Vermutung lesbisch zu sein - der Thera erzählen?
Vermutung lesbisch zu sein - der Thera erzählen?
Hallo, vielen Dank schonmal fürs Lesen! Sorry dass ich etwas weiter aushole...
Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 31 Jahre alt und seit ca. 4 Monaten in Therapie, weil ich es einfach nicht schaffe eine glückliche Beziehung zu führen. Ich habe seit meinem 16. Lebensjahr immer mal wieder Männer kennengelernt und mit einigen auch eine Beziehung geführt, die aber nie länger als maximal 10 Monate gedauert hat. Im Schnitt sogar wesentlich kürzer, meist war es nach 2 Monaten wieder vorbei, oft ist nicht mal eine Beziehung daraus geworden und die Männer haben sich gleich wieder verabschiedet. Nachdem mir vor allem die Männer der letzten 2 Jahre durchweg sagten, dass "das Gefühl" einfach nicht stimmen würde und sie mich alle als kalt und abweisend beschrieben haben, fing ich an sehr viel über mich nachzudenken. Ich kam zu dem Schluss, dass irgendetwas mit mir nicht stimmen kann und ich dieses "Etwas" für mich lösen muss, um in Zukunft vielleicht mal eine glückliche Beziehung führen zu können. Weil ich mich alleine leider nur im Kreis gedreht habe, habe ich Kontakt zu einer Psychotherapeutin aufgenommen. Es stellte sich heraus, dass ich in meiner Kindheit und Jugend wohl wenig Gelegenheit hatte gesunde Beziehungen zu erleben und dadurch nicht gelernt habe eine solche zu führen, um es jetzt mal kurz zu machen. Ich habe bisher nun leider nicht das Gefühl, dass die Therapie irgendwo hin führt, bin durch eine Äußerung der Therapeutin aber gedanklich auf einen neuen Weg gekommen.
Ganz zu Beginn der Therapie, noch in den Vorgesprächen, habe ich ihr einmal meine vergangenen Beziehungen beschrieben, und gesagt dass ich den Männer gegenüber meine Gefühle nicht zeigen bzw. äußern konnte. Sie kommentierte das in einem Nebensatz mit "...oder vielleicht waren da auch einfach keine Gefühle, die Sie hätten zeigen können". Dieser Satz ist mir noch lange Zeit nachgegangen. Sie hat den Nagel damit eigentlich auf den Kopf getroffen! Einige Zeit danach hatte ich einen sehr intensiven Traum (das würde jetzt zu lang werden, daher nur so viel: Ich hatte ein Ganzkörper-Tattoo und ein Gefühl von "endlich sehen die anderen, wer ich wirklich bin"), der mich wirklich tief berührt hat. Und da war er plötzlich, der Gedanke "Stehe ich überhaupt auf Männer?!", und "Bin ich nach außen wirklich die, die ich eigentlich bin?".
Ich habe seit dem viel darüber nachgedacht und glaube, dass es wirklich so sein könnte, dass ich eigentlich auf Frauen stehe und das bisher verdrängt habe bzw. nicht wahr haben wollte. Es gibt in meiner Vergangenheit einige Anzeichen, obwohl ich noch nie mit einer Frau intim war. Dennoch bin ich aktuell komplett verwirrt.
Nun zu meiner eigentlichen Frage. Sollte ich diese Vermutung in der Therapie erwähnen? Ich bin mir wie gesagt noch überhaupt nicht sicher und habe Angst, dass die Therapeutin den Gedankengang lächerlich findet. Ich weiß auch gar nicht, ob das für die Therapie wichtig ist oder nicht. Selbst wenn ich lesbisch / bi oder was auch immer wäre, heisst das ja nicht, dass so eine Beziehung dann besser funktionieren würde. Ich glaube es würde mir gut tun es zu erzählen, aber ich habe Angst vor ihrer Reaktion und dass sie mich nicht ernst nimmt.
Hinzu kommt, dass ich einer guten Freundin neulich von meiner Vermutung erzählt habe und die hat... naja, nicht so toll reagiert wie ich es gehofft hatte. Sie hat genau meine Befürchtung bestätigt, und das ganze weggewischt mit "Ach Quatsch, Du warst doch bisher IMMER mit Männern zusammen" usw. Da fühlte ich mich extrem unverstanden
Also, vielleicht habt ihr ja einen guten Tipp. Tausend Dank schonmal falls ihr bis hier gelesen habt!!!
Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 31 Jahre alt und seit ca. 4 Monaten in Therapie, weil ich es einfach nicht schaffe eine glückliche Beziehung zu führen. Ich habe seit meinem 16. Lebensjahr immer mal wieder Männer kennengelernt und mit einigen auch eine Beziehung geführt, die aber nie länger als maximal 10 Monate gedauert hat. Im Schnitt sogar wesentlich kürzer, meist war es nach 2 Monaten wieder vorbei, oft ist nicht mal eine Beziehung daraus geworden und die Männer haben sich gleich wieder verabschiedet. Nachdem mir vor allem die Männer der letzten 2 Jahre durchweg sagten, dass "das Gefühl" einfach nicht stimmen würde und sie mich alle als kalt und abweisend beschrieben haben, fing ich an sehr viel über mich nachzudenken. Ich kam zu dem Schluss, dass irgendetwas mit mir nicht stimmen kann und ich dieses "Etwas" für mich lösen muss, um in Zukunft vielleicht mal eine glückliche Beziehung führen zu können. Weil ich mich alleine leider nur im Kreis gedreht habe, habe ich Kontakt zu einer Psychotherapeutin aufgenommen. Es stellte sich heraus, dass ich in meiner Kindheit und Jugend wohl wenig Gelegenheit hatte gesunde Beziehungen zu erleben und dadurch nicht gelernt habe eine solche zu führen, um es jetzt mal kurz zu machen. Ich habe bisher nun leider nicht das Gefühl, dass die Therapie irgendwo hin führt, bin durch eine Äußerung der Therapeutin aber gedanklich auf einen neuen Weg gekommen.
