Ich will keine Frau sein

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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lisamarie2
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Ich will keine Frau sein

Beitrag Di., 29.12.2015, 13:13

Hallo,

mir geht es sehr schlecht und ich benötige Hilfe. Ich bin 30 Jahre alt und weiblich. Ich empfinde es als erniedrigend eine Frau zu sein. Das ist ein Hilferuf. Ich möchte niemanden beleidigen. Bitte keine wütenden Antworten schreiben.

Ich mag es nicht, dass Sexualität für mich damit einhergeht, dass andere Leute Dinge oder Körperteile in meinen Körper einführen. Ich verzichte seit mehreren Jahren auf Sexualität, weil es mir damit immer schlecht ging. Ich wurde traurig danach, ohne dass ich genau sagen kann wieso. Ich habe keine sehr negativen Erfahrungen mit Sexualität gemacht, aber ich bin von dem ersten Mann, mit dem ich geschlafen habe, sehr doll angelogen und ausgenutzt worden.

Ich habe das Gefühl, dass ich weniger Freiheiten habe als ein Mann. Wenn ich logisch darüber nachdenke, weiß ich dass das nicht stimmt. Es liegt aber auch daran, glaube ich, dass meine Mutter immer schlecht über Männer geredet hat. Sie fühlte sich von meinem Vater sehr im Stich gelassen. Deswegen sagte sie oft, dass Männer keine Verantwortung übernehmen. Sie war sehr traurig und wütend, weil sie sich meistens ganz alleine um die Kinder kümmern musste, während mein Vater seinen Hobbies nachging oder Freunde traf. Wenn ich logisch darüber nachdenke, weiß ich, dass nicht alle Männer so sind. Aber es hilft nichts an meinen Gefühlen. Gibt es da einen Weg, wie man lernen kann jemandem zu vertrauen?

Ich habe das Gefühl, dass ich als Frau nur etwas wert bin, wenn ich gut aussehe. Im Moment habe ich einen schönen Körper und ich habe Angst ihn zu verlieren, wenn ich älter werde oder ein Kind bekomme. Ich habe das Gefühl, als wäre ich nur etwas wert, wenn ein Mann mich attraktiv findet. Ich habe lange versucht, dieses Gefühl mit logischem Nachdenken zu vertreiben, aber es kommt immer wieder.

Das schlimmste ist für mich, wenn ich daran denke, Kinder zur Welt zu bringen. Ich habe Angst vor Schmerz und Erniedrigung. Oft habe ich gelesen, dass Frauen ihr Baby so sehr lieben, dass es der glücklichste Moment ihres Lebens ist. Ich habe Angst, dass ich mein Baby nur hassen würde, weil es mir die Geburt angetan hat und weil ich denke, dass mein Partner mich verlassen würde, und ich allein mit dem Kind bin. Ich verspüre einen großen widerwillen dagegen, mich für das Baby aufzuopfern, aber ich habe das Gefühl, dass es von mir verlangt wird und das menschen wütend auf mcih werden, wenn ich sage, dass ich das nicht will. Ich habe außerdem das Gefühl, dass ich das Leben meiner Mutter zerstört habe durch meine Geburt und deswegen habe ich große Schuldgefühle. Es geht inzwischen soweit, dass ich sofort an Selbstmord denke wenn irgendwo das Thema Familienplanung und Geburt zufällig auftaucht. Ich empfinde den Gedanken an eine Geburt wie den Gedanken an eine schlimme Vergewaltigung oder daran brutal ermordet zu werden.

Dazu kommt, dass ich auch sehr brutale sexuelle Fantasien habe, in denen Frauen, aber v.a. jungen Mädchen, also eigentlich noch Kindern, Gewalt von erwachsenen Männern angetan wird. Das geht soweit, dass sie auch getötet werden in diesen Fantasien. Wenn ich aber in Wirklichkeit (im Fernsehen oder so) etwas über Missbrauch höre, kann ich das nur schwer ertragen (ähnlich wie das Thema Geburt) und schalte schnell weg.

