Trauma und Sexualverhalten nach (Fast-)Vergewaltigung

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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Trauma und Sexualverhalten nach (Fast-)Vergewaltigung

Beitrag Fr., 15.03.2013, 11:56

Hallo allerseits!

Ich hätte da mal ein Problem und dachte mir, möglicherweise kann mir der ein oder andere einen kleinen Tipp in die richtige Richtung geben. Also, passt mal auf:

Nachdem ich letztes Jahr eine achtjährige Beziehung hinter mir habe bin ich seit fast zwei Monaten wieder mit einer neuen Frau zusammen. Alles läuft an und für sich super, wir verstehen uns prächtig, sehen und fast täglich und alles ist super schön. Allerdings ist es so, dass sie mir im Laufe der Zeit einige dunkle Dinge aus ihrer Vergangenheit anvertraut hat und ich jetzt vor der Frage stehe, wie ich wohl am besten in unserer beidem Sinne damit umgehe.

Und so sieht das aus: Vor 10 Jahren ist sie mal annährend vergewaltigt wurden (also zum Geschlechtsverkehr kam es da nicht, aber zu anderen Dingen). Gegen den Täter hat sie nichts getan und die Sache einfach versucht zu verdrängen. Seit diesem Zeitpunkt, so sagte sie, hatte sie keine richtigen Beziehungen mehr (vorher auch nur kurze), sondern hatte in der Folgezeit viel Sex mit Männern, die sie - wie sie selber sagte - jedoch einfach nur für sexuelle Zwecke "ausgenutzt" hat. Das ist eine Sache die sie jetzt aber nicht mehr will da sie nicht so sehr dauerhaftes Glück verspricht. Als wir uns kennenlernten hat sich da bei ihr etwas in Gang gesetzt dass sie, wie sie sagte, so noch nicht kannte (also: "echte" emotionale Zuneigung), und obwohl sie schon Mitte 20 ist bin ich - wie gesagt, nach knapp zwei Monaten Zusammensein - schon fast ihre längste Beziehung und der erste Mann, den sie auch mal ihren Eltern und ihrer Familie vorgestellt hat.

Sooo ... was mir bei ihr auffiel ist, dass sie sexuell in unserer Beziehung sehr aktiv ist, sprich: Sie kann und hat gerne, wenn es passt, fast jeden Tag mehrere Stunden lang Sex mit mir, was wir beide auch sehr schön finden. Ich finde das insofern "interessant" als dass ich vermutet hätte dass jemand nach ner (Fast-)Vergewaltigung eher gar keine Lust auf Sex mehr hat. Aber in der Tat: Eine Recherche im Internet zeigte mir, dass einige Betroffene sogar eine Sucht nach Sex entwickeln. Man könnte jetzt die Frage nach der "Normalität" dessen stellen, aber die lasse ich mal bewusst außen vor. Meine "Sorge" an dieser Stelle ist, wie sich denn die Sache wohl verhält wenn mal aus Zeitgründen oder so nicht mehr so viel "drin" ist, sprich: Wenn sie da mal nicht so viel von mir kriegen kann wie sie vielleicht braucht, was passiert dann? Ich sag's mal so: Ich hätte schon irgendwie Probleme mich weiterhin auf die Sache einzulassen wenn ich jetzt schon sehr genau wüsste dass es dadurch irgendwann zu Untreue kommen *muss*. Sie sagt zwar Treuer wäre ihr auch selber das Wichtigste, aber ich mache mir da halt meine Gedanken und meine Internet-Recherche meint dass es diesbezüglich bei Leuten die etwas wie sie erlebt haben bzgl. Treue durchaus problematisch werden könnte.

Aber das ist noch nicht das "wirkliche" Problem, viel mehr Sorgen mache ich mir um sie und frage mich, ob ich ihr da irgendwie helfen kann, denn da wäre noch folgendes: Ab und zu kriegt sie regelrechte Albträume von der Sache, die sie damals erlebt hat. Dann wacht sie Nachts auf und kann nicht weiter schlafen. Einmal war's so, dass sie den ganzen Tag danach sehr schlecht drauf war und meinte, sie könnte nicht aufhören an die Sache von damals zu denken und das wäre sehr unangenehm. Manchmal - noch seltener - höre ich sie sogar im Schlaf davon reden. Das kommt zwar sehr selten vor, ansonsten ist sie echt absolut "normal", aber wenn es vorkommt dann bedrückt es sie doch sehr. Als sie mir erstmalig davon erzählte fragte ich sie, ob sie vielleicht schon mal über eine Therapie nachgedacht hat um das alles besser zu verarbeiten - sie sagte sie hätte darüber nachgedacht, sich aber nie wirklich dazu durchringen können.