Ganz zu Beginn der Therapie, noch in den Vorgesprächen, habe ich ihr einmal meine vergangenen Beziehungen beschrieben, und gesagt dass ich den Männer gegenüber meine Gefühle nicht zeigen bzw. äußern konnte. Sie kommentierte das in einem Nebensatz mit "...oder vielleicht waren da auch einfach keine Gefühle, die Sie hätten zeigen können". Dieser Satz ist mir noch lange Zeit nachgegangen. Sie hat den Nagel damit eigentlich auf den Kopf getroffen! Einige Zeit danach hatte ich einen sehr intensiven Traum (das würde jetzt zu lang werden, daher nur so viel: Ich hatte ein Ganzkörper-Tattoo und ein Gefühl von "endlich sehen die anderen, wer ich wirklich bin"), der mich wirklich tief berührt hat. Und da war er plötzlich, der Gedanke "Stehe ich überhaupt auf Männer?!", und "Bin ich nach außen wirklich die, die ich eigentlich bin?".
Ich habe seit dem viel darüber nachgedacht und glaube, dass es wirklich so sein könnte, dass ich eigentlich auf Frauen stehe und das bisher verdrängt habe bzw. nicht wahr haben wollte. Es gibt in meiner Vergangenheit einige Anzeichen, obwohl ich noch nie mit einer Frau intim war. Dennoch bin ich aktuell komplett verwirrt.
Nun zu meiner eigentlichen Frage. Sollte ich diese Vermutung in der Therapie erwähnen? Ich bin mir wie gesagt noch überhaupt nicht sicher und habe Angst, dass die Therapeutin den Gedankengang lächerlich findet. Ich weiß auch gar nicht, ob das für die Therapie wichtig ist oder nicht. Selbst wenn ich lesbisch / bi oder was auch immer wäre, heisst das ja nicht, dass so eine Beziehung dann besser funktionieren würde. Ich glaube es würde mir gut tun es zu erzählen, aber ich habe Angst vor ihrer Reaktion und dass sie mich nicht ernst nimmt.
Hinzu kommt, dass ich einer guten Freundin neulich von meiner Vermutung erzählt habe und die hat... naja, nicht so toll reagiert wie ich es gehofft hatte. Sie hat genau meine Befürchtung bestätigt, und das ganze weggewischt mit "Ach Quatsch, Du warst doch bisher IMMER mit Männern zusammen" usw. Da fühlte ich mich extrem unverstanden
Also, vielleicht habt ihr ja einen guten Tipp. Tausend Dank schonmal falls ihr bis hier gelesen habt!!!
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- [nicht mehr wegzudenken]
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Hallo,
die sexuelle Orientierung ist bei den wenigsten Menschen in Stein gemeißelt - entsprechend leicht lässt man sich u.U. verunsichern ("bin ich vielleicht doch...?"). Manchmal ist das mit Angst verbunden. Ein Therapeut kann dir, wie du weißt, nicht sagen, wer du bist, aber üblicherweise kann er (bzw. sie) dir zuhören und dich begleiten bei der Erforschung deiner selbst. Unter Umständen geht es erst mal noch gar nicht darum: "Mann oder Frau", sondern darum, überhaupt zu gucken, was du brauchst, was dir gut tut, was dir Angst macht usw. in der Begegnung mit anderen Menschen. Es könnte sein, dass du z.B. mit Frauen eher zärtliche Gefühle verbindest und dass die zeitweise (vielleicht gerade während der Therapie) im Vordergrund stehen, erst recht, wenn durch die Therapeutin (funzt auch mit Männern) die Sehnsucht nach einer Mutter entsteht. Das verwirrt viele Patienten und stellt die sexuelle Orientierung ggf. infrage.
Es muss nicht sein, dass du darüber sprichst, aber es wäre sicher besser. Mit einem "ach, Quatsch" wird sie ganz sicher nicht reagieren.
die sexuelle Orientierung ist bei den wenigsten Menschen in Stein gemeißelt - entsprechend leicht lässt man sich u.U. verunsichern ("bin ich vielleicht doch...?"). Manchmal ist das mit Angst verbunden. Ein Therapeut kann dir, wie du weißt, nicht sagen, wer du bist, aber üblicherweise kann er (bzw. sie) dir zuhören und dich begleiten bei der Erforschung deiner selbst. Unter Umständen geht es erst mal noch gar nicht darum: "Mann oder Frau", sondern darum, überhaupt zu gucken, was du brauchst, was dir gut tut, was dir Angst macht usw. in der Begegnung mit anderen Menschen. Es könnte sein, dass du z.B. mit Frauen eher zärtliche Gefühle verbindest und dass die zeitweise (vielleicht gerade während der Therapie) im Vordergrund stehen, erst recht, wenn durch die Therapeutin (funzt auch mit Männern) die Sehnsucht nach einer Mutter entsteht. Das verwirrt viele Patienten und stellt die sexuelle Orientierung ggf. infrage.
Es muss nicht sein, dass du darüber sprichst, aber es wäre sicher besser. Mit einem "ach, Quatsch" wird sie ganz sicher nicht reagieren.
Nun, das sollte eigentlich ohne Vorbehalte besprechbar sein, wobei sie dir die Antwort auch nicht geben kann. Dass es mit Männern nicht klappte, heißt ja auch noch nicht zwangsläufig, dass man lesbisch ist... sondern vielleicht waren es nicht die richtigen bzw. du hast vielleicht tatsächlich nicht so viel empfunden.
Weswegen vermutest du, evtl. lesbisch zu sein? Dass du noch nie mit einer Frau intim warst, beweist auch noch nichts definitiv... bzw. es gibt auch Leute, die sich als Leben definieren, aber in einer Hetero-Ehe leben oder lebten. Bzw. manchmal ist es auch eher Erfahrung, die fehlt. Das kannst letztlich nur du herausfinden, was deine Empfindungen, Neigung bzw. die Orientierung ist und was du leben willst.