Es macht mich sehr traurig, dass ich wegen dieser Gedanken keine eigene Familie haben kann. Wenn ich gerade nicht solche Gedanken habe, bin ich ein sehr liebevoller Mensch und ich glaube dass ich mich auch gut in andere einfühlen kann und mich um andere sorge. Ich glaube, dass ich eigentlich eine gute Mutter sein könnte und auch eine gute Partnerin. Ich interessiere mich sehr für andere Menschen, höre ihnen aufmerksam zu und empfinde große Zuneigung für meine Freunde. Ich habe auch einen Hund, um den ich mich gern kümmere, ohne dass ich das Gefühl habe mich "aufopfern" zu müssen. Es macht mich traurig, dass es wohl bei dem Haustier bleiben wird für mich.

Ich meine nichts von dem was ich geschrieben habe böse oder beleidigend. Ich habe nur versucht meine Gefühle zu beschreiben. Bitte keine wütenden Antworten. Ich nehme mir sowas sehr zu Herzen.

Hat jemand eine Idee was ich machen könnte, um ein positiveres Selbstgefühl zu bekommen? Findet ihr es angenehm eine Frau zu sein?

Liebe Grüße

lm

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HealthFreak
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Beitrag Mi., 30.12.2015, 20:34

Ich würde eine Sexualtherapie vorschlagen. Ich hoffe, dass du deine Probleme überwinden kannst, versuche doch vielleicht mit Freundinnen über deine Sexualität zu reden, vielleicht wird dir das helfen.
LG

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lisamarie2
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Beitrag So., 24.01.2016, 11:38

@docu_ment

Leider konnte ich auch deine PN nicht antworten, weil ich nicht genügend Beiträge hier veröffentlicht habe. Deswegen poste ich meine Antwort hier mal öffentlich und hoffe, dass sie auch auf diesem Wege bei dir ankommt. Du kannst mir aber gerne privat nochmal schreiben, wenn du möchtest. Lesen kann ich die Nachrichten, nur nicht antworten. (sorry...)

Danke für deine Antwort.

Ich habe "Fleischmarkt" sogar hier rumliegen aber bin bisher noch nicht dazu gekommen es zu lesen.

Ich glaube im Grunde, dass du Recht hast, und dass es größtenteils die gesellschaftliche Darstellung von Weiblichkeit ist, die diese Gefühle verursacht. Ich finde es allerdings extrem schwer mich mit dem Thema zu beschäftigen, bzw. mit anderen darüber zu reden. In meiner Erfahrung gibt es da nämlich im Großen und Ganzen zwei Reaktionen:

Zum einen sind da diese Frauen, die einfach überhaupt kein Bock haben sich mit Feminismus auseinanderzusetzen, bzw. schon allein den bloßen Worten "Gender" oder "Feminismus" gegenüber negative Einstellungen haben und dann sofort sehr abwehrend reagieren, wenn man sie ausspricht. Es ist so als ob sie einfach nicht wahrhaben wollen, dass es auch in unserer Gesellschaft Sexismus und wirtschaftliche oder überhaupt irgendwie geartete strukturelle Benachteiligung von Frauen gibt und wenn man das Thema anspricht werden sie abwehrend und aggressiv. Ich glaube das liegt daran, dass sie sich selbst nicht als Opfer erleben wollen.

Zum anderen habe ich selber aber auch eher negative Erfahrungen mit den Gender Studies gemacht. Ich finde da thematisch durchaus vieles total interessant, aber ich hatte meistens das Gefühl, dass das Fach für mich extrem unzugänglich ist. Ich habe es z.B. bisher niemals geschafft einen Text von Judith Butler zuende zu lesen, weil es mir einfach zu komplizierte Texte sind (und ich hab damit normalerweise nicht so die Probleme). Laurie Penny finde ich daher übrigens z.B. zemlich gut, weil mir ihr Schreibstil sehr viel zugänglicher ist.

