Harmloses BDSM-Rollenspiel hat mich zurück in meine Vergangenheit geworfen...

[Amber]

Hallo liebe Forummitglieder,

ich hoffe, es wird jetzt nicht zu kompliziert.
Zunächst mal ich lebe mit meinem Herrn seit ca. zwei Jahren in einer BDSM Dom/Sub Beziehung und wir beide stehen total auf Rollenspiele, die wir teilweise auch per Chat oder Mail spielen, da wir nicht oft Gelegenheit zum Treffen haben.

Vor ca. einem Monat haben wir zum ersten Mal ein Rollenspiel per Chat angefangen, das so ablief, wie eine Geschichte, die immer aus der Sicht des anderen Spielers ein Stück weiter geschrieben wurde.
Auf meinen Wunsch hin spielten wir ein meinerseits erwünschte klassisches Schulmädchen/Lehrer/Direktor - Spiel, in dem ich mich zunächst nur als aufmüpfiges Schulmädchen gesehen habe, dass in einem Internat streng erzogen werden soll.

Wir hatten insgesamt 4 Rollen, der Direktor, eine Lehrerin, und zwei Schülerinnen, eine sehr brave und eine ganz freche.

Während des Spiels, wo ich die "aufmüpfige" Schülerin spielte, merkte ich, dass ich immer wieder aneckte und immer wieder den Ärger und Zorn meiner Lehrer auf mich zog. Vorerst erledigte sich das mit Drohungen, später kamen dann Psychospiele hinzu. Für mein Fehlverhalten wurde dann eine Mitschülerin bestraft, die gänzlich unschuldig war, um mich unter Druck zu setzen. Ich lehnte mich gegen das Schulsystem auf, und bekam die Übermacht und Gegenwehr deutlich zu spüren. Dieses Spiel ging dann in Richtung Pchychspiel, wo meine Mitschülerin massiv unter Druck gesetzt wurde, um mich quasi zur Vernumpft und Einsicht zu bringen, um mich mit allen Mitteln zu dem zu zwingen, was von mir erwartet wurde.

Das ist als Spiel ja sehr reizvoll und spannend, aber was mir im Laufe des Spiels aufgefallen ist, das war mir am Anfang garnicht bewusst, die Schülerin, die ich spielte, war genau so und agierte genauso, wie ich in meiner Kindheit und Jugend, und das, ohne dass ich jemals etwas absichtlich böse gewollt hatte. Ich habe mich in dem Spiel einfach so verhalten, wie ich es auch damals als Kind oder Jugendliche getan hatte.

Das hat mich dann wieder zurück in meine Vergangenheit geworfen, denn ich bin früher in der Schule auch immer angeeckt und man hat auch mit aller Gewalt versucht, mich "umzuerziehen", weil ich angeblich "falsch" war, mich nicht anpassen wollte und aufmümpfig, trotzig, aufsässig, eigen und stur, arrogant usw. war....

Ich fühlte mich nicht mehr wirklich in einem Spiel, sondern wieder wie dieses Kind/die Jugendliche, die einfach nur so war, wie sie war, ohne damit jemandem etwas Böses zu wollen, und die immer nur runtergemacht wurde, bestraft wurde, und immer zu hören bekam : Du musst dich ändern! So was wie dich, wollen wir nicht! Pass dich gefälligst an!
Dabei hatte ich niemandem etwas getan, im Gegenteil.
Ich wollte einfach nur ich selbst sein, und so akzeptiert werden...

Das, was als schlichtes BDSM-Spiel, einfach zum Spaß beiderseits begonnen hat, ist für mich zu einer recht schmerzhaften Reise in die Vergangenheit geworden.
Ich habe mit meinem Partner noch nicht darüber gesprochen. Ich möchte unser Spiel nicht kaputt machen.

Für mich ist eher die Frage, wie kann ich damit umgehen?
Eigentlich dachte ich, ich hätte längst mit meiner Vergangenheit abgeschlossen.
Jetzt kommen wieder alte Erinnerungen und alte Schuldgefühle hoch...

Ich hoffe, mein Beitrag ist nicht zu lang!

Liebe Grüße Euch allen... vielleicht hat ja jemand einen Rat oder eine Idee für mich dazu...