Weswegen vermutest du, evtl. lesbisch zu sein? Dass du noch nie mit einer Frau intim warst, beweist auch noch nichts definitiv... bzw. es gibt auch Leute, die sich als Leben definieren, aber in einer Hetero-Ehe leben oder lebten. Bzw. manchmal ist es auch eher Erfahrung, die fehlt. Das kannst letztlich nur du herausfinden, was deine Empfindungen, Neigung bzw. die Orientierung ist und was du leben willst.
Liebe Grüße
stern
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»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
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- Helferlein
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Ich würde das auf jeden Fall in der Therapie besprechen. Dass sie komisch reagiert, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Du musst es ja auch noch nicht wissen, "was" du jetzt genau bist. Die Therapie ist meiner Meinung nach dazu da, diese Gedanken und Vermutungen zusammen anzuschauen und herauszufinden, wieso sie auftreten, was an ihnen wahr ist, was nicht, etc.
Warum reagierte die Freundin wohl nicht so toll? Weil sie eine Anmache dahinter vermutete. Und innerlich in Panik geriet.
caute
Das wäre eine Möglichkeit. Andere Vermutung: Sie hat eine Unsicherheit bei diesem Outing gemerkt und wollte ihre Freundin "beruhigen", warum auch immer: Vielleicht weil sie selbst homophob ist und Lesbischsein oder Bi-Sein für was Schlimmes hält. Oder weil sie es für eine "spinnerte Idee" hielt.
Der beste Indikator, ob es wohl so ist, ist, ehrlich auf Phantasien und Begehren zu schauen oder die Frage, ob man schon (öfter, mehrmals, einmal) in eine Frau verliebt war und offen für die Idee ist, daraus Liebe, Sexualität und Partnerschaft entstehen zu lassen. Ich glaube relativ viele Frauen haben homoerotische Phantasien. Ich höre auch öfter, dass "eigentlich" heterosexuelle Frauen schon mal mit anderen Frauen intim oder sogar zusammen waren. (Was dann auf Bisexualität schließen lässt.) Es spricht nichts dagegen, es mal auszuprobieren. Und wenn die Therapeutin gut ist, würde sie diesen Identitätsfindungsprozess gewiss unterstützten, egal, was dabei herauskommt.
Der beste Indikator, ob es wohl so ist, ist, ehrlich auf Phantasien und Begehren zu schauen oder die Frage, ob man schon (öfter, mehrmals, einmal) in eine Frau verliebt war und offen für die Idee ist, daraus Liebe, Sexualität und Partnerschaft entstehen zu lassen. Ich glaube relativ viele Frauen haben homoerotische Phantasien. Ich höre auch öfter, dass "eigentlich" heterosexuelle Frauen schon mal mit anderen Frauen intim oder sogar zusammen waren. (Was dann auf Bisexualität schließen lässt.) Es spricht nichts dagegen, es mal auszuprobieren. Und wenn die Therapeutin gut ist, würde sie diesen Identitätsfindungsprozess gewiss unterstützten, egal, was dabei herauskommt.
Hallo BriBri,
ich lebe seit rund 25 Jahren promiskuitiv-bisexuell, mein coming-out fand so mit 27 Jahren statt.
Seither gab es noch einige weitere coming-outs bei mir - davon spricht man auch, wenn sich einzelne "Paraphilien" (man sagt auch Perversionen oder Deviationen) bemerkbar machen, die von der mainstream-Sexualität abweichen, und etliche coming-outs, an denen ich in der einen oder anderen Form beteiligt gewesen war. Und auch sonst kriegt man so einiges mit in der "Szene". Vor diesem Hintergrund bitte ich, das folgende zu sehen:
Wohl klar ist, daß Du in einer Phase bist, in der Du Dich selbst sexuell orientieren mußt, die bisherige sexuelle Orientierung infrage gestellt ist. Auch wenn ich in Traumdeutung nicht sonderlich gut bin: Dein Traum lässt doch eine ganz einfache Interpretion zu: jetzt sehen die Leute, wie ich wirklich bin (lesbisch, bi oder irgendwas) und das Ganzkörpertatoo entspricht der Selbststigmatisierung - man steckt sich den Sticker der (früheren) Diskriminierung bewußt selbst an - "reclaiming" nennt sich das. Aber das ist nur so eine flotte Idee von mir, die Du bitte nicht allzu ernst nehmen solltest. Es haben hier schon andere sehr richtig geschrieben: der Gedanke, das Gefühl, die Vermutung, zum eigenen Geschlecht hin Neigungen zu haben, verspürt fast jeder mal im Leben. Seit Alfred Kinsey wissen wir ja auch, daß wohl die allermeisten Menschen in oder kurz nach der Pubertät gleichgeschlechtliche Erfahrungen machen: die sogen. "Jugendhomosexualität", die wohl auch ohne Einfluß auf die spätere Orientierung sein soll.
Nicht allzu Ernst würde ich vielleicht auch die unglückliche Reaktion Deiner Freundin nehmen wollen. Die sexuelle Orientierung ist offenbar eine ganz wichtige Basis für die Wahrnehmung unserer Selbst und durch unsere Umwelt. Wir denken nun mal in Schubladen. Jemand ist ein für alle mal hetero oder homo oder bi und fertig. Wenn jemand seine Orientierung möglicherweise wechselt, erzeugt das Verunsicherung. Und so unbegründet ist diese Verunsicherung auch nicht, weil ein coming-out ist nicht selten damit verbunden, daß sich sehr grundsätzliche Einstellungen zur Sexualität, zum Leben und den Lebenszielen ändern können - auch sehr radikal. Es ist auch so, daß die Phase der eigenen Neuorientierung für einen selbst mit einer gewissen Dünnhäutigkeit verbunden ist - man neigt sehr dazu, die Worte seiner Mitmenschen auf die Goldwaage zu legen.