Aber es ist nicht nur, dass ich die Gender Studies als unzugänglich erlebt habe. Ich habe auch in Veranstaltungen, die ich besucht habe, das Gefühl gehabt, dass mir ein Teil der Menschen da einfach extrem unsympathisch war. Da wurde regelmäßig Leuten regelrecht der Mund verboten, weil sie aus Versehen ein falsches Wort gebraucht haben oder sie wurden als "diskriminierend" abgestempelt, weil sie aus Versehen die falschen Pronomen verwendet haben (was ja jetzt auch nicht gerade einfach ist, wenn man sein ganzes Leben lang "er" und "sie" gesagt hat und auf einmal ist da jemand, der wütend auf einen ist, wenn man nicht "x" als Pronomen benutzt...) Es ging da überhaupt sehr viel um Sprache und Leute haben sich gegenseitig beschuldigt "diskriminierend" zu sein. Ich hatte die ganze Zeit Angst irgendwas falsches zu sagen und hab dann lieber nichts gesagt. (Aber das sind natürlich nur meine persönlichen Erfahrungen. Damit will ich nicht sagen, dass das Fach an sich "schlecht" ist oder so)

Ich glaube dass die Situation für Frauen ziemlich kompliziert ist. Jemand sagte zu mir, dass Männer ja auch gern attraktiv sein und begehrt werden wollen und ich denke das stimmt auch, aber ich habe das Gefühl, dass ihr Begehren so "nach außen gerichtet" ist. Also, sie begehren eine Frau. Und wenn sie sich ein schickes Auto kaufen oder bestimmte Klamotten tragen, dann tun sie das mit dem Ziel, dass Frauen sich für sie interessieren. Ich habe das Gefühl, bei Frauen ist es ganz anders. Frauen wollen begehrenswert sein, weil es wie ein Teil von ihnen ist. Das was sie erregt ist nicht das "Objekt Mann", sondern sie finden es erregend, selbst das Objekt der Begierde eines anderen zu sein. Und das finde ich so verstörend. Man kann das z.B. in den sexuellen Fantasien von Frauen sehen. In romantischen Filmen oder Liebesromen usw., die ja hauptsächlich von Frauen gelesen werden und nicht von Männern. Das was daran für eine Frau so aufregend ist, ist nicht der Körper eines gutaussehenden Mannes (auch wenn gutaussehende Männer dabei oft vorkommen). Aber das eigentlich Erregende für die Frau ist ja, dass sie selbst von einem Mann begehrt WIRD. Sie hat quasi die Fantasie selbst schön und begehrenswert zu sein für jemand anderen ("den Mann") und DAS ist ihre Lust.
Ich weiß nicht, ob ich es so gut ausdrücken kann...

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lisamarie2
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Beitrag So., 24.01.2016, 11:44

Jedenfalls merke ich das an mir selbst und eben auch bei anderen. Es ist so als ob es in mich beim Aufwachsen "hineingewebt" wurde und nun ein Teil von mir ist, dass meine Lust darin besteht von anderen begehrt zu werden. Das heißt ich genieße es mehr, ein sexuelles Objekt zu sein, als aktiv den Körper von jemand anderem zu begehren und zu spüren. Und das ist es was mich so verstört. Dass es quasi "ein Teil von mir" ist, den ich auch nicht einfach ablegen kann.

Es tut mir leid, jetzt habe ich dich etwas zugetextet. Ich hoffe das ist okay.

Danke für deine Nachricht. Es tut gut eine positive Rückmeldung zu bekommen.

Liebe Grüße

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Möbius
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Beitrag So., 24.01.2016, 15:30

Hallo lisamarie !

die Antwort, die ich auf Dein Unbehagen am "Frau sein" zu geben versuche, beruht auf der klassischen Psychoanalyse nach Freud, zu der ich selbst mich bekenne. Dieses Gedankensystem wird heute sehr stark angefeindet, gerade aus der Ecke der Feministen, queer-DenkerInnen, der schwullesbischen Bewegung usw. Auch hier in diesem Forum bin ich aufgrund meiner Identitfikation mit Freud in einer Aussenseiterposition - das solltest Du berücksichtigen, wenn Du das nachfolgende liest. Meine eigene Identifikation mit Freud ist weniger das Ergebnis einer rational-theoretischen Überzeugung aufgrund der Schlüssigkeit seiner Texte, als vielmehr dem Umstand geschuldet, daß mir anhand dieser Texte eine Selbstanalyse geglückt ist - und auch weiterhin glückt - und auch daß die zentralen Annahmen Freuds mir auch zahlreiche Phänomene meiner eigenen Sexualität und der von mit "teilnehmend beobachteten" Sexualität anderer erklären konnte - ich lebe seit ca. 25 Jahren promiskuitiv bisexuell, und da erlebt und sieht man ja recht viel.