Das wäre also grob gesagt die Situation. Um die zwei Hauptfragen nochmal zusammenzufassen: Zum einen sehe ich, dass sie diese Sache noch sehr belastet und frage ich wie ich ihr da helfen kann und sie ggf. zu ner Therapie zu ermuntern wenn sie auch meint, das wäre ganz hilfreich. Das andere wäre dass ich aufgrund dessen was ich im Internet zum Thema so las halt ggf. selber eine gewisse Angst vor "aus der Vergangenheit vorprogrammierter Untreue" hätte. Möglicherweise unbegründet. Und ich sehe das nicht halb so schlimm an wie das was sie da belastet. Dennoch wollte ich auch diesen Aspekt hier mal mit reinstellen.

Tipps, Meinungen, Anregungen sind sehr wilkommen - danke an Euch alle im Voraus!

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Chancen
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Beitrag Fr., 15.03.2013, 15:13

Hallo Forcryingoutloud

leider oder aber viel mehr zum Glück gibt es soetwas wie vorprogrammierte Verhaltensweisen beim Menschen nicht, oder nur sehr sehr wenige. Ich verstehe, dass du Sicherheit suchst. Aber Sicherheit in dieser Hinsicht, oder in dieser Beziehung ist leider nicht zu haben. Und niemand, keine Erfahrungsberichte oder Meinungen, wird dir hier verlässlich weiterhelfen können. Deine Freundin ist ein Individuum und trifft ihre eigenen Entscheidungen in jeder Situation. Da läuft kein Programm ab.

Ob sich jemand nach Zärtlichkeiten oder Sex mit anderen Personen außerhalb der Beziehung sehnt, hängt nicht von einem Erlebnis oder einem Trauma ab, sondern von allem was die ganze Person ausmacht. Das Risiko gehst du mit jeder Beziehung ein. (Außer du sperrst deinen Partner ein oder überwachst ihn, oder suchst dir jemanden, der dir ständig beteuert nur dich zu wollen, und du spürst, dass es so ist). Aber das alles sind keine wünschenswerten Zustände.

Ich würde dir empfehlen, dass du gut auf dich achtest und nicht aus Angst heraus, sie eventuell zu verlieren, sie ständig zu befriedigen versuchst. Ansonsten wird Sex zum Instrument.
Achte ebenso auf deine Bedürfnisse, und sag dass es dir zuviel wird, wenn es dir denn zuviel wird. Sei offen mit ihr.

Was eine Therapie betrifft, so kannst du sie bitten sich Unterstützung zu holen, da eine Beziehung keine Therapie ersetzt, und das Ganze problematisch wird, wenn du ihre alleinige Bezugsperson ihr Trauma betreffend bist. Sobald dir das zuviel wird, würde ich ihr das sagen. Ansonsten läuft ihr Gefahr in eine schiefe Beziehung zu rutschen, wo dann nicht mehr Liebe das Thema ist, sondern Schuldgefühle und Therapiegefühle.
Wenn sie absolut keine Therapie will und es dir zuviel wird und du dennoch an der Beziehung festhalten willst, dann würde ich vorschlagen, dass dann wenigstens du dir Unterstützung bei einem Therapeuten holst, damit du Abstand und Rückhalt von außen bekommst.

Ansonsten kann man sich da schnell mal verlieren, in so einer Geschichte.

Alles Gute für euch zwei!

Chancen

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Beitrag Fr., 15.03.2013, 16:21

Hallo Chancen!

Vielen Dank für Deine lieben Worte!!!