Ich meine, Deine Therapeutin ist die berufene Beraterin in dieser Phase. Du hast sie ja bewußt mit dem Ziel aufgesucht, über Deine Sexualität (im weiteren Sinne des Wortes) nachzudenken, die Dich bis jetzt ja nicht voll befriedigt, weil Du bislang keine dauerhafte, glückliche Beziehung hast aufbauen können. Daß die Frage nach einer eventuellen gleichgeschlechtlichen Orientierung auftaucht, wenn Beziehungen zu gegengeschlechtlichen Partnern unbefriedigend blieben, dürfte Deine Therapeutin kaum überraschen - und lächerlich macht man sich vor einem Psychotherapeuten sowieso niemals.
Nun bin ich in Beziehungsfragen der freilich am wenigsten berufene Ratgeber, weil ich selbst gründlich beziehungsunfähig bin - und war dies sicherlich auch mein Leben lang. Aber in der Rückschau meine ich, daß es auch ein großer Fehler von mir gewesen war, hinter dem Ziel einer solchen Beziehung hinterherzulaufen. Ich hätte mir selbst und anderen wahrscheinlich viel Leid ersparen können, wenn ich früher ein Einsehen darin hätte entwickeln können, eben für enge Beziehungen nicht geeignet zu sein. Es wird gerade heute von sehr vielen Seiten immer wieder der Anspruch an einen herangetragen, in einer solchen Beziehung leben zu müssen, eine solche Beziehung zu den menschlichen Grundbedürfnissen gehöre und ein Leben ohne eine Beziehung kein Glückliches sein könne, sondern sogar: irgendwie krank. Früher, als alles besser war, da war die gesellschaftliche Aktzeptanz für diejenigen, welche lieber für sich alleine leben wollten, etwas größer, der Druck hin zur Beziehung bei weitem nicht so groß. Aber vielleicht ist auch das nur eine sehr subjektive Wahrnehmung von mir.
Ich stimme Dir aber völlig zu: von der Frage der sexuellen Orientierung ist die Frage der Beziehungsfähigkeit meiner "teilnehmenden Beobachtung" nach völlig unabhängig. Sie ist sogar unabhängig davon, ob man eher monogam, polygam oder promiskuitiv "gepolt" ist - die allermeisten Promiskuitiven leben in Paarbeziehungen, und die sind nicht labiler, aber auch nicht stabiler, als die des monogam-heterosexuellen mainstreams.
Es steht also noch einiges an harter Arbeit vor Dir, für die ich Dir Kraft und Glück wünsche, aber es gibt auch positive Seiten: egal, wo Du am Ende herauskommst: Du hast Dich selbst mit Deinen Gefühlen und Deiner Sexualität dann gründlich auseinandergesetzt, und kannst das beruhigende Gefühl haben, dann endlich zu wissen (statt nur zu glauben), wo Du stehst ! Und das halte ich für ein sehr erstrebenswertes Ziel.
Gruß
Möbius
ich lebe seit rund 25 Jahren promiskuitiv-bisexuell, mein coming-out fand so mit 27 Jahren statt.
Seither gab es noch einige weitere coming-outs bei mir - davon spricht man auch, wenn sich einzelne "Paraphilien" (man sagt auch Perversionen oder Deviationen) bemerkbar machen, die von der mainstream-Sexualität abweichen, und etliche coming-outs, an denen ich in der einen oder anderen Form beteiligt gewesen war. Und auch sonst kriegt man so einiges mit in der "Szene". Vor diesem Hintergrund bitte ich, das folgende zu sehen:
Wohl klar ist, daß Du in einer Phase bist, in der Du Dich selbst sexuell orientieren mußt, die bisherige sexuelle Orientierung infrage gestellt ist. Auch wenn ich in Traumdeutung nicht sonderlich gut bin: Dein Traum lässt doch eine ganz einfache Interpretion zu: jetzt sehen die Leute, wie ich wirklich bin (lesbisch, bi oder irgendwas) und das Ganzkörpertatoo entspricht der Selbststigmatisierung - man steckt sich den Sticker der (früheren) Diskriminierung bewußt selbst an - "reclaiming" nennt sich das. Aber das ist nur so eine flotte Idee von mir, die Du bitte nicht allzu ernst nehmen solltest. Es haben hier schon andere sehr richtig geschrieben: der Gedanke, das Gefühl, die Vermutung, zum eigenen Geschlecht hin Neigungen zu haben, verspürt fast jeder mal im Leben. Seit Alfred Kinsey wissen wir ja auch, daß wohl die allermeisten Menschen in oder kurz nach der Pubertät gleichgeschlechtliche Erfahrungen machen: die sogen. "Jugendhomosexualität", die wohl auch ohne Einfluß auf die spätere Orientierung sein soll.
Nicht allzu Ernst würde ich vielleicht auch die unglückliche Reaktion Deiner Freundin nehmen wollen. Die sexuelle Orientierung ist offenbar eine ganz wichtige Basis für die Wahrnehmung unserer Selbst und durch unsere Umwelt. Wir denken nun mal in Schubladen. Jemand ist ein für alle mal hetero oder homo oder bi und fertig. Wenn jemand seine Orientierung möglicherweise wechselt, erzeugt das Verunsicherung. Und so unbegründet ist diese Verunsicherung auch nicht, weil ein coming-out ist nicht selten damit verbunden, daß sich sehr grundsätzliche Einstellungen zur Sexualität, zum Leben und den Lebenszielen ändern können - auch sehr radikal. Es ist auch so, daß die Phase der eigenen Neuorientierung für einen selbst mit einer gewissen Dünnhäutigkeit verbunden ist - man neigt sehr dazu, die Worte seiner Mitmenschen auf die Goldwaage zu legen.
Ich meine, Deine Therapeutin ist die berufene Beraterin in dieser Phase. Du hast sie ja bewußt mit dem Ziel aufgesucht, über Deine Sexualität (im weiteren Sinne des Wortes) nachzudenken, die Dich bis jetzt ja nicht voll befriedigt, weil Du bislang keine dauerhafte, glückliche Beziehung hast aufbauen können. Daß die Frage nach einer eventuellen gleichgeschlechtlichen Orientierung auftaucht, wenn Beziehungen zu gegengeschlechtlichen Partnern unbefriedigend blieben, dürfte Deine Therapeutin kaum überraschen - und lächerlich macht man sich vor einem Psychotherapeuten sowieso niemals.