Es ist auch leider so, daß Freud niemals eine umfassende, systematische Theorie der Psychoanalyse hinterlassen hätte, sondern eine Fülle von größeren und kleineren Veröffentlichungen, seine eigenen Auffassungen auch sein Leben lang immer wieder modifiziert hatte. Man sollte auch nicht vergessen, daß die Psychoanalyse in ihrem Kern eine Heilmethode für psychische Krankheiten ist, und keine sozialwissenschaftliche Theorie. Sie beruht auf klinischen Befunden und Behandlungserfahrungen - nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis.

So wie ich Freud verstehe, verhält es sich so, daß der Mensch sein Leben als "konstitutionell bisexuell" (Freud) beginnt. Diese Bisexualität ist umfassend, nicht nur was die "Orientierung" ("wen liebe ich?") anbelangt, sondern auch die Identität ("Wer bin ich ?") Das Kind ist also weder Mann, noch Frau, aber gleichzeitig enthält es alle Anlagen von Mann und Frau. Erst durch spätere Ereignisse im Laufe der Kindheit wird aus dem Kind ein Mann oder eine Frau. Man sagt - mit de Beauvoir - gerne: zur Frau wird man nicht geboren, man wird dazu gemacht. Das ist zwar durchaus richtig, enthält aber einen mißverständlichen Teil: dieses "machen" beeinhaltet zwar die Erziehung des Kindes zum Mädchen, zur (jungen) Frau, aber diese Erziehung und die Sozialisation sind nicht die einzigen Faktoren, und noch nicht einmal die Wichtigsten. Die entscheidenden Ereignisse auf diesem Entwicklungsweg, die "Psychodramen der Kindheit", entwickeln sich zumeist ohne daß es auch den Eltern und sonstigen Erwachsenen, die in diese Prozesse involviert sein können, bewußt ist, welche Rolle sie und ihr Verhalten dem Kind gegenüber spielt. Es sind im wesentlichen die Ereignisse um den "Ödipus-Konflikt" herum, die zur Ausbildung einer männlichen, einer weiblichen oder einer "dritten" Identität führen. Im Einzelfall lassen sich diese Prozesse, von denen allermeist keine bewußte Erinnerung (auch wohl nur sehr selten bei den Erwachsenen) zurückbleibt, durch die sehr aufwändige Psychoanalyse nachvollziehen - wenn die Analyse denn gelingt.

Ob also ein Kind sich zum Mann, zur Frau oder einem "Dritten Geschlecht" entwickelt, ist weniger von seiner Anatomie und seinen Genen abhängig, sondern wie sich diese "Psychodramen der Kindheit" abspielen, wie das Kind diese durchaus traumatischen Ereignisse durchläuft, durchsteht und verarbeitet.

Dementsprechend geht die Psychoanalyse auch nicht davon aus, daß es beim Menschen einen natürlichen, dh von Geburt an vorgegebenen Trieb zur Fortpflanzung geben würde - der bei vielen Menschen dann wahrgenommene Kinderwunsch entsteht auch erst infolge dieser Entwicklung. Der durchaus von Geburt an vorhandene Trieb ist der Sexualtrieb - aber der ist durchaus nicht auf die Fortpflanzung gerichtet, sondern auf die banale sexuelle Befriedigung. Eine Verbindung mit der Fortpflanzung - die sich dabei, wenn man keine Empfängnisverhütung vornimmt - quasi als Nebeneffekt ergibt, wird erst auf kulturellem Wege hergestellt.

(Fortsetzung folgt)

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Möbius
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Beitrag So., 24.01.2016, 15:32

(Anschluß an Teil 1)

Diese Erkenntnisse der Psychoanalyse könnten zumindest für Frauen wie Dich schon einmal den tröstlichen Schluß bereithalten, daß es für einen Menschen, auch wenn er den dafür erforderlichen "Apparat" in seinem Körper hat, keineswegs natürlich ist, diesen Apparat auch benutzen zu wollen, Kinder "empfangen", auszutragen, gebären und großziehen zu wollen: Mutter werden und sein zu wollen. Diesen Wunsch, der mit dem sozialen Rollenbild "Frau" an Menschen mit einem solchen Apparat herangetragen wird, zurückzuweisen, ist demnach Dein gutes und im wahrsten Wortsinne: natürliches Recht. Das diese Zurückweisung aufgrund der internalisierten Rollenerwartungen auch zu innerpsychischen Problemen, erst recht zu sozialen Problemen führen kann, steht auf einem anderen Blatt. Aber unnatürlich ist es auch für einen Menschen, der Vagina, Uterus und Eierstöcke im Bauch hat und Milchdrüsen in den Brüsten - keinesfalls, keine Kinder bekommen zu wollen. Ebensowenig ist es ja auch für Männer unnatürlich, keine Kinder zeugen zu wollen.