[Niewinter]

Liebe Amber,

ich kann den Reitz solcher Spiele durchaus verstehen und in einer Beziehung wie der euren geht es zum Teil auch darum Grenzen zu ertasten und zu erfahren. Allerdings gehört zu einer solchen Beziehung auch eine Unmenge an Vertrauen.
Daher denke ich das es wichtig ist das du mit deinem Partner darüber Sprichst. Ein solches Spiel ist nur dann schön wenn es für beide Seiten schön ist.
Wenn der Dom (ich gehe davon aus dein Partner übernimmt diesen Part) kein kompletter Sadist ist (nicht negativ oder wertend gemeint) wird er sich nämlich auch daran erfreuen wenn du dich an deiner Sub Rolle erfreust.

Ich kann auch deine Erinnerungen an die Schulzeit verstehen da non- Konformisten auch zu meiner Zeit einen schweren Stand hatten. Anpassung an die Normen und Regeln wird leider in unserer Gesellschaft größer geschrieben als freie Entfaltung.

Mein Tipp daher Sprich das Thema an, sag ihm das dich dort etwas belastet nur so könnt ihr beide das Spiel genießen.

beste grüße Winter

[deadrummer]

Liebe Amber,

ich stimme Niewinter voll und ganz zu.
Der Dom sollte immer darauf achten, wie es seiner Sub geht. Auch wenn er ein Sadist sein sollte, was ja oft zusammen kommt, trägt er als Dom, der, der die Kontrolle und Macht hat, eben auch die Verantwortung. Du solltest ihm auf jeden Fall sagen, dass du dich damit nicht so wohl fühlst, wie du es gerne möchtest. Vielleicht könnt ihr euer Spiel unterbrechen, bis es dir besser geht?

Zum Beispiel redest du mal mit deinem Therapeuten und hinterher kann dieses Spiel weiter geführt werden.
Vielleicht hilft dir dann das Spiel auch dabei diese Kindheitserfahrung aufzuarbeiten? Und/Oder dein Dom kann in seinen Rollen auch darauf Rücksicht nehmen ggf. darauf eingehen.

[Amber]

Hallo,

erstmal danke, für Eure netten Antworten. Ja, ich hatte das Thema schon bei meiner Therapeutin angesprochen, und ich denke, da ist noch einiges bei mir aufzuarbeiten. Mir ist aufgefallen, dass mein Dom dieses Spiel unglaublich gut gefällt und er das ganz anders wahrnimmt, als ich. Nämlich einfach nur reizvoll im Sinne von BDSM, was es ja eigentlich, auch für mich, sein sollte. Als wir anfingen, habe ich ja auch an nichts anderes dabei gedacht.
Ich möchte ihm das Spiel aber auch nicht durch negative Gedanken und Aspekte meinerseits kaputtmachen, weil ich merke, wie viel Spaß er daran hat.
Ich fände es egoistisch, jetzt alles zu versauen, weil er mir ja im Grunde nichts getan hat. Er würde nie was tun, was mir total nicht behagt.
Ich bin ja auch dazu da, ihm seine Wünsche zu erfüllen und möchte ihm eine gute Sub und eine gute Spielpartnerin sein, und keine Spielverderberin.
Das ist es, was es mir widerstrebt, dieses Spiel jetzt abzubrechen...

[deadrummer]

Hallo Amber,

ich habe den Eindruck, dass du dir zu viele Sorgen machst im Bezug auf deinen Dom.
Ich bin selber Dom in der Beziehung mit meinem Mann und würde mich gelinde gesagt verarscht fühlen, wenn er mir nicht sagt, wenn es ihm mit einem Spiel nicht gut geht (oder überhaupt allgemein). Ich trage schließlich die Verantwortung für ihn und seine Gesundheit, physisch und psychisch.

Ich glaube kaum, dass du ihm das Spiel damit kaputt machst; du eröffnest ihm damit eher eine neue Sichtweise auf das Thema und er kann dadurch für zukünftige Spiele lernen um noch besser auf dich eingehen zu können.

Er würde nie was tun, was mir total nicht behagt.

Eben. Deshalb wird er sich sicher wünschen, dass du ihm auch sagst, wenn es dir nicht behagt.
Deine Gedanken lesen kann er ja nicht.

Ein Spiel abzubrechen heißt nicht, dass es nicht fortgesetzt werden kann, mach dir darüber keine Sorgen.