Nun bin ich in Beziehungsfragen der freilich am wenigsten berufene Ratgeber, weil ich selbst gründlich beziehungsunfähig bin - und war dies sicherlich auch mein Leben lang. Aber in der Rückschau meine ich, daß es auch ein großer Fehler von mir gewesen war, hinter dem Ziel einer solchen Beziehung hinterherzulaufen. Ich hätte mir selbst und anderen wahrscheinlich viel Leid ersparen können, wenn ich früher ein Einsehen darin hätte entwickeln können, eben für enge Beziehungen nicht geeignet zu sein. Es wird gerade heute von sehr vielen Seiten immer wieder der Anspruch an einen herangetragen, in einer solchen Beziehung leben zu müssen, eine solche Beziehung zu den menschlichen Grundbedürfnissen gehöre und ein Leben ohne eine Beziehung kein Glückliches sein könne, sondern sogar: irgendwie krank. Früher, als alles besser war, da war die gesellschaftliche Aktzeptanz für diejenigen, welche lieber für sich alleine leben wollten, etwas größer, der Druck hin zur Beziehung bei weitem nicht so groß. Aber vielleicht ist auch das nur eine sehr subjektive Wahrnehmung von mir.
Ich stimme Dir aber völlig zu: von der Frage der sexuellen Orientierung ist die Frage der Beziehungsfähigkeit meiner "teilnehmenden Beobachtung" nach völlig unabhängig. Sie ist sogar unabhängig davon, ob man eher monogam, polygam oder promiskuitiv "gepolt" ist - die allermeisten Promiskuitiven leben in Paarbeziehungen, und die sind nicht labiler, aber auch nicht stabiler, als die des monogam-heterosexuellen mainstreams.
Es steht also noch einiges an harter Arbeit vor Dir, für die ich Dir Kraft und Glück wünsche, aber es gibt auch positive Seiten: egal, wo Du am Ende herauskommst: Du hast Dich selbst mit Deinen Gefühlen und Deiner Sexualität dann gründlich auseinandergesetzt, und kannst das beruhigende Gefühl haben, dann endlich zu wissen (statt nur zu glauben), wo Du stehst ! Und das halte ich für ein sehr erstrebenswertes Ziel.
Gruß
Möbius
Kraft und Glück wünsche ich der TE auch, ob ihr aber harte Arbeit bevor steht bezweifle ich. Fast alle Erwachsenen haben irgendwann mal Zweifel an ihrer sexuellen Orientierung gehegt, die bei weitaus den meisten ohne jegliche Arbeit ausgeräumt wird.Möbius hat geschrieben:Es steht also noch einiges an harter Arbeit vor Dir, für die ich Dir Kraft und Glück wünsche,
caute
@ ballpoint: Da hast Du absolut 100% Recht ! Deswegen sind ja auch fast alle Erwachsenen so wahnsinnig glücklich mit ihrer Sexualität !
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- Helferlein
- , 30
- Beiträge: 85
Ballpoint, Du kannst einem leidtun - so schön hat mir echt schon lange keiner mehr den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt und ist dann noch aus dem Tor gegangen.ballpoint hat geschrieben: (...) Fast alle Erwachsenen haben irgendwann mal Zweifel an ihrer sexuellen Orientierung gehegt, die bei weitaus den meisten ohne jegliche Arbeit ausgeräumt wird.
Und wie ich, der Nachricht über Tannenbaums Kompliment folgend, das Ganze nochmal gelesen habe, um mir meine ja von Rechts wegen zustehende narzistische Zufuhr abzuholen, da mußte ich gleich nochmal in die Tischkante beißen vor lachen (mit meinen "Dritten" ist das ja nicht so schlimm):
Es sind nicht die Zweifel, die ohne jegliche Arbeit ausgeräumt WERDEN würden, sondern es WIRD gleich die ganze sexuelle Orientierung an sich ausgeräumt - hoffentlich dann wenigstens gründlich, so das es nix mehr zu orientieren und zu sexeln gibt !
Ich würde sagen: ein klassischer Freudscher Vernschreiber !
Nix für ungut ! Ist nicht böse gemeint ! Auch mein Weg wird gesäumt von den Leichen derer, die sich über mich schon totgelacht haben !
Hach ja, immer diese freudschen Fernschreiber...Möbius hat geschrieben: ein klassischer Freudscher Vernschreiber!
caute
Herzlichen Dank für die vielen Antworten, damit hatte ich ja gar nicht gerechnet Vielen Dank schonmal für Eure Hilfe!!!
Ich denke vom Verstand her weiß ich schon, dass sie als Therapeutin zumindest professionell reagieren sollte. Die Angst habe ich wohl eher davor, dass ich irgendwann festelle, dass es ein "Fehlalarm" war und dann zurückrudern muss. Was ich daran schlimm fände kann ich gar nicht genau sagen.