Es ist auch keinesfalls unnatürlich, sich in diesem "Rollenbild Frau" nicht sonderlich wohlzufühlen, das auch eine bestimmte Art von sexuellem Verhalten vorsieht, der von Freud mit zutreffender Brutalität "femininer Masochismus" genannt wird: von Männern begehrt werden, statt selbst zu begehren, Objekt statt Subjekt der Sexualität zu sein, "genommen" und penetriert zu werden, und in sexuellen Beziehungen (und daraus letztendlich folgernd: auch in der Gesellschaft) eine zumindest formell submissive Position einzunehmen. Mit dem genuin sexuellen Masochismus, also der Verbindung von sexueller Lust und Schmerzempfinden hat dieser "feminine Masochismus" indessen nichts gemein - dieser bleibt unabhängig von jenem. Dieser sexueller Masochismus kommt bekanntlich bei heterosexuellen Männern und Frauen, Schwulen und Lesben gleichermaßen vor.

Die vaginale oder anale Penetration, die im Zentrum unserer kulturell tradierten Vorstellungen von Heterosexualität stehen und auch in homosexuellen Kreisen eine große Prominenz beanspruchen wollen müssen diese auch keineswegs beim einzelnen Menschen haben - man kann auch ohne sie (oder mit nur sehr wenig davon) ein sehr erfülltes Sexualleben führen. Das ist bei mir selbst so und bei vielen anderen - auch Frauen - den ich in meinen "Szenen" begegnet bin.

Es gibt also keinen Grund, ein schlechtes Gewissen oder ein Gefühl von Minderwertigkeit oder Krankheit deswegen zu haben, weil Du Dich weder von Deiner biologischen Anatomie, noch von der sozialen Rollenerwartung, die an Dich aufgrund Deiner biologischen Anatomie herangetragen wird, auf dieses "Rollenbild Frau" verpflichten lassen willst. Es ist Dein gutes und natürliches Recht, dieses Rollenbild zurückzuweisen. Machst Du indessen davon Gebrauch, erwächst Dir zugleich die Verpflichtung, Deine eigene nicht nur sexuelle Identität weniger zu "er-finden" als zu erforschen und zu finden. Das ist keine leichte Aufgabe, aber auch keine Unmögliche - das haben zehntausende und hunderttausende in diesem unserem Lande auch schon geschafft !

Das ist nicht zuletzt auch eine Aufgabe, vor der ich mich selbst gestellt fühlen muß, weil ich durch meine Kindheitstraumata (ich bin ein "Inzestüberlebender") in meiner psychosexuellen Entwicklung in der Stufe eines präpubertären Kindes "fixiert" worden bin - dh ich kann heute weder das 40 Jahre lang übergestülpte Rollenbild des Mannes für mich annehmen, noch das mir ebensofremde Rollenbild der Frau, und muß meinen "dritten Weg" für mich selbst finden.

Gruß
Möbius

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Möbius
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Beitrag So., 24.01.2016, 16:57

Ich muß einen Nachtrag vornehmen: im 2. Teil meines Beitrages ist von einem "Rollenbild Frau" die Rede, das vom "femininen Masochismus" gekennzeichnet ist - das ist selbstverständlich nur eines von einer ganzen Reihe von "Rollenbildern Frau" - aber wohl dasjenige, unter welchem die threadstarterin am meisten leidet, weswegen ich mich hierauf beschränkt und fälschlicherweise verallgemeinert habe.