Grundsätzlich würde ich Dir direkt recht geben, dass vorprogrammierte Verhaltensweisen eher Schwachsinn sind, denn auch ich würde mir nicht vorstellen wollen, dass es beim Menschen zwangsläufig eine Kausalität im Sinne von "ist X passiert, dann muss auch Y passieren" besteht. Meine Internet-Recherche hat mich da zwar durchaus etwas verunsichert, aber ich sag jetzt mal einfach: Etwas KANN sein, MUSS aber nicht, und im Endeffekt weiß man eh nie, und das ist eigentlich auch gut so. Wenn man meiner Freundin jetzt "vorwerfen" wollte sie könnte keine "richtige" Beziehung eingehen, weil das "angeblich" bei Leuten die das erlebt haben was sie erlebt hat sehr häufig so ist, dann kann ich da sogar ganz einfach gegenhalten: Ich hatte ja, im Gegensatz zu ihr, schon andere Beziehungen, auch längere, und ich merkte da vom Gefühl her bei ihr eher nichts was da im Wege stünde, man könnte also sagen: Vom Gefühl her ist hier alles ok und ich hab's kaum jemals besser erlebt, die negativen Gedanken die ich in meiner Nachricht beschrieb kamen alle erst zustande als ich mehr vergangene Details lernte, darüber nachdachte und begann, dazu nachzulesen. Aber ... ich denke, ich traue weiterhin lieber meinem Gefühl, dass hat meistens nicht ganz unrecht!

Was den Sex an sich angeht, ganz unter uns ( ): Meine Ex war da beispielsweise sehr verklemmt, wodurch es in dieser damaligen Beziehung ab und an Probleme gab, bei meiner jetzigen Freundin würde ich sagen harmoniert das zwischen uns viel besser, denn wir sind da beide sehr offen und experimentierfreudig und reden ganz offen drüber. Ich würde bisher nicht sagen dass ihr momentanes Bedürfnis über meines hinausgeht, nein, dass passt eher sehr gut. Wenn ich im Nachhinein versuche mich selbst zu interpretieren: Ihr Bedürfnis ist deutlich höher als das der Frauen mit denen ich bisher so zu tun hatte. Das jetzt aber "zwangsweise als unnormal" zu deklarieren und "möglicherweise in Zusammenhang mit ihrer Vergangenheit" hinzustellen, wie ich es ein wenig in meinem ersten Posting tat, finde ich jetzt selber etwas anmaßend. Warum sollte sie denn nicht einfach "ganz natürlich" so sein? Genau so werde ich das jetzt einfach mal versuchen anzunehmen, denn genau so habe ich das auch gehandhabt bevor ich mehr über ihre Vergangenheit wusste.

Uuuund zum Schluss Thema Therapie: Ich mach das jetzt ganz easy: Es ist absolut nicht so, dass sie den ganzen Tag lang wegen des Traumas down ist. Das kommt alle paar Wochen in der Nacht mal vor, meist halt verbunden mit nem Albtraum. Ich werde sie keinesfalls jetzt andauernd wegen ner Therapie belabern, sondern ganz einfach vorgehen: Wenn es das nächste Mal vorkommt dass sie "down" ist werde ich es nochmal ansprechen. Ich persönlich würde zwar meinen, dass sie auch "in jetziger Form" ohne allzu große Einschränkungen damit leben kann. Dennoch kenne ich Leute die wegen ähnlichem in Therapie waren und denen das viel gebracht hat - von daher würde ich meinen kann das bei ihr die Sache auch nur besser machen und eher nicht schlechter, verkehrt wäre es also nicht.

Vielen Dank nochmal für Deine Antwort!

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Traurige Seele
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Beitrag Fr., 15.03.2013, 16:42

Also ich möchte Dir mal von meinen Erfahrungen berichten. Ich wurde als Kind sexuell Missbraucht und in der Jugend hatte ich eine Vergewaltigung.

Ich reagiere auch mit übersteigerten Trieben. Was für ich auch immer sehr sehr widersprüchlich war. Ich habe auch einen Mann der eher wenig Lust auf Sex hat und beim Sex habe ich persönlich auch etwas Probleme, aber ich befriedige mich oft selbst oder sagen wir mal besser sehr oft und zwanghaft.

Zum Thema Therapie ich bin inzwischen verheiratet und habe zwei Kinder und erst jetzt mache ich eine Therapie um die Traumatisierungen aufzuarbeiten aber aus freier Entscheidung und aus sehr sehr große Leidensdruck. Also zwingen kannst Du deine Freundin nicht zu einer Therapie aber Du kannst mit ihr drüber reden und vielleicht kannst Du es ihr schmackhaft machen, verkehrt ist es nicht weil wie ich so lange zu warten bis der Zusammenbruch kommt das ist schlecht, lieber früher schon handeln.