Zur Frage wie ich darauf komme evt. lesbisch zu sein. Es gab in meiner Vergangenheit, vor allem in meiner Jugend, einige Frauen in die ich rückblickend wohl ein bisschen verliebt war. Ich erinnere mich an eine Art Flirt mit einer Klassenkameradin im Alter von ca. 17 Jahren, der über längere Zeit lief. Ich fand sie irgendwie spannend und wahnsinnig hübsch. Gelaufen ist da aber nie etwas, ich weiß auch leider nicht wo sie sich eingeordnet hätte (also hetereo / bi / homo), der Kontakt ist nach dem Abi dann abgebrochen. Damals habe ich auch ab und zu betrunken andere Mädchen geküsst, aber immer eher im Rahmen einer Art Wette und "offiziell" nur um irgendwelche Jungs anzumachen. Wenn ich ehrlich bin hatte ich es aber auch irgendwie drauf angelegt.. Allgemein fallen mir eigentlich keine Jungs aus der Schulzeit ein, in die ich verliebt war oder die ich so richtig sexy fand. Mädchen fallen mir stattdessen wie gesagt mehrere ein, die ich unglaublich hübsch und sexy fand. Auch heute ist es noch so, dass mir hübsche Frauen mehr auffallen als attraktive Männer. Vor einigen Jahren habe ich mal im Spaß zu einer Freundin gesagt, dass ich gar nicht verstehen kann wieso manche Männer sich beschweren, dass sie keine Freundin finden. Schließlich gäbe es viel mehr tolle Frauen als Männer, wenn ich lesbisch wäre hätte ich schon längst jemanden gefunden Naja, was man halt unüberlegt so sagt LOL
Was sexuelle Fantasien angeht muss ich auch gestehen, dass Frauen da schon immer eine größere Rolle gespielt haben. Das war mir eigentlich noch nie so bewusst aufgefallen, aber seit ich mich mit dem Gedanken intensiver beschäftige ist mir das überhaupt erstmal klar geworden. Das hört sich jetzt total bescheuert an, aber seit ich etwa 14 Jahre alt bin stelle ich mir sehr oft vor, dass ich als Mann (ein bestimmter Filmstar den ich da im Kopf habe) Sex mit einer schönen Frau habe. Ich war seit etwa diesem Alter ein großer Fan von diesem Filmstar und hatte mein komplettes Jugendzimmer mit Postern zugeklebt. Aber anstatt davon zu träumen, dass dieser Star Sex mit MIR hat, habe ich mir vorgestellt wie ich er bin und Sex mit Frauen habe. Diese Fantasien sind bis heute geblieben. Puh, das hört sich echt blöd an LOL
Mir fällt es unglaublich schwer nicht jetzt sofort eine Antwort auf all meine Fragen zu haben, bin kein geduldiger Mensch. Ich weiß natürlich auch, dass mir niemand anderer diese Frage "was" ich jetzt bin beantworten kann, und auch das nervt mich LOL Vielleicht ist es aber doch ein Schritt nach vorne der Therapeutin davon zu erzählen. Dienstag ist mein nächster Termin, mal sehen
Ach ja, noch zu meiner Freundin. Ich hatte sie eigentlich als offene Person eingeschätzt, sie hat mir schon öfter von ihrem schwulen besten Freund erzählt. Oh Gott, ich hoffe sie denkt jetzt nicht ich stehe auf sie haha. Leider nicht mein Typ
Ich denke vom Verstand her weiß ich schon, dass sie als Therapeutin zumindest professionell reagieren sollte. Die Angst habe ich wohl eher davor, dass ich irgendwann festelle, dass es ein "Fehlalarm" war und dann zurückrudern muss. Was ich daran schlimm fände kann ich gar nicht genau sagen.
Zur Frage wie ich darauf komme evt. lesbisch zu sein. Es gab in meiner Vergangenheit, vor allem in meiner Jugend, einige Frauen in die ich rückblickend wohl ein bisschen verliebt war. Ich erinnere mich an eine Art Flirt mit einer Klassenkameradin im Alter von ca. 17 Jahren, der über längere Zeit lief. Ich fand sie irgendwie spannend und wahnsinnig hübsch. Gelaufen ist da aber nie etwas, ich weiß auch leider nicht wo sie sich eingeordnet hätte (also hetereo / bi / homo), der Kontakt ist nach dem Abi dann abgebrochen. Damals habe ich auch ab und zu betrunken andere Mädchen geküsst, aber immer eher im Rahmen einer Art Wette und "offiziell" nur um irgendwelche Jungs anzumachen. Wenn ich ehrlich bin hatte ich es aber auch irgendwie drauf angelegt.. Allgemein fallen mir eigentlich keine Jungs aus der Schulzeit ein, in die ich verliebt war oder die ich so richtig sexy fand. Mädchen fallen mir stattdessen wie gesagt mehrere ein, die ich unglaublich hübsch und sexy fand. Auch heute ist es noch so, dass mir hübsche Frauen mehr auffallen als attraktive Männer. Vor einigen Jahren habe ich mal im Spaß zu einer Freundin gesagt, dass ich gar nicht verstehen kann wieso manche Männer sich beschweren, dass sie keine Freundin finden. Schließlich gäbe es viel mehr tolle Frauen als Männer, wenn ich lesbisch wäre hätte ich schon längst jemanden gefunden Naja, was man halt unüberlegt so sagt LOL
Was sexuelle Fantasien angeht muss ich auch gestehen, dass Frauen da schon immer eine größere Rolle gespielt haben. Das war mir eigentlich noch nie so bewusst aufgefallen, aber seit ich mich mit dem Gedanken intensiver beschäftige ist mir das überhaupt erstmal klar geworden. Das hört sich jetzt total bescheuert an, aber seit ich etwa 14 Jahre alt bin stelle ich mir sehr oft vor, dass ich als Mann (ein bestimmter Filmstar den ich da im Kopf habe) Sex mit einer schönen Frau habe. Ich war seit etwa diesem Alter ein großer Fan von diesem Filmstar und hatte mein komplettes Jugendzimmer mit Postern zugeklebt. Aber anstatt davon zu träumen, dass dieser Star Sex mit MIR hat, habe ich mir vorgestellt wie ich er bin und Sex mit Frauen habe. Diese Fantasien sind bis heute geblieben. Puh, das hört sich echt blöd an LOL
Mir fällt es unglaublich schwer nicht jetzt sofort eine Antwort auf all meine Fragen zu haben, bin kein geduldiger Mensch. Ich weiß natürlich auch, dass mir niemand anderer diese Frage "was" ich jetzt bin beantworten kann, und auch das nervt mich LOL Vielleicht ist es aber doch ein Schritt nach vorne der Therapeutin davon zu erzählen. Dienstag ist mein nächster Termin, mal sehen
Ach ja, noch zu meiner Freundin. Ich hatte sie eigentlich als offene Person eingeschätzt, sie hat mir schon öfter von ihrem schwulen besten Freund erzählt. Oh Gott, ich hoffe sie denkt jetzt nicht ich stehe auf sie haha. Leider nicht mein Typ
Wenn du schon so lange solche Phantasien hast, dann ist dein Gedanke ja nicht aus der Luft gegriffen oder irgendwie zwanghaft oder phobisch. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich im Gespräch mit der Therapeutin zeigen wird, wie stimmig es für dich ist, dich als lesbisch oder bi zu bezeichnen. (Ziehst du Bisexualität auch in Betracht?)