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Alienia
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Beitrag So., 24.01.2016, 23:16

In unserer Gesellschaft ist es so, dass JEDE Frau Angst hat nachts allein durch eine dunkle Gasse zu gehen.... Und warum? Weil sie Ansgt vor Männern hat... Und das nicht grundlos.
Kommt einem nachts ein Mann entgegen und man ist allein, hat jede Frau ein unbehagliches Gefühl.
In unserer Gesellschaft gibt es viele frauenhassende oder frauenverachtende Männer.
Männer verfügen über Frauen, haben keinen wirklichen Respekt vor ihnen, üben Macht über sie aus...

Frauen werden außerdem ständig von Männern erniedrigt:

- In der Disko hat es fast jede Frau schon mal erlebt von einem Mann auf den Hintern gegrabscht zu werden. Das ist ein Verhalten ohne jede Respekt.

- oft sexuelle Anspielungen. Frau wird zu einem Sexobjekt degradiert.

usw. usw.

30% aller Frauen haben schon mal tatsächlich sexuelle Gewalt in irgendeiner Form erfahren.

Das ist nicht wenig.
Es ist leider so, dass es viele Männer gibt, die vor Frauen keinen Respekt haben, Machtgelüste an ihnen ausleben usw.

Ich meine nicht alle Männer sind so. Aber es ist eben so, wie eben auch nicht alle Deutschen Nazis sind. Aber als Schwarzer wächst man eben auch so auf, dass an "froh" sein kann, wenn einen weiße gut behandeln. Man wächst schon mit so einer Demutshaltung auf.

Genauso wie man als Frau froh ist, wenn der Mann nachts auf der Straße einfach nur vorbeigeht. Männer sin nun mal eine potentielle Gefahr für uns Frauen.
Und auch wenn viele Frauen das ausblenden und ich lasse mich davon auch nicht einschränken, aber es ist nun mal die Realität.
lisamarie2 hat geschrieben:Hat jemand eine Idee was ich machen könnte, um ein positiveres Selbstgefühl zu bekommen? Findet ihr es angenehm eine Frau zu sein?
Ja, seine Grenzen kenne und klar bei Männern einfordern. So gut es eben geht.
Leider hatte ich auch schon sehr sexistische Chefs. Die ständig mich zu Sexwitzen missbraucht haben. Ich denke vielen Männern ist das noch nicht mal richtig bewusst.
Die ziehen da einfach so eine große innere Befriediung draus, Frauen zu erniedrigen und das ist schon so ein gewohtes Verhalten geworden, die denken da gar nicht mehr drüber nach.
Aber eben wo es geht Grenzen setzen und zu zeigen, dass so ein Verhalten nicht geht.
Und Verbündete bei den Männern suchen.
Genauso wie nichte alle Deutschen Nazis sind, sind nicht alle Männer so. Klar, besteht immer die Gefahr, dass sie so werden.... genauso wie jeder Deutsche ein Nazis werden kann. Aber es gibt definitiv Männer, die gegen diese Frauenverachtung sind. Also solche Männer suchen.

Ich liebe es trotzdem eine Frau zu sein. Man kann trotz allem mit erhobenen Haupt ein Frau sein. Gerade deshalb. Wir dürfen uns doch nicht unterkriegen lassen.

Gerade wenn man sieht, was Frauen für uns geleistet haben.
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Bären erwürgen, Metall verbiegen
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lisamarie2
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Beitrag Di., 26.01.2016, 10:08

Ich liebe es trotzdem eine Frau zu sein.
Kannst du mir das noch etwas genauer erklären bitte? Warum liebst du das?

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mondlicht
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Beitrag Di., 26.01.2016, 12:24

lisamarie2 hat geschrieben:Bitte keine wütenden Antworten.
Hallo lisamarie,

warum meinst Du, wütende Antworten zu provozieren? Das verstehe ich nicht.

