweigt.

Wobei "funktionieren" ja auf einer Skala anzusiedeln ist. Es funktioniert umso besser, je mehr in der Beziehung gehalten wird, und auch dann hängt es noch von anderen Faktoren ab. Man kann das natürlich auch anders machen; deshalb bespricht man den Rahmen ja.

In der Realität gibt es solche strengen Analytiker vermutlich kaum noch, weil es auch kaum noch Analysen gibt und die Analytiker dann arbeitslos wären und sie auch den schwer gestörten Patienten nicht helfen können, wenn sie so vorgehen, wie es dem Ideal entspricht. Trotzdem kann es aber sein, dass vereinzelt Analytiker versuchen, dem Ideal möglichst nahezukommen. Rechtswidrige Regelungen wären für mich auch nicht akzeptabel, und normaler- / idealerweise spricht man sich darüber ab, was man miteinander tut: Wenn ein verzweifelter Patient eine Therapie benötigt, ist ein strenger Analytiker, der auf seinem Ideal beharrt, sicher nicht besonders menschlich, wenn er die eigentlich angemessenere Behandlungsform ( = unterstützende Therapie) versagt. Die Frage wäre dann auch, worauf die beiden sich hier geeignet haben.

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lisbeth
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Beitrag Di., 13.02.2018, 15:45

isabe hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 15:37 Na ja, streng genommen, ist das so.
Sagt wer? Das ist eine Behauptung. Ich habe noch nie wirkliche Beweise dafür gesehen.
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― Anne Lamott


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Beitrag Di., 13.02.2018, 15:47

lisbeth hat geschrieben: Di., 13.02.2018, 15:45 Sagt wer?
Ich nehme mal an Gottvater Freud sagt das. Und was der Gottvater sagt ist richtig und nicht zu hinterfragen. :lol:


isabe
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Beitrag Di., 13.02.2018, 15:54

Ich habe noch nie wirkliche Beweise dafür gesehen
Die Frage ist, worüber wir hier diskutieren (wollen). Die Psychoanalyse muss(te) sich schon immer anhören, dass sie angeblich nicht beweise, wie erfolgreich sie ist. Und dann hat sie sich gerechtfertigt mit einigen Katamnesestudien, die ich jetzt hier nicht raussuchen werde. Die meisten Analytiker würden den Satz unterschreiben "So viel Analyse wie möglich, so viel Therapie wie nötig". Auch schon zig mal gelesen. Denn wenn das nicht so wäre, bräuchte es die Analyse in der Tat nicht; sie wäre vollkommen überflüssig und durch tiefenpsychologische Verfahren zu ersetzen, die schon in der Ausbildung günstiger sind und die auch für den Patienten bzw. das Gesundheitssystem kostengünstiger wären.

Wie möchte man beweisen, dass man einem Patienten besser hilft, wenn man ihn "streng" analysiert, als wenn man ihn unterstützend behandelt? Man kann sich nur darauf beziehen, dass es vielen Menschen langfristig viel besser geholfen hat, wenn man sie analysiert hat. Und Analyse ist nun mal was anderes als Therapie. Das wiederum ist ein politisches Thema, denn - wie gesagt - es werden eh kaum noch Analysen gemacht, sondern immer irgendwie Kompromisse gesucht, damit die Finanzierung gewährleistet ist.

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Broken Wing
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Beitrag Di., 13.02.2018, 16:01

Bei mir in der Analyse läuft es so ähnlich wie bei dir. Ich mache mir gar nicht die Mühe, dahinter einen sinn zu erkennen und lasse mich nicht mit dem therapeutischen Schmonzes abspeisen. Es ist klar, dass hier überwiegend wirtschaftliche Interessen vertreten werden, ein Therapeut, der dies andauernd leugnet, richtet auf der Beziehungsebene einen Schaden an. Lese ich in diesem Fall aber nicht heraus.

Was Auskünfte angeht, ist meine Therapeutin absolut zurückhaltend. Aber ich bin da wieder pragmatisch: Rechtlich hätte ich sicher eine Hnadhabe gegen manche Punkte im Vertrag, aber was würde ich gewinnen? Vielleicht ein paar kurzfristig abgesagte Stunden. Dagegen verlöre ich die Therapie, die sicher mehr wert ist als ein paar hundert Euro.
Bevor man den Rechtsweg beschreitet, sollte man noch drei mal darüber geschlafen, gut gegessen und sich erst mal mit schönen Dingen abgelenkt haben. Gilt für alle Bereiche.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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