Ich hab das auch vor und teils auch schon hinter mir und fand es sehr befreiend, mit einer Therapeutin (und auch mit anderen) darüber zu reden und "ganz normale" Reaktionen zu erhalten. In meinem Leben hat sich konkret dadurch erstmal nicht viel geändert, aber meine Perspektive auf Sexualität ist jetzt viel stimmiger, positiver.
Ich hab das auch vor und teils auch schon hinter mir und fand es sehr befreiend, mit einer Therapeutin (und auch mit anderen) darüber zu reden und "ganz normale" Reaktionen zu erhalten. In meinem Leben hat sich konkret dadurch erstmal nicht viel geändert, aber meine Perspektive auf Sexualität ist jetzt viel stimmiger, positiver.
Hallo BriBri !
Sprich ruhig mit Deiner Therapeutin - auch über Deine Hemmungen ihr gegenüber und Deine Ängste vor einem "zurückrudern müssen"! Du wirst es nicht bereuen !
Es verhält sich meiner Auffassung nach so, daß der natürliche, dh von Geburt an vorliegende Zustand des Menschen derjenige der Bisexualität ist, die im Laufe der Kindheit und Jugend jedoch durch Erziehung und Sozialisation umgestaltet wird. Das sexuelle Begehren in die eine Richtung wird zurückgedrängt, das in die andere gefördert. Diese Prozesse sind nur zum Teil bewußt, die Erziehug zur Heterosexualität ist nur ein Teil davon - die wesentlicheren Prozesse laufen für alle Beteiligten im Unbewußten ab. Das ist zumindest die Sichtweise der Psychoanalyse Sigmund Freuds, der ich anhänge - und die durchaus nicht unumstritten sind. Nach dieser Sichtweise gibt es auch verhältnismässig seltene Verläufe, die zur Ausbildung einer wirklich exklusiven Homosexualität führen, und diese ist auch meiner langjährigen Beobachtung nach wirklich verhältnismässig selten. Die Mehrzahl der Menschen, die sich homosexuell betätigen, die man als schwul oder lesbisch wahrnimmt, sind meiner Beobachtung nach "eigentlich" bisexuell, dh fühlen sich immer wieder in der einen oder anderen Weise vom anderen Geschlecht angezogen, haben Sexkontakte, Beziehungen. Freilich bilden sich dann meist Präferenzen für das eine oder andere Geschlecht aus.
"Schwul" oder "lesbisch" kann man nicht nur als sexuelle Orientierung verstehen, sondern auch als Lebensstile - die sich freilich noch einmal in bestimmte Segmente und Sektoren auffächern. Wenn man diese Szene betritt ist das zunächst einmal sehr verwirrend und es braucht seine Zeit, bis man sich da "orientiert" hat. Die meisten Bisexuellen bevorzugen meiner Beobachtung nach einen Lebensstil, der dem Heterosexuellen "mainstream" weitgehend entspricht, dh leben in heterosexuellen Beziehungen, gehen mit ihrer Bisexualität im Alltag auch recht diskret um. Es gibt auch da sehr große Unterschiede.
Was Deine Phantasie von jenem Filmschauspieler anbelangt, in dessen Körper Du Dich versetzt hast: von so einem singulären Ereignis kann man natürlich keine weitreichenden Schlußfolgerungen oder Analysen ableiten. Aber auf ein paar vielleicht interessante Aspekte möchte ich Dich hinweisen:
Der schweizer Analytiker C.G. Jung hat ein Modell der Psyche entworfen, das sogen. "Archetypenmodell", wonach es tief im Unbewußten bei jedem Menschen eine Reihe von esotherisch anmutenden Gestalten gäbe, die auf unser Leben sehr großen Einfluß nehmen. Die prominenteste dieser Archetypen ist beim Mann die "anima", bei der Frau der "animus" - diejenige Person, die der äusseren Person entsprechen würde, wenn sie mit dem engegengesetzten biologischen Geschlecht geboren worden wäre. Man kann sich das vielleicht als "gegengeschlechtlichen ein-eiigen Zwilling" vorstellen. Dieser "animus" von Dir ist also eine Personifizierung Deiner männlichen Persönlichkeitsanteile, die bei bestimmten Anlässen und Gelegenheiten in den Vordergrund treten können. Das Travestieren oder "Karnevalisieren" der eigenen Geschlechterrolle kommt auch nicht nur im Karneval oder bei Commedys vor, sondern auch im Bereich der Sexualität, wo es sich zB am Phänomen der männlichen Transvestiten zeigt, die von Zeit zu Zeit gerne die weibliche Rolle einnehmen, ohne je ernsthaft den Wunsch in sich zu verspüren, "ganz als Frau zu leben", eine Geschlechtsumwandlung vorzunehmen. Nicht wenige Frauen lieben es auch, ihren männlichen (Sex-)Partner oder eine Frau "wie ein Mann" zu penetrieren, benutzen dabei den "Umschnallschwanz". So wirklich monolitisch-einheitlich "Ganz Mann" oder "Ganz Frau" ist wohl keiner von uns - auch wenn das wohl meist nicht der Selbstwahrnehmung entspricht.
Ich möchte Dich zum Beschluß daher ermuntern, zu Deiner "sexuellen Orientierung" nicht nur in Dich hinein zu horchen und zu fühlen, sondern Dich auch zu informieren, Dich umzuschauen, Dich durch's Netz zu klicken, das eine oder andere Buch zu lesen. Gerade das internet bietet viele Möglichkeiten: man kann sich in diversen Plattformen anmelden, und recht anonym mit anderen kommunizieren - auch auf Plattformen mit dezidiert sexuellen Inhalten, Ansprüchen und Zielen, die durchaus nicht "jugendfrei" sind.