Ich verstehe Dich so, dass Du ein Bild von "Weiblichkeit" verinnerlicht hast, das Du gleichzeitig ablehnst. Das klingt ähnlich wie der Konflikt (den ich von mir kenne), Leistung und Erfolg für den sogenannten "Selbstwert" zu benötigen. Da hat man sich an gesellschaftlichen Normen angepasst. Erfolg verschafft mir dann kurz- oder mittelfristig einen Aufschwung. So, wie Du über Dich schreibst, bleibt aber selbst diese "Belohnung" bei Dir aus. Oder verstehe ich daran etwas falsch. Du hast das Gefühl, nur begehrenswert zu sein, wenn Männer das tun. Du findest, wie Du schreibst, Deinen Körper selbst schön. Und wenn ein Mann Dich attraktiv findet - was passiert dann? Findest Du Dich dann immer noch schön?
Bei mir war es, solange ich mich auf nähere Beziehungen zu Männern eingelassen habe, so, dass ich hinter dem Begehren immer auch ein bisschen Verachtung vermutete. Ich konnte mich nicht nur begehrt fühlen. Ich habe für mich entdeckt, dass ich das in der Sexualität mit Frauen nicht so empfinde. Zum Glück fühlte ich mich immer schon sehr zu Frauen hingezogen. Meinen Körper wiederum nehme ich schon als Objekt wahr. Soll heißen, ich halte ihn sportlich, schlank etc. Ich bin keineswegs unabhängig von verinnerlichten Bildern dessen, was "begehrenswert" ist. Ich nehme gleichzeitig mein eigenes Begehren aktiv wahr, ich genieße es, eine andere Frau attraktiv zu finden, sie erobern zu wollen. Und diese anderen Frauen sind nie sportlich, schlank, junggelieben ...

LG
Mondlicht

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Alienia
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Beitrag Mi., 27.01.2016, 00:41

lisamarie2 hat geschrieben:
Ich liebe es trotzdem eine Frau zu sein.
Kannst du mir das noch etwas genauer erklären bitte? Warum liebst du das?

Naja, erst mal fühle ich mich sehr wohl als Frau. Also ich mag auch so weibliche Eigenschaften... wie z. B. diese tiefgründige Emotionalität usw. (also das heißt nicht, dass Männer auch so sein können, aber ist eben eher weiblich.
Ich glaube unser Erleben ist eher Facettenreicher. Also ich mag eben die psychischen und die körperlichen Eigenschaften, Sichtweise usw. die man so als Frau hat.
Sowas z. B.
lisamarie2 hat geschrieben:Wenn ich gerade nicht solche Gedanken habe, bin ich ein sehr liebevoller Mensch und ich glaube dass ich mich auch gut in andere einfühlen kann und mich um andere sorge.
Irgendwie habe ich das Gefühl unsere Welt ist da in dem Bereich sehr viel bunter.

Frau zu sein ist doch toll.
Und das würde ich mir auch niemals durch irgendwelche ungehobelten Männern kaputt machen lassen.



So im Alltag gibt es aber auch immer wieder ganz tolle Männer und auf die sollte man sich konzentrieren.
Ich finde, du hast einfach eine extreme und einseitige Sichtweise. Irgendwie verzerrt. Das hat ja nichts mit der Realität zu tun. Deshalb würde dir da wahrscheinlich ne Therapie wirklich helfen, eine realistischere Sichtweise zu entwickeln.
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BluePoint
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Beitrag Mi., 10.02.2016, 09:45

Ich muss sagen, das kenne ich auch von mir. Meine Mutter hat mir immer eine Angst vor Männern und dunklen Gassen vermittelt. Diese Angst habe ich nicht, da ich mich eigentlich nie als schwache Frau identifiziert habe. Eigentlich habe ich mich nie mot dem Rollenbild Frau identifiziert. Ich hatte immer starke männliche Anteile in mir. So wie ich auch denke Männer haben weibliche Anteile in sich. Daher kann ich nichts mit Rollenbildern anfangen und gehe auch auf Menschen als Menschen und nicht auf "Männer" oder "Frauen" zu.

Es ist aber objektiv gesehen schon so, dass der Reproduktionsapparat den Frauen einem ziemlichen Nachteil bringt. Das ist einfach so.

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helene84
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Beitrag Fr., 18.03.2016, 06:02

Deine Gedanken klingen sehr traurig und hören sich nicht nach einem leichten, schönen Leben an das gerne gelebt wird und bei dem man sich freut morgens aufzustehen! Ich würde dir dringend raten eine Therapie zu beginnen um mit deine Situation umgehen zu können und vor allen Dingen um mit dir ins reine zu kommen!
Deine Situation ist auf Dauer wahnsinnig belastend und jeder hat es doch verdient ein erfülltes und glückliches Leben zu führen!!

Viele Grüße
Helene

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