Also wegen dem Sex, mein Mann sagte auch mal in den ersten Jahren es ist ihm zu viel mit dem Sex, mich hat das damals sehr gekränkt und zum Rückzug veranlasst. Ich bin noch nie fremd gegangen in 13 Jahren Beziehung. Das einzige was ich gemacht habe waren mal Sexchats, ist auch nicht ok aber mir hat einfach was gefehlt. Also ich denke nicht zwangsläufig dass es sie zum Fremdgehen veranlassen wird, schenk ihr ein nettes Spielzeug mit dem hat sie bestimmt auch viel Spaß, ich spreche aus Erfahrung.

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Beitrag Fr., 15.03.2013, 17:00

Hallo Traurige Seele!
Also wegen dem Sex, mein Mann sagte auch mal in den ersten Jahren es ist ihm zu viel mit dem Sex, mich hat das damals sehr gekränkt und zum Rückzug veranlasst. Ich bin noch nie fremd gegangen in 13 Jahren Beziehung. Das einzige was ich gemacht habe waren mal Sexchats, ist auch nicht ok aber mir hat einfach was gefehlt. Also ich denke nicht zwangsläufig dass es sie zum Fremdgehen veranlassen wird, schenk ihr ein nettes Spielzeug mit dem hat sie bestimmt auch viel Spaß, ich spreche aus Erfahrung.
Hehehe, also zu viel ist es mir definitiv nicht, und was das Spielzeug angeht, da haben wir uns beide schon nette Sachen zugelegt, die sie natürlich auch gerne mal allein benutzen kann. Also ich denke, wie schon in meinem letzten Post geschrieben, das harmonisiert sehr gut! Meine "Angst", die sich nach dem Posting von "Chancen" schon wieder relativiert hat, war eher: Was, wenn ich vielleicht mal zwei Wochen weg muss oder krank bin? Dann hat das nix mit "zu viel" zu tun, sondern dann "könnten" wir aus ganz natürlichen Gründen nicht. Ich würde das natürlich problemlos "aushalten" - ihr jetzt zu unterstellen dass das bei ihr nicht so ist wäre natürlich grober Unfug, deswegen sollte ich eigentlich an sowas gar nicht erst denken.
Zum Thema Therapie ich bin inzwischen verheiratet und habe zwei Kinder und erst jetzt mache ich eine Therapie um die Traumatisierungen aufzuarbeiten aber aus freier Entscheidung und aus sehr sehr große Leidensdruck. Also zwingen kannst Du deine Freundin nicht zu einer Therapie aber Du kannst mit ihr drüber reden und vielleicht kannst Du es ihr schmackhaft machen, verkehrt ist es nicht weil wie ich so lange zu warten bis der Zusammenbruch kommt das ist schlecht, lieber früher schon handeln.
Und auch das werde ich beherzigen, denn es hört sich sehr gut an! Wenn ich mal wieder mitbekomme dass sie akut leidet werde ich das wieder als Vorschlag anbringen. Freut mich, dass Du eine Therapie machst und sie Dir hilft - das ist doch mal wieder ein guter Erfahrungsbericht und bestärkt meine Meinung, dass es auch meiner Freundin - wenn sie denn will - nur gut tun würde!

Liebe Grüße!

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Traurige Seele
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Beitrag Fr., 15.03.2013, 17:41

Hallo nochmal,

naja ich denke das ob sie treu ist oder nicht hängt von ihrem Character ab und nicht von dem Trauma. Ich begnüge mich eben mit der Selbstbefriedigung wenn Mann nicht will. Muss aber zugeben dass das auf Dauer für mich auch keine Lösung sein wird. Naja mal sehen was die Therapie bringen wird, vielleicht wird dadurch ja vieles wieder besser.

Und wie gesagt momentan kann ich Dir noch nicht viel positives Erzählen zur Traumatherapie, bin erst in der Stabilisierungsphase, Du darfst mich in nem Jahr nochmal fragen ob sich Erfolge eingestellt haben. Momentan bin ich mehr unten als oben und halte mich irgendwie über Wasser. Hatte aber schon mal eine Langzeittherapie wegen anderen Sachen und da kann ich nur Positives berichten.
Wenn Deine Freundin sehr leidet unter den Folgen wird sie vielleicht selber den Schritt zur Therapie wagen und Du kannst sie darin nur unterstützen und ermutigen. Ich dachte am Anfang auch niemals zum Psychologen aber ich wurde eines besseren belehrt.

LG und alles Gute für Euch
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