Denn mit einer etwaige Feststellung: "Ja - es stimmt wirklich, ich bin lesbisch, bi oder irgendwas" ist es ja nicht getan - man muß auch seinen Weg finden, dieses lesbisch, bi oder irgendwas ins reale Leben umzusetzen, "auszuleben." Und da gelten meiner Meinung nach zwei schöne alte Motti der Arbeiterbewegung auch heute noch:
"Wissen ist Macht!" und vor allem: "Bildung macht frei!"
Gruß
Möbius
Sprich ruhig mit Deiner Therapeutin - auch über Deine Hemmungen ihr gegenüber und Deine Ängste vor einem "zurückrudern müssen"! Du wirst es nicht bereuen !
Es verhält sich meiner Auffassung nach so, daß der natürliche, dh von Geburt an vorliegende Zustand des Menschen derjenige der Bisexualität ist, die im Laufe der Kindheit und Jugend jedoch durch Erziehung und Sozialisation umgestaltet wird. Das sexuelle Begehren in die eine Richtung wird zurückgedrängt, das in die andere gefördert. Diese Prozesse sind nur zum Teil bewußt, die Erziehug zur Heterosexualität ist nur ein Teil davon - die wesentlicheren Prozesse laufen für alle Beteiligten im Unbewußten ab. Das ist zumindest die Sichtweise der Psychoanalyse Sigmund Freuds, der ich anhänge - und die durchaus nicht unumstritten sind. Nach dieser Sichtweise gibt es auch verhältnismässig seltene Verläufe, die zur Ausbildung einer wirklich exklusiven Homosexualität führen, und diese ist auch meiner langjährigen Beobachtung nach wirklich verhältnismässig selten. Die Mehrzahl der Menschen, die sich homosexuell betätigen, die man als schwul oder lesbisch wahrnimmt, sind meiner Beobachtung nach "eigentlich" bisexuell, dh fühlen sich immer wieder in der einen oder anderen Weise vom anderen Geschlecht angezogen, haben Sexkontakte, Beziehungen. Freilich bilden sich dann meist Präferenzen für das eine oder andere Geschlecht aus.
"Schwul" oder "lesbisch" kann man nicht nur als sexuelle Orientierung verstehen, sondern auch als Lebensstile - die sich freilich noch einmal in bestimmte Segmente und Sektoren auffächern. Wenn man diese Szene betritt ist das zunächst einmal sehr verwirrend und es braucht seine Zeit, bis man sich da "orientiert" hat. Die meisten Bisexuellen bevorzugen meiner Beobachtung nach einen Lebensstil, der dem Heterosexuellen "mainstream" weitgehend entspricht, dh leben in heterosexuellen Beziehungen, gehen mit ihrer Bisexualität im Alltag auch recht diskret um. Es gibt auch da sehr große Unterschiede.
Was Deine Phantasie von jenem Filmschauspieler anbelangt, in dessen Körper Du Dich versetzt hast: von so einem singulären Ereignis kann man natürlich keine weitreichenden Schlußfolgerungen oder Analysen ableiten. Aber auf ein paar vielleicht interessante Aspekte möchte ich Dich hinweisen:
Der schweizer Analytiker C.G. Jung hat ein Modell der Psyche entworfen, das sogen. "Archetypenmodell", wonach es tief im Unbewußten bei jedem Menschen eine Reihe von esotherisch anmutenden Gestalten gäbe, die auf unser Leben sehr großen Einfluß nehmen. Die prominenteste dieser Archetypen ist beim Mann die "anima", bei der Frau der "animus" - diejenige Person, die der äusseren Person entsprechen würde, wenn sie mit dem engegengesetzten biologischen Geschlecht geboren worden wäre. Man kann sich das vielleicht als "gegengeschlechtlichen ein-eiigen Zwilling" vorstellen. Dieser "animus" von Dir ist also eine Personifizierung Deiner männlichen Persönlichkeitsanteile, die bei bestimmten Anlässen und Gelegenheiten in den Vordergrund treten können. Das Travestieren oder "Karnevalisieren" der eigenen Geschlechterrolle kommt auch nicht nur im Karneval oder bei Commedys vor, sondern auch im Bereich der Sexualität, wo es sich zB am Phänomen der männlichen Transvestiten zeigt, die von Zeit zu Zeit gerne die weibliche Rolle einnehmen, ohne je ernsthaft den Wunsch in sich zu verspüren, "ganz als Frau zu leben", eine Geschlechtsumwandlung vorzunehmen. Nicht wenige Frauen lieben es auch, ihren männlichen (Sex-)Partner oder eine Frau "wie ein Mann" zu penetrieren, benutzen dabei den "Umschnallschwanz". So wirklich monolitisch-einheitlich "Ganz Mann" oder "Ganz Frau" ist wohl keiner von uns - auch wenn das wohl meist nicht der Selbstwahrnehmung entspricht.
Ich möchte Dich zum Beschluß daher ermuntern, zu Deiner "sexuellen Orientierung" nicht nur in Dich hinein zu horchen und zu fühlen, sondern Dich auch zu informieren, Dich umzuschauen, Dich durch's Netz zu klicken, das eine oder andere Buch zu lesen. Gerade das internet bietet viele Möglichkeiten: man kann sich in diversen Plattformen anmelden, und recht anonym mit anderen kommunizieren - auch auf Plattformen mit dezidiert sexuellen Inhalten, Ansprüchen und Zielen, die durchaus nicht "jugendfrei" sind.
Denn mit einer etwaige Feststellung: "Ja - es stimmt wirklich, ich bin lesbisch, bi oder irgendwas" ist es ja nicht getan - man muß auch seinen Weg finden, dieses lesbisch, bi oder irgendwas ins reale Leben umzusetzen, "auszuleben." Und da gelten meiner Meinung nach zwei schöne alte Motti der Arbeiterbewegung auch heute noch:
"Wissen ist Macht!" und vor allem: "Bildung macht frei!"
Gruß
Möbius
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